Hast du göttliche Erkenntnis?
Selbstverständlich, was sonst?
Spaß beiseite: Warum schon wieder so aggro?
Du behauptest da eine ganze Menge a priori, wo Fallunterscheidungen angebracht wären.
Butter bei die Fische, was behaupte ich genau a priori? Mit so unkonkreten Vorwürfen kann ich nichts anfangen.
Wie sehr war Germanicus mit seinen rechnerisch 80.000 Mann denn in Bedrängnis, nachdem er den Angriff des Arminius auf die in eine Falle gelockten Reiter abgewiesen und ihn verfolgt hatte? Auch die Hälfte seiner Leute war noch ein ansehnliches Heer.
Auch Varus' Armee war kein Sonntagsausflug und ist dennoch vernichtend geschlagen worden. Jetzt waren die Germanen taktisch geschult (Tac. ann. II, 45), mit Beutewaffen aus der Varusschlacht ausgerüstet (Tac. ann. I, 57) und die vierzig Kohorten von Caecina waren kaum mehr als die drei Legionen, sechs Kohorten und sechs Alen des Varus.
Die Germanen wussten, dass sie die Römer schlagen konnten (Tacitus legt Arminius in der Schlacht an den
pontes longi auf Caecina und seine Truppen ein "seht, Varus und die seinen laufen erneut in ihr Verderben" in den Mund (Tac. ann. I, 65)) und die Römer wussten, dass die Germanen sie schon mal geschlagen hatten (so lässt Tacitus Caecina träumen, Varus strecke ihm seinen verrottenden Arm entgegen und ziehe ihn in den Sumpf herab Tac. ann. I, 65).
Du sagst hier, dass Germanicus seine Truppen Deiner Meinung nach nicht teilte und wir deshalb unsere Quellen so lesen müssen, dass Deine Interpretation hinkommt. Ernsthaft? Dazu muss ich noch etwas schreiben?
Nicht ich schreibe das,
Tacitus schreibt das. Germanicus führte die Armee an die Ems zurück. Dort teilte er das Heer. Die Legionen fuhren mit der Flotte die Ems hinab. Die Reiterrei (oder ein Teil davon, je nachdem ob man
pars equitorum als ein Teil oder der teil interpretiert) erhielt den Befehl an der Küste entlang dem Rhein zuzustreben. Caecina wurde ermahnt etc. pp.
Meine Ansichten zu der fraglichen Stelle habe ich wortreich dargelegt.
Leider nein. Die ersten drei Sätze fasst du zusammen, den vierten separierst du ohne eine vernünftige Begründung.
Tacitus baut hier ganz klar einen Gegensatz auf und das 'quamquam' steht da. Das kannst Du nicht streichen.
Ich streiche es nicht. Aber es ist nun mal ein Füllsel: Caecina sollte sich beeilen,
obgleich die Wege über die langen Brücken bekannt waren. Wegen dieses
obgleich ändert sich nichts an der von Tacitus dargestellten Chronologie der Ereignisse.
Das Komma ist neuzeitlich gesetzt. In der Antike wurde es nicht geschrieben, wie Du sehr wohl weißt.
Selbstverständlich weiß ich das.
Aber du kannst nun mal die Satzzeichen nicht willkürlich setzen. Es gibt Beispiele von Texten, wo es tatsächlich nicht möglich ist zu 100 % zu entscheiden, wo nach unserem modernen Verständnis die Satzzeichen zu setzen wären.
Aber wir können die Sinneinheiten nun mal feststellen.
Erste Sinneinheit: Mox reducto ad Amisiam exercitu.
Zweite Sinneinheit: Legiones classe, ut advexerat, reportat.
Dritte Sinneinheit: Pars equitum litore Oceani petere Rhenum iussa.
Vierte Sinneinheit: Caecina, qui suum militem ducebat, monitus, quamquam notis itineribus regrederetur, pontes longos quam maturrime superare.
Um die vierte Sinneinheit geht es ja hier:
Welche grammatisch sinnvolle Alternative willst du uns denn anbieten? Fühl dich frei, Satzzeichen zu setzen. Einzige Bedingung: Es muss vom lateinischen her korrekt sein:
Caecina qui suum militem ducebat monitus quamquam notis itineribus regrederetur pontes longos quam maturrime superare.
Und weil die Brücken schon so marode sind, kann sich Caecina schließlich schnell absetzen? Da hat Deine Argumentation schon etwas von den fliegenden Bäumen des Cassius Dio.
Du wirfst mir in diesem Beitrag andauernd vor, ich würde irgendetwas a priori voraussetzen etc. und unterstellst mir dann Dinge, die ich nie geschrieben oder insinuiert habe?
Verbesserung von Infrastruktur - nicht Äpfel und Birnen. Beides ist Verbesserung von Infrastruktur. Und wieder setzt Du den Schluß als Prämisse, was unzulässig ist und noch dazu falsch: Zur Verbesserung der Infrastruktur braucht es Truppen. Die Truppen nächtigen in einem Lager. Ob nun temporär oder auf Dauer angelegt, spielt da keine Rolle. Abgesehen davon habe ich nicht argumentiert, dass er Truppen in Aliso zurückließ, sondern, dass er beim Rückmarsch an den Rhein die Infrastruktur verbessern ließ. Hier hast Du Dir ausgedacht, was ich behaupte und nicht meine Worte zur Kenntnis genommen: Da steht Infrastrukturverbesserung, nicht Standlager. Ein besetztes Lager ändert nichts daran, dass Infrastruktur verbessert wurde.
Ich kann dir nicht folgen.
Deine Behauptung war: Caecina erhielt den Befehl, die pontes longi in Stand zu setzen. Du hast das begründet damit, dass nach der Entsetzung von Aliso die Verbindungswege zum Rhein instand gesetzt wurden. Das war aber eine ganz andere Situation. In Aliso gab es ein Standlager, dessen Verbindung zum Rhein überlebenswichtig war.
Nach Tacitus erhielt Caecina gerade ausdrücklich den gegenteiligen Befehl, nämlich sich
nicht an den
pontes longi aufzuhalten - ausdrücklich: er solle sich beeilen, sie hinter sich zu lassen. Tacitus verwendet hier sogar den
Superlativ maturrime!
Vor Ort findet Caecina dann eine Situation vor, die das offenbar nicht erlaubt.
Wattenmeer: Nein, dass steht so nicht bei Tacitus. Die Quelle sagt, dass es um das starke Aufsetzen bei Ebbe ging.
Genau das ist die Problematik des Wattenmeers. Die Römer kannten das Wattenmeer vor ihren germanischen Expeditionen nicht, so eine Geomorphologie gibt es im Mediterraneum nicht. Die Römer hatten kein Konzept von Wattenmeer und dementsprechend auch kein Wort dafür, weshalb Tacitus natürlich nicht "Wattenmeer" schreibt, sondern, dass bei Ebbe die Schiffe aufsetzten. Das ist die Umschreibung des Phänomens Wattenmeer.
Habe ich angezweifelt, dass Germanicus der Feldherr war? Nein. Ich habe dargelegt, dass Tacitus hier formal und durch den Stil einen Gegensatz aufbaut.
Ich weiß leider nicht, auf welche Äußerung von mir du dich beziehst und kann damit nichts anfangen.
Du übersetzt dann noch falsch. 'Quamquam' ist eine Konjunktion, kein Adjektiv.
Wo habe ich denn
quamquam adjektivisch übersetzt? Seitwann ist
obgleich ein Adjektiv?
notus/bekannt ist ein Adjektiv. Du weißt, was eine Ellipse ist? Ich hätte natürlich einen Nebensatz "obgleich sie bekannt waren" bilden können, aber was würden wir dadurch gewinnen?
Ach ja, der AcI drückt durch den Infinitiv Präsens Gleichzeitigkeit aus, die indirekte Rede steht im Imperfekt, was angesichts des Perfekts des Hauptsatzes nur bedeutet, dass der Rückweg nicht abgeschlossen war. Das trifft alles auf beide Möglichkeiten zu.
Mooooment! Das
ducebat steht im Imperfekt! Es ist die Erklärung:
Caecina, der seine Soldaten führte - das ist nur logisch, dass das im Imperfekt steht. Im Perfekt steht dann [
war]
ermahnt (
monitus). Dann kommt der Konjunktiv (Subjunktiv) Imperfekt (> indirekte Rede), weil die Rückkehr zum Zeitpunkt des Befehls naturgemäß noch in der Zukunft liegt.
Bei 'quamquam' in einem Prosatext ungewöhnlich, liegt hier jedoch in jedem Fall eine dichterische Verwendung vor, weshalb ich die Voraussetzung, dass es zum Nebensatz gehört, nicht einfach teilen kann.)
Sparen wir uns doch das ganze langwierige Geplänkel und konzentrieren uns auf den Satz, den ich fett markiert habe.
Wie würdest du die Satzzeichen setzen?