Tut mir leid, aber jetzt wird's mir zu haarspalterisch, mit Fokus auf einzelne Wörter. Hier ein "nur", dort ein "man", da wieder eine stilistische Wertung einer offenbar sinnlosen Bombardierung als "Scheiß", allesamt keine im Kontext allzu missverständlichen Wörter, wenn Du mich fragst.
Zum Anderen glaube ich nicht, dass Du mich richtig verstehen willst. Nur eines von mehreren Beispielen:
Hier argumentierst Du konsequent im Sinne Deiner Einbahnstraßen-Theorie: Hitler bombardierte London und Churchill sollte den Vorfall als Versehen erkennen und hinnehmen.
Nein, das tue ich eben nicht. Du hattest sinngemäß argumentiert, die alleinige Schuld läge bezüglich des betreffenden Falles bei Hitler, Churchill sei im Gegenzug kein Vorwurf zu machen. Ich argumentiere, Churchill hätte genau so die Option gehabt hier zu deeskalieren, wie Hitler. Beide taten es nicht, beide haben sich folglich hier m.E. zusammen der Eskalation schuldig gemacht.
Ich hege den Verdacht, dass ein Abkommen, das beim ersten versehentlichen Zwischenfall gleich von beiden Seiten so bereitwillig aufgekündigt wird, beiden Seiten schon im Vorfeld wohl nicht besonders ernst gewesen sein kann.
Meinen mehrzeiligen Beitrag auf die eine, angeblich Kernaussage zu reduzieren, Churchill hätte es hinnehmen müssen, ist kein guter Stil. Ich sagte nicht er hätte gemusst, ich sagte, er hätte gekonnt. Genauso wie Hitler das gekonnt hätte, was Du vorschlägst. Solche - pardon - fast schon mutwilligen Aussageverdrehungen senken meine Motivation, offen zu diskutieren erheblich. Ich bitte darum, Beiträge sorgfältig zu lesen.
Ich habe den Eindruck, es ist eher Deine Argumentation, die der Einbahnstraßen-Logik folgt: Man hat ein Abkommen und bei dem ersten Versehen muss automatisch der Bruch dieses Abkommens folgen.
Doch so funktionieren "Vereinbarungen auf Gegenseitigkeit" nicht, schon gar nicht zwischen Feinden, die sich nicht trauen (Missverständis? Versehen? bewusster Nadelstich? Testballon?) und die in der ausbleibenden Vergeltung ein Zeichen von Schwäche sehen könnten, dass der Feind für einen Gegenschlag zu feige ist und deshalb folgenlos angegriffen werden kann, so dass weitere "Versehen" die Folge wären. Die rasche Vergeltung ("wie Du mir, so ich Dir") soll dem Feind schnell klar machen, dass die Sache ernsthaft zu eskalieren droht, wenn er nicht zur Kooperation im Sinne der "Vereinbarung auf Gegenseitigkeit" zurückkehrt.
Wieder nichts mit der Einbahnstraße...
Wo ist das Poblem? Ich argumentiere auf hypothetischer Basis mit Konjunktiven. Das tust Du auch. Unsere beiden Gedankenmodelle stehen auf den gleichen tönernen Füßen. Freilich hätte Churchill diese Sorgen haben
können, aber er
musste es nicht. Hatte er sie nachweislich?
Die gleichen möglichen Sorgen müssen wir fairerweise nach dem (ich wiederhole: absichtlichen) Angriff auf Berlin auch Hitler zugute halten. Der war in der gleichen Situation. Wenn Churchill bombte, um sich keine Schwäche anmerken zu lassen, dann polterte Hitler aus demselben Grund.
Auch hier wieder: Wenn man jemandem die Schuld für die versäumte Deeskalation zuweisen will, dann doch wohl beiden gemeinsam. Beide hätte Möglichkeiten gehabt, beide haben sie nicht genutzt.
Abgesehen davon muss ich gestehen, die Logik hinter der Passage
[...] soll dem Feind schnell klar machen, dass die Sache ernsthaft zu eskalieren droht, wenn er nicht zur Kooperation im Sinne der "Vereinbarung auf Gegenseitigkeit" zurückkehrt.[...]
in diesem Zusammenhang nicht ganz zu verstehen. Man eskaliert, um eine Eskalation zu vermeiden? Klär mich bitte auf.
Alles in Allem bleibt:
Die britischen Städte
sollten ausradiert werden. Die deutschen Städte
wurden es. Etwas gewollt, aber nicht geschafft zu haben ist nicht verwerflicher, als etwas gewollt
und geschafft zu haben.
Die "wer-hat-angefangen"-Frage gehört wesentlich zur Frage nach der Verantwortung. Du hast in einem Deiner Beiträge die Hoffnung ausgesprochen, dass nachfolgende Generationen aus der Geschichte ihrer Vorfahren lernen. Das geht nur, wenn die Verantwortung für vergangene bedeutsame Ereignisse geklärt wird. Natürlich ist ein solcher Klärungsprozess schwierig. Aber er ist absolut notwendig, wenn die Verhältnisse besser werden sollen.
Das werden sie ohnehin nicht, da...
Zitat:
Panzerreiter:
Es geht um - wie Du schön formuliert hast - eine zeitlose Idee. Mit Maßstäben, die man rückblickend auch auf den WK II anwendet.
und die im Fall "Hitler 1939", der glaskalr gelagert ist, versagt. Warum sollte diese Idee bei unklaren Fällen zu besseren Ergebnissen führen?
...es im Wesentlichen nur unklare Fälle gibt. Im Übrigen bin ich weder der Meinung, dass der Fall Bombenkrieg 39-45 glasklar ist (über Hitler 1939 reden wir hier nicht, netter Versuch...), noch dass meine Idee diesbezüglich versagt. Dass sie für Dich möglicherweise versagt, ist ok, das ist Dein gutes Recht. Aber für mich funtkioniert sie blendend. Für andere auch, wenngleich vielleicht nicht blendend.
Bleibt zum Schluss die Frage, weshalb
Ich selbst bewerte die Luftangriffe eher so wie die hM der deutschen Völkerrechtslehrer, aber eher aus dem Bauchgefühl heraus, dass der gezielte Luftangriff auf Zivilisten nicht rechtens sein kann.[...]
wir uns eigentlich streiten.
Aus diesem Grunde, wie auch aus meiner angemerkten Verstimmung über diverse Haarspaltereien, würde ich es jetzt auch bevorzugen, nichts mehr zu dem Thema zu sagen. Ich hatte ja vor einiger Zeit schon festgestellt, dass mein Denkansatz nebst meiner dahinterstehenden Motivation in einem akademisch-methodisch orientierten Forum wie dem Geschichtsforum eigentlich fehl am Platze ist und von daher ohnehin fast zwangsläufig missverstanden werden muss. Den Schuh zieh ich mir an. :winke: