Thane, das führt leicht in die Irre. Die Einfachheit der Argumente mag den Populismus ausmachen. Die Redekunst aber zeichnet den erfolgreichen Populisten aus.
Auch wenn sie in diesem Falle auf Massenwirkung zielt.
Ich weiß nicht, ob Hitler dem zustimmen würde. In "Mein Kampf" hat er sich ja dazu ausgelassen, was eine erfolgreiche Propaganda auszeichnet:
"Jede Propaganda hat volkstümlich zu sein und ihr geistiges Niveau nach der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten unter denen an die sie sich zu richten gedenkt. Damit wird ihre rein geistige umso tiefer zu stellen sein, je größer die zu erfassende Masse der Menschen sein soll. Handelt es sich aber darum, ein ganzes Volk in ihren Wirkungsbereich zu ziehen, kann die Vorsicht bei der Vermeidung zu hoher geistiger Voraussetzungen gar nicht groß genug sein. Je bescheidener dann ihr wissenschaftlicher Ballast ist und je mehr sie ausschließlich auf das Fühlen der Masse Rücksicht nimmt, umso größer wird ihr Erfolg sein.
Gerade darin liegt die Kunst der Propaganda, dass sie die gefühlsmäßige Vorstellungswelt der großen Masse begreifend, in psychologisch richtiger Form den Weg zur Aufmerksamkeit und zum Herzen der breiten Masse findet. Daß dies von unseren Neunmalklugen nicht begriffen wird, beweist nur deren Denkfaulheit oder Einbildung
Mein Kampf, S.197-198)
Wenn man sich mal die rhetorischen Ergüsse erfolgreicher Populisten ansieht, wird man weder bei einem Donald Trump, noch bei einem Orban, Le Pen oder anderen auf filigrane Rhetorik stoßen. Sprachlich bewegt sich das oft auf unterem Niveau, sachliche Argumente sucht man meist vergeblich, dafür gibt es reichlich kontrollierte Tabubrüche und Tiraden, hinterher kann man es ja immer noch zurücknehmen oder behaupten falsch verstanden oder zitiert worden zu sein. Man hat es ja nicht so gemeint. Aber man hat es sehr wohl genau so gemeint, und die barbarische Botschaft hat ihre Empfänger erreicht.
Der Wortschatz eines Donald Trump gleicht dem eines 14-Jährigen, und seine Wähler halten ihn tatsächlich für einen der Ihren, weil er ihre Sprache spricht, ihre Vorurteile teilt und weil er sich traut auszusprechen, was andere erst nach dem 10. Bier von sich geben.
Kurt Tucholsky sagte mal über Hitler sinngemäß: "Den Mann gibt es ja gar nicht, er besteht nur aus Geschrei.
Hitlers Erfolg als Redner basierte nicht auf brillianter Rhetorik, sondern auf seiner Fähigkeit, eine Anzahl von Einzelpersonen in eine Masse zu verwandeln. Je größer und je heterogener das Publikum war, umso lieber. Am Ende schaffte er es, aus einer Zuhörerschaft eine Masse, einen Mob zu machen, der seine Individualität aufgab, der in der Menge aufging. Nicht die Kraft der Argumente zeichnete Hitler aus, sondern seine Fähigkeit, Affekte zu mobilisieren, Ängste, Frustrationen, Neidgefühle, Wut, Hass zu entfesseln. Wie gesagt, seine Reden, wenn man sie liest, wirken oft holprig, es mangelt an einem logischen Aufbau, stilistisch waren sie meist grottig. Aber Hitler war authentisch. Das, was er sagte, glaubte er in dem Moment selbst. Jedenfalls nahmen ihm seine Zuhörer ab, was er sagte. Es waren ihre eigenen Ängste, die eigenen Komplexe, die eigenen Hassgefühle, und die teilte er mit seinem Publikum, die verstand er auf seine Zuhörerschaft zu übertragen. Er erzeugte ein "Wir-Gefühl", er präsentierte einen Feind außerhalb des "Wir-Mikrokosmos" und er versprach Rettung und Erlösung, inszenierte sich als einen Messias, den der Himmel geschickt hatte.
Inhaltlich war das, was er sagte, ziemlich dünn, und er sagte fast immer das Gleiche. Die Botschaft war barbarisch, aber die Mittel, mit denen er sie verbreitete, war modern. Ähnliches hatte es in europäischen Wahlkämpfen kaum je zuvor gegeben, allenfalls in den USA gab es vergleichbares. Es war weniger die Redekunst, als die Kunst der Volksverhetzung und Demagogie, die Hitler beherrschte. Die beherrschte er allerdings meisterhaft.
Das Erfolgsrezept war/ist relativ einfach: 1. Erzeuge ein Wir-Gefühl, 2. Erzeuge ein Feindbild, 3. Erzeuge bei der Zuhörerschaft das Gefühl, Teil einer zahlenmäßig großen einmütigen Gemeinschaft zu sein, lass sie selig in der Masse aufgehen. 3. Erzeuge das Gefühl, dass deine und ihre Interessen die gleichen sind. 4. Präsentiere einfache Lösungen für komplexe Probleme.