Karthago besiegt Rom; und dann?

Star

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Habe mir so ein paar Gedanken gemacht die letzten 2 Tage.
Also es ist so, "was waere wenn" triffts wohl am besten, haette Karthago in einem der punischen Kriege die Oberhand gewonnen und Rom vernichtend geschlagen, wie waere es danach weitergegangen?
Wie wir alle wissen, hat Rom im Laufe der Geschichte fuer laenger das Mittelmeer zum roemischen Teich gemacht, ist nach Britannien marschiert, stand vor Ktesiphon im Osten und so weiter, und so fort.
Unter dem Planspiel, dass Rom von Karthago, oder schon Epeiros aufgefressen worden waere und daraufhin zur Lokalmacht zurueckgetreten waere, welcher Staat haette daraufhin die Ambitionen und Staerke gehabt ein aehnliches Projekt zu starten?
Kurz gefasst basierte Roms Erfolg ja darauf, dass Rom keine Krieg->Buendnispolitik betrieb, sondern Assimilierung und Vernichtung, das ausnutzen der Schwaechen der Nachbarn und eine, zumindest wenn es notwendig war, eine stabile Innenpolitik, dies hatten ja eben die Nachbarn nicht.
Die Karthager waren nicht wirklich an einem grossen Imperium um das Mittelmeer herum interessiert und politisch wirklich stabil im eigenen Reich ebenfalls nicht.
Die Pontier hatten wohl zeitweise Erfolge zu verzeichnen, konnten aber nicht langfristig festigen, was sie erreicht haben gegenueber den Nachbarn und nach innen.
Seleukiden, Makedonen, Thraker, Pergamon, Aegypten, Atropatene, Baktrien, Armenien, Kyrene als auch die griechischen Staedte und Epeiros standen im aktiven Vorherrschaftkampf oder Vassallenverhaeltnis im oestlichen Mittelmeerraum und mittleren Osten ohne abzusehendes Ende, was letztlich mit ein Grund war, warum sie von Rom aufgefressen und ausgespielt wurden gegeneinander.
Was dann noch ueber bleibt, duerften gallische, keltische, britische, baltische, germanische und hispanische Staemme sein, welche aufgrund ihrer nichteinigung untereinander eher keine Weltherrschaft haetten starten koennen.
Zuletzt natuerlich gibt es auch noch die nomadischen Staemme und Nationen, zu den erfolgreichsten zaehlen wohl die Parther, welche zu diesem Zeitpunkt ebenfalls von Osten die Schwaechen der Diadochenstaaten nutzten und vorrueckten.
Allerdings, meines Wissens nach, besassen die Parther weder die innenpolitische Festigung noch die Ambitionen weiter nach Westen vorzuruecken, das uebernahm erst der Nachfolgestaat der Sassaniden.
So stellt sich also die Frage fuer mich, wer neben Rom die Motivation, politische Stabilitaet und militaerische Macht gehabt haette, dessen Supermachtstatus einzunehmen, nachdem Rom weggefallen waere.
Ich hoffe, solche was waere wenn Planspiele sind hier nicht gaenzlich unerwuenscht, es geht auch mitnichten um die Frage "haette Rom verlieren / besiegt werden koennen?", sondern darum, was eben aus der hitzigen und interessanten Situation um das Mittelmeer und im mittleren Osten ohne Rom geworden waere.
 
na, Rom ist ja da "reingeschliddert", es hätte keiner gemacht und /oder gewollt.
Wozu auch? Welchen Nutzen hatte Rom von seinem Weltreich?
 
Als Lateinlehrer weiß ich, dass man immer gerne witzelt, "Dann würden wir jetzt hier karthagisch lernen!" Und genau das ist schlicht falsch. Der zweite punische Krieg erkaufte Karthago fünfzig weitere Jahre. Hätte Hannibal Rom besiegt (wie auch immer er das hätte anstellen können, die Chance war immer gering), wären es vielleicht ein paar mehr gewesen.

Immer mehr komme ich zu dem Schluss, dass es für Karthago nur eine einzige Hoffnung gegeben hätte: Wenn der 2. punische Krieg gleich zu Anfang gründlich verloren gegangen wäre. Dann hätte Karthago sich möglicherweise in den Status eines "Freund und Bundesgenossen Roms" gefügt, hätte überlebt und wäre in friedlich-provinzielle Bedeutungslosigkeit versunken.

Die Frage "Was, wenn Karthago gewonnen hätte?" geht immer fälschlich davon aus, dass sich hier zwei in ihren Denk- und Herrschaftsstrukturen ähnliche Nationen gegenüberstanden, von denen die eine gewann und die andere verlor. Ich weiß nicht, wie oft ich in History-Specials oder in Klappentexten auf Kinderbüchern zum hannibalischen Krieg die Aussage fand, "Hannibal marschiert nach Italien! Er hat die Alpen überwunden und will Rom vernichten!"

Nichts lag Karthago ferner. Nicht nur logistisch, sondern auch militärisch.

Ich las grade gestern Abend bei Adrian Goldsworthy das, was mich seit einiger Zeit umtreibt: Karthagos (und Hannibals) Vorstellung von Krieg und Frieden waren mit Rom nicht kompatibel. Karthago ging während der punischen Kriege immer wieder davon aus, dass es nun genug sei und man Frieden schließen könne (und zwar durchaus nicht nur, wenn die Dinge schlecht standen). Rom verweigerte sogar nach der Schockwirkung von Cannae sämtliche Friedensgespräche. Das zeigt die zwei Welten der Kriegsführung: Karthago will einen Status Quo wiederherstellen, sich eine von Rom akzeptierte Machtposition sichern, die Hannibal später auch mit hellenistischen Herrschern weiter durchzusetzen suchte. Rom wollte alles, und nahm dabei in Kauf, alles zu verlieren. Das wäre für Karthago undenkbar gewesen. Nicht einmal nach Cannae war es für die karthagisch-hellenistische Welt begreiflich, dass Rom nicht aufgibt, außer durch völlige Vernichtung und Zerstörung. Karthago konnte einen solchen Vernichtungskrieg, wie er nötig gewesen wäre, um Rom zu vernichten, überhaupt nicht führen; selbst, wenn es dazu bereit gewesen wäre. Rom hatte aufgrund seines Bündnis- und Rekrutierungsystems unglaubliche Menschenmassen zur Verfügung, und hatte keine Skrupel, all diese Menschenmassen (inklusive hoher römischer Beamter und Würdenträger, wir reden hier nicht von Verheizung von Kanonenfutter) so lange ins Feld zu werfen, bis es reichte.

Ein Sieg Karthagos - wenn er überhaupt in einem der (ersten zwei) punischen Kriege möglich gewesen wäre - hätte Zeit gekauft, mehr nicht. Durch das Trauma, das Hannibal Rom im 2. Krieg zufügte, besiegelte er letztendlich Karthagos Schicksal, indem eine Unterwerfung als Freund und Bundesgenosse (ähnlich Ägypten) nun völlig außer Frage stand und eine endgültige Beendigung der Bedrohung für Rom nur in Karthagos Zerstörung enden konnte.


(Wenn ich "Rom" und Karthago" sage, spreche ich von vorherrschenden Strömungen - es gab auch Friendenspolitiker in Rom, und die kompromissloser kriegerischen Parteien in Karthago, aber gerade erstere verloren im Laufe der Zeit in der römischen Politik immer mehr an Gewicht. Das Bild war nicht so einheitlich, wie ich es oben vereinfacht darstelle, aber das Resultat ist das gleiche.)
 
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na, Rom ist ja da "reingeschliddert", es hätte keiner gemacht und /oder gewollt.
Wozu auch? Welchen Nutzen hatte Rom von seinem Weltreich?

Ich würde sagen, das Rom wenigstens den 1. und ganz sicher auch den 3. sogenannten Punischen Krieg herbeigeführt hat. Der zweite ist strittig, aber das Vorgehen er römischen Abgesandten war reichlich undiplomatisch.
 
Kurz gefasst basierte Roms Erfolg ja darauf, dass Rom keine Krieg->Buendnispolitik betrieb, sondern Assimilierung und Vernichtung, das ausnutzen der Schwaechen der Nachbarn und eine, zumindest wenn es notwendig war, eine stabile Innenpolitik, dies hatten ja eben die Nachbarn nicht.
Von einer stabilen Innenpolitik kann in Rom doch für lange Zeit keine Rede sein - auch nicht dann, wenn es notwendig war. Man denke nur an das innenpolitische Hin und Her während des Ersten Mithridatischen Krieges, der Rom zwar nicht existenziell bedrohte, bei dem aber trotzdem zumindest seine Position östlich der Adria auf dem Spiel stand.
Manche seiner Kriegsgegner waren innenpolitisch wesentlich gefestigter.

Dass Rom immer nur auf Assimilierung und Vernichtung setzte, sehe ich so auch nicht. Lange Zeit war eher das Gegenteil der Fall: Soweit möglich, versuchte Rom andere Staaten in ein Klientelverhältnis zu bringen und so zu kontrollieren, vermied es aber nach Möglichkeit, sie zu erobern und direkt zu beherrschen. Zur direkten Unterwerfung schritt man, wenn es nicht mehr anders ging, z. B. weil der Klientelstaat zu instabil oder zu unbeugsam war, um sich zuverlässig den römischen Wünschen fügen zu können, oder es keine brauchbare Grundlage für einen Klientelstatus gab (z. B. weil das Gebiet nur von Barbaren ohne - im römischen Sinne - vernünftige politische Struktur bewohnt wurde). Karthago im 3. Punischen Krieg war ein Spezialfall, aber auch da gab es in Rom gewichtige Stimmen, die seinen Erhalt als Klientelstaat befürworteten.
Aber sogar dann, wenn ein Gebiet direkt unterworfen wurde, schritt man im Normalfall nicht zur Vernichtung und Assimilierung (Ausnahmen wären Epirus und Karthago), sondern schloss Unterwerfungs-Bündnisse mit den dortigen Eliten und, soweit vorhanden, Städten, und integrierte sie so ins Reich.
Zur direkten Unterwerfung ging man ohnehin erst verstärkt in der frühen Kaiserzeit über, wobei aber die meisten Klientelstaaten im östlichen Mittelmeerraum erst im Laufe des 1. Jhdts. n. Chr. kassiert wurden. Im Raum Mesopotamien und Armenien und in der Schwarzmeerregion setzte man hingegen auch weiterhin auf Klientelverhältnisse und versuchte das - mit wenig Erfolg - auch in Germanien.

Ich hoffe, solche was waere wenn Planspiele sind hier nicht gaenzlich unerwuenscht, es geht auch mitnichten um die Frage "haette Rom verlieren / besiegt werden koennen?", sondern darum, was eben aus der hitzigen und interessanten Situation um das Mittelmeer und im mittleren Osten ohne Rom geworden waere.
Das lässt sich schlichtweg nicht seriös beantworten. Z. B. lässt sich unmöglich vorhersagen, wie sich die hellenistischen Staaten des Ostens weiterentwickelt hätten.

Ich würde sagen, das Rom wenigstens den 1. und ganz sicher auch den 3. sogenannten Punischen Krieg herbeigeführt hat. Der zweite ist strittig, aber das Vorgehen er römischen Abgesandten war reichlich undiplomatisch.
Wobei man es beim 1. wohl kaum auf einen derart großen Krieg angelegt hatte. Für einen umfassenden großen Krieg gegen Karthago war man nicht vorbereitet, und auch der Beginn des Krieges spricht eher dafür, dass Rom nur eine begrenzte Operation in Sizilien im Sinne hatte. Man orientierte sich wohl eher an den Kriegen zwischen Karthago und den Griechen Siziliens in den vergangenen Jahrhunderten, die meist (ausgenommen Agathokles) nur in Sizilien geführt wurden und damit endeten, dass ein paar Städte den Machtbereich wechselten.
 
Karthagos (und Hannibals) Vorstellung von Krieg und Frieden waren mit Rom nicht kompatibel. Karthago ging während der punischen Kriege immer wieder davon aus, dass es nun genug sei und man Frieden schließen könne (und zwar durchaus nicht nur, wenn die Dinge schlecht standen). Rom verweigerte sogar nach der Schockwirkung von Cannae sämtliche Friedensgespräche. Das zeigt die zwei Welten der Kriegsführung: Karthago will einen Status Quo wiederherstellen, sich eine von Rom akzeptierte Machtposition sichern, die Hannibal später auch mit hellenistischen Herrschern weiter durchzusetzen suchte. Rom wollte alles, und nahm dabei in Kauf, alles zu verlieren. Das wäre für Karthago undenkbar gewesen.

Das sind auch nach meiner Meinung die zentralen Punkte: Karthago und Rom waren mentalitätsgeschichtlich zwei verschiedene Welten. Während Karthago zeit seiner Existenz an einer harmonisch interagierenden Staatenwelt interessiert war, mit der es einträglich Handel treiben und entsprechende Freundschaftsverträge schließen konnte, hatte Rom von Anfang an einen Verdrängungseffekt und das Ziel, seine territoriale Machtbasis kräftig auszudehnen.

Dieses Ziel lag Karthago fern, das stets eher an Frieden als an Krieg interessiert war. Krieg war für die Staatsführung Karthagos ineffektiv, forderte hohe Kosten und störte den friedlichen Handel. Erst wenn Karthagos Handelsinteressen massiv bedroht waren, setzte es militärische Mittel ein. Einen Gegener zu vernichten oder ihn mit Stumpf und Stiel auszurotten, lag Karthago fern. Der heutige Feind konnte morgen schließlich ein guter Handelspartner sein.

Roms Mentalität und eingewurzelte Denkweise standen dem diametral entgegen. Imperiales Denken war bereits früh angelegt und gewann rasch die Oberhand. Volk und regierende Elite waren sich hier einig, ganz anders als im Fall Karthago. Ein karthagisches "Staatsvolk" hat es in diesem Sinn nur rudimentär gegeben. Karthago blieb im Kern stets ein Stadtstaat mit angehängtem Territorium. Die iberischen Stämme in Spanien oder die nordafrikanischen Numider verstanden sich nie als "Karthager", ganz abgesehen davon, dass sie auch ethnisch etwas völlig anderes repräsentierten. Eine Bevölkerung mit echter punischer Identität gab es nur in einem kleinen Kern rund um die Hauptstadt, sodass Karthago schon von daher seine Ziele und Interessen behutsam ausrichten musste. Und die waren hinsichtlich seiner Denk- und Verhaltensmuster ganz anders beschaffen als die römischen.
 
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Während Karthago zeit seiner Existenz an einer harmonisch interagierenden Staatenwelt interessiert war, mit der es einträglich Handel treiben und entsprechende Freundschaftsverträge schließen konnte [...] Dieses Ziel lag Karthago fern, das stets eher an Frieden als an Krieg interessiert war. Krieg war für die Staatsführung Karthagos ineffektiv, forderte hohe Kosten und störte den friedlichen Handel. Erst wenn Karthagos Handelsinteressen massiv bedroht waren, setzte es militärische Mittel ein. Einen Gegener zu vernichten oder ihn mit Stumpf und Stiel auszurotten, lag Karthago fern. Der heutige Feind konnte morgen schließlich ein guter Handelspartner sein.
Das ist doch etwas gar idealisierend. Karthago unterwarf nicht nur sein fruchtbares Hinterland, sondern intervenierte auch oft und gerne auf Sizilien, keineswegs nur zum Schutz seiner dortigen phönikischen Niederlassungen wie Motya, sondern durchaus auch in expansiver Manier.

Einen Gegener zu vernichten oder ihn mit Stumpf und Stiel auszurotten, lag Karthago fern.
Da hat man in Selinus und Gela aber etwas anderes gesehen.
 

Als Planspiel in diesem Fall geht es ja nicht, wie erwaehnt, um die Optionen und das fuer und wider eines Sieges ueber Rom oder wie lange bis Rom wieder Initiative ergreift, sondern tatsaechlich darum was passierte, nachdem ein Rom als Machtfaktor definitiv ausgeschaltet worden waere, es gab kein Rom mehr in einem groesseren Sinne als es Samniten, Etrusker oder keltische Staemme gab in diesem Fall.
Dass ich stark davon ausgehe aufgrund angesammelten Wissens, dass gerade Karthago eben nicht die Rolle der anstelletretenden Supermacht eingenommen haette, das hatte ich erwaehnt, glaube ich.

Von einer stabilen Innenpolitik kann in Rom doch für lange Zeit keine Rede sein - auch nicht dann, wenn es notwendig war.

Dass Rom immer nur auf Assimilierung und Vernichtung setzte, sehe ich so auch nicht. Lange Zeit war eher das Gegenteil der Fall: Soweit möglich, versuchte Rom andere Staaten in ein Klientelverhältnis zu bringen und so zu kontrollieren, vermied es aber nach Möglichkeit, sie zu erobern und direkt zu beherrschen.

Im Raum Mesopotamien und Armenien und in der Schwarzmeerregion setzte man hingegen auch weiterhin auf Klientelverhältnisse und versuchte das - mit wenig Erfolg - auch in Germanien.


Das lässt sich schlichtweg nicht seriös beantworten. Z. B. lässt sich unmöglich vorhersagen, wie sich die hellenistischen Staaten des Ostens weiterentwickelt hätten.

Warum nicht sagen "gefestigt genug"? Immerhin hat es ja sozusagen gereicht bis ins fruehe Mittelalter innenpolitisch das Reich zu ueberstehen, ich wuerde da sogar einschliessen, dass diverse Buergerkriege untereinander als "gefestigt genug" zu nennen sind, denn an die wurde das Reich bis zur Hochzeit nicht verloren, so gesehen kann man partiell schon eine ausreichende Stabilitaet im inneren nennen.

Das stimmt in teilen ja, allerdings muss man sich eine Karte des Kaiserreichs ansehen und von wem zu dieser Zeit die Politik ausging.
Mir waere entgangen, dass vor der Reichsteilung als Beispiel in Griechenland oder Aegypten andere, als die Roemer selbst totale Kontrolle inne hatten.

Was die Schwarzmeerregion oder Armenien als Beispiele betrifft, bezieht sich die Politik in diesem Bereich wohl auf strategische Aspekte, zu einen die schwierige Position auf der Karte, was ein verteidigen wohl ziemlich turbulent gestaltet haette, zum anderen der Einfluss des Nachbarn Parthien, welcher spaeter auch (Mitte Jhd. nach Christus, genaue Daten fehlen mir gerade) einen Krieg und besetzen Armeniens durch Rom zur Folge hatte, da die Parther einen der ihren auf den armenischen Thron brachten, was nach dem Krieg in einem Kompromis endete zukuenftige Parther auf dem armenischen Thron roemisch absegnen zu lassen.
Ich denke also tatsaechlich, dass der geostrategische Aspekt tatsaechlich der Hauptgrund ist, dass die Roemer Armenien nie direkt besetzt hielten, denn ihr politisches Interesse war doch durchaus gegeben.
Ebenso in Germanien, was zwar weniger erfolgreich war durch die nichtstaatlichkeit der Germanen, aber auch von weniger roemischem Interesse begleitet war.
Erschliessung von fuer die Roemer relativ kargem Land bot weniger Nutzen, als friedlicher Handel und das bekaempfen von Pluenderern.

Laesst sich das tatsaechlich nicht serioes beantworten?
Es gibt doch genug Hintergrundwissen ueber die Staaten in und oestlich von Griechenland kurz vor und waehrend des Beginns der Roemerzeit in diesen Gebieten, deren Politik, militaerischer Schlagkraft und innenpolitische Situation, es geht hierbei ja um Planspiele, welche man mit Einbeziehung der Optionen dieser Staaten weiterstricken laesst.
Sieg der Seleukiden gegen den Ptolimaeern, pontischer Machtzuwachs im noerdlichen Schwarzmeerraum, Unterwerfung der Balkanbewohner und Sueditaliens durch Epeiros, Annexion der Thraker durch die Makedonen, das bekannte Ostaufrollen der Parther, da gibt es doch einige Faktoren, welche man durchdenken kann.
Wirklich "serioes" ist so ein Planspiel nie, das schliesse ich aus und mich dir an.
 
Habe mir so ein paar Gedanken gemacht die letzten 2 Tage.
Also es ist so, "was waere wenn" triffts wohl am besten, haette Karthago in einem der punischen Kriege die Oberhand gewonnen und Rom vernichtend geschlagen, wie waere es danach weitergegangen? ... Die Karthager waren nicht wirklich an einem grossen Imperium um das Mittelmeer herum interessiert und politisch wirklich stabil im eigenen Reich ebenfalls nicht.
... So stellt sich also die Frage fuer mich, wer neben Rom die Motivation, politische Stabilitaet und militaerische Macht gehabt haette, dessen Supermachtstatus einzunehmen, nachdem Rom weggefallen waere.

Star, stimmt, ich war auf einer Tangente abgebogen. Ich denke trotzdem weiterhin, dass Rom, auch nach einer hypothetischen vernichtenden Niederlage, sich eher wieder aufgerichtet hätte (und hat) als die meisten anderen Staaten. Der gesamte Hellenismus betrachtete Roms Expansion mit Sorge und einer gewissen Ungläubigkeit, was mich veranlasst auszuschließen, dass einer der Staaten im Osten in das Machtvakuum hätte hineinwachsen können. Die Versuche hat es ja gegeben - Antiochos, Ptolemaios, Philipp; bei mir entsteht bei diesen Dingen immer der Eindruck, dass diesen römischen Killerinstinkt in der hellenistischen Welt sonst niemand besaß. Der Norden war zu stark zersplittert und mit sich selbst beschäftigt, da gebe ich dir auch recht.

An der Stelle frage ich mich auch: Wissen wir über die anderen "Kandidatenstaaten" genug, um ihnen einen Erfolg an Stelle Roms prophezeien zu können? Selbst wenn, ist über viele von ihnen nur in Relation zu Rom geschrieben worden, so dass das Bild dort sicher verzerrt ist.

Ein Staat, der Rom hätte beerben können, hätte vielleicht einer ähnlichen Dynamik bedurft wie der eines Alexander - eine Art Masterplan und die Brillianz und den Willen eines sehr starken Einzelnen, die den fehlenden Expansionswillen der naheliegendsten Staaten hätte ausgleichen können. Eine solche Überlegung öffnet natürlich direkt ganz andere Fässer. Wer hätte vor Alexander dem Großen schon damit gerechnet, dass das kleine Makedonien einmal den Lauf der Geschichte derart beeinflussen würde. Eine solche Einzelfigur fehlt in der römischen Geschichte (mit Ausnahme von Caesar vielleicht, und auch der musste ja nicht bei Null anfangen), und wurde einfach von einem "Volkscharakter" ersetzt, der dieses Fehlen ausglich. Daran machte ja auch Polybios den einmaligen Erfolg der Römer fest. Vermutlich hätte es beider Umstände bedurft - eines ehrgeizigen Geistes in Personalunion mit einem ähnlich expansionistischen Volk.
 
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Eine solche Einzelfigur fehlt in der römischen Geschichte (mit Ausnahme von Caesar vielleicht, und auch der musste ja nicht bei Null anfangen), und wurde einfach von einem "Volkscharakter" ersetzt, der dieses Fehlen ausglich. Daran machte ja auch Polybios den einmaligen Erfolg der Römer fest. Vermutlich hätte es beider Umstände bedurft - eines ehrgeizigen Geistes in Personalunion mit einem ähnlich expansionistischen Volk.
Die Reiche, die von starken Einzelfiguren geschaffen wurden überlebten selten ihren Schöpfer über längere Zeit. Weder Alexander, Theoderich, Dschinkis Chan oder Napoleon schufen dauerhafte, stabile Weltreiche. Mehmet der Eroberer stellt da eine Ausnahme dar.
Vielleicht war das gemeinsame Interesse und Handeln der Römer wirklich die wahren Erfolgsgaranten.
 
Wie gesagt - eine Kombination aus beiden wäre wohl zu viel verlangt von der Wünscheerfüllabteilung des Universums. ;)
 
Laesst sich das tatsaechlich nicht serioes beantworten?
Es gibt doch genug Hintergrundwissen ueber die Staaten in und oestlich von Griechenland kurz vor und waehrend des Beginns der Roemerzeit in diesen Gebieten, deren Politik, militaerischer Schlagkraft und innenpolitische Situation, es geht hierbei ja um Planspiele, welche man mit Einbeziehung der Optionen dieser Staaten weiterstricken laesst.
Sieg der Seleukiden gegen den Ptolimaeern, pontischer Machtzuwachs im noerdlichen Schwarzmeerraum, Unterwerfung der Balkanbewohner und Sueditaliens durch Epeiros, Annexion der Thraker durch die Makedonen, das bekannte Ostaufrollen der Parther, da gibt es doch einige Faktoren, welche man durchdenken kann.
Wir haben zwar viel an Hintergrundwissen, können daraus aber kaum sichere Schlüsse für die Zukunft ziehen.

Nehmen wir z. B. Ägypten: Unter den fähigen ersten drei Ptolemaierkönigen verfügte es über enormes Potential und war die stärkste der drei hellenistischen Großmächte. Aber dann stieg das Land durch schwache Herrscher und innerdynastische Konflikte zu weitgehender Machtlosigkeit ab. Das hätte aber nicht zwangsläufig so bleiben müssen. Es wäre in der Geschichte kein Einzelfall, dass Reiche Schwächephasen durchmachen und danach wiederaufsteigen. Ägypten hatte das selbst schon mehrmals erlebt. Wirtschaftliches, geistiges und kulturelles Potential hatte das Land jedenfalls. Was, wenn das Seleukidenreich von den Parthern bedrängt worden und gleichzeitig einem wiedererstarkten Ägypten gegenübergestanden wäre? Dann wäre vielleicht im Nahen Osten Ägypten an der Euphratgrenze der Nachbar der Parther geworden ...
Umgekehrt aber konnte Antiochos IV. Ägypten erobern und hätte es vielleicht auch behalten können, wenn nicht die Römer eingegriffen hätten. Dann wäre vielleicht Schluss mit der Wiederaufstiegschance gewesen. Es lässt sich also nichts genaues sagen.

Dass Epeiros Süditalien und gar den Balkan dauerhaft hätte unterwerfen können, ist auch nicht gesagt. Die Epiroten hatten eine viel zu dünne Personaldecke, um ein größeres Reich auf Dauer im Alleingang zusammenhalten zu können. Sie wären auf die Kooperation der Verbündeten und Unterworfenen angewiesen gewesen. Ob sie die längerfristig behalten hätten?

Als Planspiel in diesem Fall geht es ja nicht, wie erwaehnt, um die Optionen und das fuer und wider eines Sieges ueber Rom oder wie lange bis Rom wieder Initiative ergreift, sondern tatsaechlich darum was passierte, nachdem ein Rom als Machtfaktor definitiv ausgeschaltet worden waere, es gab kein Rom mehr in einem groesseren Sinne als es Samniten, Etrusker oder keltische Staemme gab in diesem Fall.
Dass ich stark davon ausgehe aufgrund angesammelten Wissens, dass gerade Karthago eben nicht die Rolle der anstelletretenden Supermacht eingenommen haette, das hatte ich erwaehnt, glaube ich.
Auch dass Rom im Falle eines karthagischen Sieges "definitiv ausgeschaltet" gewesen wäre, können wir nicht mit Sicherheit annehmen. Man denke nur daran, dass auch Athen nach seiner totalen Niederlage im Peloponnesischen Krieg (das ganze de-facto-Reich verloren und in der Stadt Oligarchen von Spartas Gnaden) schon nach relativ kurzer Zeit aufgrund sich rasch ändernder politischer Machtkonstellationen einigermaßen den Wiederaufstieg schaffte.
Wer weiß, wie es nach einer Niederlage Roms weitergegangen wäre, vor allem, falls z. B. Karthago selbst ausgeschaltet worden wäre. Ein Wiederaufstieg Roms wäre zwar nicht wahrscheinlich gewesen, aber ganz ausschließen kann man ihn nicht.

Warum nicht sagen "gefestigt genug"? Immerhin hat es ja sozusagen gereicht bis ins fruehe Mittelalter innenpolitisch das Reich zu ueberstehen, ich wuerde da sogar einschliessen, dass diverse Buergerkriege untereinander als "gefestigt genug" zu nennen sind, denn an die wurde das Reich bis zur Hochzeit nicht verloren, so gesehen kann man partiell schon eine ausreichende Stabilitaet im inneren nennen.
Da waren aber fast alle Konkurrenten Roms innenpolitisch wesentlich stabiler. Auch Karthago wurde nicht von so vielen blutigen Bürgerkriegen heimgesucht.

Das stimmt in teilen ja, allerdings muss man sich eine Karte des Kaiserreichs ansehen und von wem zu dieser Zeit die Politik ausging.
Mir waere entgangen, dass vor der Reichsteilung als Beispiel in Griechenland oder Aegypten andere, als die Roemer selbst totale Kontrolle inne hatten.
Ich schrieb ja, dass die Römer in der frühen Kaiserzeit verstärkt zu einer Politik der direkten Herrschaft übergingen. Ägypten ist ein Beispiel: Spätestens seit es nur durch römischen Druck vor einer Eingliederung ins Seleukidenreich bewahrt worden war, war es in die römische Machtsphäre geraten. Im 1. Jhdt. v. Chr. kann es bereits klar als Klientelstaat gesehen werden. Bereits in den 50er Jahren gab es anlässlich der Intervention des Gabinius Überlegungen über eine Umwandlung in eine Provinz, aber man ließ es dann doch als Vasallenstaat bestehen (römische Soldaten blieben aber im Land), ebenso ein paar Jahre später nach dem Alexandrinischen Krieg Caesar. Erst Augustus kassierte es dann endgültig.
Übrigens war nicht einmal die Umwandlung eines Klientelstaates in eine Provinz immer endgültig: Iudaea, Kommagene und teilweise auch Pontos wurden wieder zu Klientelreichen zurückverwandelt, ehe sie endgültig kassiert wurden.

Übrigens hatten gerade in Griechenland die Römer nicht die totale Kontrolle, sondern ließen den Städten innere Autonomie.
 
Die Versuche hat es ja gegeben - Antiochos, Ptolemaios, Philipp; bei mir entsteht bei diesen Dingen immer der Eindruck, dass diesen römischen Killerinstinkt in der hellenistischen Welt sonst niemand besaß.
Es lag wohl weniger am mangelnden Killerinstinkt, sondern eher am mangelnden Potential. Den absoluten Willen zur Größe hatten Herrscher wie Philipp V. oder Antiochos III. durchaus - aber auch abgesehen davon, dass sie von den Römern gehemmt wurden, konnten sie nicht, wie sie wollten. In Makedonien (und noch mehr in Epeiros) hatte man das Problem des mangelnden Personals: Die Zahl der aushebbaren Soldaten war recht begrenzt, Könige wie Pyrrhos oder Philipp V. konnten nicht wie die Römer nach Niederlagen immer wieder neue große Heere aufstellen. Ein, zwei gröbere Niederlagen, und man war fürs Erste erledigt. (Auch Alexander der Große wäre vermutlich erledigt gewesen, wenn er bei Issos oder Gaugamela verloren und sein Heer eingebüßt hätte. Ein gleichwertiges neues Heer hätte er vermutlich nur noch aufbieten können, wenn er auf die Kontrolle Griechenlands, für die er ein starkes Heer unter Antipatros zurückgelassen hatte, verzichtet hätte.)
Bei den Seleukiden sollte man sich nicht von der flächenmäßigen Größe des Reiches täuschen lassen: Die meisten Einwohner kamen als Rekruten nicht infrage. Hingegen gab es immer wieder Probleme, diverse nach Unabhängigkeit strebende Statthalter und Dynasten unter Kontrolle zu behalten. Das war auch ein Problem, das Rom nicht hatte: Dort strebte kein Provinzstatthalter nach der Gründung eines eigenen Reiches.
 
Es lag wohl weniger am mangelnden Killerinstinkt, sondern eher am mangelnden Potential. ...
Die Zahl der aushebbaren Soldaten war recht begrenzt, Könige wie Pyrrhos oder Philipp V. konnten nicht wie die Römer nach Niederlagen immer wieder neue große Heere aufstellen. ...
Die meisten Einwohner kamen als Rekruten nicht infrage.

Dann sind die Hintergründe aber doch ähnlich? Es läuft schon zu einem großen Teil darauf hinaus, warum Rom/Italien das mitmachte, derart auszubluten, wenn andere Staaten nach dem Verlust einer kompletten Armee überhaupt nicht auf die Idee gekommen wären, einfach eine neue aufzustellen.
 
Andere Staaten waren nach dem Verlust von ein, zwei Armeen schon ausgeblutet. Auf die Idee, eine dritte aufzustellen, kamen sie vielleicht schon, nur hatten sie keine Männer mehr dafür.
 
Habe mir so ein paar Gedanken gemacht die letzten 2 Tage.
Also es ist so, "was waere wenn" triffts wohl am besten, haette Karthago in einem der punischen Kriege die Oberhand gewonnen und Rom vernichtend geschlagen, wie waere es danach weitergegangen?
und in diesen zwei Tagen kam dir nicht der Gedanke, dass "was-wäre-wenn-Spekulationen" im Bereich Smalltalk besser platziert sind? :winke: ich war etwas enttäuscht, im Themenbereich "Das römische Reich" auf eine Spekulation zu stoßen. Trotz der interessanten Beiträge hier, die ich mit Gewinn gelesen habe, wäre ich für eine Verschiebung des Fadens.
 
Ach, hier in "Rom" gibt es soviel Spekulation, da schadet doch ein wenig bewusste Spekulation nicht ... und nicht zuletzt diskutieren wir hier eher die politischen Modelle und "Programme" der Mächte im Mittelmeer des Hellenismus als dass wir tatsächliche Planspiele durchführen.

Und genau das beschäftigt mich: nach Alexander kamen die Diadochen und in deren Gefolge die Warlords wie Pyrrhos von Epirus, Demetrios Poliorketes etc. welche ihren eigenen Alexanderzug durchziehen wollten bzw. mit griechischer Technik und überlegenen Waffen ihren Teil der Welt erobern. Man kann darüber diskutieren, inwieweit Hannibal "alexanderte"; in der diesbez. sensibilisierten Welt klingelten allen die Ohren (vergleiche auch das Totengespräch des Lukian). Vielleicht irre ich mich aber hier auch und die Römer kümmerten sich gar nicht um diese weltpolitischen Aspekte - und genau das war ihr Erfolgsrezept. Und erst mit Sulla und Caesar kehrte der Alexandertraum in Rom ein, nachdem die Römer Griechisch gelernt hatten.

Das würde ich gerne festhalten:
- es gab weder ein karthagisches noch ein römisches "Weltmachtkonzept". Selbst die Vernichtung Karthagos war in erster Linie eine Ausschaltung, keine Aneignung; die eigentliche Eroberung Afrikas kam erst ~50 Jahre später mit den jughurtinischen Kriegen.
- das hellenistische Weltmachtkonzept war eigentlich das übersetzte persische, ein ziemlich instabiles Konstrukt in dem ein zentrales Gottkönigtum (worauf republikanische Römer ziemlich allergisch reagierten) eine wichtige Rolle spielte. Man kann sogar behaupten, dass die Abenteurer des Hellenismus dieses Ziel verfolgten, nicht etwa die Eroberung der bekannten Welt ...
- sicherlich inspirierten die wissenschaftlichen und Ingenieursleistungen der Hellenisten und Karthagos Rom nicht unbeträchtlich. Straßenbau konnten die Römer schon selber. Ingenieurskunst an sich, Maschinenbau und Vorläufer der Massenfertigung erschienen den Römern zuträglich und wurden im großen Stile umgesetzt - was eine technologische Basis der Weltmacht schuf. Will sagen: die Römer schufen kein Weltreich, sondern eine Infrastruktur; diese schuf das Weltreich (zusammen mit dem zweiten Hobby Alexanders, dem Städtegründen, was die Römer emsig und planvoll betrieben).
 
- das hellenistische Weltmachtkonzept war eigentlich das übersetzte persische, ein ziemlich instabiles Konstrukt in dem ein zentrales Gottkönigtum (worauf republikanische Römer ziemlich allergisch reagierten) eine wichtige Rolle spielte. Man kann sogar behaupten, dass die Abenteurer des Hellenismus dieses Ziel verfolgten, nicht etwa die Eroberung der bekannten Welt ...
Ich sehe da doch gewisse Abweichungen. Zu nennen wäre insbesondere das Konzept des "speereroberten Landes": Die Denkweise, dass einem Herrscher alles Land zustehe, das er unterwerfen bzw. behaupten könne. (So soll z. B. Ptolemaios I. laut Diodor nach den beiden gescheiterten Ägyptenfeldzügen des Perdikkas und Antigonos I. gemeint haben, durch seine beiden erfolgreichen militärischen Behauptungen der Herrschaft über Ägypten stehe ihm die Herrschaft über das Land zu.) Dazu passt auch, dass sich die hellenistischen Herrscher bei ihren Eroberungen meist nicht groß darum kümmerten, sie durch die Übernahme älterer Titel zu legitimieren. (Ausnahmen wären die Königswürde Makedoniens und das Pharaonentum.) Besonders augenscheinlich wurde das bei Antigonos I., als er den Königstitel annahm: Er beanspruchte damit nicht etwa die Königswürde Makedoniens, sondern legitimierte sein Königtum einfach aus seiner Position als Herrscher eines größeren Gebietes und über entsprechende Truppen und sonstige Hilfsquellen heraus.
In der Frühphase des Altpersischen Reiches war das anders: Kyros eroberte das Babylonische Reich nicht einfach nur, sondern übernahm auch dessen Königswürde, die auch noch von Kambyses geführt wurde. Sie beanspruchten also die Nachfolge von Nebukadnezar und Nabonid als rechtlich legitime Herrscher Babylons. Das galt auch für Medien. Erst unter Dareios I. kam es zu einer weitgehenden Vereinheitlichung des Reiches.

Auch das "Gottkönigtum" im hellenistischen Sinne gab es in dieser Form im Altpersischen Reich wohl nicht; es wäre auch nicht gut mit dem Zoroastrismus vereinbar gewesen. Umgekehrt aber scheint im Altpersischen Reich die dynastische Kontinuität eine größere Rolle gespielt zu haben als im Hellenismus: Dareios I. betonte, dass ihm als - wenn auch entfernten - Verwandten von Kyros und Kambyses die Herrschaft eher zustehe als dem Usurpator Smerdis, und auch später kam es zu keinen Dynastiewechseln. Noch der Eunuch Bagoas setzte in der Endphase des Reiches nur - im Fall des Dareios III. zumindest entfernte - Angehörige der Dynastie als Marionettenherrscher ein.
Im Hellenismus hingegen konnte grundsätzlich jeder tapfere Heerführer und Eroberer zum König aufsteigen. Mit Ausnahme von Ägypten legitimierte nicht das "Gottkönigtum" den Herrscher, sondern der Herrscher bewies durch seine Erfolge seinen Anspruch auf göttliche Verehrung. Sogar in Makedonien selbst wurde einer Verwandtschaft mit der altehrwürdigen Argeadendynastie nur anfangs Bedeutung beigemessen (Ehe des Kassandros mit Philipps II. Tochter Thessalonike), aber später war ein Dynastiewechsel problemlos möglich und hing vor allem von der Akzeptanz durch das Heer - das auch schon in der älteren makedonischen Geschichte den neuen König formal akklamiert hatte - ab.
 
Mhh...aber war der Aufstieg Roms zum Zeitpunkt des ersten Punischen Kriegs schon klar? Ich hab da doch Zweifel, zu kurz scheint mir dies nach dem Phyrruskrieg. Schon ob man dort ohne Karthagische Hilfe gewonnen hätte ist ja nicht sicher.

Und war die Macht über Süditalien so schnell gesichert?
 
Ich glaube ganz generell nicht, dass Geschichte "zwangsläufig" erfolgt, dass also Entwicklungen unausweichlich sind. Daher glaube ich auch nicht, dass der Aufstieg Roms "klar" im Sinne von unausweichlich war, zumindest nicht bereits im 3. Jhdt. v. Chr.

Was allerdings Pyrrhos betrifft: Zum einen hatte Rom das Glück, dass Pyrrhos recht unbeständig war und häufig neue Feldzüge begann, ohne die vorherigen konsequent zu Ende zu führen. Zum anderen glaube ich schon, dass sich Rom auch in einem von Pyrrhos langfristig und zielstrebig geführten Krieg durchsetzen können hätte: Es zeigte sich bald, dass Rom wie später im 2. Punischen Krieg agiert hätte: Man gab nach ersten Niederlagen nicht auf, sondern kämpfte erbittert weiter. Pyrrhos andererseits konnte das nicht in diesem Ausmaß, denn sein Rekrutierungspotential war begrenzt, außerdem war er auf die Unterstützung seiner Verbündeten in Italien angewiesen, und ob er die auch nach einer längeren Reihe von Niederlagen behalten hätte, ist fraglich. Ihm wäre also vermutlich früher als den Römern die Luft ausgegangen. Aber das ist jetzt auch nur Spekulation meinerseits, es hätte auch ganz anders sein können ...

Die Macht Roms über Süditalien war erst nach dem 2. Punischen Krieg halbwegs gesichert - insofern, als danach keine feindlichen Landungen in Süditalien mehr erfolgten, denen sich die Städte und Stämme Süditaliens hätten anschließen können. Denn das Unzufriedenheitspotential war durchaus vorhanden, und somit auch die Bereitschaft, zu einem Gegner, dem man einen Sieg über Rom zutraute, überzulaufen. Ganz verhindern hätte das Rom auch weiterhin kaum gekonnt.
Endgültig gesichert war die Herrschaft Roms über Süditalien erst nach dem Bundesgenossenkrieg - und selbst danach unternahmen die Samniten im Bürgerkrieg zwischen Sulla und den Popularen noch einen letzten Versuch, etwas für sich herauszuschlagen.
 
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