Hindenburgs Kamarilla...

Steph

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...brachte der einflussreiche Berater-Kreis um Paul von Hindenburg die Weimarer Republik zu Fall? kann man das so sagen?
Eure Meinung würde mich interessieren.
 
Steph schrieb:
...brachte der einflussreiche Berater-Kreis um Paul von Hindenburg die Weimarer Republik zu Fall? kann man das so sagen?
Eure Meinung würde mich interessieren.


Nein, das ist zu kurz gegriffen. Der Weimarer Republik mangelte es an Republikanern und Demokraten. Nur an Einzelpersonen oder einem kleinen Kreis von Beratern kann man den Untergang der Weimarer Republik nicht festmachen.
 
Nun, da wirst Du Recht haben. Allerdings waren sie beteiligt an dem Weg ins dritte Reich bzw. haben durch eine Aushöhlung der Weimarer Verfassung den Weg geebnet. Was war wohl das Besondere an der Kamarilla?
 
Steph schrieb:
Nun, da wirst Du Recht haben. Allerdings waren sie beteiligt an dem Weg ins dritte Reich bzw. haben durch eine Aushöhlung der Weimarer Verfassung den Weg geebnet. Was war wohl das Besondere an der Kamarilla?

Das Besondere kann man in der Lancierung der sog. "Dolchstoßlegende " sehen.
P.v. Hindenburg genoß als ehem. Feldmarschall noch immer hohes Ansehen in großen Teilen d. Bevölkerung, daher gelang es ihm und seiner Umgebung diese Legende als "Dolchstoß-Wahrheit " und nicht Legende zu propagieren. In allen Wahlkämpfen d. Weimarer Republik wirkte diese Legende fort und diente allen nationalist. Parteien und Gruppen zur Wahlpropaganda. Damit hatten besonders alle rechtsgerichteten Gruppen ein hervorragendes Agitationsfeld und Hetzmittel gegen die Republik und ihre Vertreter i.d. Hand. Die Rechnung der alten OHL war aufgegangen ; Nicht sie, sondern die republikanischen Politiker hatten den verlorenen Krieg zu verantworten und den "Schandfrieden " zu vertreten.
Hindenbg. und seine Kreise gaben der Revolution die Schuld am milit. Zusammenbruch .
Die Tatsache, daß die Revolution v. 1918 nicht Ursache sondern Folge des Zusammenbruchs gewesen ist, wurde verleugnet. -Ein immer wieder gern tradiertes Muster revanchistischer Geschichtswahrnehmung auch in unserer Zeit : absichtsvolle Verwechslung von Ursache und Wirkung.
 
Steph schrieb:
...brachte der einflussreiche Berater-Kreis um Paul von Hindenburg die Weimarer Republik zu Fall? kann man das so sagen?
Eure Meinung würde mich interessieren.

Es gibt ja die Geschichte vom "in der Verfassung nicht erwähnten" Sohn des Reichspräsidenten, der nach einem längeren Gespräch mit Hitler ziemlich bedrückt wirkte, und schließlich bemerkt hätte, dann müssen wir den Hitler wohl zum Kanzler machen.
Vermutet wird, dass Teile der Kamarilla oder evt. Hindenburg selbst in den sogenannten "Osthilfe-Skandal" verwickelt gewesen seien, und Hitler den Sohn mit diesem Wissen faktisch erpresst hätte.
Quellen werden bei Bedarf nachgelliefert.

Grüße Repo
 
Arcimboldo schrieb:
P.v. Hindenburg genoß als ehem. Feldmarschall noch immer hohes Ansehen in
Die Tatsache, daß die Revolution v. 1918 nicht Ursache sondern Folge des Zusammenbruchs gewesen ist, wurde verleugnet. -Ein immer wieder gern tradiertes Muster revanchistischer Geschichtswahrnehmung auch in unserer Zeit : absichtsvolle Verwechslung von Ursache und Wirkung.


Soweit Zustimmung,
Aber, die Revolution war die Folge der Meuterei der Seekriegsleitung die den Auslaufbefehl für die Hochseeflotte gab.

Grüße Repo
 
zu Arcimboldo:
Ja, die Rechnung der alten OHL ging zwar auf, in dem sie die Weimarer Republik unterwandern konnten, mehr noch, dass die republikanischen Politiker den verlorenen Krieg und den "Schandfrieden" zu verantworten hatten, allerdings ging das Ziel der Kamarilla, die Rückkehr zur Monarchie, freilich nicht auf. Und bei allen Einzelinteressen des Kreises, die im Verlauf der Jahre bis 1933 dazu kamen, hatten sie dieses Ziel ja auch einmal.

zu Repo:
Es kam doch sogar der alte Hindenburg selbst ins Gerede, und er hatte Angst in den "Osthilfeskandal" hineingezogen zu werden, als großer Freund der Gutsbesitzer, der er ja auch war. Vor allem als bekannt wurde, dass er 1927 sein Gut Neudeck direkt auf seinen Sohn eingetragen hat, um diesem die Erbschaftssteuer zu ersparen - ein legaler aber anrüchiger Steuertrick.
Ich kann da als Quelle den guten Herrn Eberhard Kolb angeben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Arcimboldo schrieb:
Der Weimarer Republik mangelte es an Republikanern und Demokraten. Nur an Einzelpersonen oder einem kleinen Kreis von Beratern kann man den Untergang der Weimarer Republik nicht festmachen.

Unterstützend dazu - und zu dem eigentlich in der Ausgangsfrage verborgenen Kernpunkt, woran bzw. an welchen verschiedenen Strömungen die Weimarer Republik scheiterte - erlaube ich mir an dieser Stelle den Verweis auf ein vor geraumer Zeit bereits (durchaus kontrovers) diskutiertes Thema zu den "Feinden der Weimarer Republik": http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=5161
 
Repo schrieb:
Soweit Zustimmung,
Aber, die Revolution war die Folge der Meuterei der Seekriegsleitung die den Auslaufbefehl für die Hochseeflotte gab.

Grüße Repo

Es war die Initialzündung zu den revolutionären Vorgängen i. Deutschland.
Eine "klass. Revolution" war es eh nicht .
Der milit. Zusammenbruch war vorher, wurde aber v.d. OHL ofiziell nicht gewürdigt, obwohl es allen klar war.
 
Lieber Timotheus,
vielen lieben Dank für Deinen sehr interessanten Hinweis. Mir geht es aber vornehmlich um die Kamarilla und deren Rolle in der Weimarer Republik, nicht um alle Strömungen, die zum Ende der Weimarer Repulik führten.
Aber trotzdem vielen Dank.
 
Hallo Steph,

das war mir schon klar; mir ging es um die Untermauerung von Arcimboldos berechtigtem Einwand, warum die These, daß "Hindenburgs Kamarilla" die Weimarer Republik zu Fall brachte, einfach zu kurz gegriffen ist.
In der Geschichte ist es immer notwendig, möglichst viele politische Faktoren zu betrachten...

Viele Grüße

Timo
 
Hallo Timo,
lieben Dank für Deinen Hinweis. Klar, Du hast ja Recht. Da ich noch nicht so ein Profi bin in diesem Forum, wie ihr alle hier, habe ich mich da wohl ziemlich falsch ausgedrückt, wollte gern ein Thread zum Thema Kamarilla starten...
Trotzdem: Danke.

Liebe Grüße, Steph
 
Arcimboldo schrieb:
Es war die Initialzündung zu den revolutionären Vorgängen i. Deutschland.
Eine "klass. Revolution" war es eh nicht .
Der milit. Zusammenbruch war vorher, wurde aber v.d. OHL ofiziell nicht gewürdigt, obwohl es allen klar war.

Einen militärischen Zusammenbruch gab es nicht. Die OHL befürchtete allerdings Ende August einen solchen, und hat den Politikern da erstmals reinen Wein eingeschenkt, verbunden mit der Forderung sofort einen Waffenstillstand herbeizuführen.
Die Westfront hat sich dann, nach diversen Rückzügen, stabilisiert, ein Zusammenbruch war nicht mehr (kurzfristig) zu erwarten.

Dass sie den Moment erkannten, als die Sache endgültig verloren war, muss man der OHL schon zu Gute halten.

Aber ist hier OT

Grüße Repo
 
Zuletzt bearbeitet:
Repo schrieb:
Einen militärischen Zusammenbruch gab es nicht. Die OHL befürchtete allerdings Ende August einen solchen, und hat den Politikern da erstmals reinen Wein eingeschenkt, verbunden mit der Forderung sofort einen Waffenstillstand herbeizuführen.
D

Die Lesart versteh ich nicht :confused:

Ludendorffs Begründung für das Waffenstillstandsersuchen an die Reichsregierung vom 28.9.1918 , geäußert gegenüber seinen Stabsoffizieren in d. OHL:

..."Er sei verpflichtet, uns zu sagen, daß die milit. Lage usw... Die OHL und das dt. Heer seien am Ende ; der Krieg sei nicht mehr zu gewinnen, vielmehr stehe die endgültige Niederlage wohl unmittelbar bevor..."

Bericht des anwesenden dt. Abwehrspezialisten Oberst Thaer v. 1.10.1918

Wie sollte ein milit. Zusammenbruch deutlicher formuliert werden ? Etwa
ohne das Wörtchen "wohl " ? :confused:
 
Zuletzt bearbeitet:
Arcimboldo schrieb:
Die Lesart versteh ich nicht :confused:

Ludendorffs Begründung für das Waffenstillstandsersuchen an die Reichsregierung vom 28.9.1918 , geäußert gegenüber seinen Stabsoffizieren in d. OHL:

..."Er sei verpflichtet, uns zu sagen, daß die milit. Lage usw... Die OHL und das dt. Heer seien am Ende ; der Krieg sei nicht mehr zu gewinnen, vielmehr stehe die endgültige Niederlage wohl unmittelbar bevor..."

Bericht des anwesenden dt. Abwehrspezialisten Oberst Thaer v. 1.10.1918

Wie sollte ein milit. Zusammenbruch deutlicher formuliert werden ? Etwa durch
ohne das Wörtchen "wohl " ? :confused:

Der liebe Ludendorff hatte die Nerven verloren. Ein paar Tage später sah er die Sache wieder anders, und hielt eine Fortsetzung des Krieges für machbar.

Der Krieg war zweifellos verloren, meine These ist, dass die Waffenstillstandstands-Bedingungen "besser" ausgefallen wären, wenn die Revolution nicht zu diesem Zeitounkt ausgebrochen wäre. Die die direkte Folge des Auslaufbefehls am 29.10.1918 war.

Jetzt bitte ich ein paar Tage um dispens, unaufschiebbare Dinge erwarten mich.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Der liebe Ludendorff hatte die Nerven verloren. Ein paar Tage später sah er die Sache wieder anders, und hielt eine Fortsetzung des Krieges für machbar.

Die Gefangenenzahlen in Hunderttausenden sprechen eine andere Sprache. Denn bei dem Tempo hätte das deutsche Heer zwar die alliierten Linien durchbrochen, aber dabei ihre Waffen und Stiefel verloren ...
 
Albatros schrieb:
Die Gefangenenzahlen in Hunderttausenden sprechen eine andere Sprache. Denn bei dem Tempo hätte das deutsche Heer zwar die alliierten Linien durchbrochen, aber dabei ihre Waffen und Stiefel verloren ...

Lieber Albatros,
Deine Worte verstehe ich nicht. Entweder das Heer war noch in der Lage diese Linien zu durchbrechen oder nicht?:confused: Wieso verliert man dabei Waffen und Stiefel?:confused:
 
Albatros hat die Gefangenname der deutsche Soldaten ironisch-euphemistisch als einzige Möglichkeit der Deutschen, die Alliierten Linien zu durchbrechen, beschrieben.
 
El Quijote schrieb:
Albatros hat die Gefangenname der deutsche Soldaten ironisch-euphemistisch als einzige Möglichkeit der Deutschen, die Alliierten Linien zu durchbrechen, beschrieben.

Lieber Quijote,
vielen Dank für die Aufklärung. Warum aber ohne Stiefel?:confused:
 
Repo schrieb:
meine These ist, dass die Waffenstillstandstands-Bedingungen "besser" ausgefallen wären, wenn die Revolution nicht zu diesem Zeitounkt ausgebrochen wäre. Die die direkte Folge des Auslaufbefehls am 29.10.1918 war.

Grüße Repo

... entschuldige bitte, aber deine These halte ich für einigermaßen bizarr .Die chronologischen Realität der revolutionären Vorgänge kann deiner These nicht entsprechen. Du machst den Ausbruch der "Revolution " an der Matrosen-Meuterei alleine fest. Dies war sicher die Initialzündung zu revolutionären Vorgängen auf den verschiedensten gesellschaftfspolit. Ebenen incl. des Militärs . Es gab aber keine zentral gesteuert oder zu einem bestimmten Zeitpunkt untereinander deutschlandweit koordinierte "Revolution " .
Der Grund für die revolutionäre Stimmung in weiten Teilen der Bevölkerung lag vorallem in dem Schock über die Täuschung der OHL über das wahre Ausmaß der verschiedenen Frontsituationen und des faktischen Zusammenbruchs !
Der Auslaufbefehl der OHL an die Flotte Ende Oktober 1918 Richtung Themse diente ausschließlich einer "Ehrenrettung im Kampf " die von den Matrosen richtigerweise als Himmelfahrtskommando eingeschäzt wurde und daraufhin gemeutert wurde. Das Wort "Meuterei " ist in diesem Zusammenhang übrigens gar nicht richtig. Die OHL hatte den Auslaufbefehl ohne Wissen der durch die Oktoberverfassung legitimierte Reichsregierung ausgegeben.
Aus dem Widerstand der betroffenen Matrosen gegen diesen parlamentarisch nicht gedeckten Befehl einen "Fehler " der dann anrollenden revolutionären Vorgänge zu stricken ist geradzu grotesk. Die OHL hat gemeutert, Ludendorff hat bevor die "Nerven verloren hat " wie du zitierst spätestens seit 1916 den Verstand verloren. Jede Handlung der alten OHL war dazu bestimmt sich der demokr. legitimierten Reichsregierung zu verweigern !
Hätte die OHL sich an die geltende neue Verfassung gehalten, könnte sie den ominösen Auslaufplan der Flotte nicht gestartet haben, die " Revolution " wäre deiner Lesart nach dann nicht ausgebrochen . :winke:
 
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