Luftkrieg: Deutsche und alliierte Bombenangriffe auf Städte

Man sollte aber die materiellen Auswirkungen nicht übersehen, und die lassen sich wesentlich besser greifen:

(Aufzæhlung)

Daher würde ich die Aussage teilen: der Krieg ist wesentlich verkürzt worden.

Dann muesste man aber fragen, ob der Krieg nicht noch mehr verkuerzt worden wære, wenn man statt ziviler eben nur militærische Ziele angegriffen hætte.
Die angefuehrten materiellen Auswirkungen hætte es dann zumindest auch, eher aber verstærkt gegeben.


Interessant fand ich uebrigens, als geborener Ruesselsheimer, dass die Opel-Werke, obwohl stændig bombardiert und "oberflæchlich" zerstørt, munter weiter produzierten.
Ob jetzt mit 30-40% Einschrænkung kann ich leider nicht sagen. Man wundert sich nur immer anhand der Bilder dass da UEBERHAUPT noch produziert wurde.

Gruss, muheijo
 
...Um einen alten Juristenkalauer zu bemühen:
Die Nürnberger hängen keinen, es sei denn, sie hätten ihn denn...

Ich weiss nicht ob man bei solch einem Thema unbedingt Kalauer ins Spiel bringen muss.

...Es ist auch mich unstreitig, dass der allierte Luftkrieg unmenschlich war. Aber (und dieses aber ist entscheidend) das Ziel dieses Luftkrieges war die Zerstörung des Nazi-Regimes. Und zur Erreichen dieses Ziels waren m. E. alle Mittel erlaubt...

Ich glaub es nicht :motz: Der Zweck heiligt die Mittel?

Dann hättest du bestimmt auch die Atombombe auf Berlin gutgeheissen.

Also ich komm echt nicht über deine Aussage weg, "Alle Mittel sind erlaubt..."
Mit dieser Aussage kann sich jeder reinwaschen.
Hitler wollte nur die Weltherrschaft erlangen - müssen wir diesem Scheusal jetzt auch alle Mittel zugestehen? Hoffentlich nicht.

Krieg ist grausam - Krieg ist gefährlich - Krieg gegen Rüstungs und Versorgungsindustrie ist verständlich - Krieg gegen Zivilisten ist und bleibt Völkermord , egal unter welchen Vorraussetzungen und egal von welcher Seite.

Kommisch, so in der Art hab ich das letztens noch in einer PN geschrieben ;)
Das Thema zieht sich anscheinend derzeit durch das Forum.
 
Interessant fand ich uebrigens, als geborener Ruesselsheimer, dass die Opel-Werke, obwohl stændig bombardiert und "oberflæchlich" zerstørt, munter weiter produzierten.
Ob jetzt mit 30-40% Einschrænkung kann ich leider nicht sagen. Man wundert sich nur immer anhand der Bilder dass da UEBERHAUPT noch produziert wurde.

Gruss, muheijo

Das Opel-LKW-Werk in Brandenburg, damals modernste und größte LKW-Produktions-Stätte Europas dagegen, wurde Frühsommer 44 kpl. platt gemacht.
Dort war dann wirklich keine Produktion mehr möglich.

Sie konnten, wenn sie wollten.
Und das Werk in der künftigen Sowjetzone lag.

OT: Als Balsam für die Seele der Opelianer: ab da musste DB in Mannheim den Opel-Blitz bauen, da er so sehr viel besser war, als der gleichgroße DB-LKW
 
Man sollte aber die materiellen Auswirkungen nicht übersehen, und die lassen sich wesentlich besser greifen:
Daher würde ich die Aussage teilen: der Krieg ist wesentlich verkürzt worden. Und dieses würde ich auch schon für die Ressourcenbindung 1943 so sehen, da ab 1942 die Bindungswirkung aufgrund der erwarteten alliierten Luftschläge tatsächlich eintrat: die Speerschen Äußerungen für die Ist-Produktion 1943/44 hatten nämlich einen entsprechenden industriellen Vorlauf, die Diversionswirkung trat wesentlich früher ein, als die Ausstoßzahlen etc. abbilden.


Das ist mit Sicherheit so.

ABER:
Weiter oben habe ich den Präzisionsangriff auf OPEL-LKW Brandenburg erwähnt. Ähnliche Angriffe auf die Hydrierwerke und weitere Schlüsselindustrien, Kugellager usw. usf., das Eisenbahnnetz zB hätten den Krieg wesentlich schneller mit wesentlich weniger Toten beendet.
Und alles konform mit dem Völkerrecht.
 
...Das Opel-LKW-Werk in Brandenburg, damals modernste und größte LKW-Produktions-Stätte Europas dagegen, wurde Frühsommer 44 kpl. platt gemacht. Dort war dann wirklich keine Produktion mehr möglich...

Wurde das wirklich komplett platt gemacht?
Ich habe folgendes gefunden:

Am 6. August 1944 wurden durch einen gezielten britischen Luftangriff die Hälfte der Werksgebäude und 20 % der Maschinen vernichtet. Bei Kriegsende wäre eine Wiederaufnahme der Produktion möglich gewesen.
Quelle: leider nur Wiki

Die Anlagen in Rüsselsheim sollen jedoch fast gänzlich zerstört worden sein.
Mir schwebt das eine Größenordnung von 75% vor. Aber diese Zahl möchte ich nicht beschwören - mir ist halt so das ich das irgendwo, irgendwann mal gelesen habe.

Der verbleibende Rest aus Rüsselsheim und Brandenburg wurde dann Richtung Sowjetunion gebracht.

Das ganze ändert jetzt aber eigentlich nichts an deiner Aussage. ;)
 
Das ist mit Sicherheit so.

ABER:
Weiter oben habe ich den Präzisionsangriff auf OPEL-LKW Brandenburg erwähnt. Ähnliche Angriffe auf die Hydrierwerke und weitere Schlüsselindustrien, Kugellager usw. usf., das Eisenbahnnetz zB hätten den Krieg wesentlich schneller mit wesentlich weniger Toten beendet.
Und alles konform mit dem Völkerrecht.


Schon Milch hat am 22.April 1943 ausgeführt, das "die Hydrierwerke sind das Schlimmste, was uns treffen kann; damit steht und fällt die Möglichkeit der ganzen Kriegführung." Erst am 12.Mai 1944 griffen dann die amerikanischen Bomber die Hydrierwerke in Leuna,Böhlen, Brüx Lützkendorf und Zeitz an. Es wurden dann Ende Mai 44 nochmals Angriffe auf die Hydrierwerke Magdeburg, Lützkendorf, Merseburg,Ruhland, Pöllitz und Zeitz.

Die Folgen waren gravierend und machten sich schon kurze Zeit später beim Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte fatal bemerkbar. Man hat in der Folge dann versucht die Hydrieranlangen unterirdisch unterzubringen.
 
Wurden denn auch aus den anderen Besatzungszonen Industrieanlagen als Reparationsmaterial an die SU gelieferrt? Ich dachte immer die haben nur ihre "eigene" ausgeschlachtet.


Es gab eine Vereinbarung zwischen den Alliierten. Die Sowjets bekamen aus den westlichen Zonen industrielle Güter (Demontagen) und im Gegenzug verpflichteten sich die Sowjets aus "ihrer" Zone landwirtschaftliche Produkte wie beispielsweise Kartoffeln zu liefern. Da die Sowjets ihren Teil der Abmachung wenig bis gar nicht erfüllten, wurden auch der Abtransport von Demonstagen in Richtung Osten gestoppt.
 
Wurden denn auch aus den anderen Besatzungszonen Industrieanlagen als Reparationsmaterial an die SU gelieferrt? Ich dachte immer die haben nur ihre "eigene" ausgeschlachtet.

Anfangs meines Wissens ja. Konkrete Beispiele weiß ich nicht aus der Hand, könnte ich aber heraussuchen.
Es wurden ja auch kpl. Stahlwerke zB nach Jugoslawien geliefert usw.

Intention war ja die Absenkung auf Vorkriegsniveau.
 
@Repo: Anfangs meines Wissens ja.
Das ist mir wirklich neu, ohne dass ich es bezweifeln will. In der DDR hieß es immer, die Sowjets hätten sich in der eigenen Besatzungszone bedient.

OT an/: Es kursierten Geschichten, dass Telefone mit der Schaufel verladen wurden. Mein Urgroßvater als Lokführer durfte dann diese Reparationszüge quer durch Polen bis Brest fahren. Es kam vor, dass diese von Polen gestürmt wurden, die sich dann erstmal selbst bedienten - inkl. Uropas Taschenuhr. :/OT aus.
 
Wie ich ja schon oben #28 geschrieben habe, gab es eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Alliierten. Dies war das Abkommen von Potsdam.

Dort wurde u.a. auch festgelegt, das die Westmächte ihren Reparationsbedarf aus ihren Zonen zu decken haben. Die Sowjetunion sollte 10% der industriellen Ausrüstung der Westzonen erhalten und zwar bis auf 15% kostenlos. Für diese restlichen 15% waren Lieferungen in Form von Nahrungsmitteln, in erster Linie Kartoffeln, zu leisten. (1)



(1) Eschenburg, Jahre der Besatzung, S.48, Stuttgart 1983
 
Zuletzt bearbeitet:
Ähnliche Angriffe auf die Hydrierwerke und weitere Schlüsselindustrien, Kugellager usw. usf., das Eisenbahnnetz zB hätten den Krieg wesentlich schneller mit wesentlich weniger Toten beendet.
Und alles konform mit dem Völkerrecht.

Die USAAF versuchte bereits im Spätsommer 1943 die kriegswichtigen deutschen Schlüsselindustrien auszuschalten. Zu einiger Berühmtheit kam dabei die Operation Double Strike; die Angriffe auf das Zentrum der Kugellagerindustrie in Schweinfurt und die Messerschmidt-Werke in Regensburg.

Zu diesem Zeitpunkt reichte die Reichweite der US-Begleitjäger noch nicht so weit in das Reichsgebiet hinein, um die Bomber die ganze Strecke zu begleiten. So waren die schweren Bomber, mit Ausnahme ihrer Bordwaffen, schutzlos den Angriffen der deutschen Jäger ausgesetzt. Diese erzielten bei der Opertion Double Strike auch große Erfolge, indem es der Luftwaffe gelang 60 B-17 bei nur 25 eigenen Verlusten abzuschießen. Weitere 176 Maschinen wurden beschädigt, dabei einige so schwer, dass sie nach der glücklichen Landung verschrottet werden mussten. Die meisten Abschüsse gingen dabei auf das Konto der Jagdflieger, während die Flak zahlreiche Bomber beschädigte.

Am 14. Oktober griff die 8. US-Luftflotte erneut Schweinfurt an, mit dem gleichen verheerenden Ergebnis. Von den angreifenden Fliegenden Festungen wurden 77 abgeschossen und weitere 121 Maschinen so schwer beschädigt, dass sie danach aus dem aktiven Dienst genommen werden mussten.

Die Angriffe auf die Ölfelder von Ploesti brachten den B-24 Liberators ähnlich schwere Verluste bei.

In Folge dieser verlustreichen Angriffe stellte die USAAF ihre Präzisionsangriffe im Hinterland ein, bis die entsprechenden Langstreckenjäger verfügbar wurden. Man hatte also versucht die deutschen Schlüsselindustrie frühzeitig auszuschalten, musste diese Konzept aber vorerst aufgrunde der immensen Verluste aufgeben, bis ein wirksamer Schutz für die Bomberverbände möglich wurde.

Bei der Operation Double Strike konnten übrigen beeindruckende Ergebnisse erzielt werden. Die Messerschmidt-Werke konnten drei Wochen lang kein einziges Flugzeug ausliefern. Allerdings waren im Dezember die Produktionszahlen des Juli wieder erreicht. Auch die Kugellagerindustrie in Schweinfurt wurde schwer getroffen. Speer schaffte es aber die Auswirkungen auf die Rüstungsindustrie, auch mithilfe von Importen aus der Schweiz und Schweden zu minimieren.
 
Die USAAF versuchte bereits im Spätsommer 1943 die kriegswichtigen deutschen Schlüsselindustrien auszuschalten.

Völlig richtig,

es ist hier scharf nach den Zeiträumen zu trennen, für die auch Präzisionsangriffe diskutiert werden. Die 1943er Erfahrungen waren zunächst für die alliierten strategischen Luftstreitkräfte eine Ernüchterung. Bis 1943 gingen die wesentlichen Wirkungen (auch die oben beschriebenen rüstungsseitigen) vorwiegend von der RAF aus. Ab Februar 1944 wendete sich das Blatt: die Tagesangriffe richteten sich gegen die Jäger- und Treibstoffproduktion. Präzisionsangriffe vom Sommer 1944 (noch dazu Sonderfälle von Schönwetterangriffen, bei durchschnittlich weit schlechteren Wolkenverhältnissen in Mitteleuropa) nach der Invasion sind nicht mit der Lage vom Sommer 1943 vergleichbar.

Für die Nachtangriffe der RAF lagen die Veränderungen der Angriffsziele ab 1942 in der Navigation (OBOE/H2S etc.).
 
Völlig richtig,

es ist hier scharf nach den Zeiträumen zu trennen, für die auch Präzisionsangriffe diskutiert werden. .


Moment bitte,
die Verluste, ihr habt hier Schweinfurth mit Kugelfischer beschrieben, sind ja unabhängig vom Ziel.
Die sind eingetreten, weil es keine Begleitjäger gab.
Keineswegs weil die Kugellagerindustrie besonders geschützt worden war.

Die Ressourcenbindung ist immer die selbe, ob man die Industrie oder die Wohnviertel schützen muss, man braucht Jäger, man braucht Flakbatterien.

Kein nachvollziehbarer Grund für "Innenstadt-Bombardierung".
 
Hallo Repo,

Mir ging es nicht um Verlustziffern, sondern um Zeiträume und um den Unterschied von Tag- und Nachtbombardierungen.
 
Ich glaub es nicht :motz: Der Zweck heiligt die Mittel?

Dann hättest du bestimmt auch die Atombombe auf Berlin gutgeheissen.
Hierzu ein kleiner Kommentar, denn das ist wohl einer der entscheidendsten Punkte an der Diskussion über den Bombenkrieg. Ist jedes Mittel recht, um einen Unrechtsstaat zu vernichten?
Ich mach dazu mal einen neuen Thread auf. :winke:
 
Der verbleibende Rest aus Rüsselsheim und Brandenburg wurde dann Richtung Sowjetunion gebracht.

Das stimmt so, der Vorkriegs-Kadett wurde dann ausschließlich in Rußland gebaut. Mit den Rüsselsheimer Maschinen und Einrichtungen.
Bei Opel gab es erst wieder einen Kadett, als Ende der 50er das Bochumer Werk gebaut wurde.
 
Und mir lediglich um die Feststellung, dass die gezielte Bombardierung der Zivilbevölkerung in jeder Hinsicht kontra war.

Moralisch hast Du mit dem "kontra" sicher recht,

völkerrechtlich gab es mE keine Schutz, sondern zu Beginn lediglich die gegenseitige Zurückhaltung.

Vom moralischen Standpunkt würde ich im Weiteren keinen Unterschied zwischen der Wirtschaftsblockade und den Bombardierungen sehen. Beides trifft die Zivilbevölkerung.

Bei der moralischen Debatte sollte schließlich berücksichtigen, dass Kriegsrechtsregelungen aus Sicht der Vertragsparteien nicht dazu dienen sollten, den Krieg "humaner" zu gestalten bzw. ihm "das barbarische" zu nehmen. Es ging dabei - ganz nüchtern und ohne Emotion, nicht zynisch gemeint - vorwiegend um politische Aspekte, die Führbarkeit und der kalkulierte Schadensminimierung. Das Scheitern der Luftkriegsordnung 1923 ist ein plastisches Beispiel dafür, obgleich man hier bereits Schreckenszenarien vor Augen hatte.


Bis zum Juli 1944 sehe ich diese Form des Bombenkriegs gegen Deutschland auch - wie dargestellt - als wichtigstes Element der Allierten an, mit entscheidend für die Niederlage, die faktisch im Juli 1944 besiegelt war und nach BAGRATION und vor LÜTTICH eine kapitulationsreife Lage herbeiführte (zusammen mit der Ostfront). Bei den weiteren Opfern ist der alliierte Bombenkrieg und die Zielauswahl 1945 eine Seite, die unsinnige Kriegsführung 5nach12 der deutschen Seite eine andere.
 
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