Ius primae Noctis

Eine ganz interessante Anekdote:
Mussolini, der Duce, war ja stark verehrt in seiner Blütezeit des Faschismus. Eine ital. Lehrerin bot ihm bei ihrer Heirat, dieses Recht der ersten Nacht an. Das ging dann Mussolini aber zu weit und er lies die Frau verhaften...
Also das Mysterikum hat sich gehalten...
 
Wo wir nun schon bei Anekdoten sind:
Von 1770 bis 1784 war Fatafehi Paulah König von Tonga. Er behielt sich das Recht vor, jede Frau in seinem Königreich persönlich zu entjungfern. Täglich sollen es bis zu zehn Frauen gewesen sein, in seiner Regierungszeit kam er angeblich auf 37.800 Entjungerungen.
 
Oder was man in Dresden den Touristen gern über August den Starken erzählt.
S.a. mein Posting #20. Man sollte das zivilisatorisch nicht zu gering erachten. Ein "Despot" wird sich etwas zurückhalten, wenn seine Untertanen mit gewisser Wahrscheinlichkeit Halbbrüder oder sogar Söhne sind..

Und bevor Lynxxx jetzt interveniert: Ja, ich kenne die Probleme der osmanischen Sultane :)
 
@deSilva: Von 1770 bis 1784 war Fatafehi Paulah König von Tonga. Er behielt sich das Recht vor, jede Frau in seinem Königreich persönlich zu entjungfern. Täglich sollen es bis zu zehn Frauen gewesen sein, in seiner Regierungszeit kam er angeblich auf 37.800 Entjungerungen.
Jetzt habe ich mir doch noch einmal den Taschenrechner gegriffen. 14 (oder doch 15?) Regierungsjahre a 365 Tage, wären gerundet 7,4 Jungfernstiche pro Tag. Bei aller Phantasie, damit dürfte der Mann rein physiologisch überfordert gewesen sein. Der Ärmste...kam der eigentlich noch zum Regieren?
 
Jetzt habe ich mir doch noch einmal den Taschenrechner gegriffen. 14 (oder doch 15?) Regierungsjahre a 365 Tage, wären gerundet 7,4 Jungfernstiche pro Tag. Der Ärmste...kam der eigentlich noch zum Regieren?

Das gehört wohl ins Reich der Mythen und Sagen, aber ein Threat über das hier, würde wohl sehr viele Googleuser anziehen...
Rein von der Potenz her ist das doch gar nicht möglich, oder die Männer sind alle zu Schlappschwänzen verkommen *räusper*
 
...Rein von der Potenz her ist das doch gar nicht möglich, oder die Männer sind alle zu Schlappschwänzen verkommen *räusper*
Die Sexualforscher sprechen da vom "Coolidge Effekt".
Anekdote #2:
.. Präsident Coolidge und seine Gattin eine Rundreise über einige Farmen machten. Während der Präsident gerade woanders war, zeigte der Farmer der Präsidentengattin stolz einen Hahn, der " den ganzen Tag lang mit Hennen kopulieren konnte, Tag um Tag". Die First Lady kam auf die schlaue Idee, dem Farmer vorzuschlagen, dies auch dem Präsidenten zu sagen, was er natürlich tat. Der Präsident dachte einen Augenblick nach und fragte dann: "Mit der gleichen Henne?"
"Nein, Sir," lautete die Antwort des Farmers.
"Dann sagen Sie das mal Mrs. Coolidge," erwiderte der Präsident daraufhin."
@BB: ich vermute, Fatafehi Paulah wird sich sonntags frei genommen haben...
 
Zuletzt bearbeitet:
Als Coolidge-Effekt wird der wachsende Widerwille von Männchen genannt, ohne Abwechslung immer wieder mit demselben Weibchen zu kopulieren.

Das ist jetzt alles bisschen ad absurdum, aber doch irgendwie sehr interessant...
Josephine, pass auf es kommt Pfingsten ;)
 
@Balduin: Das ist jetzt alles bisschen ad absurdum, aber doch irgendwie sehr interessant...
Ist es nicht. Der Coolidge-Effekt ist in der Verhaltensbiologie ein fester Begriff. Will heißen man kommt schnell wieder in Form, wenn man dir eine Neue ins Bett legt. Das Prinzip gilt auch in der Tierzucht, aber heute kommt ja meist der Rucksackbulle.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Soziobiologen sehen das alles eben etwas gelassener: Es geht immer nur um die optimale Verteilung des Spermas, um die größtmögliche Anzahl von Enkeln zu erhalten. Dafür ist keine Anstrengung zu groß und kein Trick zu link ....
 
Das 18. Jhdt. hatten wir schon, kommen wir ins 19.:
Es versteht sich übrigens, daß die Fabrikdienstbarkeit wie jede andre, und noch mehr, dem Brotherrn das Jus primae noctis <Recht der ersten Nacht> erteilt. Der Fabrikant ist auch in dieser Beziehung Herr über den Leib und die Reize seiner Arbeiterinnen. Die Entlassung ist Strafe genug, um in neun Fällen aus zehnen, wo nicht in neunundneunzig aus hundert, alles Widerstreben bei Mädchen, die ohnehin keine große Veranlassung zur Keuschheit haben, niederzuschlagen. Ist der Fabrikant gemein genug - und der Kommissionsbericht erzählt von mehreren Fällen - so ist seine Fabrik zugleich sein Harem; und daß nicht alle Fabrikanten Gebrauch von ihrem Rechte machen, verändert die Sache in Beziehung auf die Mädchen durchaus nicht. Im Anfange der Fabrikindustrie, wo die meisten Fabrikanten Emporkömmlinge ohne Bildung und ohne Rücksicht auf die gesellschaftliche Heuchelei waren, ließen sie sich auch durch nichts in der Ausübung ihres "wohlerworbnen" Rechtes stören.
 
Ohne mich in die hier abgelaufene soziobiologische Diskussion vertiefen zu wollen, möchte ich nochmals etwas anmerken - und versuchen, mich auf den mittelalterlichen Kontext zu konzentrieren...

Unabhängig von der offensichtlichen Nicht-Nachweisbarkeit des JPN gibt es sozio-biologische Gründe für seine Existenz. Hierbei geht es nicht um die "erotische" Komponente, sondern um eine konkrete Schwangerschaft. Das älteste Kind (Sohn, bei Anerbenrecht der Hoferbe!) besitzt dann eine gewisse Verwandschaftswahrscheinlichkeit mit dem Grundherren. Diese "genetische Verstärkung" kann für beide Seiten einen sehr positive Effekt besitzen.

Ich erlaube mir, mich dazu selbst zu zitieren:
Es geht ja nicht darum, ob sich ein Herr mit schönen Töchtern der Untertanen u. dgl. zu vergnügen gedachte bzw. sich mit diesen vergnügte, denn dafür brauchte bspw. ein Adliger weder einen Vorwand noch eine gesetzliche Legitimation...
Anm.: Hervorhebung des wichtigen Teils durch nachträgliches Unterstreichen von mir...

Übrigens wurde ein Bastard eines Adligen erbrechtlich nur dann relevant bzw. effektiv, wenn der betreffende Adlige keine legitimen Nachkommen hatte, diese vor dem Antritt des Erbes gestorben waren und/oder der Adlige keinen anderen Verwandten als Erbe eingesetzt hatte etc., so daß der Bastard selbst von seinem Vater als Erbe anerkannt wurde.
Ansonsten erreichte er gewöhnlich nicht annähernd den Rang seiner adligen Halbgeschwister; und selbst Bastarde, welche Ergebnis einer außerehelichen Beziehung mit einer Frau gehobenen Standes waren, fanden sich traditionell desöfteren bspw. im Klerus wieder.
Sie konnten nur dann ihren Weg innerhalb des Adels machen, wenn sie entweder aus einem der oben angeführten Gründe erbberechtigt wurden, von einem anderen Adligen adoptiert wurden (und damit eine adlige Erbberechtigung erlangten), sich in einem Erbstreit gewaltsam durchsetzen konnten o.ä.
 
Zumal hier wieder gefragt werden muss, welches Interesse der geschädigte Bauer haben sollte, ein fremdes Kind durchzufüttern...
 
Ich dachte alles wäre klar :-(
Also noch mal von vorne:

(a) Der "Landlord" hart keinerlei Interesse daran, für die Versorgung oder den Unterhalt so vieler Kinder besonders aufzukommen. Die entsprechenden Kinder müssen also "anonym" gezeugt werden. Insbesondere haben diese Kinder natürlich keinerlei legalen Anspruch auf irgendwas.

(b) Auf der anderen Seite ist bei hoher Kindern das erste Kind besonders ausgezeichnet, hat wohl auch eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit, ist leicht zu identifizieren, und eventuell der Hoferbe/Berufsnachfolger.

(c) Es gibt deswegen nur einen einzigen Augenblick, in dem so eine Verhaltensweise den größtmöglichen Effekt hat, nämlich nachdem die Frau einem Versorger fest angetraut wurde, und bevor die Spermakonkurrenz einsetzt.

(d) Die "Vorteile" des "Landlords" ist eine höhere Nachkommenzahl - dies wird nicht erst seit Darwin generell als die Triebkraft der gesamten biologischen Entwicklung angesehen.

(e) Die Vorteile des "Ehemanns" sind differenzierter. Er kann für seinen Erstgeborenen auf eine "positive" Einstellung des "Landlords" zählen. Da es sich nicht im eine sichere Nachkommenschaft handelt, kann dies ja auch in der Tat sein eigener Sohn sein. Unabhängig davon nimmt die genetische Ähnlichkeit (Homogenität) nach einigen Generationen zu, so dass die konkrete Vaterschaft sogar etwas ihre besondere Bedeutung verliert. Man sollte immer dran denken, dass es in der "Biolologie" nie um die Anzahl von Kindern, sondern um die Anzahl Enkel geht

Diese Argumentation ist Soziobiologisch recht plausibel, und es ist eigentlich erstaunlich, dass sich das JPN nicht nachweisen lässt. Es gibt also stärkere entgegenwirkende Effekte.
 
Hallo deSilva,

ich glaube fast, Du hast dich ein wenig verrannt. Du argumentierst hier soziobiologisch, wo es um den Mythos eines angeblich verbrieften Rechts geht, der seinen Ursprung wohl in einem antikatholischen Pamphlet der frühen Neuzeit hat.
Friedrich Engels verwendet zwar in seinen oben zitierten Behauptungen einen ähnlich schwammigen Begriff des ius primae noctis wie Du, nämlich ius mit usus verwechselnd, allerdings mit einem gewichtigen Unterschied: Du beziehst Dich tatsächlich auf das Mittelalter, Engels polemisiert hier gegen gesellschaftliche Missstände um 1845, die Verwendung der Terminologie dürfte ein Rückständigkeitsmarker sein.


Welche Funktion haben aber Gesetze? Ich würde – die Juristen im Forum mögen ich nicht steinigen - zwei einfache Antworten auf diese Frage geben wollen. Die Funktion von Gesetzen sind
- Machterhalt der Privilegierten
- Vorbeugung gegen das Versagen gesellschaftlicher Norm
Insbesondere letzteres, ein Versagen gesellschaftlicher Norm, würde aber die Vergewaltigung sämtlicher Jungfrauen im Machtbezirk eines Adeligen bedeuten (denn nichts anderes wäre das ius/der usus).

Wie aber kommen Gesetze im Mittelalter zustande? Durch Beratung. Es beraten der König, der Adel und kirchliche Vertreter, die schließlich auch die juristische Ausformulierung übernehmen. Ist es überhaupt denkbar, dass kirchliche Vertreter ein Gesetz formulieren, welches im direkten Widerspruch zum Ehebruchsverbot steht?

Nun noch einige Anmerkungen zur soziobiologischen Argumentation. Sicher, Männer haben – oder bilden sich dies zumindest ein – den biologischen Auftrag, ihren Samen möglichst breit zu streuen. Doch sollten wir nicht vergessen, dass die Menschheit ihr Zusammenleben durch Absprachen regelt, also eine Norm etabliert. Das bekannteste frühe Zeugnis einer solchen Regelung dürften die sieben letzten der Zehn Gebote sein, darunter die Normen Du sollst nicht töten, nicht ehebrechen, nicht stehlen, Vater und Mutter ehren, nicht lügen. Will sagen, der zivilisierte bzw. sozialdisziplinierte Mensch folgt nicht so ohne weiteres seiner Libido, sondern berücksichtigt mehr oder weniger stark gesellschaftliche Zwänge.* Das soll natürlich nicht heißen, dass für Frauen Sicherheit vor männlichen Übergriffen bestanden habe. Noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts gibt es Berichte von Großbauern, die sich einen "Stall" Mägde hielten, aus dem sie sich bedienten – das ist aber kein Beleg für Normalität oder gar eines gesetzlich verbrieften Rechtes darauf.
Wir sollten nicht vergessen, dass das Rittertum seit dem 11. Jahrhundert ein sehr hohes Prestige unter den Adeligen hatte (der Mainzer Reichstag mit der Schwertleite der Söhne Barbarossas war das größte gesellschaftliche Ereignis des Hochmittelalters). Das Rittertum entstand als kirchliche Gegenreaktion auf das Chaos interadeliger Fehden, der Gottesfriedensbewegung. Diese Gottesfriedensbewegung bildete die militia Sankti Petri aus, welche ein Sanktionsaufgebot gegen diejenigen Adeligen darstellen sollte, welche sich nicht an das Friedensgebot hielten.
Mit der Zeit wurden Rittercodices aufgestellt, die meist sieben Verhaltensanforderungen an die Ritter stellten. Zwei für unser Thema wesentliche Punkte waren die Minne und Schutz der Schwachen und Wehrlosen. Dies ist nicht das Klima, in dem ein ius primae noctis entsteht.

*Falls das Euch allen zu euphorisch ist: Ich bekenne, auch ich habe Adornos Erziehung nach Auschwitz gelesen und kenne seine sehr plausible These vom Rückfall der Zivilisation in die Barbarei.
 
@EQ
Danke für Deine langen Erläuterungen - da ist nichts gegen zu sagen! Insbesondere den legalistischen Aspekt habe ich total vernachlässigt.

Vielleicht überschätze ich auch gerne die Konsequenz von "Doppelmoral", d.h. des Nebeneinanderbestehens von expliziten Verhaltensstandards und - genau so strikten! - Alternativverhaltensregeln.
 
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