Heutige Kaufkraft des Gulden

Dieses Thema im Forum "Wirtschaftsgeschichte" wurde erstellt von Dieter, 16. August 2005.

  1. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    In einer häufig publizierten Vermögensaufstellung bzw. Bilanz der Augsburger Fugger aus dem Jahr 1527 wird das Gesamtvermögen der Firma mit rund "2 Millionen Gulden" angegeben.

    Meine Frage lautet nun: Welcher Kaufkraft in Euro (oder DM) entsprechen diese 2 Millionen Gulden heute, bzw. welche ungefähre Kaufkraft besitzt ein Gulden aus der Mitte des 16. Jh. heute. Meine unvollkommenen Recherchen führten zu einem Wert von etwa 30-60 Euro, doch muss das nicht der Weisheit letzter Schluss sein. - Ich brauche die Angaben zur Umrechnung in einem Geschichtsbuch.
     
  2. florian17160

    florian17160 unvergessen

  3. Mercy

    Mercy unvergessen

    Vielleicht hilft der Goldpreis?
    1494
    Die Firma "Ulrich Fugger und seine Gesellschaft" wird die erste "offene Handelsgesellschaft" in Europa und ändert den Namen in "Ulrich Fugger und Gebrüder von Augsburg". Die drei überlebenden Brüder Ulrich, Georg und Jakob erzielen allein in diesem Jahr einen Gewinn von 54.385 Gulden (je 3,5 Gramm Gold, also rund 19 Kilo Gold).

    http://www.martinschlu.de/kulturgeschichte/renaissance/frueh/fugger/fugger02.htm
     
  4. hyokkose

    hyokkose Gast

    Ich halte solche Umrechnungen grundsätzlich für bedenklich. Was nützt es, wenn ich weiß, daß man zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort für einen Gulden entweder 35 Brötchen oder 20 Handwerker-Arbeitsstunden bekam? Wieviel wäre das in Euro?
     
  5. Mercy

    Mercy unvergessen

    Grundsätzlich stimme ich dir zu.
    Wenn ich regional detaillierte Daten habe, dann kann ich regionale Berechnungen anstellen.
     
  6. hyokkose

    hyokkose Gast

    Ich könnte Dir schon einen Warenkorb zusammenstellen, in dem Milch, Mehl, Wein (allerdings ohne Qualitätsangaben), Schmalz, Brennholz und Kerzen enthalten sind.
    Wie würde Dein Berechnungsmodus aussehen?

    Und wie ließe sich die ermittelte Kaufkraft mit einem modernen Warenkorb mit Mehrwertsteuer, Mietspiegel und Benzinpreisen sinnvoll vergleichen?
     
  7. Mercy

    Mercy unvergessen

    Mir liegen Gemeinderechnungen Ende des 17. Jh vor. Daraus kann ich entnehmen, daß für die Befestigung des Sockels eines Bildstocks neben den Kosten für die Materialien auch der Zeitaufwand angegeben ist. Damit kenne ich den Stundenlohn.
    Aus der Gemeinderechnung, das war im damaligen Herrschaftsbiet Pflicht, kenne ich die Preise verschiedener alltäglicher Güter. Auf dieser Basis läßt sich Kaufkraft schon berechnen.
    Die Abhörprotokolle, die der nächsten Jahresrechnung beigefügt sind, verraten mit ausserdem, ob die von der Gemeinde akzeptierten Rechnungen von der "Aufsichtsbehörde" akzeptiert wurden.
     
  8. hyokkose

    hyokkose Gast

    Ja, nur erklär mir mal, nach welchem Modus Du vorgehst.

    Wie gewichtest Du Stundenlohn und Brötchen?
     
  9. Mercy

    Mercy unvergessen

    Genau so wie heute.
    Für ein Kilo Brot musste ich anno x y Stunden arbeiten.
    Heute arbeite dafür z Stunden.

    Ist mir das Glück vergönnt, im Pfarrarchiv die Spoliensätze zu finden, dann weis ich, wie lang ich für eine Seelenmesse zu arbeiten hatte. :fs:
     
  10. collo

    collo Aktives Mitglied

    es stimmt ja, dass die umrechnung problematisch ist, aber wie soll man sich sonst solchen zahlen annähern? in der heutigen zeit sind 2 mio. ja kein nennenswerter betrag mehr ( jedenfalls nicht, wenn es um bilanzsummen geht), also brauche ich anhaltspunkte, um diese summe einschätzen zu können: der lohn eines "normalverdieners", die kosten für bestimmte produkte etc.
    natürlich wird man so nicht auf den cent genau ausrechnen können, was ein gulden heute wert wäre, aber erstens kommt es auf die letzte genauigkeit nicht an und zweitens wüsste ich keine bessere methode.
     
  11. hyokkose

    hyokkose Gast

    Vielleicht stehe ich gerade völlig auf dem Schlauch, also machen wir einmal eine fiktive Modellrechnung auf:

    Anno 1705 bekommt ein Handwerker für 1 Stunde Arbeit 3 Kreuzer und kann sich dafür 2 Brötchen kaufen.

    Für 2 Brötchen arbeitet der heutige Handwerker (schwarz) 2 Minuten 24 Sekunden.

    Wieviel Euro ist nun ein Kreuzer?
     
  12. florian17160

    florian17160 unvergessen

    Vieleicht fragst du das mal Malte in der Kopfnuss?
     
  13. collo

    collo Aktives Mitglied

    ein ganz einfacher ansatz:
    der einfachheithalber kostet ein brötchen mal heute 50 ct, dann verdient der handwerker 25€/stunde, 1 kreuzer wären dann 8,33€.

    bei einem anderen produkt/dienstleistung käme mit sicherheit ein anderer wert heraus, weil brötchen damals vielleicht im vergleich zu heute billiger waren als z.b. schuhe. will man es ganz genau wissen, müsste man natürlich einen ganzen warenkorb zusammenstellen, aber darum geht es doch gar nicht.

    es geht m.e. darum, solche zahlen wie 2 mio. gulden oder 3 kreuzer für uns heutige menschen einschätzen zu können. und wenn ich dann weiss, dass man dafür eine stunde lang arbeiten musste, kann ich viel mehr damit anfangen als mit der nackten zahl.
     
  14. hyokkose

    hyokkose Gast

    Klar, Du hast nämlich nur die Lohnkosten in Deiner Rechnung berücksichtigt, und zwar zu 100%, die Lebenshaltungskosten ("Brötchen") dagegen mit 0%.

    Bei Deiner Rechnung hätte ein Brötchen umgerechnet 12 Euro 50 gekostet.

    Es geht auch genau umgekehrt: 1,5 Kreuzer = 1 Brötchen = 50 Cent, dann entspricht 1 Kreuzer nicht 8,33 Euro, sondern lediglich 33 Cent. Und der Handwerker hätte damals eben nur 66 Cent pro Stunde verdient.



    Nur bringt der Fixpunkt "eine Stunde lang arbeiten" uns heutige Menschen auf ganz falsche Relationen, denn die Kaufkraft der imaginären "25 Euro" betrug im Bäckerladen gerade mal 1 Euro.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 27. August 2005
  15. collo

    collo Aktives Mitglied

    es geht nicht um die richtige berechnung, es geht darum ein "gefühl" zu bekommen, was bestimmte geldbeträge wert waren. darum sind sowohl meine als auch deine rechnung nur ein ansatz und das "richtige" ergebnis wird wohl irgendwo dazwischen liegen. ich teile deine bedenken gegen solche umrechnungen, aber ich wüsste gerne, was man sonst machen sollte.
     
  16. hyokkose

    hyokkose Gast

    Da sind wir uns ja prinzipiell einig. Worauf ich hinauswollte, ist die Größenordnung, innerhalb derer etwas "irgendwo dazwischen liegt". Vorausgesetzt, mein fiktives Beispiel käme in etwa hin, läge der Gulden "irgendwo" zwischen 20 und 500 Euro.

    Dieses "Gefühl", was ein Gulden wert war, bekommt man nicht durch eine Umrechnungstabelle, sondern erst durch die Beschäftigung mit dem, was für das Geld alles gekauft wurde.
     

Diese Seite empfehlen