Mummius Picius
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Welche "genuin römischen Städte" könnten wir bis zur Zeit des 1. Punischen Krieges als Vergleich nehmen?
Ohne Blick in die Bücher fallen mir Sutri und Nepi ein, beides Städte und Grenzfestungen.
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Welche "genuin römischen Städte" könnten wir bis zur Zeit des 1. Punischen Krieges als Vergleich nehmen?
Es ist offensichtlich, dass die geopolitischen Ziele Roms und Karthagos weit auseinanderlagen und auch das Selbstverständnis beider Staaten differierte.
Ohne Blick in die Bücher fallen mir Sutri und Nepi ein, beides Städte und Grenzfestungen.
Natürlich gab es Unterschiede, z. B. dass die Punier bevorzugt für den Handel geeignete Stützpunkte anlegten, oder der von Dir betonte Punkt, dass die Karthager nicht so integrationsfreudig waren wie die Römer - wobei man diesen Punkt aber auch nicht überbewerten sollte: Auch bei den Römern vergingen zwischen Unterwerfung und Verleihung des Bürgerrechts meist Jahrhunderte. Sogar die meisten Italiker erhielten erst im 1. Jhdt. v. Chr. das römische Bürgerrecht, also zu einer Zeit, als Karthago gar nicht mehr existierte.Ravenik, ich glaube, Du übersiehst da was: zum einen sträubst Du Dich gegen das unterschiedliche "Territorialkonzept" Karthagos und Roms (Handelsstationen und Küstenstädte mit relativ wenig Hinterland gegen raumgreifende Agrikultur und zentrale, befestigte Landstädte).
Das sieht Werner Huß anders. In "Die Karthager" (S. 32) schreibt er: "Die Grabungen der letzten Jahrzehnte haben deutlich erkennen lassen, dass auch das Innere Sardiniens weithin nicht nur von punischer Kultur durchdrungen, sondern auch von punischen Siedlern bewohnt war." Weiter bezweifelt er dann sogar Diodors Angabe, die Karthager hätten nie das Innere Sardiniens kontrolliert.Sardinien und Korsika mussten nach ihrer Annektion von den Römern wieder erobert werden, und zwar nicht von den Puniern, sondern den Ureinwohnern. Du wirst keine einzige genuin punische Stadt finden, die im Landesinneren liegt;
Mal abgesehen davon, dass auch Gebiete wie Zypern oder Kyrene friedlich unter römische Herrschaft kamen und auch manche Klientelstaaten weitgehend gewaltlos in Provinzen umgewandelt wurden, ist das doch maßlos übertrieben: Wieso musste im 3. Jhdt. n. Chr. noch den nichtrömischen freien Reichsbewohnern das römische Bürgerrecht verliehen werden, wenn ihre Vorfahren eh fast alle umgebracht oder wenigstens versklavt worden waren und überall nur noch römische Kolonisten lebten? Wieso war das Byzantinische Reich griechisch dominiert, wenn der Großteil der griechischen und hellenistischen Bevölkerung umgebracht und durch römische Siedler ersetzt worden war?Zum anderen: wie machten Römer ein Land zur Provinz, also zu "ihrem Eigentum?" Abgesehen davon, dass erst Pompeius überhaupt das Provinzsystem ordnete und gesetzlich regelte: nur in einem Fall kam Rom ohne Vernichtung an eine Provinz – die Erbschaft von Asia. Ansonsten wurde das Gebiet erobert und die Widerstand leistenden Einwohner zum großen Teil umgebracht und/oder versklavt. Anschließend wurden dort Römer angesiedelt.
Es war zumindest groß genug, um im Krieg gegen Agathokles und im Söldnerkrieg in der Not eigene (wenn auch wenig schlagkräftige) Heere aufstellen und sich im 3. Punischen Krieg hartnäckig gegen die Römer wehren zu können.Das Volk blieb klein, es blieb unter sich
Ganz generell denke ich, dass man die Unterschiede zwischen Karthago und Rom nicht so sehr in der Mentalität (Karthager friedliche Händler, Römer aggressive Bauern), sondern in der Geographie und im Ursprung suchen sollte: Karthago entstand als Handelsstadt phönizischer Seefahrer am Meer, insofern war naheliegend, dass es (auch) in Übersee Stützpunkte anlegen und interessante Ländereien suchen würde. Natürlich stellten sich die karthagischen Kaufleute und Handwerker nicht unbedingt selbst aufs Feld, aber das bedeutet nicht, dass sie nicht andere zwangen, das für sie zu tun, um die Erträge einzustreichen. Rasch expandieren konnte Karthago wohl, weil ihm der Handel die nötigen Mittel zur Kriegsfinanzierung brachte.Genau so sehe ich das auch: karthago war primär Händlernation und Seemacht, Rom bis zu den punischen Kriegen eher ein Bauernstaat und damit festlandorientiert.
Und genauso waren auch die Herrschaftsgebiete gestaltet-ein weit ausgreifendes Netz an Hafenstützpunkten einerseits und ein relativ kompaktes,in sich geschlossenes Festlandsgebiet andererseits.
Das sehe ich auch so. Ursprünglich mussten die Karthager sogar einen jährlichen Tribut an die Libyer zahlen, eine Art Pachtzins für das ihnen zur Stadtgründung überlassene Gebiet. Die Magoniden versuchten diese Zahlungen abzustellen, wobei sie anfangs eine Niederlage erlitten. Erst im 5. Jhdt. gelang es den Söhnen von Hasdrubal und Hamilkar, die Libyer zum Verzicht zu zwingen, und sie führten aktiv Krieg gegen die Numidier und Mauren. Damals begann also wohl die karthagische Hegemonie in Nordafrika, wozu auch der erste Vertrag mit Rom passt.Die Größe des karthagischen Hinterlands: schon in der Gründungssage geht es um einen Beschiss; der libysche König holte sich die Phönikier ins Haus, die machten sich breiter als vereinbart. Das Buch Magos über Landwirtschaft ist ein Beleg für Agrarwirtschaft im großen Stil, sicher, aber eben auch ein Beleg für einen erfolgreichen ökonomischen Wandel: der in Karthago auf Kosten der Libyer ablief, in Rom später auf Kosten der eigenen Kleinbauern. Ich tippe bei der Einflusssphäre Karthagos was "Landbesitz" anbelangt auf einen Umkreis mindestens bis Zaghouan (Wasserversorgung). Aber der dürfte sich wirklich erst im Jahrhundert vor dem ersten punischen Krieg so entwickelt haben.
Ich weiß nicht so recht, ob man die Magoniden wirklich mit den Barkiden vergleichen kann. Die Barkiden werkelten in Spanien weitgehend unabhängig von der Regierung in Karthago vor sich hin und beschränkten sich im Wesentlichen darauf, ihren Einfluss in der Hauptstadt durch Verbündete im Rat und durch die Volksversammlung zu wahren. Die Magoniden hingegen waren zu ihrer Zeit die eigentlichen Machthaber in Karthago, wenn auch kaum als "Könige", wie manchmal behauptet, sondern eher als recht regelmäßig amtierende Magistrate. (Z. B. scheint der an einer Kriegsverletzung gestorbene Hasdrubal elfmal amtiert zu haben, eventuell mit Sondervollmachten.) Insofern tue ich mir schwer, ihre Feldzüge als "Privatunternehmen" ähnlich dem der Barkiden einzustufen, da sie wohl mehr oder weniger als Repräsentanten des Staates handelten und vermutlich vollen Zugriff auf dessen Ressourcen hatten.Der Hinweis auf Sardinien und die Kämpfe von Magoniden dort ist auch interessant, wirft das doch ein Licht auf die "Franchise Warlords" der Karthager, die mehr oder minder auf eigene Rechnung eroberten und kämpften (bislang hatte ich nur die Barkiden in Spanien als Beispiel). Ambitionierte, aber erfolglose Feldherren wurden schneller fallengelassen als heisse Kartoffeln.
Ich würde nicht sagen, dass sie sich von Sardinien "leicht" getrennt haben. Nachdem ihnen die Insel im Söldneraufstand abhanden gekommen war, bereiteten sie sehr wohl einen Feldzug zur Rückeroberung vor, aber da ihnen die Römer für diesen Fall mit Krieg drohten, für den die Karthager damals keinesfalls bereit waren, blieb ihnen nichts anderes übrig als die Insel fahren zu lassen. Später im 2. Punischen Krieg wurden sie wiederum auf Sardinien aktiv, wenngleich es ihnen dabei in erster Linie darum gegangen sein mag, die Römer zu beschäftigen und ihnen zu schaden.Vielleicht haben die Karthager sich auch deshalb so leicht von Sardinien getrennt, weil das als "Magoland" eh relativ wenig zum Wohl der restlichen Oligarchie beitrug bzw. der Verlust einem politisch bereits abgewerteten Mitglied angehängt werden konnte.
Gerade in diesem Punkt ist der Vergleich mit Italien in der Tat aufschlussreich: Auch die Städte Italiens waren autonom, trotzdem würde wohl niemand abstreiten, dass Rom ab seinem Sieg über Pyrrhos den Großteil Italiens beherrschte. Man könnte durchaus auch einen Vergleich bei den autonomen Gebieten und den direkt beherrschten Gebieten ziehen: So wie es in Italien autonome Städte gab und zwischen ihnen verstreut römische Kolonien, gab es wohl auch in Africa Städte mit begrenzter Autonomie und dazwischen die Latifundien der karthagischen Großgrundbesitzer.die Städte im afrikanischen Landesinneren hatten mindestens dieselbe Souveränität wie die Latiums und Etruriens, die karthagischen und phönikischen Gründungen im westlichen Mittelmeer sogar noch mehr. Utica war mit Karthago so überzwerch, dass es im dritten punischen Krieg an der Seite Roms kämpfte. Und die in der späteren Provinz Africa lebenden Libyer waren so selbständig, dass sie z. B. für den Söldnerkrieg mit Mühe und Gold gewonnen werden mussten – und den dritten punischen Krieg erst vom Zaune brechen halfen. Unterwerfung sieht anders aus (dazu schaue man nach Italien).
Na ja, ich sehe schon einen Unterschied zwischen der Bereitschaft zur Expansion bei Rom und Karthago, aber es ist zu berücksichtigen, daß Karthago mehrfach die Eroberung von ganz Sizilien versuchte und scheiterte. Die geringe Expansion war wenigstens zum Teil keine weise Selbstbeschränkung, sondern Unfähigkeit gepaart mit Unentschlossenheit. Die Unentschlossenheit ist verständlich, da man als Handelsnation nicht unbedingt auf territoriale Ausdehnung aus war, aber ein zwiespältiges Gefühl bleibt.
Unfähigkeit würde ich den karthagischen Feldherrn nicht unterstellen.Dass Karthago zu größeren Eroberungen unfähig war, möchte ich doch sehr bezweifeln. Dass das rasch gelingen konnte, zeigt die schnelle Eroberung Südspaniens. Das alles beweist, dass die geopolitischen Zielsetzungen Roms und Karthagos verschieden waren. Im Verlauf der Geschichte hat es stets Staaten gegeben, die starke expansive Kraft entfalteten, und andere, die eher den Status quo bewahren wollten. Dafür gibt es sicher jeweils unterschiedliche Gründe, aber "Unfähigkeit zu Expansion" würde ich Karthago nicht unterstellen.
Hier stellt sich wohl ein bisschen die Frage nach der Henne und dem Ei bzw. wer denn ein "Recht" auf Sizilien hatte. Am meisten wohl die Einheimischen, aber die wurden nicht gefragt. Die ersten griechischen Kolonien auf der Insel wurden im 8. Jhdt. v. Chr. gegründet. Die Karthager hingegen wurden erst im 6. Jhdt. v. Chr. auf Sizilien aktiv und übernahmen die Kontrolle über die dortigen phönizischen Handelsniederlassungen.In der Regel reagierte Karthago auf Sizilien lediglich auf militärische Provokationen der Griechen, die unerschütterlich der Meinung waren, Sizilien gehöre ihnen und Karthago müsse von der Insel vertrieben werden.
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