Ich schreibe hier nichts hin, was nicht überprüfbar wäre.
Du beantwortest jedenfalls nicht die Fragen, die Dir gestellt wurden.
Es wurde hier viel geschrieben, auch Negatives über Inquisition und Päpste, aber gleichzeitig auch Positives über beide, wobei am Ende das Positive überwog - alles unter dem Mantel, der historischen Wahrheit dienen zu wollen.
Positives? Wo steht hier etwas Positives über die Inquisition? Willst Du ernsthaft als Gutheißung abstempeln, was nur der historischen Einordnung diente? Und der letzte Teilsatz ist einfach nur daneben. Worum geht es denn sonst, wenn nicht um die historische Wahrheit?
Im Endeffekt unterstellst Du Deinen Mitdiskutanten, dass sie die Inquisition reinwaschen wollen, aber warum denn nur? Das würde ich jetzt wirklich gerne mal wissen. Welches Interesse könnte irgendjemand hier haben, historische Verbrechen zu negieren? Das ist doch albern.
Es reicht eben nicht zu sagen, ja, Inquisition und Folter, wirklich schlimm, aber im gleichen Atemzug zu verkünden: Es endeten nicht alle Prozesse mit dem Scheiterhaufen, man konnte auch freikommen.
Doch, das reicht sehr wohl. Eine Zustandsbeschreibung kümmert sich nicht um Gefühle.
Ehrlich gesagt, was Du hier betreibst bzw. einforderst, erinnert mich stark an das Verhalten, das man heute "virtue signalling" nennt. Kein denkender Mensch kann es gutheißen oder rechtfertigen, wenn jemand aufgrund einer bloßen Denunziation für naturwissenschaftlich unhaltbare Anschuldigungen auf die Folter gespannt wird. Muss ich nun extra betonen, dass ich ein denkender Mensch bin und das nicht gutheiße?
Du darfst mir gerne Besseres unterstellen.
Aber als geschichtlich interessierte Zeitgenossen müssen wir doch fragen: Wie kam es dazu? Wie konnte es z.B. dazu kommen, dass der Papst auf einmal das Dogma über den Glauben an Hexenwerk revidierte? In einer Zeit, in der die obersten Repräsentanten der Kirche in den Bistümern Salzburg und Gurk den 'Hexenhammer' als häretischen Unsinn verdammten?
Du hast noch keine überzeugende Antwort auf diese Frage geliefert.
Unbeschädigt frei aus den Fängen der Inquisition zu kommen, war eine absolute Ausnahme.
Diese Aussage hätte ich gerne bewiesen. Dir ist klar, dass die Prozessakten der Spanischen und der Römischen Inquisition bis heute großteils überdauert haben? Und wenn Du nicht behaupten willst, diese seien nachträglich gefälscht oder beschönigt worden, wirst Du Dich der Tatsache stellen müssen, dass es eben nicht die absolute Ausnahme war, sondern die Regel.
Erstens: Die Todesstrafe war die Ausnahme, nicht die Regel. Die Regel waren Kirchen- und Geldbußen.
Zweitens: Die Folter war ebenso die Ausnahme wie die Todesstrafe.
Drittens: Die Inquisition konnte nach kanonischem Recht und der Absolutionsdoktrin reuige Ersttäter nicht verurteilen. Verurteilen konnte sie nur jene, die nicht widerriefen oder rückfällig wurden. Und verurteilt wurden sie dann nicht wegen Häresie, Hexerei oder was auch immer, sondern wegen der Kontumaz, das heißt, der angeblichen oder tatsächlichen Weigerung, der Anordnung des Inquisitionsgerichts zu gehorchen.
Ob es Dir passt oder nicht: Das Sujet der allmächtigen Terrororganisation Inquisition, aus deren Fängen niemand entkommt, ist eine Erfindung protestantischer und aufklärerischer Autoren. Und darauf hinzuweisen, schließt mitnichten irgendeine Art von Werturteil ein, es sei denn vielleicht ein Werturteil über einen allzu nonchalanten Umgang mit den Fakten.
Du beweist übrigens gerade unwillentlich Dein Bias, indem Du alles auf Inquisition und Kirche reduzierst, obwohl die Folter in beiden Rechten angewandt wurde und die Inquisition an den Hexenjagden, um die es hier gehen sollte, kaum beteiligt war.
Die Rechnung Buch -> Buchdruck -> Hexenprozesse ist eine falsche, denn die Ursache liegt allein beim Buch.
Eben nicht. Du kannst doch nicht einfach ignorieren, dass Institoris zu Lebzeiten ein kleines Lichtlein war und die wenigen Menschen, die seine Schriften kannten – zumeist Kleriker – eher darüber gelacht als sie ernstgenommen haben.
Wieso kam es nicht bereits im Jahr des Erscheinens des 'Hexenhammers' zu großflächigen Verfolgungen?
Weil praktisch niemand den Schinken kannte!
Und das ist von elementarer Wichtigkeit für die Verständnis der damaligen Vorgänge.
Warum in aller Welt wurde wohl das Buch erst knapp hundert Jahre später für die Zeitgenossen interessant? Wenn Du heute Antworten auf
aktuelle Probleme suchst, greifst Du dann als allererstes nach einem Buch von vor hundert Jahren? Ich würde doch wohl annehmen: nein!
Der 'Hexenhammer' wurde zum verspäteten Bestseller, weil er der Hexenmanie der damaligen Zeit gelegen kam. Jemand war über das Buch gestolpert, hatte seinen primitiven kleinen Aha-Moment gehabt und nutzte den Buchdruck, um seine ahnungslosen Mitmenschen zu "informieren".
Es war der Buchdruck, der das Buch bekanntmachte und den Hexenjägern ihr Handwerkszeug überhaupt erst an die Hand gab.
Die Leute suchten Antworten und fanden sie in der alten Schwarte des braven Institors. Und ob Du es wahrhaben willst oder nicht: Die Kirche musste ihnen nichts dazu einflüstern, an Hexen glaubten die Leute schon selbst. Die Psychologie der Hexenverfolgungen ist heute bestens verstanden.
Wie schon die Judenpogrome, erfasste der Hexenwahn instabile Gesellschaften, die religiös zerrüttet und durch die tiefgreifenden Veränderungen ihrer Zeit verunsichert waren. Der 'Hexenhammer' lieferte nicht die Ursache, die Ursache war schon da. Er rechtfertigte und bekräftigte die von der Manie ergriffenen Gesellschaften nur in ihrem Glauben, dass sie im Recht waren. Und diese Bekräftigung brauchten sie, denn es gab durchaus Stimmen – übrigens nicht zuletzt aus dem Klerus selbst – die gegen Hexenverfolgungen protestierten.
Und das zu konstatieren, ist mitnichten eine Rechtfertigung oder gar Gutheißung, sondern eine schnöde Tatsachenfeststellung. Und zwar eine von einiger Bedeutung. Denn sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen, ist allenfalls ein schönes, aber fruchtloses Hobby, wenn man nichts über die Gegenwart und die Zukunft lernt, die von der Vergangenheit geprägt wurde.
Ingroup und Outgroup, und der Irrtum einer linearen progressiven Entwicklung von Gesellschaften. Mehr ist da nicht.
Bei den Hexenverfolgungen spielten dieselben grundlegenden psychologischen Mechanismen eine Rolle, die heute dazu führen, dass z.B. plötzlich massenweise Männer für ein Verbot von Abtreibungen eintreten.