Teil 4.: Überseeaktionen am Vorabend des Norddeutschen Bundes
Nach dem mit der Ostasien-Expedition 1859-1862 erste Wirtschaftsverträge zu den Ländern Japans, Chinas und Siams abgeschlossen werden konnten, die nun auch ratifiziert werden mussten. Für den Austausch der Verträge und Urkunden entsandte die preußische Regierung als völlig ausreichend ein Handelschiff. Doch die japanische Regierung bestand auf einen Offiziellen, der nur in Form eines Kriegsschiffes der preußischen Marine in betracht kam.
Dafür wurde am 23.10. 1862 die Schraubenfregatte Gazelle ausgerüstet und zu Ausreise befohlen. Dabei lief das Schiff den Hafen von Gibraltar an, um ein Denkmal der Gefallenen Danzig Besatzung 1856 bei Tres Forcas aufzustellen.
Anfang 1863 fuhr Gazelle über Rio de Janerio und dem Kap der Guten Hoffnung nach Singapore und weiter nach Hongkong.
In Hongkong schiffte sich Generalkonsul v. Rehfues und sein Stab ein, die die Übergabe der Verträge in China bereits abgeschlossen hatten und nun mit dem Kriegsschiff nach Japan fuhren.
Als die Preußen mit Gazelle am 8.8.1863 in Jokohama ankamen, fanden Sie allerdings keine günstige politische Situation vor, um diplomatische Formalitäten auszutauschen.
Der zu jener Zeit die japanischen Regierungsgewalt im Namen des Kaisers innehabende Shogun der Dynastie Tokugawa hatte alle Verträge mit europäischen Staaten und den USA aufgehoben und mit der Ausweisung der Ausländer begonnen. Der Bürgerkrieg der Daimyos verschärft zusätzlich die Lage in Japan.
Übergriffe der Daimyos auf britische Bürger rief ein aus 14 Schiffen bestehendes Geschwader an die japanische Küste, während der Admiral der Gazelle sich nicht imstande sah, die Fremdsiedlungen zu schützen.
Als britische und französische Marinesoldaten angelandet wurden, kamen auch zur Unterstützung 3 Offiziere, 50 Matrosen, 50 Seesoldaten, 4 Seekadetten und 2 – 12 Pfd Geschütze von Gazelle zum Einsatz.
Generalkonsul v. Rhefues gelang es Nov 1863 das Zurückziehen des Aufenthaltsverbotes nicht nur für die Preußen bzw. Deutschen, sondern aller Ausländer zu erreichen. Anfang 1864 konnte dann auch der Austausch der ratifizierten Verträge stattfinden.
Die nach den Verträgen zu erwartende Ausweitung der wirtschaftlichen Tätigkeit und Erfahrungen hinsichtlich Piraterieakte führten im Marineministerium zu Überlegungen einer möglichen Erwerbung eines Marienstützpunktes oder einer Stationierung eines Depotschiffes.
Auf der Weiterreise erreichte Gazelle die Nachricht vom Krieg um Schleswig-Holstein und den Befehl erhielt Kreuzerkrieg gegen dänische Handelschiffe zu führen.
Dabei wurde die dänische Brigg Caterine am 5.5.1864 aufgebracht und auch der dänische Schoner Chin-Chin wurde gekapert.
Nach dem abgeschlossenen Frieden befand sich Gazelle noch zum Flagge zeigen in westindischen Gewässern und erreichte Mitte 1865 die Heimat.
Das Schwesterschiff der Gazelle, die Vineta war zu beginn des Krieges Preußens gegen Dänemark 1864 noch nicht vollständig fertig gestellt, als in ein kurzes Gefecht mit dem dänischen Linienschiff Skjold verwickelt wurde, was letztlich eine enge Blockade der Häfen Danzig und Pillau verhinderte.
Ende 1865 entschloß sich die preußische Regierung Vineta zum Schutz deutscher Siedler nach Lateinamerika zu schicken. Grund war der Krieg zwischen Paraguay, Brasilien, Uruguay und Argentinien
Am 23.1.1866 lief Vineta Rio de Janeiro an und später auch Montevideo. Dort desertierten, einmalig in der preußischen Marine, 24 Mann der Besatzung, ausgelöst durch die harte Behandlung seitens des Kommandanten KzS Hans Kuhn. Die angewendete Prügelstrafe wegen Insubordination wurde erst durch das Militärgesetzbuch von 1872 offiziell abgeschafft.
Das Schiff fuhr noch um Kap Horn in chilenische Gewässer, doch Mitte 1866 hatte sich die Lage soweit beruhigt, dass Vineta Südamerika Ende 1866 wieder verlies und die Mitwirkung von Aktionen gegen das Piratenwesen in chinesischen Gewässern zusammen mit britischen Schiffen antreten konnte. Ein erfolgreiches Vorgehen war allerdings nicht möglich, da große Kriegsschiffe zu Aktionen in Küstennähe sowie Flussmündungen ungeeignet waren. Der Befehl zu Heimreise traf Okt 1867 auf Vineta ein. Nach einem Sturm musste das Schiff zu provisorischen Reparatur nach Nagasaki dampfen und von da nach Schanghai.
Als das Schiff am 19.November 1865 Kiel unter preußischer Flagge verließ, ahnte noch niemand, dass diese Reise mit der Weltumsegelung eines preußisch-norddeutschen Schiffes enden sollte – die Kriegsflagge des neu gegründeten Norddeutschen Bundes sollte am 23. März 1868 gesetzt in Schanghai werden.