@maelonn
Dazu hätte ich gerne eine Quelle.
CSI Las Vegas. Die Folge mit dem Erschossenen, der halb in einem Plumsklo steckte. Oder war das vielleicht Bones?
Im Ernst: Die Zersetzung eines menschlichen Körpers vollzieht sich auf zwei Arten - Verwesung (aerob) und Fäulnis (anaerob). In beiden Fällen haben Bakterien die wichtigste Aufgabe. Ist es warm, sind die aktiver, und gibt es viele davon, "arbeiten" sie schneller. Viel Wasser bremst Verwesung und Fäulnis, Kälte bremst sie auch. Googel nach Wasserleichen. Oder denk an Dein Tiefkühlfach. Da drin verwest Dein auf Vorrat gekaufter Weihnachtsbraten ja auch nicht vor dem Fest. Schmeiß ihn stattdessen in eine Jauchegrube oder stopf ihn in einen Komposthaufen und er ist in ein paar Tagen weg, denn diese beiden Einrichtungen sind dazu geschaffen, Fäulnisprozesse anzuheizen. Ich dachte, das sind Plattheiten, für die man nicht auch noch Belege liefern muss.
Im Übrigen zitierst Du doch selbst, dass die Dauer des Prozesses sehr von den Umständen abhängt. Und die Umstände kennen wir annähernd genau: Mitteleuropa, Tod im Herbst, regenreiches und tendenziell kaltes Land... Da dauert das erfahrungsgemäß die von Dir zitierten "mindestens 1 - 2 Jahre". "Empirische" Belege dafür haben wir nach einer Geschichte, die seit Varus und lange davor von fast ununterbrochenen Kriegen geprägt ist, überreichlich. Warum argumentierst Du also mit Bedingungen, unter denen die Zersetzung einer Leiche sehr viel schneller abläuft aus "normalerweise"?
Ich würde das jedenfalls tun, um nicht immer wieder in diesen verfluchten Ort rennen zu müssen. Auch deshalb dürfte die Bestattung zumindest eines Teiles von Toten nach einiger Liegzeit nichts Außergewöhnliches sein.
Ich würde eher annehmen, dass die Germanen den Ort ihres Sieges nicht als "verflucht" sondern als eher als "heilig" angesehen haben. Ich wäre nicht verwundert, wenn sie geradezu da hingepilgert wären, um sich die Reste der Feinde anzuschauen, die als unbesiegbar galten und trotzdem überwunden wurden.
Für mich könnte der Wall unabhängig von der Schlacht einfach vorher da gewesen sein z.B. als Grenzwall. Vielleicht war er unfertig. Ob man ihn dann in irgendeiner Weise in die Taktik mit einbezog ist möglich. Aber ein Bau explizit zu einer geplanten Schlacht scheint etwas unlogisch.
Warum unlogisch? Feldbefestigungen haben schon ihren Sinn (wenn man Krieg als Konzept mal vorurteilsfrei betrachtet). Sie wurden zu allen Zeiten verwendet, bis heute. Ich sage nur: S-Draht-Rollen. Man errichtet solche Befestigungen, um bestimmte Bereiche des Gefechtsfeldes unpassierbar zu machen, um Kämpfe in ganz bestimmte Zonen zu verlagern, um eigenen Truppen Schutz zu bieten, um gegnerische Truppen in ihrem Aufmarsch zu behindern, und, und, und.
Der Abschnittswall bei Kalkriese wird da auch nicht nur zufällig gestanden haben. An der Fundverteilung kann man sehen, dass dieser Wall ein Kristallisationspunkt der Kämpfe war. Allein das beweist, dass er in den Gefechten als taktisches Mittel eingesetzt worden ist - egal, ob er schon vorher da war (was bei der privisorischen Bauweise unwahrscheinlich ist) oder eigens angelegt wurde. Die Fundverteilung beweist auch, dass die Germanen Vorteile aus dem Wall gezogen haben und die Römer nicht. Es war nämlich nicht so, dass beide Seiten den Wall zu gleichen Bedingungen passieren konnten: Die Germanen konnten hindurch oder drüber,
ohne dass jemand mit spitzen Gegenständen auf sie eingestochen hat.
Betrachtet man den Wall aus militärtaktischer Sicht, ist seine Funktion unübersehbar: Er hat den Bewegungsraum für die Römer noch weiter eingeschränkt, er hat den Germanen eine beschussfreie Aufmarschzone geschaffen, er hat römische Gegenangriffe erschwert oder gar unmöglich gemacht und er hat ein sicheres Rückzugsgebiet für die Krieger garantiert, die nach Ausfällen zurückkehren wollten (wie gesagt: die durften dann durch, die Römer nicht). Außerdem hat der Wall seinen "Besitzern" die ganz normalen Vorteile einer Befestigungsanlage geboten: Sie konnten von oben herab und relativ geschütz die völlig ungeschützten Angreifer beschießen - nur dass der Wall so angelegt war, dass in diesem speziellen Fall die Angreifer (also die Germanen) den Vorteil daraus zogen haben und nicht die Angegriffenen (Römer).
Deshalb stimmt es gerade nicht, wenn Du schreibst:
Dann würde ein extra errichteter Wall einen anderen logischen Schlachtverlauf ermöglichen. Man könnte so von hinten angreifen, die Römer zuerst in die Enge treiben, um sie dann mit germanischer Übermacht zu zerschlagen. Ein Ausbruch wäre nur nach vorn, mit passieren der Talenge möglich. Aber wie gesagt wären dazu sicher mehr als 50- oder 60.000 Germanen nötig gewesen.
Am Wall selbst mussten die Germanen nicht so massiv überlegen sein, da der Wall sie im Notfall geschützt hat. Wäre die Schlacht schlecht gelaufen, hätten sie sich dahinter zurückziehen können. Eine Befestigungsanlage dient grundsätzlich dazu, mit
weniger Truppen das gleiche erreichen zu können. Stell Dir mal vor, wie viele Germanen an der Stelle hätten stehen müssen, wenn ihre Stellungen nicht durch den Wall geschützt gewesen wären. Und Überlegenheit bei Angriffen auf die Nachhut? Kein Problem. Punktuell lässt sich zahlenmäßige Überlegenheit immer herstellen. Ganz besonders, wenn man nach guter Vorbereitung das Arschende einer kilometerlangen Marschkolonne angreift, die sich auch noch durch einen Engpass zwischen einem Sumpf und einem bewaldeten Hang zwängt.
Schau Dir die Form des Abschnittswalls an: Der ist nicht gerade sondern hat Wellenform. Das erschwert jedem Gegner die Annäherung, denn wenn er sich einem der "Wellentäler" nähert, befindet er sich in einer Zone, in der er von drei Seiten beschossen werden kann. Das hat es für die Römer gefährlich gemacht, germanische Krieger zu verfolgen, die sich nach einem Ausfall hinter den Wall zurückziehen wollten. Die Germanen hingegen konnten jederzeit vor und zurück. Für massierte Angriffe mussten sie nichtmal durch die Öffnungen im Wall. Sie konnten einfach von der Wallkrone runterspringen. Zu hoch dafür war er nicht. Der Rückzug dauerte natürlich länger, aber hier hilft dann wieder die Wellenform.
Dieser Wall war nicht militärisch überflüssig. Wenn man einen strukturell überlegenen Gegner angreifen wollte, dann war der Wall an der Stelle und in der Form sogar genial.
MfG