Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Noch ein kleiner anatomischer Nachtrag: Handwurzelknochen bleiben im anatomischen Verbund, weil sie durch Ringbänder (die bei uns allen die Sehnen führen und so uns das Beugen der Hand ermöglichen) zusammengehalten werden.
Und würden sich diese Ringbänder auch sechs Jahre halten?

Irgendwie passt hier einiges nicht so recht?
Sollte die zeitliche Einordnung der Maultiere korrekt sein, (das setzte ich mal voraus) müßen die sehr schnell von "Sedimenten" bedeckt worden sein, drei- vier Jahre im Freien, länger glaube ich kaum, wenn überhaupt.
Es ist wohl eher in Stunden, allenfalls Tagen zu denken.
 
Deshalb nochmal meine Frage hier, ob der Graben am "späteren Wall" schon zur Zeit der "Schlacht"/des Kampfereignisses vorhanden war, ich bekomme da langsam ein Vorstellungsproblem.

Stunden oder Tage trifft es zwar eher aber zumindest unter günstigen Umständen ist ein längerer Zeitraum auch vorstellbar.
 
Schaut Euch einmal die Fotografien des 19. Jahrhunderts mit der Erstürmung der Düppeler Schanzen 1866 an, oder die aus dem Krimkrieg 1854.
Die Fotographen konnten wegen der langen Belichtungszeiten nur Aufnahmen nach der Schlacht machen, also hielten sie das fest was sie sahen.

So ähnlich sah es auch in Kalkriese aus: Schlamm und Matsch, darin die Toten, und das in einem primär sumpfigen Terrain. Wir sind ja alle Zivilisten, diesen apokalyptischen Anblick sind wir nicht gewohnt. Im Schlachtgetümmel wurden Tiere und Menschen in den Boden gestampft.
 
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Irgendwie passt hier einiges nicht so recht?
Sollte die zeitliche Einordnung der Maultiere korrekt sein, (das setzte ich mal voraus) müßen die sehr schnell von "Sedimenten" bedeckt worden sein, drei- vier Jahre im Freien, länger glaube ich kaum, wenn überhaupt.
Eben.

Die Bodenbildungsgeschwindigkeit von
1 cm Waldboden braucht ca. 100 Jahre.
bezieht sich auf das Zerreiben von Stein zu neuem Boden.

Nicht auf die Verrottung von Laub & co.


Wenn ich in meinem Garten im Oktober einen Gegenstand unter die Eichen lege, ist der nach ner Woche unter Laub verschwunden.

Und das Laub ist binnen eines Jahres zu Humus verrottet.

Pflanzenreste bedecken alles ganz schnell - Und verhindern so ggf. den Verfall der Knochen.

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Ursprung dieser Knochen-Verfalls-Bodenbildungs-Unterhaltung ist,
dass die Datierung von Wall oder Knochen nicht korrekt sein soll.

Ich kann da keinen Widerspruch der Datierungen erkennen.

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Ich will aber auch keine Diskussion "canceln", das ist schlechter Stil. Zumal habe ich auch nicht das archäologische Wissen, das hier Andere haben. Ich lese jetzt erstmal still mit, bis mich etwas überzeugt.
 
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Ein so großer Kadaver, auch ein Skelett der Maultiergröße ist aber auch im Herbst im Wald nicht so einfach verschwunden. Sogar Rehskelette sieht man noch ein bis zwei Jahre im Wald (sofern sie nicht von Tieren verteilt werden).

Ich möchte hier lediglich anmerken, das ein natürlicher Prozess seine Zeit braucht, das sollte man zumindest bedenken.
 
Ein so großer Kadaver, auch ein Skelett der Maultiergröße ist aber auch im Herbst im Wald nicht so einfach verschwunden. Sogar Rehskelette sieht man noch ein bis zwei Jahre im Wald (sofern sie nicht von Tieren verteilt werden).

Ich möchte hier lediglich anmerken, das ein natürlicher Prozess seine Zeit braucht, das sollte man zumindest bedenken.
Ja, sehe ich auch so. Vielleicht habe ich mich wage ausgedrückt.

Ein auf der Seite liegendes Maultier ist geschätzt so 80cm hoch.
Es sinkt in den Boden.
Wenn das Weichteilgewebe verwest ist, fällt das Sekelett nochmal in sich zusammen.
Es fallen pro Jahr mehrere Zentimeter Laub drauf und schwubs ist das Ding binnen weniger Jahre komplett unter der Erde und ggf. vor weiterer Zersetzung geschützt.

Dann wird 1000 Jahre später ein Wall gebaut, der kippt drauf und zack: Wir haben die Fundsituaion in Kriese.

(So, ich pausiere jetzt wirklich)
 
Du kannst doch nicht einen Haufen Laub mit Bodenbildung verwechseln. Und ja, ich bezog mich nicht auf zerriebenen Stein, sondern auf Waldboden. 1cm Waldboden braucht ca. 100 Jahre.
 
Ist eigentlich die Besiedlungsgeschichte der Gegend nach der Schlacht erforscht?
War die Gegend durchgängig besiedelt oder wurde sie durch Germanicus als Rache menschenleer gemacht?


"Um Christi Geburt lagen einzelne Gehöfte, getrennt durch Äcker und Waldbereiche, locker um den Hang des Berges verteilt. Noch im 1. Jahrhundert v. Chr. lebten auch auf dem Oberesch Menschen. Dies lassen die kleinen Pfostengebäude, die vielleicht als Speicher genutzt worden waren, vermuten sowie die tiefen Vorratsgruben und die Unmengen gefundener Keramikscherben. Einige Jahrzehnte vor der Schlacht gaben die Bewohner ihre Siedlung auf – somit war das Areal in den Jahrzehnten um Christi Geburt unbesiedelt.
Seit dem hohen Mittelalter wurde der Oberesch landwirtschaftlich genutzt."​



Der Handelsweg bei Kalkriese wurde auch weiterhin genutzt.

Gab es vor 2000 Jahren da einen Handelsweg?

"Wer unterwegs nach Westen oder Osten den Umweg um das Große Moor vermeiden wollte, dem boten sich zwischen Berg und Moor nur wenige Wege an. Ob diese schon vor 2000 Jahren genutzt wurden, ist ungewiss, aber spätestens seit dem Mittelalter verlief ein Weg auf dem Flugsandrücken vor dem Moor, ungefähr im Verlauf der heutigen Straße von Hunteburg nach Bramsche. Ein anderer lag auf der sandigen Zone am Hangfuß des Kalkrieser Berges, hier verläuft heute im oberen Abschnitt die Bundesstraße 218. Allerdings war der Hang aufgrund der vielen vom Kalkrieser Berg herabfließenden Bäche und Rinnsale uneben, morastig und die Wege natürlich weder geschottert noch gepflastert. Das Fortkommen dürfte hier also zu jeder Jahreszeit beschwerlich gewesen sein."​
 
Es gibt den Hellweg vor dem Sandford. Und schon Theodor Mommsen hatte ja, wegen der römischen Münzfunde um Kalkriese und unter der Annahme eines Sommerlagers in der Gegend von Minden, den Hellweg auf dem Sandford als den Weg des Varus angenommen.
Deshalb wurde der Fund der Schleuderbleie Ende der 1980er Jahre ja als fehlender Puzzlestein begeistert aufgenommen.
 
Nochmal eine Remininiszenz zu meinem Beitrag vom 10.November:
Metall von der 19. Legion in Kalkriese bedeutet nur, daß dort Metall gefunden wurde, das ausschließlich der 19. Legion zuzuordnen ist.

Denkbar ist, daß nach Varus die Reste der 19. Legion zur personellen Auffüllung anderer Legionen verwendet wurden(einschließlich ihrer metallenen Ausrüstung). Damit folgere ich, daß unter dem Personal einer anderen Legion Überlebende der 19. Legion waren, und damit ihre metallene Ausrüstung.Auf der stand allerdings nicht:Metallurgietest bestanden.
 
Welche Reste der 19. Legion meinst Du denn?
Und was, glaubst Du, hatten die noch von ihrer Ausrüstung dabei, nach minimal 165 km Fussmarsch (römischen Marschkompass, wasserfeste Karte und Varus-Fussgänger-Navi vorausgesetzt), und einigen Fluss- und Sumpfquerungen, unterstützt von den bekannt gastfreundlichen Westfalen, äh, Cheruskern, Chatten, Sugambrern?

Oder meinst Du die in Xanten verbliebene Restbesatzung und deren blankpolierte Rüstung, die sich kurz vor der Berentung zu einer Besichtigung des Schlachtfeldes überreden ließen?

Argumentative Strohhalme entziehen sich dem metallurgischen Nachweis.
 
Ich bin nicht sicher, ob man da wirklich so begeistert war.
Wenn ich mich recht erinnere, wird intern durchaus angezweifelt, dass die Schleuderbleie tatsächlich aus der Fundregion stammen.
Eigentlich nicht. Tatsächlich ist es so, dass die Schleuderbleie Monate lang in irgendeiner Kiste lagen, bis Schlüter Besuch von einem befreundeten Archäologen bekam, der ihn fragte, woher er denn die römischen Schleuderbleie hätte.
 
Eigentlich nicht. Tatsächlich ist es so, dass die Schleuderbleie Monate lang in irgendeiner Kiste lagen, bis Schlüter Besuch von einem befreundeten Archäologen bekam, der ihn fragte, woher er denn die römischen Schleuderbleie hätte.

Hab die Geschichte vor 15 Jahren gehört als wir dort zur Prospektion waren.

Kennst du zufällig den Fundort der Schleuderbleie? Wieviele von den Teilen sind inzwischen in Kalkriese aufgetaucht?
 
Hab die Geschichte vor 15 Jahren gehört als wir dort zur Prospektion waren.

Kennst du zufällig den Fundort der Schleuderbleie? Wieviele von den Teilen sind inzwischen in Kalkriese aufgetaucht?
Meines Wissens sind es immer noch die drei, die Tony Clunn damals fand. Weder wusste Tony Clunn, was er 1987 gefunden hat, noch hatte Schlüter die Schleuderbleie als solche erkannt, erst sein Kollege machte ihn auf sie aufmerksam.

Mögliche Erklärung, warum noch nicht so viele Schleuderbleie gefunden wurden:
In Moorböden wird Blei tendenziell stärker gebunden und bleibt länger in den oberen Schichten erhalten.
In Hangsanden kann Blei durch Regen leichter ausgewaschen und mobilisiert werden, besonders bei niedrigem pH-Wert.

Die meisten römischen Funde haben wir aus dem Bereich des bisher als Germanenwall bzw. Südwall des Römerlagers angesprochenenen Gebildes, sprich aus der Hangsandzone.
 
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