Man nahm viel diplomatischen Schaden für wenig militärischen Effekt inkauf.
Allerding dass man den "Uneingeschränkten U-Boot-Krieg" wieder aufnahm, passierte wohl unter anderen auch stark unter dem Druck, den die 3. OHL in Gestalt von Hindenburg und Ludendorff ausübten, während Bethmann-Hollweg und wohl auch Falkenhayn das Risiko realistsischer einschätzten und sich deswegen dagegen ausgesprochen hatten.
Das ist doch der entscheidende Punkt.
Jetzt setzt du allerdings vorraus, dass das absehbar gewesen wäre, was meines Erachtens ein Fehler ist.
Tatsache ist ja:
- Es hatte vor dem Ersten Weltkrieg noch keinen massenhaften Kriegseinsatz von U-Booten gegeben und dementsprechend gab es keine Erfahrungen damit, was ein konzentrierter Einsatz anrichten konnte.
- Man hatte die Erfahrungen und Zahlen aus 1915, wo der Einsatz der U-Boote durchaus relativ erfolgreich war, nur gab es damals eben noch kein ausgefeiltes Konvoi-System zum Schutz des ungeschützten Schiffsraums und auch noch keine Wasserbomben im großen Stil, mit denen sich effektiv auch getauchte U-Boote verfolgen und einigermaßen zuverlässig angreifen ließen.
Insofern gab es durchaus einiges Potential die Effektivität der U-Boot-Waffe falsch einzuschätzen und zwar durchaus auf Basis realer Erfahrungswerte von 1915, nicht aus Basis bloßer Phantasterei.
Und auch was Amerika angeht, gab es Potential für Irrtümer.
Unser Bild der sehr fortgeschrittenen amerikanischen Produktionstechniken basiert ja zu wesentlichen Teilen eben auf der immensen kriegswirtschaftlichen Leistung der USA während der Weltkriege.
Aber über dieses Wissen verfügten die damaligen Entscheider einmal nicht.
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, die eine wirklich starke plausible Vergleichbarkeit der Wirtschaftskraft geliefert hätten existierten auch entweder och nicht, oder steckten noch in den Kinderschuhen, so dass der Umstand, dass Hindenburg und Ludendorff relativ wenig Ahnung davon hatten, womit sie sich anlegten nicht so unverständlich ist, wie es aus der Rückblende heraus erscheint.
Das war damals eben nicht unbedingt Gemeinwissen und weder Hindenburg, noch Ludendorff scheinen besondere Ahnung von den amerikanischen Verhältnissen gehabt zu haben.
Bei Hindenburg weiß ich nicht, ob er überhaupt größeres militärisch relevantes Wissen über das Ausland vorzuweisen hatte, Ludendorff war seinen Kenntnissen und Fähigkeiten nach eher Osteuropa-Experte (der Mann sprach Russisch, war im Rahmen der Gneralstabsausbildung auch nach Russland geschickt worden um die dortigen Verhältnisse kennen zu lernen und hatte später in der Osteuropa-Abeilung des Generalstabs im Rahmen seiner weiteren ausBildung Gelegenheit sich mit dem nicht russischen Osteuropa auseinander zu setzen).
Da fehlte einfach auch die Expertise hinsichtlich der USA als potentillem Gegner. Die hätte man sich besser bei den Außenpolitikern und beim diplomatischeen Corps dazu geholt.
Hinzu kommt, dass Amerika eine relativ kleine Freiwilligenarmee hatte , so dass man davon ausgehen konnte, dass es 1-2 Jahre dauern würde, bis die Amerikaner selbst Truppen würden schicken können, während sie bereits ohnehin in erheblichem Maße Material für die Entente zur Verfügung stellten.
Außerdem kommt dazu, dass man sich wahrschinlich im Hinblick auf Russland verschätzte und deswegen mit der Wiederaufnahme des "Uneingeschränkten U-Boot-Krieges" aus militärischer Perspktive schlicht zu früh anfing.
Die Wiederaufnahme des Uneingeschränkten "U-Boot-Krieges" in 1917 fällt ja ungefähr zeitglich mit der Februarrevolution in Russland zusammen.
Man wird registriert haben, dass Russland zunehmend militärisch am Ende war und politisch zu wanken begonnen hatte.
Wahrscheinlich werden sich Hindenburg und Ludendorff, als sie für den "uneingeschränkten U-Boot-Krieg" plädierten dabei auch die Vorstellung gemacht haben, dass Russlands Niederlage in Sicht war, man binnen kurzem im Osten Frieden haben würde und relativ schnell große Truppen nach dem Westen würde verlegen können.
Und wenn Russland tatsächlich irgendwann im Frühjahr 1917 die Waffen gestreckt hätte, wäre ein Zeitfenster von mindestens einem Jahr offen gewsen um im Westen die Entscheidung zu suchen, bevor die Amerikaner hätten eingreifen können, auch hätten dann Briten und Franzosen weniger Zeit gehabt weiteres Kriegsgerät in Form von Geschützen, Panzern etc. anzuschaffen.
Die militärische Lage hätte durchaus anders aussehen können, wenn im Frühjar 1917 der Zar versucht hätte einen Verlustfrieden zu schließen um seinen Thron zu retten, oder nach der Februar-Revolution die provisorische Regierung L'wow, verssucht hätte zu realistischen Konditionen einen Frieden zu schließen um die weitere Radikalisierung der innenpolitischen Lage zu verhindern.
Ich würde sagen, bei Lichte besehen, musste das mit dem "Uneingeschränkten U-Boot-Krieg", bzw. dessen Wideraufnahme nicht unbedingt als eine total verblödete Schnapsidee die nur Schaden bringt erscheinen, jedenfalls nicht aus der Perspektive der Zeitgenossen.
Möglicherweise hätte das mit einem anderen timing militärisch sogar funktionieren können, wenn die Wideraufnahme des "Uneingeschränkten U-Boot-Krieges" bis nach dem Friedensschluss im Osten hinausgezögert und der Konflikt mit den USA so weit aufgeschoben worden wäre, dass man tatsächlich Kräfte und ein günstiges Zeitfenster für Aktionen im Westen gehabt hätte.