Heirat und Geschwisterfolge

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Liebe Geschichtsspeziallisten,

ich habe eine Frage, auf die ich nirgends Antwort finde - und doch weiß ich, dass es früher Regelungen dieser Art gab.

Es geht ums Heiraten: Hatte die jüngste von mehreren Schwestern die Absicht zu heiraten, musste sie warten, bis alle älteren Schwestern unter der Haube waren - unter Umständen ewig und drei Tage. Kann ich irgendwo etwas zu diesem Thema finden?
Heiraten hatte natürlich auch mit Geld zu tun. Man durfte nur heiraten, wenn genug Besitz vorhanden war. Wie groß musste der Besitz sein?

Vornehmlich interessieren mich solche Gepflogenheiten aus der Neuztei und der Bergbauern-Welt, aber auch aus städtischen Bereichen.
Es wäre wunderbar, wenn ich bald mehr darüber wüsste!
Angeline
 
So ganz abwegig ist das nicht. Es gab einige schwarz-Weiß-Filme und auch Bücher, wo das thematisiert, zumindest aber angesprochen wurde. Auch beim Debüttieren ging das im Normalfall hintereinander und nicht gleichzeitig. Schliesslich ging es da um die Heiratschancen.

Meines Wissens wurde früher schon darauf geachtet, dass die Älteste Schwester zumindest verlobt war, bevor die Jüngere heiraten konnte. Da spielte vor allem auch die notwendige Mitgift eine Rolle. Das ältere Kind hat die besseren Rechte, was bei mangelndem Geldbeutel schon eine Rolle spielte. Und ohne Mitgift ging gar nichts ...

Nachtrag: Es war wohl schon für die Apostel und Propheten ein Thema (siehe Jakob heiratet Lea und Rahel)http://wiki.volxbibel.com/index.php/1.Mose_29
und in Kreta galt das jedenfalls 1995 immer noch http://books.google.de/books?id=hTHUQSBWpO4C&pg=PT1&lpg=PT1&dq=%22Die+%C3%A4lteste+Tochter+heiratet+zuerst%22&source=bl&ots=6y8ihzi13K&sig=SxberC6_wD3WevRv94AY9e1izM8&hl=de&sa=X&oi=book_result&resnum=1&ct=result
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich kenne zwar Beschränkungen bei der Verheiratung von Mädchen, jedoch beziehen sich diese auf die Antike und eine der (frühen) Neuzeit entgegensetzte Gesellschaft, nämlich die der römischen Familie.
Dort galt es als eines der obersten Ziele, den familiären Besitz möglichst gut zusammen zu halten. Daher wurden damals oft nur die erste (bzw. eine) Tochter verheiratet, damit nicht zuviel Mitgift(die darüberhinaus noch rückforderbar war) in den Besitz der anderen Familie gelangte. Allerdings hab ich von solchen "Beschränkungen" wie du sie oben aufführst noch nichts gehört.
 
Wo hast du das gelesen? In Grimms Märchen?
Möglich wäre auch die Bibel: 1. Buch Mose (Genesis), Kapitel 29.
Ins Besondere die Verse 25 und 26:
Am Morgen aber, siehe, da war es Lea. Und Jakob sprach zu Laban: Warum hast du mir das angetan? Habe ich dir nicht um Rahel gedient? Warum hast du mich denn betrogen?
Laban antwortete: Es ist nicht Sitte in unserm Lande, dass man die Jüngere weggebe vor der Älteren.
 
Wie weit das zurückgeht, weiß ich nicht. Es gibt im ländlichen Volksmund den Ausdruck "den Stuhl vor die Tür setzen" und das bezieht sich mW auf die Heirat von jüngeren Geschwistern vor den älteren, diese setzten den Stuhl der älteren damit vor die Tür.
 
Heiraten

Liebe Geschichtsfreunde, ich habe eine Frage, auf die ich nirgends Antwort finde - und doch weiß ich, dass es früher Regelungen dieser Art gab.

Es geht ums Heiraten: Hatte die jüngste von mehreren Schwestern die Absicht zu heiraten, musste sie warten, bis alle älteren Schwestern unter der Haube waren - unter Umständen ewig und drei Tage. Kann ich irgendwo etwas zu diesem Thema finden?

Heiraten hatte natürlich auch mit Geld und Besitz zu tun, vor allem bei den Bauern. Man durfte nur heiraten, wenn genug Besitz vorhanden war. Wie viel Geld bzw. Besitz musste die Braut mit einbringen können? Es interessiert mich vor allem die Neuzeit.

Es wäre wunderbar, wenn ich Antwort bekäme!
Es dankt schon im Voraus,
Angeline
 
Könntest du den zeitlichen Rahmen ein wenig einschränken? Die Neuzeit wird im Allgemeinen von 1500 bis heute datiert, und in diese rund 500 Jahre waren verschiedene Bräuche starken Änderungen unterworfen.
Die erste Frage sollte außerdem hinlänglich beantwortet sein.
Außerdem wäre eine geographische Einrahmung nicht schlecht, da die Hochzeitsbräuche (wie auch die Höhe der Mitgift) regional stark variierten.

Wenn du diese Fragen beantwortest, hast du eine hohe Warscheinlichkeit genaue Antworten zu bekommen.
 
Ich habe einen weiteren Hinweis auf diese Regelung in "Stolz und Vorurteil" von Jane Austen(1775-1817) gefunden. Charlotte, älteste unverheiratete Tochter von Sir Lucas, hat endlich einen Gatten gefunden, galt sie doch mit 26 bereits als "Ladenhüter" , was damit zusammenhing dass sie nicht schön war und keine nennenswerte Mitgift zu erwarten hatte.
The whole family, in short, were properly overjoyed on the occasion. The younger girls formed hopes of COMING OUT a year or two sooner than they might otherwise have done; and the boys were relieved from their apprehension of Charlotte's dying an old maid.

Das heisst also, Charlottes jüngere Schwestern durften hoffen durch die Charlottes Heirat zwei Jahre früher als erwartet zu debüttieren und selbst zu heiraten. Das lässt vermuten, dass jüngere Schwestern erst zum Zuge kamen, wenn die älteren Schwestern als unvermittelbar galten, also bis ungefähr zum 28. Lebensjahr noch nicht verlobt/verheiratet waren.
 
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Nachtrag: Meines Wissens gab es keine Regelung über einen Mindestbesitz und auch keine Mindest-Mitgift. Je mehr Mitgift oder Leibrente, Jahreszins etc. ein Mädchen hatte umso attraktiver war sie für Familien auf Brautsuche. Umgekehrt versuchte auch die Familie des Mädchens sowohl gesellschaftlich, als auch fianziell eine vorteilhafte Ehe zu arrangieren. Meist war es also ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Bei den späteren Ehen zwischen neureichen Bürgertöchtern und verarmtem Adel hiess es: Ich gebe dir meinen Titel und du füllst mir dafür die Taschen (bzw. begleichst meine Schulden) :D

Ein Vergleich geringerer und höherer Mitgiften, die Frauen zahlten, die als Nonnen ins Kloster eintraten, findet sich in einem Link des Bistums Konstanz http://books.google.de/books?id=bAsIu_7wVUQC&pg=PA201&lpg=PA201&dq=durchschnittliche+H%C3%B6he+der+Mitgift&source=web&ots=0EpkmzsJtI&sig=pjzxhdpsl0BbHuZVdfyhCtCi5Ik&hl=de&sa=X&oi=book_result&resnum=2&ct=result
 
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Die Fragestellerin meinte wohl eher betuchte Töchter.
Nicht ahnend, dass es auch ein normales Volk gab.

Wenn ich mir heute Filme ansehe, wundere ich mich auch immer, dass alle Leute reich sind.
 
Wo hast du das gelesen?

Um auch noch eine literarische Quelle zu nennen, die sich zeitnah zu "früher" verhält:

Der von der Threadstarterin geschilderte Sachverhalt spielt eine wichtige Rolle in Shakespears Komödie Der Widerspenstigen Zähmung (im Original The Taming of the Shrew); spielt im Italien der Renaissance innerhalb der reichen Oberschicht; keine Ahnung, ob es diese Verhältnisse wirklich gab, oder ob Willi sich da was aus den Fingern gesogen hat.

Der Widerspenstigen Zähmung ? Wikipedia
 
Zum Thema Heiratsgut und Brautpreis dürften sich sogar ziemlich viele literarische Quellen finden lassen und zwar bis ins heutige BGB (bevor ihr euch jetzt freut, Mädels - es handelt sich heute um kein einforderbares Recht mehr), weil es schlicht und ergreifend üblich war dem frisch vermählten Paar quasi ein Startkapital mtizugeben und das nicht nur in den gehobenen Kreisen. Junge Frauen ohne Heiratsgut waren schlicht und ergreifend "keine gute Partie".

Auch zum Thema "Töchter heiraten nach Alter" habe ich bereits in "damals" zeitgenössischer Literatur (bspw. in dem hier bereits zitierten "Stolz und Vorurteil" von J. Austen) gelesen, aber auch in Biographien, so erinnere ich mich beispielsweise noch daran in einer Elisabeth von Ö-U Biographie gelesen zu haben, dass E. zeitlebens ein gestörtes Verhältnis zu ihrer älteren Schwester Helene hatte, weil E. vor Helene geheiratet hat. In diesem Zusammenhang auch noch was zum Thema Heiratsgut: Die Herzöge in Bayern waren ja nicht gerade betucht, so auch Elisabeths Vater, nachdem der Franzl aber soooo verliebt war, hat er E. den Großteil ihres Heiratsguts, dass sie dann später wieder mit in die Ehe brachte vorher als Geschenke überreicht (größtenteils Schmuck). Nichts desto trotz sorgte das eher spärliche Heiratsgut von E. in Wien für Gesprächsstoff.
 
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