Immerhin ist dieser Artikel (= "Die Sekler - ungarisch sprechende Gepiden) sehr auf die Székler bezogen und beginnt mit dem Versuch, einen Beleg dafür zu finden, dass sie Nachfahren der Gepiden sind:
Die Gepiden waren demnach ein Teil-Volk der Goten und maßgeblich für die entscheidende Niederlage der Hunnen im Jahre 454 beteiligt, wurden 567 ihrerseits von den Awaren unterworfen und verschwanden damit scheinbar erst einmal aus der Geschichte, werden aber 871 in der Chronik des Salzburger Erzbistums plötzlich wiederholt erwähnt. Demnach wohnten sie in Siedlungen "Transdanubiens" und wären die Sklaven der Awaren gewesen.
Ich denke bis dahin ist alles weitgehend unstrittig, außer vielleicht der Bewertung der Erwähnung in der Chronik des Salzburger Erzbistums (Abhängigkeit von älteren Quellen).
Die Herkunft des Namens Szekler, wobei diese Beschreibung auch einige der Fragen in vorangehenden Postings anderer Mitglieder klären könnte:
Die zwei ältesten ungarischen Chronisten "Anonymus" und "Simon Keza" beschreiben erst im 13. Jahrhundert, dass im Zuge der madjarischen Landnahme im Jahr 896 der ungarische Stammesführer Ösbö in der Nähe von Szentes die Theis überschritten habe, wobei ihm ein armes Volk entgegengekommen sei, das ihm seine Söhne als Geiseln gestellt habe, sich mit ihm verbündet und mit den Madjaren zusammen die Festung Bihar erobert habe. Damit wäre dieses Volk der neunte Stamm der Madjaren geworden.
Dieses Volk wurde von "Anonymus" Siculi genannt, von Simon Keza hingegen Saculi !
Genau hier liegt das Problem: das im Vergleich eher junge Alter der Quellen lateinisch gelehrter Mönche des Spätmittelalters, die uns ein Ereignis des Frühmittelalters berichten.
Weidlein sieht in der Bezeichnung Siculi lediglich eine humanistische Anpassung an die Siculi des klassischen Altertums und eine dadurch begründete Verwechslung mit den Sizilianern.
Sehr wahrscheinlich richtiger wäre die Bezeichnung "Saculi", denn "Sakuls" wäre im Gotisch-Gepidischen die Bezeichnung für "Kämpfer / Streiter", die Verb-Form wäre "sakan" = kämpfen. Plural von Sakuls wäre Sakuleis oder Sakulis.
Aus Sakuleis wäre im Laufe der Zeit entsprechend der Lautgesetze der germanischen Sprache "Sekel" und "Sekely" geworden.
Für den Humanismus ist es noch ein wenig zu früh, dennoch dürfen wir das
Siculi wohl als Verwechslung verstehen
Im Gotischen gibt es tatsächlich ein Verb
sakan, welches mit 'schelten' und mit entsprechenden Vorsilben auch als 'streiten' zu übersetzen ist.
Sakuls allerdings ist
ein Adjektiv, welches 'streitsüchtig' bedeutet.
Dies ist allerdings nicht im kriegerischen Sinne gebräuchlich, sondern eher im Sinne eines Streits mit Worten.
Krieger wäre eher
gadrauhts.
Ich halte die Herleitung der
Székler vom Gotischen
sakul insgesamt für eher abwegig.
Nach der Niederlage "Ajtonys" wären oder würden Gepiden oder Gepidei nie mehr erwähnt, es tauchen jedoch in Urkunden aus dem 12. Jahrhundert die Sekler als Grenzwächter im Nordwesten (!) auf, in den Gegenden von "March" und "Wag". Die Sekler sind zu diesem Zeitpunkt noch keineswegs mit den späteren Sonderrechten ausgestattet - im Gegenteil: Sie durften sich keinen eigenen Führer wählen und unterstanden einem Grafen, den der König selbst ernannte. Weidlein schließt daraus, dies könnten die Nachkommen der besiegten Anhänger Ajtonys sein.
Wenn ich das recht verstehe also alles recht spekulativ und ohne solide historische Basis.
Es gäbe interessanterweise auch schon Ortsnamen, die auf "Siculi/ Saculi"-Besiedlung hinwiesen, noch bevor diese überhaupt in einem Dokument erwähnt würden: Szakonyafalu (Eckersdorf), Szakálos, Szakályhaza.
Aber - gesetzt dem Fall, dass diese Ortsnamen uns wirklich auf die Székler hinweisen, wovon ich insbesondere im ersten Fall nicht überzeugt bin - in welche Richtung führt uns das weiter?
Der Name Szekler, Sekler wäre in einigen Regionen Ungarns auch bis in das 17. Jahrhundert hinein nicht etwa mit "e", sondern mit "a" in der ersten Silbe gesprochen worden. So gäbe es eine deutschsprachige Urkunde von 1604 (vgl. MHHD 37, S. 1467), die das Szeklerland eindeutig als "Zaggl Land" bezeichne.
Es handelt sich in der Tat nicht um eine Urkunde, sondern um einen Brief, der online hier (leider nur unvollständig) einzusehen ist:
Habsburg und Siebenbürgen 1600-1605 - Google Bücher
Aber auch hier: Was sagt das über die eigentliche Fragestellung wirklich aus?
Auch die Sitten und Gebräuche der Szekler seien eindeutig "indogermanischen Ursprungs".
Was auch immer das heißen soll. Indogermanisch (oder besser indoeuropäisch) ist eine Sprachfamilienbezeichnung. Früher hat man sehr viel leichtfertiger als heute kulturelle Erscheinungen Sprachfamilien zugeordnet.
In Weidleins Artikel gibt es darüber hinaus noch ziemlich viele Hinweise auf Ortsnamen, die Hinweise auf gotisch-gepidische Ursprünge enthielten: Ein Ort "Székely" (genauso geschrieben wie die heutige Eigenbezeichnung, aber im Nordwesten gelegen, wo die Szekler erstmals als Grenzwächter erwähnt seien). Aus jenem Gebiet stamme der ungarische Name der Slowaken (tót) interessanterweise aus dem Gotischen, in dem "teot" und "tiot" Volk bedeute, der Fluss Wag entspräche unserem Wort "Woge" etc., etc.
Thiuda (th gesprochen wie im Englischen) ist in der Tat das nicht nur gotische sondern gemeingermanische Wort für 'Volk'. Das deutsche Wort 'deutsch' kommt von dem Adjektiv
thiudisk.
Ob hier aber wirklich eine Beziehung zwischen dem germanischen Wort für Volk und einer
ungarischen Bezeichnung für die Slawen (tóth) herzustellen ist, wage ich zu bezweifeln. Unmöglich ist das freilich nicht. Denkbar wäre z.B. der Ausfall eines bezeichnenden Adjektivs.
Darüber hinaus beschreibt der Artikel auch noch, dass die Szekler als Grenzwächter etwa zwischen 1213 und 1228 nach Siebenbürgen "verlegt" worden sein müssen, denn 1228 gerät den Urkunden zufolge erstmals ein Szeklergraf im Krieg gegen Bulgaren in bulgarische Gefangenschaft. Etwa um diese Zeit tauchte auch der Deutsche Ritterorden in Siebenbürgen bzw. im Burzenland auf.
Auch diese beiden Tatsachen verraten uns nichts über die Herkunft der Székler.
Schließlich meine persönliche Anmerkung:
Es ist ja kein Geheimnis, dass ich allein schon wegen meines Familienaussehens von allen schon geäußerten Theorien am ehesten eine bevorzuge, in der die Székler eine "indogermanische Abstammung" haben.
Wie gesagt, indogermanisch, oder indoeuropäisch ist eine Bezeichnung für eine Sprachfamilie, über das Aussehen der Sprecher ist damit nichts gesagt. Indoeuropäer finden sich in Indien und im Iran genauso, wie in Skandinavien und den britischen Inseln. Die Haarfarbe blond oder die Augenfarbe blau ist auch kein Indikator für eine (indo)germanische Herkunft.
Es ist ja rein theoretisch möglich, dass all diese Merkmale auch bei einem bulgarischen, asiatischen oder turk-stämmigen Volk vorkommen, aber das würde ich dann gerne mal mit meinen eigenen Augen sehen und mir dann gerne erklären lassen, wieso "Michel von Lönneberga" von ihnen abstammen soll. Bis dahin gehe ich in meiner "angeboren blauäugigen Arroganz" erst mal davon aus, dass die Wissenschaftler, die so etwas behaupten, noch nie untersucht haben, wie viele blauäugige Szekler es tatsächlich gibt.
Auch die Bulgaren sind ein indoeuropäisches Volk. Genauer ein Slawisches. Wenn wir jetzt Rückschlüsse von der Sprachfamilie auf die Haarfarbe zögen, hätten wir bald ein ziemliches Dilemma.