Das man Ludwig II. für regierungsunfähig und unmündig erklären ließ, war, wenn man bedenkt, was auf Ludwig II. ansonsten in näherer Zukunft zugekommen wäre, wahrscheinlich eher der schonendere Weg um ihn aus der Schusslinie zu nehmen, denn imerhin schützte Ludwig II. der Umstand, dass man ihn für Geisteskrank und unmündig erklärte vor eventuell ausstehenden juristischen Konsequenzen, denn als Geisteskranker war er zumindest nicht belangbar.
Ich sehe es so: Was haben Ludwig II. und John F. Kennedy gemeinsam? Beide sind Ikonen, sie ziehen Menschen bis heute in ihren Bann. Bei JFK war es schon zu dessen Lebzeiten so, während der König erst nach seinem Tod zu dieser übergroßen Lichtgestalt gemacht wurde, die in der deutschen und bayerischen Geschichte einen Platz einnimmt, die ihr, zumindest im politischen Sinn, gar nicht zukommt. Aber das ist an dieser Stelle auch komplett egal. Denn wenn Ikonen gewaltsam und unerwartet aus dem Leben gerissen werden, dann ist das für viele Menschen nur schwer zu akzeptieren. So entstehen Verschwörungserzählungen, denn die machen den Verlust erträglicher - die verehrte Ikone fiel finsteren Mächten zum Opfer, sie hatte keine Chance. Womit die Heiligsprechung dann eigentlich schon vollzogen ist.
JFK wurde auf offener Straße abgeknallt und Ludwig II. vom Prinzregenten/der Staatsregierung/den Preußen/etc. mindestens in den Tod getrieben, wenn nicht sogar heimtückisch gemeuchelt. Uhhh... ahhh... Verrat und kalter Mord!
Das ist die, ich will nicht sagen romantisierende Seite solcher Geschichten, aber diejenige, aus der man Übermenschen stilisiert. Die die betreffenden gar nicht sein wollten, aber Tote muss man nicht mehr fragen, was sie möchten.
Die andere, fast schon banale Seite sieht so aus, dass JFK von einem narzisstischen Versager hinterrücks ermordet wurde. Keine Verschwörung, weder von der CIA, dem FBI, der Waffenlobby, Kuba, der UdSSR, der Mafia, etc., etc.
Ebenso banal ist, dass der König einem Impuls folgend durch den Starnberger See fliehen wollte. Gudden versucht ihn zurückzuhalten, doch Ludwig, ein Prackl Mannsbuid, ringt mit Gudden und tötet ihn, bestimmt ohne jede Absicht. Jetzt aber ist Ludwigs Dilemma nicht mehr aufzulösen und das weiß er - ein König, den man für geisteskrank erklärt hat tötet seinen Nervenarzt. Was man nun mit ihm anstellen wird, das kann er sich ebenso gut ausmalen. Man wird ihn einsperren. In einem Schloss, mit Dienern. Es wird ihm an nichts fehlen, aber man wird ihn einsperren. Bis er stirbt. Die Regierung könnte jetzt auch gar nicht mehr anders handeln, unmöglich.
Vielleicht sind ihm ähnliche Gedanken durch den Kopf gegangen als ihm endgültig klar wurde, dass die Selbsttötung der einzige und letzte Ausweg für ihn war.
Auch hier: Kein Mord, keine Verschwörung, nur schreckliche Tragik.
Meistens ist die einfachste Erklärung für eine Tragödie auch die richtige. Nur fällt es vielen Menschen schwer diese einfache, sprich, banale Wahrheit anzunehmen.