Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Warum dann überhaupt noch "Harzhorn"?
Die Funde wurden teilweise mehr als drei km vom Harzhorn entfernt gemacht.

Weil sich die Bezeichnung eben durchgesetzt hat und Versuche das rückwirkend umzubenennen wahrscheinlich erstmal vor allem mehr Verwirrung stiften, als nutzen würden.

Das ist nun auch bei anderen Fundstellen oder auch überlieferten historischen Ereignissen so. Etwa die Schlachten von/bei Waterloo und Tannenberg (1914) müsste man, wenn man berücksichtigt wo genau das Schlachtfeld lag und sich die Truppen tummelten, streng genommen auch anders nennen.

Aber frag mal jemanden nach der großen Schlacht von Mont-Saint-Jean oder von Plancenoit (zwischen diesen beiden Orten liegt das eigentliche Schlachtfeld von "Waterloo").
Das wäre zwar korrekt, aber damit könnte kaum jemand etwas anfangen.

Dinge rückwirkend umzubenennen, nachdem eine Benennung seit längerer Zeit in entsprechenden Publikationen kursiert und sich eingeschliffen hat, ist schwierig.
 
Schwierig, aber es kommt durchaus vor.

Z.B. wurde aus der früher gebräuchlichen "Schlacht im Teutoburger Wald" die "Varusschlacht".
Die "Schlacht bei Waterloo" wurde früher oft auch "Schlacht bei Belle-Alliance" genannt.
Gibt es wahrscheinlich wie Sand am Meer:
Schlacht an der Moskwa = Borodino
Schlacht bei Großgörschen = Lützen
Austerlitz = Drei-Kaiser-Schlacht
Leipzig = Völkerschlacht
Aspern = Essling
usw.
 
Schwierig, aber es kommt durchaus vor.

Z.B. wurde aus der früher gebräuchlichen "Schlacht im Teutoburger Wald" die "Varusschlacht".
Die "Schlacht bei Waterloo" wurde früher oft auch "Schlacht bei Belle-Alliance" genannt.
Das sind aber Begriffsänderungen die sich aus der populären Benutzung ergeben haben, nicht durch den Versuch von historisch-fachlicher oder archäologischer Seite, eine sachlich korrektere Präzisierung herbei zu führen.
 
Habe mich gerade erst angemeldet und darf sagen, daß ich herzlich wenig Ahnung habe im Vergleich zu anderen hier. Seit 2 Jahren sauge ich Fakten, lese, und versuche irgendwie alles zu sortieren.Die erste Erkenntnis: Bleibe bei Fakten, lese Befunde bei Funden, interpretiere keine Antikromaciers. Vor allem eines:Die Menschen vor 2000 Jahren dachten in denselben Gedankengängen wie wir, waren logisch und unlogisch, orientierten sich aber an dem, was sie für vernünftig hielten. Also einfach....warten auf den nächsten Fund.
Was mich sehr stutzig gemacht hat, ist die Fundbeurteilung Metallbearbeitung 19. Legion. Allein aus dem Umstand, daß dort identifizierbare Metalllegierungen gefunden wurden, kann ich nicht schließen, daß auch identifizierbare Personen dahinterstanden. Nagut, für die einen ist es ein kleinkariertes Argument, aber Wissenschaft muß auch bemüht sein, den Finger in die Wunde zu legen
 
Was mich sehr stutzig gemacht hat, ist die Fundbeurteilung Metallbearbeitung 19. Legion. Allein aus dem Umstand, daß dort identifizierbare Metalllegierungen gefunden wurden, kann ich nicht schließen, daß auch identifizierbare Personen dahinterstanden.
Du solltest präzisieren: "Kann ich nicht schließen" oder "Kann man nicht schließen"?
Und welche "identifizierbare Personen" meinst Du?

Oder geht es Dir um Methodenkritik, z.B. um die Aussagefähigkeit eines metallurgischen Fingerabdrucks?
 
Was mich sehr stutzig gemacht hat, ist die Fundbeurteilung Metallbearbeitung 19. Legion. Allein aus dem Umstand, daß dort identifizierbare Metalllegierungen gefunden wurden, kann ich nicht schließen, daß auch identifizierbare Personen dahinterstanden.

Ganz grundsätzlich bin ich auch durchaus skeptisch, was die Ergebnisse der metallurgischen Untersuchung anbelangt. Da sie voraussetzt, dass das Personal, das 9 v. Chr. Dangstetten aufgelassen hat, 9 n. Chr. in der Varusschlacht untergegangen ist.
Auf der anderen Seite kann man natürlich davon ausgehen, dass, wenn Veteranen aus der 19. Legion ausgeschieden und neue Rekruten inkoporiert wurden, es am einfachsten war, die Rüstungsbestandteile innerhalb der Legion weiterzuverkaufen*, also, dass Primus Exemplius Fingitus, der Erstbesitzer eines Rüstungsbestandteils, dieses an Secundus Novatius Inventatus weiterverkaufte, der neu in die Legion kam. So blieben dann Rüstungsbestandteile, die zu einem Zeitpunkt X in die Legion kamen bei der Legion, auch wenn die Besitzer ausschieden (regulär, durch Versehrung oder Tod).
Aber ganz grundsätzlich kann man Metalle zuweisen, also jede Metalllagerstätte hat ihre spezielle "Signatur" und so lässt sich eben feststellen, ob das Metall, das eine Legion verwendete besonders häufig aus derselben Lagerstätte kam. Und diese spezielle Lagerstätte besonders häufig bei Legion A vorkommt, aber bei den Legionen B, C, D, E und F kaum bis gar nicht, dann kann man statistisch schon die Bewegungen dieser speziellen Legion nachvollziehen.


*das Rüstungsbestandteile weitergegeben wurden - ob verkauft, verschenkt, oder als Spieleinsatz - ist belegt durch verschiedene Besitzerinschriften auf Rüstungsbestandteilen, ist also nicht hypothetisch, sondern nachgewiesen.
 
Die "metallurgische Spur" der 19. Legion verschwindet, und muss logischerweise auch verschwinden, da mit dem tatsächlichen Untergang der 19. Legion das tradierte, erhaltene, oder mehrfach umgeschmolzene Metall ab da nur noch als wiederverwendeter Metallschrott im germanischen Fundbestand fortlebt.

Sollte eines fernen Tages ein historisch verbürgter Schlachtort der Germanicusfeldzüge (oder ein Schlachtort z.B. in Dakien, bei dem eine seiner Legionen beteiligt war) identifiziert werden, wird man die metallurgische Zusammensetzung des dortigen Fundbestandes mit dem von Kalkriese und Dangstetten vergleichen. Erbeutetete römische Waffen auf germanischen Seite muss man allerdings in Erwägung ziehen, und auch Restbestände aus der Rüstkammer der 19. Legion, die zu Fehlinterpretationen führen könnten. Aber der metallurgische Fingerabdruck der Legionen des Germanicus würde dennoch signifikant anders sein.
 
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Das Interessante ist: wir haben in Dangstetten und in Kalkriese zwei sehr homogene Fundkomplexe.
Wenn wir geschlossene Fundkomplexe in Sachsen-Anhalt, oder neue an der Niederelbe, der Unterweser oder der Ems erhielten, hätten wir eine noch aussagefähigere Daten- und Vergleichsgrundlage.

Das Schöne ist ja: wenn die Gießerei oder Schmiede einer Legion eigenes Material einschmilzt und immer wieder zu neuen Produkten gießt (z.B. Pferdegeschirr, Rüstungskleinteile) oder schmiedet (Rüstungen, Blankwaffen), wird das Material homogenisiert, also der metallurgische Fußabdruck deutlicher. Ein Glücksfall für jetzige und zukünftige Werkstoffkundler und Archäologen.
 
Ganz grundsätzlich bin ich auch durchaus skeptisch, was die Ergebnisse der metallurgischen Untersuchung anbelangt. Da sie voraussetzt, dass das Personal, das 9 v. Chr. Dangstetten aufgelassen hat, 9 n. Chr. in der Varusschlacht untergegangen ist.
Auf der anderen Seite kann man natürlich davon ausgehen, dass, wenn Veteranen aus der 19. Legion ausgeschieden und neue Rekruten inkoporiert wurden, es am einfachsten war, die Rüstungsbestandteile innerhalb der Legion weiterzuverkaufen*, also, dass Primus Exemplius Fingitus, der Erstbesitzer eines Rüstungsbestandteils, dieses an Secundus Novatius Inventatus weiterverkaufte, der neu in die Legion kam. So blieben dann Rüstungsbestandteile, die zu einem Zeitpunkt X in die Legion kamen bei der Legion, auch wenn die Besitzer ausschieden (regulär, durch Versehrung oder Tod).
Aber ganz grundsätzlich kann man Metalle zuweisen, also jede Metalllagerstätte hat ihre spezielle "Signatur" und so lässt sich eben feststellen, ob das Metall, das eine Legion verwendete besonders häufig aus derselben Lagerstätte kam. Und diese spezielle Lagerstätte besonders häufig bei Legion A vorkommt, aber bei den Legionen B, C, D, E und F kaum bis gar nicht, dann kann man statistisch schon die Bewegungen dieser speziellen Legion nachvollziehen.


*das Rüstungsbestandteile weitergegeben wurden - ob verkauft, verschenkt, oder als Spieleinsatz - ist belegt durch verschiedene Besitzerinschriften auf Rüstungsbestandteilen, ist also nicht hypothetisch, sondern nachgewiesen.
Moin

Da auch zu römischer Zeit Metall immer noch recht wertvoll/schwer zu gewinnen/zu verhütten war, kann man durchaus die Weitergabe, Neuverarbeitung vorhandener Bestände annehmen. Für mich sind gewisse zeitliche Differenzen nichts, was mich zweifeln lassen würde, hat Hand und Fuß. Vorausgesetzt die metallurgische Bestimmung wurde auch korrekt ausgeführt!!
 
Danke für die Kommentare. Schon möglich, daß ich mich unklar ausdrückte.
Was ich meinte:Metall der 19. wurde gefunden:Waren es denn Personen der 19., die das Metall nutzten?Das relativiert den Fundaufschrei.Das eine und andere kann ich annehmen, beweisen läßt sich mit dem Metall keine Personenzuordnung.
Ich gebe zu, es klingt wie Nörgelei, aber ich persönlich sehe diese Unschärfe.
Alles, was über den Fakt des Fundes hinausgeht(den Bezug zur 19.), ist Spekulation.Deshalb meinte ich in meinem Eingangsvermerk, man solle auf mehr Funde(Fakten)setzen
 
Entschuldigung. Mit Personenzuordnung meine ich den Zeitpunkt der damaligen Auseinandersetzung. Zur Metallurgie möchte ich mich nicht mehr äußern, da ich davon nichts verstehe.
 
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Du hast hier das späteste Fundmaterial der 19. Legion. Was ist aber dann Deine These?

  • "Das Metall der 19. Legion war hier, und es sind auch Knochen bestattet, die Jahre lang draußen gelegen haben. Der Schluß aber, dass die 19. Legion hier vor Ort war, ist an den Haaren herbei gezogen."
  • "Das hier war nicht die 19. Legion, sondern nur ihre Waffen, in Händen der Germanen, und es war hier die Schlacht an den Pontes longi."
Vielleicht liege ich völlig daneben, und vertraue zu stark der gängigen Deutung der in Anzahl und Bedeutung überragenden Funde.

Aber warum hätte Germanicus dann, auf einem Rachefeldzug, Luxusgegenstände und eine bedeutsame Anzahl an hier in Kalkriese gefundenen Goldmünzen mitschleppen müssen?
 
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