Zur Chronologie des Jahres 218 v.Chr.
Bei Livius und Polybios finden sich zwei festere astronomische Daten:
1.auf der Passhöhe befand sich das karthagische Expeditionsheer kurz vor dem Untergang der Plejaden. Da die Abweichungen der Beobachtung bis zu vier Tage beträgt, von verschiedenen Autoren (Anaximander, Varro) auf den 31./32.Tag nach dem Herbstäquinoktium (22.-24.9.) gelegt wird, ist es nur ein ungefähres Datum Ende Oktober/Anfang November. Es ist daher nur ein relativer Anhaltspunkt.
2. Die Schlacht an der Trebia wird kurz vor oder am Tag der Wintersonnenwende 218 v.Chr. geschlagen, Polybios spricht davon, dass Tiberius Sempronius auch deswegen die Schlacht mit Hannibal suchte, weil er alleine den Ruhm des Sieges ernten wollte:"
allein getrieben vom Ehrgeiz und erfüllt von törichter Zuversicht, eilte er den Kampf durch sich selbst zur Entscheidung zu bringen, ehe Publius Anteil an der Schlacht nehmen könnte (P.Scipio war im Gefecht am Ticinus verletzt worden) und ehe die neuen Konsuln ihr Amt angetreten hätten, denn es war eben Zeit der Wahlen."(Pol III, 70,7).
Beide Autoren sprechen davon, dass die Legionen des Tiberius Sempronius von Lilybaion (Sizilien) bis Ariminium (Ende der ausgebauten via flaminia) 40 Tage Fahrt und Marsch benötigten, nachdem der Konsul erfahren hatte, dass Hannibal die Alpen überquert hat. Von Ariminium bis Placentia an der Trebia (Piacenza heute) sind es noch einmal 265 km, sodass Tiberius frühestens um den 10.Dezember bei Publius eingetroffen sein kann.
Rückgerechnet mit Polybios Angabe, dass Hannibals Heer von Karthago Nova bis zur Poebene fünf Monate gebraucht habe, wäre das Expeditionsheer erst Mitte bis Ende Mai in Iberien aufgebrochen. Die Ebroüberquerung (falls der moderne Ebro gemeint ist), hätte dann bis Mitte Juni stattgefunden. Für die Besiegung der Stämme bis zu den Pyrenäen (Ilergeten, Bargusier, Ausetanier, Lacetanier) gibt es keinen zeitlichen Anhaltspunkt, wie lange diese Phase gedauert hat. Falls die Rhone ca. Mitte September überquert wurde, die Überquerung und Vorbereitung der Schlacht am Rhoneufer fünf Tage brauchte (Pol III,42-44), an einem Punkt, der vier Tagesreisen vom Meer entfernt war, dann hat Hannibal eventuell erst Anfang/Mitte August die Pyrenäen überquert, wahrscheinlich auf dem Col du Perthus, da Livius Iliberri (Elne) als ersten Ort in Gallien nennt, den das Heer erreicht. Sein Heer zieht am Oppidum Ruscino (Perpignan) nach den erfolgreichen Verhandlungen mit den gallischen Fürsten vorbei (Cartagena - Perpignan 800 km Fußweg), von dort bis zum möglichen Rhoneübergang bei Roquemaure (südlich von Orange) sind es 252 km, wären es weitere 12 Tage (nach Polybios war die Gesamtstrecke von Carthago Nova bis zum Übergang 5800 Stadien - 1074 km), damit wäre ein Erreichen des Übergangsortes Anfang September machbar, rückgerechnet hätte Hannibal fast 2 Monate mit der Eroberung der Gebiete nördlich des Ebro Zeit gehabt (Mitte Juni bis Mitte August).
Überraschend bleibt trotzdem, dass das konsularische Heer unter P.Scipio, dass für Iberien vorgesehen war, nicht in dieser Phase in Iberien eingegriffen hat. Mit den phokäischen / massaliotischen Standorten in Emporion und Rhodae /Roses hatte man einen festen Ausgangspunkt auf nordiberischem Gebiet, die dann im weiteren Verlauf des 2.punischen Krieges als Brückenkopf gedient haben.
Ich habe den Text eines Historikers gelesen, der die These aufstellte, dass Sagunt (dass wahrscheinlich auch nach archäologischer Sicht südlich des Ebro lag) nicht der Kriegsgrund gewesen ist, sondern dass Rom erst nach Überschreitung des Ebro seine Vorbereitungen getroffen hätte (Mitte Juni!), weil erst dies der zwingende Kriegsgrund aus römischer Sicht gewesen wäre (Hoffmann, siehe unten PDF).
Interessant daran ist, dass damit erst auch der (politisch-wirtschaftliche) Einflussraum des wirklich engen Bündnispartners Massalia ernsthaft tangiert wird, auf ihr Bitten hin hatte Rom mit Hasdrubal den Ebrovertrag abgeschlossen. Wenn Sagunt wirklich acht Monate belagert worden ist, warf auch aus Sicht anderer potentieller Bündnispartner die militärische Untätigkeit kein gutes Licht auf das römische Reich:"
Mit welcher Unverschämtheit, ihr Römer, verlangt ihr dass wir eure Freundschaft der karthagischen vorziehen sollten, da ihr an den Saguntiern, die dies getan haben, als Bundesgenossen mit mehr Grausamkeit zu Verrätern geworden seid, als die Punier, ihre Feinde, zu Mördern?...für Spaniens Völker werden die Trümmer Sagunts eine ebenso deutliche wie traurige Mahnung sein, sich auf Roms Treue und Bündnis nicht zu verlassen." (Liv,21,19,8) - Antwort der Volcianer an römische Gesandtschaft)
Das Problem der Routenbestimmung des Alpenzugs Hannibals | Self-Publishing bei GRIN
http://www.rhm.uni-koeln.de/094/Hoffmann.pdf