... wir sollten also bei Dionysius bleiben.
Vorschlag zum Namen bedingungslos angenommen!
Wenn der Historiker aber den Weg des Dionysius nachvollziehen will, zählt er eben nicht die Konsulatslisten herunter.
Auch das ist an sich richtig! „Wenn“! Aber dem Historiker in meiner „Geschichte“ ging es doch gar nicht darum, den Weg des Dionysius nachzuvollziehen; darum ging es ihm nicht mal im Ansatz. Weder die Osterterminberechnung noch Dionysius' Wahl des Ären-Beginns ist für seine Fragestellung irgendwie relevant. Den Dionysius habe ich nur aus einem einzigen und ganz einfachen Grund in die Diskussion eingebracht (und gehofft es würde verstanden):
Dionysius gibt an, sich in einem bestimmten Jahr n. Chr. zu befinden, und er gibt außerdem an sich in einem bestimmten Konsulatsjahr zu befinden. Dionysius ist der erste der solch eine Doppeldatierung bietet. Und es gab nur wenige Menschen, die zu solch einer Doppeldatierung überhaupt die Gelegenheit hatten, nämlich nur diejenigen, die zwischen 525 und 534/542 n. Chr. lebten (ab letzterem Zeitpunkt gab es nämlich keinen weström./oström. Konsul mehr). Die Liste der Konsuln brach also bald nach Dionysius ab, die Konsulats-Datierung hörte auf. Darum ist es so wichtig, dass uns Dionysius mitgeteilt hat, welches Jahr der christl. Ära welchem Konsulat entspricht (auch wenn das natürlich nicht Dionysius' Hauptanliegen war; aber mir ging es in meinem Beitrag um nichts anderes. Davon unabhänig hast Du zum „Weg des Dionysius“ m. e. sehr gute Gedanken vorgetragen, die diesen thread durchaus noch reichhaltiger machen).
Dionysius hat nach freiem Ermessen festgelegt, dass das Konsulatsjahr des Probius Iunior = 525 n. Chr. war. Unter der Voraussetzung nun, dass erstens die Jahre n. Chr. von diesem Zeitpunkte an bis heute kontinuierlich weiter gezählt wurden und dass zweitens die Konsulatslisten von Augustus bis Dionysius korrekt fortgeführt worden waren, ist dann auch Glasglocken-klar, dass das Konsulatsjahr Iullus Antonius und Fabius Africanus = 10 v. Chr. ist. Das ist doch nur rechnerische Konsequenz. Wir, die wir jetzt im Jahr 2013 leben, wissen wie weit das Jahr 10 v. Chr. von uns entfernt ist, und dank Dionysius u. den fasti consulares wissen wir auch, dass das genannte Konsulat genau so weit von uns entfernt ist.
Mit den Konsulatsfasti kann ich zwar die beiden Konsuln Iullus Antonius und Fabius Africanus finden, aber nicht ihre Einordnung in das christliche Zeitalter.
Und genau aus diesem Grund, weil die fasti für sich alleine genommen natürlich nicht ausreichen, habe ich den Dionysius ins Spiel gebracht.
Wenn wir also seit Neuem das Jahr 2013 schreiben, dann deswegen, weil Dionysius das Jahr, für welches er den Ostertermin suchte, einfach auch als das 526 nach Christi Geburt festlegte, und diese Festlegung wurde dann im Laufe der Zeit bindend.
Das meinte ich mit Konvention, und diese ist astronomisch erstmal unabhängig.
Das kann ich so unterschreiben.
Man kann ja – und das hast Du schön dargelegt – die Sonnenfinsternis des Jahres 45 berechnen, aber daß diese Sonnenfinsternis in dem Jahr geschah, welchem wir heute den Namen 45 geben, dies ist quellentechnisch bedingt.
Ich weiß nicht ganz genau, was Du mit „quellentechnisch“ meinst, aber Du hast ja gerade eben selbst gesagt, dass es allein durch die Festlegung des Dionysius bedingt ist. Das Jahr heißt weder „45 n. Chr.“, weil damals irgendetwas Bestimmtes passiert ist, was wir aus den Quellen wissen, noch heißt es so, weil die Astronomie errechnet, das heute vor 1967 Jahren und 154 Tagen eine Sonnenfinsternis stattfand, sondern es heißt nur so wegen der Festlegung des Dionysius. Aber das hast Du im vorangehenden Zitat ja selbst so gesagt, und ich kann Dir in diesem Punkte nur zustimmen, dass das nichts mit Astronomie zu tun hat.
Den Rest Deines Beitrags kann ich in gewisser Weise nachvollziehen; nur den letzten Satz nicht ganz:
Um aber die Mike des Ritters Frage zu beantworten, worauf Du Dich ja auch bezogen hast, ist nicht die Verknüpfung von christlicher und römischer Jahreszählung von Bedeutung, sondern die stilistische, typologische, textkritische oder ähnliche Methode, und da hilft nun die Astronomie leider kaum.
Ich verstehe den Satz inhaltlich nicht ganz (was aber nicht gegen den Satz sprechen muss, vielleicht will mein Gehirn auch gerade nur nicht). Deswegen, weil ich ihn eben nicht ganz verstehe, will ich nicht nochmal blindlings auf die Wichtigkeit von der Verknüpfung von heutiger und antiker Jahreszählung für die Chronologie oder auf die Wichtigkeit der Astronomie pochen, sondern möchte Dir in einem Punkte – den ich zumindest meine, bei Dir herauszuhören – liebend gerne zustimmen:
Das wichtigste für den Historiker sind die Quellen und deren Auswertung. Hätte der Historiker die Quellen nicht und wüsste nicht damit umzugehen, würden ihm natürlich die Astronomie, die verschiedenen Jahreszählungen usw. nicht die Spur weiterhelfen. Denn wenn man nicht weiß WAS war, kann man auch nicht fragen, WANN es war. Deshalb ist die Chronologie auch nur eine Art Hilfswissenschaft der Geschichte.
Und ich will noch eine Aussage wagen (Du kannst mir natürlich widersprechen): Ich glaube, in den meisten besprochenen Detail-Fragen sind wir letztlich nicht mehr weit auseinander. Wir haben aber, was das Gesamtthema betrifft, unterschiedliche Prioritäten gesetzt und reden deshalb auch schonmal aneinander vorbei. Dir liegt mehr der praktische Nutzen der Chronologie für die Kenntnis und das Verständnis von historischem Geschehen am Herzen; das ist gut, und gemessen daran hat die Astronomie tatsächlich eine sehr geringe Bedeutung). Ich habe mich auf die zugegeben sehr viel mehr theoretische und recht „abstrakte“ Frage eingeschossen, über welche Wege man sich von der Richtigkeit der absoluten Chronologie der Lehrbücher überzeugen kann (meine Frage ist zwar an sich nicht so sinnvoll oder bedeutsam wie Deine, aber im Rahmen meiner Frage hat die Astronomie dann doch eine wesentliche Bedeutung). Könnten wir uns so in etwa einigen, oder noch nicht ganz?