megatrend
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Diese These geht also davon aus, dass Fernhandel nur per Kalender möglich war, weil man sich an wohl unbewohnten Märkten traf. Ist es nicht sehr viel plausibler, dass Händler die Orte aufsuchten, an denen Menschen zu erwarten waren (um nicht zu sagen: Siedlungen)? Dann hätte sich der Kalender schon erübrigt. Wanderhändler gab es ja bis in das 20. Jahrhundert hinein, die machten es genauso. Sie waren damit sogar in der Lage Bestellungen aufzunehmen und gezielt Waren, von denen sie sicher sein konnten, dass sie Abnehmer fänden, einzukaufen oder selber herzustellen.
Ich glaube, Du liegst da ganz richtig. Für Waren wie Keramik, Metallgegenstände wie Kessel, Kochtöpfe, Fibeln, Messer etc. sowie Salz, Fischsossen wurden durch Wanderhändler quer durch das Land herumgeboten.
Es gibt aber eine Ausnahme: Viehmärkte. Viehmärkte werden z.B. in der Schweiz stets nach Kalender abgehalten. Viehmärkte sind insofern etwas anderes, da es sehr unterschiedliche Bedürfnisse (männlich, weiblich, jung, alt, kastriert oder nicht, Qualitätsunterschiede, Charaktereigenschaften, schwanger oder nicht schwanger, etc.). Dann kommen noch unterschiedliche Preisvorstellungen von allen Seiten hinzu.
Mit anderen Worten gesagt: es reicht wohl in den meisten Fällen nicht aus, wenn man beim Nachbarn vorbeigeht: die Wahrscheinlichkeit, dass man handelseinig wird, ist relativ klein. Finden sich aber zum gleichen Zeitpunkt viele Viehbesitzer und Viehkäufer zusammen, ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich gross, dass es gegenseitige Uebereinstimmung gibt. Hier in der Schweiz wird dies immer noch via Handschlag bekräftigt.
Dies setzt allerdings voraus, dass alle mit dem gleichen Kalender rechnen, damit auch alle am gleichen Tag am Marktort eintreffen. Bei den Warenhändlern, die ihre Ware wohl meist über grössere Distanzen verkauft haben: dort dürfte es wohl sehr schwierig gewesen sein, eine Prognose zu machen: die Natur hat ja bekanntlich auch ihre Launen (Ueberschwemmungen, Krankheiten, etc.). Prognosen, wann man wo ist dürften wohl schwierig zu erfüllen gewesen sein.
Was die Warenhändler anbelangt: es gibt ein schönes Beispiel von Massilia (dem heutigen Marseille, Frankreich): Massilia war eine griechische Stadtgründung. Von dort aus fuhren Händler mit Schiffen nördlich ins Landesinnere und verkauften ihre Ware. Entlang der Flüsse wurde dann in heutiger Zeit überall die Ware gleichen Ursprungs gefunden. Man kann anhand der Funde lebhaft nachvollziehen, wo die Händler mit ihren Schiffen überall hingegangen sind, um ihre Ware zu verkaufen. Leider fand ich kein Bild einer solchen Karte im Internet.