beorna schrieb:
Es ist übrigends so, daß im Verlauf des Krieges die Verluste der SS so groß waren, daß regulär eingezogen wurde. Zudem wurden z.B. Polizisten in den sogenannten Polizeigrenadierdivisionen eingesetzt. Zudem gab es europäischer Freiwilligenverbände. Darunter war sogar eine SS-Einheit die mit Fez als Kopfbedeckung kämpfte und aus Moslems bestand. Mit der arischen SS der Anfangsjahre hatte dies also nichts mehr zu tun.
Stimmt, in den letzten Kriegsmonaten zog man wahllos Leute ein, um die SS an der Front überhaupt noch am Leben halten zu können. Diese Einheiten waren dann aber trotzdem meistens unterbewaffnet und hatten keine Ausbildung. Außerdem ließ man jegliches Kriterium bei de Auswahl der Rekruten fallen, so dass jeder, der kriegstauglich war, in die SS konnte. Und "kriegstauglich" waren viele. Man denke dabei auch an den Volkssturm.
Cherusker schrieb:
Es geht hier nicht um die Geschehnisse als 17-jähriger in der Waffen-SS, sondern um seine moralischen Anklagen gegen Politiker, die jetzt in einem sehr zweifelhaften und scheinheiligen Licht erscheinen.:grübel: Schließlich kritisierte Grass damals Kohl, daß er mit Reagan einen Soldatenfriedhof besuchte, auf dem auch Mitglieder der Waffen-SS lagen. Das nenne ich peinlich.....
Ich würde es nicht peinlich nennen. Denn wer weiß, laut Grass eigenen Aussagen bereut er es und empfindet es als Schande. Falls er dort selbst gelegen hätte, dann hätte er das vielleicht aus der reiferen Sicht eines erwachsenen Grass auch kritisiert. Also eine "Selbstkritik". Außerdem bezogen sich seine Moralansprüche an Politiker auf eine gewollte Vertuschung ihrer damaligen Aktivitäten. D.h., diese Politiker haben mit Absicht versucht, ihre Vergangenheit reinzuwaschen. Das war der Kritikpunkt von Grass. Damit kann man seine Situation, denke ich, nicht vergleichen.
Und wenn dann so ein CDU-Politiker kommt und die Rückgabe des Literaurnobelpreises fordert:autsch: . Es stimmt, was Arne sagt. Das zählt literarische Leistung und deshalb bin ich mir auch nicht sicher, ob er den Nobelpreis nicht doch bekommen hätte, auch wenn seine Mitgliedschaft in der SS bekannt gewesen wäre. Schließlich kann man es eine "jugendliche" Verfehlung nennen. Wir müssten demnach auch alle unsere jungen Großeltern oder Eltern anklagen, die sich haben verführen lassen oder in der Wehrmacht oder sonstiger Organisation waren. Verführung spielte gerade bei der Jugend eine wichtige Rolle im 3. Reich, so groß, dass ein eigener Thread vielelicht nicht ausreichen würde!
Und zu kwschaefers Äußerung, viele SS-Einheiten hätten auch sauber gekämpft...das mag sein, aber wenn der Großteil es nicht getan hat, dann ist es ein Makel, noch dazu, dass die SS die Elite war. Viele Nazis haben ja auch keine Juden gequält oder vernichtet, aber Nazis im Negativen waren sie schon.
Dass Grass Offenbarung jetzt so hohe Wellen schlägt, dass liegt einfach an seiner Popularität und das müssen wir einsehen. Was täten wir, wenn so etwas über ein Familienmitgleid zu Tage käme, das man mag oder gern hat?
Vielleicht würde man verzeihen, wenn die Schuldgefühle ehrlich sind, wenn man sagen kann, was einen damals bewegte.
Uns so kann ich beorna auch nur zustimmen. Die Diskussion ist eigentlich verlogen, weil wir versuchen uns ein Urteil über eine Person zu bilden, die wir persönlich nicht kennen und deren Motve uns nur aus Medien bekannt sind.
Eigentlich wäre ich dafür, die Diskussion aufzulösen.