Luftkrieg: Durften Verkehrsfluzeuge abgeschossen werden?

kwschaefer

Aktives Mitglied
In den letzten zwei Monaten habe ich etwas über die geplanten Luftverbindungen zwischen Deutschland/Italien und Japan im zweiten Weltkrieg recherchiert.
Ich habe das Ergebnis hier unter in dem Strang „Der Japanflug“ hereingestellt.
Dabei bin auf ein Problem gestoßen, das ich gern hier diskutieren würde.

Es wurde vorgeschlagen, insbesondere vom japanischen Botschafter in Berlin, Oshima, eine solche Verbindung zivil und nicht militärisch zu organisieren, um hinsichtlich des Überfluges über sowjetisches Gebiet rechtlich auf der sicheren Seite zu liegen.
Premierminister Tojo lehnte den Vorschlag strikt ab mit dem Hinweis, dass es in dieser Frage keine anerkannten völkerrechtlichen Grundsätze gebe.
Das führte mich zu der Überlegung, wie eigentlich die Stellung von Verkehrsflugzeugen im zweiten Weltkrieg war. Durften Verkehrsflugzeuge oder Frachtfluzeuge gegnerischer Staaten abgeschossen werden? Wie waren die Überflugrechte?
Aus der Zeit zwischen Weltkriegen habe ich nichts darüber gefunden, dass je ein Verkehrsflugzeug abgeschossen worden wäre. Die sowjetische Luftwaffe schoss jedoch im Juni 1940 am Tag vor dem Überfall auf Estland die Morgenmaschine der finnischen Airline AERO von Tallinn nach Helsinki ab, eine Ju 52 mit 10 Passagieren an Bord.

Die Lufthansa hat während des ganzen Krieges ein recht umfangreiches Netz betrieben. Die letzten dokumentierten Linienflüge fanden am 4. Mai 1945 mit Ju 52 und FW 200 statt, zwischen Flensburg bzw Aalborg und Oslo. Den letzten Flug nach und von Danzig führte die Lufthansa im März 1945 aus. Nach Spanien flog die Lufthansa noch bis in den April 1945. Am 6. April 1945 flog die Ju 290 D-AITR nach Barcelona, konnte nach einer Bruchlandung allerdings nicht mehr zurück. Am 12. April 1945 flog die FW 200 D-ASHH nach Barcelona und von da über Mailand und München nach Berlin zurück.

Die Flugzeuge flogen mit grauer Bemalung und zivilen Kennzeichen. Man muss doch wohl davon ausgehen, dass Lufthansa-Flugzeuge auch in Gebieten flogen, in denen militärische Bedrohungen nicht selten waren. An Verlusten durch Abschuss habe ich konkret nur die FW 200 D-ARHW gefunden, die am 29.11.1944 auf dem Linienflug nach Stockholm bei Falsterbro abgeschossen wurde.

Die britische BOAC operierte ebenfalls ein großes Netz, nahezu weltweit.. Von 1940 bis Kriegsende sogar einen Kurierdienst England-Schweden über norwegisches Territorium, zunächst mit Lockheed 14, einem 14-sitzigen Verkehrsflugzeug, von Februar 1943 bis November 1944 mit De Havilland Mosquito, danach mit DC 3. Lockheed 14 und DC 3 müssten eigentlich eine leichte Beute für deutsche Jagdflugzeuge gewesen sein, über Abschüsse ist aber nichts zu finden. Dabei diente der Dienst nicht nur der Postbeförderung; die Flugzeuge brachten Kugellager für die britische Rüstungsindustrie zurück und transportierten auch Personen, etwa den dänischen Kernphysiker Niels Bohr.
Die Flugzeuge der BOAC trugen in der Regel zivile Kennzeichen und Tarnbemalung. Als im Mai 1943 allerdings eine Flugboot-Verbindung England-Kairo-Karachi eingerichtet wurde, erhielten die Flugzeuge und die Crews einen militärischen Status, da Gebiete passiert werden mussten, in denen militärische Kampfhandlungen stattfanden. Ich fand in britischen Quellen bezüglich Verlusten nur den Hinweis, dass eine Reihe von Flugzeugen der BOAC durch Abschuss verloren ging, allerdings nichts darüber, ob dies in Europa oder in Asien geschah.

Wie war eigentlich das Verhalten gegenüber Verkehrsflugzeugen während des Krieges und wie war ihr völkerrechtlicher Status? Durften sie abgeschossen werden? Nur über gegnerischem Territorium oder z.B. auch auf hoher See, in internationalen Gewässern? War der Überflug neutralen Luftraums ohne Landung zulässig? Oder wäre der neutrale Staat verpflichtet gewesen, die Flugzeuge zur Landung zu zwingen und bei Verweigerung abzuschießen?
Auch in Kriegsverbrecherprozessen ist dieses Thema nicht behandelt worden, und zwar wohl, weil das hier durchweg benutzte Handbuch L.Oppenheim - International Law. A Treatise hierzu nichts aussagte.

Hat jemand Informationen zu diesem Thema? Wie ist eure Meinung?
 
@ KW Schaefer: interessantes Thema, leider habe ich zu diesen Punkten noch nie etwas gehört. Vielleicht muss man sich erst mal fragen, welcher Art dieser zivile Luftverkehr war. Zumindest aus Deutschland konnte man nach Kriegsbeginn sicher nicht mehr einfach so ausreisen. Er diente also wohl dazu, ausgewählte Personen wie Spezialisten, Agenten, Botschafter, Diplomaten etc. zu befördern.
 
@ KW Schaefer: interessantes Thema, leider habe ich zu diesen Punkten noch nie etwas gehört. Vielleicht muss man sich erst mal fragen, welcher Art dieser zivile Luftverkehr war. Zumindest aus Deutschland konnte man nach Kriegsbeginn sicher nicht mehr einfach so ausreisen. Er diente also wohl dazu, ausgewählte Personen wie Spezialisten, Agenten, Botschafter, Diplomaten etc. zu befördern.

Die Lufthansa beflog Anfang März 1945 noch ein Streckennetz, das Flüge von Berlin nach Danzig, Kopenhagen, Malmö, Göteborg, Stockholm, Wisby Rönne und Oslo umfasste und über Drontheim, Bodö, Narvik bis Tromsö. Nach Süden gab es Verbindungen über Prag und Wien nach Zagreb und über München-Mailand nach Barcelona und weiter nach Madrid, Lissabon, Valencia, Sevilla bis nach Tetuan und Melilla. In den Jahren zuvor wurden auch die Balkanstaten und die Türkei bedient.
Sicher war das im Krieg kein Luftverkehr wie heute, mehrheitlich Touristen. Aber es waren wohl auch nicht nur "Spezialisten, Agenten, Botschafter, Diplomaten etc.". Vielmehr dürfte es sich überwiegend um Reisende aus der Industrie gehandelt haben.
Das Problem ist natürlich, dass man nicht weiß, ob ein solches Flugzeug zB zum Transport von Soldaten eingesetzt wird, eine Kontrolle, wie bei Schiffen, ist ja schlechterdings nicht möglich. Und der Dienst Stockholm-England zeigt, dass auch kriegswirtschaftlich sehr wichtige Produkte transportiert wurden. Eine Analogie zur Behandlung von Schiffen verbietet sich also.
Nichtsdestoweniger scheint es aber nicht üblich gewesen zu sein, Flugzeuge mit zivilen Kennzeichen generell abzuschießen, sonst müsstem die Verluste sehr viel größer gewesen sein.
 
kwschäfer:

Am 13.2.1919 wurde in Paris das Internationale Luftverkehrsabkommen abgeschlossen. Du kannst das Abkommen bei Wilhelm G. Grewe, Fontes Historiae Iuris Gentium, Band 3/2 (1815-1945), S. 1229, nachlesen. Dort findet man das Abkommen allerdings nur ausschnittsweise abgedruckt. Da keine Fundstelle im Reichsgesetzblatt angegeben wurde, könnte dies bedeuten, dass das Abkommen von Deutschland nicht unterschrieben oder ratifiziert wurde. Das müsste man noch prüfen.

Auf die Schnelle folgendes: im Pariser Abkommen (1919) wurde die staatliche Lufthoheit allgemein anerkannt, was heutzutage als rechtshistorisches Ereignis bewertet werden kann. Art. 1 zufolge hat jeder Vertragsstaat "die volle und ausschließliche Staatshoheit in bezug auf den Luftraum über seinem Gebiet".

Diese Lufthoheit wurde durch das Abkommen in seinen weiteren Bestimmungen eingeschränkt, um so den Luftverkehr zu ermöglichen. Allerdings stellte Art. 2 klar, dass die im Abkommen geregelten Überflugrechte nur "in Friedenszeiten" galten. Zudem wies Art. 38 ausdrücklich darauf hin, dass im Kriegsfalle "die Bestimmungen des Abkommens die Handlungsfreiheit der Vertragsstaaten" nicht beeinträchtigen.

Folge: im Kriegsfall lebte die Lufthoheit eines Staates uneingeschränkt von den Bestimmungen des Abkommens auf. Der einzelne Staat durfte ohne weiteres seinen Luftraum für den Luftverkehr ganz oder teilweise sperren und feindlichen Zivilflugzeugen den Überflug verbieten. Man müsste in den Archiven nach derartigen Sperr- oder Verbots-Erklärungen suchen. Ich könnte mir vorstellen, dass diese auch Ankündigungen enthielten, wie mit feindlichen Zivilflugzeugen umgegangen wird, die sich nicht an diese Verbote halten würden (Landepflicht auf dem nach der Grenze nächstgelegenen Flugplatz, Abschuss im Nichtbefolgungsfall, etc.).

Vor dem Hintergrund machte es für Fluggesellschaften eigentlich keinen Sinn, Feinflughäfen anzufliegen. Im Regelfall durfte noch nicht einmal in den Luftraum des Feindes eingedrungen werden (Spionagegefahr - Bilder aus der Luft), geschweige denn auf einem Feindflughafen gelandet werden - ausser um die eigene Maschine auf dem nach der Grenze nächstgelegenen Flugplatz vom Feind beschlagnahmen zu lassen. Das hört sich nach einem ruinösen Mechanismus an. Hinsichtlich der Flugziele der Lufthansa im Jahr 1945 hast Du nur solche genannt, die sich in diesem Jahr zumindestens noch zeitweilig in deutscher Hand befunden haben oder neutral waren - oder irre ich mich da?

Ich nehme an, dass die Fluglinien nur "sichere" Flugziele (eigene oder neutrale) anflogen und ihre Flugrouten so planten, dass man den Feind so weit wie möglich umflog unter Ausnutzung des Luftraums der Neutralen. Hin und wieder wird man dann auch auf "gut Glück" geflogen sein, um zum "sicheren" Flugziel doch noch dringen zu können.

Wenn man dennoch von feindlichen Flugzeugen "erwischt" wurde, mag noch eine kleine Hoffnung bestanden haben, nicht sofort abgeschossen zu werden. Meines Wissens unterschieden sich schon damals Zivilflugzeuge von Militärflugzeugen durch ihre Kennzeichnung. Bei Feind-"Berührung" dürfte ein ordentlich gekennzeichntes Zivilflugzeug die Chance gehabt haben als Nichtkombattant erkannt zu werden.

Auch gab es wohl damals allgemein verbreitete Zeichen, mit denen in der Luft einem angreifenden Flugzeugführer bedeutet werden konnte, dass man sich ergeben will. Bei Militärflugzeugen wurde das Pilotenkabinendach abgeworfen und mit den Tragflächen "gewunken". Ob und wie das bei Zivilflugzeugen funktionierte, ist mir leider nicht bekannt. Da ein "Ergeben" so funktionierte, dass man den nächstgelegenen Flugplatz des Feindes anflog, dürften Zivilmaschinen, die den deutschen Luftraum überflogen und dabei "erwischt" wurden, gefährdeter gewesen sein, als Zivilflugzeuge, die sich in den Luftraum des Feindes verirrten und nur noch wenige Minuten zum nächstgelegenen Feindflugplatz zu fliegen hatten (was eine rein praktische Überlegung meinerseits ist).
 
Es gab damals, wie heute, internationale Luftstraßen, in dem Zusammenhang natürlich nur die interessant von und in neutrale Länder. Flugzeuge mit neutralen und/oder zivilen Kennzeichen, die sich an diese Luftstraßen hielten, hatten wohl nichts zu befürchten. Wie dies genau gehandhabt wurde, (Identifikation, Funkfeuer usw.) weiß ich jetzt nicht, muss mal nachschauen.

Mein Bruder (Flakhelfer) erzählte, wie sie im Sommer 44 eine zivile FW 200 beschossen, nicht trafen, die außerhalb der Luftstraße über den Bodensee flog. (Angeblich hätte sie Cognac für das "Führerhauptquartier" aus La Rochelle gebracht. und das wo der "Führer" doch weder soff noch rauchte, immer gefährlich solche Typen)

Ciano mit Ehefrau sass doch im Flugzeug nach Barcelona, das wegen "Bodennebel" dann nach Deutschland ausweichen "musste".

Grüsse Repo
 
Ich habe jetzt noch einmal die tatsächliche Handhabung der kriegführenden Mächte gegenüber Verkehrsflugzeugen recherchiert.

1. Die Japaner schossen ziemlich regelmäßig Verkehrsflugzeuge der CNAC - China National Aviation Corporation ab. Beim Angriff auf Niederländisch-Ostindien wurden auch mehrere Flugzeuge der KNILM Netherlands East Indies KLM und Flugzeuge und Flugboote der BOAC abgeschossen. Schon 1940 hatten die Japaner eine Dewoitine der Air France F-ARTD über dem Golf von Tonking abgeschossen.

2. Die Italiener schossen am 27.11.1940 eine Farman F-224 der Air France F-.
AROA über dem Mittelmeer ab

3. Die Deutsche Luftwaffe schoss am 3.6.1941 eine De Havilland Dragon der Great Western and Southern Air Lines G-ACPY über dem Atlantik ab und am 1. Juni 1943 eine DC 3 der BOAC (nach anderen Quellen der KLM) mit 13 Passagieren auf dem Linienflug von Lissabon nach London über der Biscaya . Das Flugzeug soll laut der Database der www.flightsafety.org gezielt von 8 Ju 88-Nachtjägern abgefangen worden sein, weil angeblich Churchill an Bord sein sollte. Unglaubwürdig, wäre wohl kaum mit Linien-DC 3 geflogen. Aber Leslie Howard, der Ashley Wilkes aus „Vom Winde verweht“ war an Bord.
Am 13. 8.1943 wurde eine schwedische DC 3 der AB Aerotransport
SE-BAF über der Nordsee abgeschossen, am 22.10.1943 eine andere, SE-
BAP, vor der schwedischen Küste.

4. Die Briten schossen am 13.8.1942 das Air-France Flugboot Liore et Olivier H-
246 F-AREJ bei Algier ab und die FW 200 der Lufthansa am 23.11.1944 bei
Falsterbro. .

Das ist keine vollständige Liste, man findet in vielen Quellen einzelne Angaben, zeigt aber, dass wohl alle kriegführenden Mächte nicht zögerten, Verkehrsflugzeuge abzuschießen, unter Umständen auch solche nicht kriegführender Staaten.
Das war wohl auch der Grund für die Tarnbemalung der Verkehrsflugzeuge und den Einsatz der Mosquito durch BOAC auf der über Norwegen führenden Linie Stockholm-England, obwohl in Norwegen nur wenige deutsche Jagdflugzeuge und keine Nachtjäger lagen.

Am Boden angetroffene Verkehrsflugzeuge wurden generell zerstört.

Eine bewaffnete Neutralität mit aktivem Schutz des eigenen Luftraums hat wohl nur die Schweiz zeitweise betrieben. Während des deutschen Angriffs auf Frankreich kam es in den ersten Wochen zu zahlreichen Luftkämpfen mit deutschen Flugzeugen über dem Schweizer Jura mit Verlusten auf beiden Seiten. Auf deutschen Druck verbot General Guisan am 20. Juni 1940 Luftkämpfe und befahl den Schutz des Luftraums nur durch Flak, was recht wirkungslos war, da die Schweiz nur über wenige Flakgeschütze 7,5 cm verfügte, die hochfliegende Bomber nicht erreichen konnten. Unter diesen Umständen wurde die Schweiz ein beliebter Anflugraum für Angriffe auf Friedrichshafen und ein beliebter Landeplatz für beschädigte oder verirrte Bomber. 1945 standen in Dübendorf über 100 Bomber.
Der Überflug über die Schweiz war risikoarm. Nur 1944 wurde einmal, schon in Sichtweite von Dübendorf, eine Liberator über dem Greifensee von begleitenden Schweizer Dewoitine-Jägern abgeschossen, weil ein Bordschütze auf sie das Feuer eröffnet hatte.

Über die völkerrechtliche Seite muss ich noch etwas recherchieren
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber insgesamt scheinen neutrale Verkehrsflugzeuge doch in Ruhe gelassen worden sein. Ein ziviler Luftverkehr wäre ansonsten ja überhaupt nicht möglich gewesen.

Die Identifikation wird aber mit Sicherheit ein Problem gewesen sein. Es sind ja z. b. etliche Luftkämpfe zwischen US- und SU-Jägern 44/45 über der CSR beobachtet worden.

Der Luftraum der Schweiz ist ein besonderes Thema, ich erinnere nur mal an die versehentlichen Luftangriffe auf Schaffhausen und Basel.

Grüße Repo
 
Noch ein kleiner Nachtrag:

29. September 1939 Douglas DC-3 PH-ASM der KLM über Nordsee durch deutsche Jäger
18, Dezember 1939 Junkers JU-52 M-CABA der Iberia südlich Gibraltar durch britische Flak
17.April 1944 Junkers JU-52/3m D-AOCA der Lufthansa bei Belgrad durch US-Jäger
2.September 1944 Junkers JU52/3m D-AUAW der Lufthansa bei Belgrad durch US- Jäger
27. September 1944 Focke-Wulf FW 200 D-AMHL der Lufthansa bei Dijon durch britischen Nachtjäger
17. Oktober 1944 Junkers JU-52/3m D-ASHE der Lufthansa über Ungarn durch britische Mosquitos

Die Zahl der von Japanern abgeschossenen chinesischen Verkehrsflugzeuge ist so hoch, dass man sie hier nicht im einzelnen aufführen kann.
 
Neben deutschen und britischen Luftlinien flogen im europäischen Kriegsgebiet:

AB Aerotransport Stockholm-Berlin bis Frühjahr 1945. Kurierlinie Stockholm-London ab Mai 1942. Nach Abschuss zweier DC-3 1943 durch deutsche Jäger Verhandlungen mit den kriegführenden Mächten über freies Geleit. Nach weiterem deutschen Angriff –ohne Verlust- Umstellung auf Boeing B-17 (Fliegende Festung) ohne Bewaffnung und notdürftig für Passagiertransport umgebaut. Es handelte sich um 7 nach Schweden ausgewichene amerikanische Bomber, die die USA an Schweden für 1 Dollar und die Freilassung der Besatzungen aus der Internierung verkauften.

Aero OY (Finnland) ab November 1941 Helsinki-Tallinn-Riga-Kaunas und ab 1943 Helsinki-Berlin. Betrieb eingestellt im September 1944

Air France Inlanddienste im unbesetzten Frankreich bis zur deutschen Besetzung. Dienste in Algerien und Marokko.

Ala Littoria wurde in die Regia Aeronautica integriert. In Italien flog nur die zu Fiat gehörende Avio Linee Italiane sporadische Dienst nach Deutschland.

Iberia nach Mallorca und den Kanarischen Inseln über Marokko. Ein Verlust durch britische Flak.

KLM bis Mai 1940 Amsterdam- London. Ein Verlust durch deutsche Jäger 1939
Danach bis Kriegsende Bristol-Lissabon und Bristol-Gibraltar

Swissair ab 1941 Zürich-Stuttgart-Berlin und Zürich-München.
Ab 1943 nur noch bis Stuttgart. !944 Betrieb eingestellt, nachdem eine DC-3 in Stuttgart durch alliierte Flieger am Boden zerstört.
 
Versucht man das Verhalten der kriegführenden Staaten gegenüber Verkehrsflugzeugen gegnerischer oder neutraler Staaten zu systematisieren, so kann man folgende Fälle unterscheiden:

1. Verkehrsflugzeuge feindlicher Staaten wurden über vom Feind kontrollierten und über eigenem Territorium sowie über hoher See abgeschossen von Kampfflugzeugen Deutschlands, Großbritanniens, Japans und der USA. Ob dies immer der Fall war, wenn die Möglichkeit dazu bestand, muss offen bleiben. In Ostasien scheint es der Regelfall gewesen zu sein. Die Kurierverbindung der BOAC zwischen Stockholm und Prestwick/Schottland muss von Deutschland allerdings wohl stillschweigend geduldet worden sein, obwohl sicher bekannt war, dass diese Verbindung in Großbritannien allgemein „ball-bearing-connection“ genannt wurde wegen der von den Flugzeugen aus Schweden importierten Präzisionskugellager..
Auch die Lufthansa-Flüge nach Spanien waren spätestens ab der Landung der Alliierten in Südfrankreich eigentlich nur mit einer gewissen Duldung der Gegenseite aufrecht zu erhalten.

2. Verkehrsflugzeuge neutraler Staaten wurden über hoher See abgeschossen von Kampfflugzeugen Deutschlands, Großbritanniens und Japans. Dies scheint aber nicht regelmäßig der Fall gewesen zu sein. Teilweise, wie etwa auf der schwedischen Kurierlinie Stockholm-London, muss eine Art Duldung durch Deutschland – trotz zweier Abschüsse- vorgelegen haben.

Dass die kriegführenden Staaten mit dem Angriff auf eigene Verkehrsflugzeuge auch rechneten erkennt man daran, dass von den Briten Tarnbemalung verwendet wurde.
Die Vergabe eines militärischen Status an Verkehrsflugzeuge und deren Besatzung, die im Bereich von Kampfgebieten operierten, deutet darauf hin, dass es Großbritannien darauf ankam, den Besatzungen einen Kombattantenstatus zu geben.
Die Flugzeuge der Lufthansa trugen keine Tarnbemalung sondern waren dunkelgrau bemalt, Das deutet darauf hin, dass die Flugzeuge häufig nachts operierten, was auch durch den Abschuss von Lufthansa-Flugzeugen durch Nachtjäger belegt wird.

Eine Ausnahme in der Art der Bemalung machten die zwischen Gibraltar bzw. Portugal und England operierenden Flugzeuge der KLM, die in einem leuchtenden Orange bemalt waren. Hierzu ist zu bedenken, dass in diesem Seegebiet sowohl die deutsche wie die britische Luftwaffe operierten, dass also die Bemalung auch dafür sorgen musste, dass kein Angriff durch britische Flugzeuge erfolgte. Die deutschen Flugzeuge im Bereich des Seegebietes westlich der Iberischen Halbinsel und über der Irischen See waren in der Regel drei- bzw sechsmotorige Flugboote der Typen Blohm&Voss BV 138 und BV 222 und viermotorige Kampfflugzeuge des Typ Focke-Wulf FW 200, die zwar eine starke Abwehrbewaffnung trugen, aber für den aktiven Angriff auf feindliche Flugzeuge nicht eingerichtet waren. Diese Fernaufklärer und Kampfflugzeuge des Fliegerführers Atlantik aus Biscarosse bzw Mont-de-Marsan dürften die Flugzeuge der KLM öfter zu Gesicht bekommen aber nicht angegriffen haben. Dass dies nicht grundsätzlich unmöglich gewesen wäre, zeigt der Abschuss einer PB4Y Liberator, eines viermotorigen Bombers auf dem Überführungsflug aus den USA, durch ein sechsmotoriges Flugboot BV 222 am 22.Oktober 1943.

Die Verkehrsflugzeuge neutraler Staaten, die im Kriegsgebiet verkehrten, waren in der Regel sehr deutlich in ihren Landesfarben gekennzeichnet, sodass man unterstellen muss, dass deren Abschüsse nicht versehentlich erfolgt sind.

Eine völkerrechtliche Wertung des Verhaltens der kriegführenden Staaten des Zweiten Weltkrieges gegenüber gegnerischen und neutralen Verkehrsflugzeugen im Kriegsgebiet ist schwierig. Als Kriegsgebiet im Sinne des Kriegsvölkerrechts war im das Staatsgebiet der kriegführenden Staaten, das der von diesen besetzten Gebiete und die Hohe See unstreitig. Es gab zwar keine explizite völkerrechtliche Regelung diesbezüglich, aber völkergewohnheitsrechtlich war auch der Luftraum über diesen Gebieten hinzuzurechnen. Es gab jedoch keine international verbindliche Kodifikation von Luftkriegsnormen, worauf Wilhelm G. Grewe in einem Aufsatz auf den S. 117-137 des Archivs für Luftrecht 1941 hingewiesen hat.

Eine völkerrechtliche Problematik, die eine gewisse Analogie zu der Behandlung von Verkehrsflugzeugen erkennen lässt, ist 1940 aufgetreten. Die deutsche Luftwaffe setzte zur Seenotrettung zweimotorige Schwimmerflugzeuge He 59 ein, die weiß bemalt und mit großen Roten Kreuzen versehen waren. Diese Flugzeuge wurden ab Frühsommer 1940 regelmäßig von britischen Jagdflugzeugen abgeschossen. Das hatte auf Seiten der Briten den ganz pragmatischen Grund, dass sie den baldigen erneuten Einsatz aus Seenot geretteter deutscher Besatzungen in der Luftschlacht um England verhindern wollten.
Auf einen deutschen Protest hin erklärte die britische Regierung, die Verwendung des Roten Kreuzes bei militärischen Seenotrettungsflugzeugen sei völkerrechtswidrig und im übrigen würden auch Seenotrettungsflugzeuge von Einsätzen militärisch wertvolle Aufklärungsergebnisse mitbringen. Die deutsche Luftwaffe verwendete daraufhin Flugboote des Typs Dornier Do 24 mit Tarnbemalung und militärischen Kennzeichen für die Seenotrettung.

Diese Besonderheit der Möglichkeiten der Aufklärung aus der Luft auch durch Flugzeuge mit zivilen Kennzeichen dürfte die analoge Anwendung der Bestimmungen der Londoner Erklärung über das Seekriegsrecht vom 26. Februar 1909 auf den Luftkrieg ebenso unmöglich machen wie die fehlenden Möglichkeiten der Durchsuchung eines Flugzeuges und der Rettung der Besatzung vor einem Abschuss.

Damit verbleibt als völkerrechtliches Hindernis für den Abschuss von Verkehrsflugzeugen allenfalls Art. 24 der Haager Landkriegsordnung von 18. Oktober 1907, der „die meuchlerische Tötung oder Verwundung von Angehörigen des feindlichen Volkes oder Heeres“ verbietet. Auch hier ist aber durchaus nicht eindeutig, wie der Begriff „meuchlerisch“ zu interpretieren ist.

Man landet also letztlich für die kriegsvölkerrechtliche Beurteilung des Verhaltens der kriegführenden Staaten des Zweiten Weltkriegs bezüglich gegnerischen und neutralen Verkehrsflugzeugen bei der Martens’schen Klausel, die der Völkerrechtsprofessor der Universität St.Petersburg 1907 wie folgt formuliert hat:

In Fällen, die von den geschriebenen Regeln des internationalen Rechts nicht erfasst sind, verbleiben Zivilpersonen und Kombattanten unter Schutz und der Herrschaft der Grundsätze des Völkerrechts, wie sie sich aus den feststehenden Gebräuchen, aus den Grundsätzen der Menschlichkeit und aus den Forderungen des öffentlichen Gewissens ergeben.

Diese Formel ist aber so allgemein und unspezifisch, dass es auch heute keine einheitliche Meinung gibt, in welchen Zusammenhängen die Klausel angewendet werden kann und inwieweit sie Grundsatz, dass alles erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten ist, einschränkt.

So komme ich zu dem nicht befriedigenden Schluss, dass es für zivile Benutzer von Verkehrsflugzeugen in den Kriegsgebieten des Zweiten Weltkriegs einen völkerrechtlichen Schutz nicht gab,

Es wäre schon, wenn einer der hier im Forum aktiven Völkerechtskundigen zu dem Thema etwas beitragen würde.
 
Übersehen habe ich die Haager Luftkriegsregeln von 1923, in denen der Versuch einer Kodifizierung eines Luftkriegsrechts unternommen wurde. Sie wurden allerdings weder ratifiziert noch gewannen sie zwischen 1923 und 1939 den Rang von Völkergewohnheitsrecht.
Über ihre Bedeutung und ihren Sinn setzte gleich nach 1923 eine heftige Diskussion ein. In der völkerrechtlichen Literatur dieser Zeit werden sie gelegentlich erwähnt, ihr Status innerhalb des Völkerrechts wird aber immer offen gelassen.
Auch der Bezug von Artikeln der Haager Landkriegsordnung auf den Luftkrieg bzw. die analoge Anwendung auf ähnliche Sachverhalte war wohl im zweiten Weltkrieg nicht als Kriegsgewohnheitsrecht allgemein anerkannt.
 
Über den unter #6 berichteten Abschuss einer DC-3 über der Biscaya am 1. Juni 1943 gibt es jetzt einen längeren Wiki-Artikel:
BOAC Flight 777 - Wikipedia, the free encyclopedia

Einen weiteren Abschuss habe ich noch identifizieren können.
Am 3. März 1942 griffen japanische Jäger die DC-3 PK-AFV der KNILM an, die mit Flüchtlingen auf dem Flug von Soerabaja (Bandung), Niederländisch-Ostindien, nach Broome, Australien, war. Dem verwundeten Piloten gelang etwa 80 km vor Broome eine Bauchlandung des brennenden Flugzeuges im Flachwasser vor dem Strand. Bei einem nachfolgenden Angriff der Jäger auf das Wrack des Fluzgzeuges wurden mehrere Passagiere getötet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Noch eine Identifizierung:
Am 15. Februar 1942 schossen zwei polnische Piloten die Liberator AM 916 der British Overseas Airways auf dem Nonstop-Flug von Kairo nach England 5 Meilen vor Plymouth über dem Kanal ab. Es gab keine Überlebenden.
Es gab eine kriegsgerichtliche Untersuchung des Vorfalls, deren Ergebnis auf Weisung der britischen Regierung geheim gehalten wurde.
 
In dem Kolonialkrieg zwischen den Niederländern und den Indonesiern setzte sich der Abschuss von Passagierflugzeugen in Ostasien fort.

Am 27. juli 1947 schossen nach indonesischen Quellen niederländische P-40 Kittyhawk die in Indien registrierte DC-3 VT-CLA nahe Maguwo ab. Nach niederländischen Quellen versuchten die niederländischen Jäger das Flugzeug zur Landung auf einem von den Niederländern kontrollierten Flugplatz zu zwingen. Nach Warnschüssen soll das Flugzeug einen Baum berührt haben und dann gecrasht sein.

Am 28. Oktober 1948 schossen niederländische Jäger die thailändische DC-3 HS-PC 103 der Pacific Overseas Airlines nahe der Westküste Sumatras ab.

Die indonesische DC-3 RI-002 wude am 1. Oktober 1948 auf dem Flug von Tanjung Karang nach Bengkulu von einer niederländischen North American B-25 abgeschossen. Da das Flugzeug allerdings vorher schon mehrfach trotz ziviler Zulassung zum Absetzen von Fallschirmjägern verwendet worden war, ist hier zweifelhaft, ob ein Abschuss eines Passagierflugzeuges angenommen werden kann.
 
"Ziviler Luftverkehr" im 2. Weltkrieg über Ländergrenzen hinweg.
Kinders, Kinders. Es fand Krieg auf allen Ebenen statt, unter Wasser, auf Wasser, unter Tage, auf dem Land und in der Luft.
Jedes Flugzeug was abhob, hoffte seinen Bestimmungsort zu erreichen. Da halfen keine Kennzeichen oder Winken aus dem Fenster. Entweder geschafft oder abgeschossen. Es war Krieg. Versteht ihr das? Selbst in Friedenszeiten werden "zivile Maschinen" vom Himmel geholt, weil sie sich nicht identifizieren wollen (über Kamschatka und Sachalin die KAL 007 im militärisch gesperrten Luftraum der Sowjetunion 1983).
Es gab Funkverkehr, bei dem sich Flugzeuge neutraler Staaten über fremden Luftraum identifizieren konnten. Die flogen zudem nicht über Frontverläufe in fremden Luftraum ein. Warum sollte man auch ein schwedisches Flugzeug über deutschen Luftraum zu Boden krachen lassen. Das hätte die eigene Bevölkerung als erstes mitbekommen, dass die eigene "ruhmbekleckerte" Armee neutrale Flugzeuge mir nichts dir nichts vom Himmel schiesst.
 
"Ziviler Luftverkehr" im 2. Weltkrieg über Ländergrenzen hinweg.
Es war Krieg. Versteht ihr das?

Ich denke, allen Teilnehmern am Geschichtsforum ist bewußt, dass von 1939 bis 1945 der zweite Weltkrieg stattfand. Auch im Krieg gelten völkerrechtliche Grundsätze. Und auch im zweiten Weltkrieg fand Luftverkehr statt.

Es geht um die Frage, wie sich in dieser Zeit die kriegführenden Mächte gegenüber Verkehrsflugzeugen verhalten haben, wie dieses Verhalten völkerrechtlich zu beurteilen war und welchen Schutz das Völkerrecht den Passagieren von Verkehrsflugzeugen gewährte.

Seit Dezember 1944 gibt das Chicagoer Abkommen. In Annex 2: Rules of the Air zu dieser Convention on International Civil Aviation ist festgelegt, wann und wie Staaten auf die Verletzung ihres eigenen Luftraums reagieren dürfen, wobei als ultima ratio zugelassen ist, ein unberechtigt in den eigenen Luftraum eingedrungenes Flugzeug zur Landung zu zwingen

Das Abkommen bindet zwwar die Staaten, die es ratifiziert haben, aber es ist auch heute noch umstritten, ob diese Regeln inzwischen den Rang von Völkergewohnheitsrecht haben.

Trotz des Chicagoer Abkommens haben seit dem Zweiten Weltkrieg Angriffe auf Verkehrsflugzeuge stattgefunden, meist auch vorsätzlich.
Einige Beispiele sind:
29. April 1952 sowjetische Jäger greifen ein Air France Flugzeug im Berliner Korridor an. 3 verletzte Passagiere
1954 Chinesiche Jäger greifen einen Linienflug Bangkok-Hongkong der Cathay Pacific Airways an. 10 Tote Passagiere
27 Juli 1955 Bulgarische Jäger schießen ein El Al Linienflugzeug London-Tel Aviv ab. 58 Tote
21 Februar 1973 Israelische jäger schießen über der Sinai-Halbinsel einen verirrten Linienflug der Libyan Arab Airlines ab. 108 tote Passagiere.
20 April 1978 Sowjetische Jäger greifen einen Korean Airlines Linienflug Paris Seoul an. 2 tote Passagiere.
1. September 1983 Ein sowjetischer Jäger schießt den Korean Airlines Linienflug KAL 007 ab 269 Tote.
3. Juli 1988 Der amerikanische Kreuzer USS Vincennes schießt einen Iran Air Flug Teheran-Dubai ab. 290 Tote.
24. Februar 1996 Kubanische Jäger schießen über internationalen Gewässern zwei in Florida registrierte Sportflugzeuge ab. 4 Tote.

In allen diesen Fällen gab es massive internationale Proteste. Nach dem KAL 007-Zwischenfall wurde das Chicagoer Abkommen schon am 10. Mai 1984 einstimmig durch einen Artikel 3bis ergänzt, der jede bewaffnete Aktion gegen ein ziviles Flugzeug als unrechtmäßig erklärt. Dabei wird selbst die leichte Beschädigung eines Flugzeuges durch Waffeneinsatz einem Abschuss rechtlich gleichgestellt.

So viel zur Entwicklung des Thema dieses Threads seit dem 2. Weltkrieg
 
Folge: im Kriegsfall lebte die Lufthoheit eines Staates uneingeschränkt von den Bestimmungen des Abkommens auf. Der einzelne Staat durfte ohne weiteres seinen Luftraum für den Luftverkehr ganz oder teilweise sperren und feindlichen Zivilflugzeugen den Überflug verbieten. Man müsste in den Archiven nach derartigen Sperr- oder Verbots-Erklärungen suchen. Ich könnte mir vorstellen, dass diese auch Ankündigungen enthielten, wie mit feindlichen Zivilflugzeugen umgegangen wird, die sich nicht an diese Verbote halten würden (Landepflicht auf dem nach der Grenze nächstgelegenen Flugplatz, Abschuss im Nichtbefolgungsfall, etc.).

Die rechtshistorische Entwicklung zum Luftkrieg im Völkerrecht ist tatsächlich sehr diffus verlaufen.

Schon vor Beginn des Luftkriegs im Ersten Weltkrieg gab es zahlreiche Bestebungen gegen jegliche militärische Verwendung von Militärluftfahrzeugen. Eine allgemeine rechtliche Überzeugung bildete sich jedoch in der Wissenschaft und Öffentlichkeit nicht heraus.

1911 hatte das IDI auf der Madrider Tagung ein Verbot des Luftkriegs erörtert. Die Vorschläge wurden auf Betreiben Frankreichs fallen gelassen. (Oppenheim, International Law II, S. 61). Berta v. Suttner brachte 1912 eine Streitschrift heraus gegen den Einsatz von Militärflugzeugen. Fast hellseherisch wies sie auf die hohe Gefährdung der Zivilbevölkerung hin, die Grenzen zwischen Kombattant und Nichtkombattanten würden durch den Luftkrieg wahrscheinlich verwischt werden. Gleichzeitig brachten 300 britische Wissenschaftler ein Memorandum gegen den Luftkrieg heraus. Das IDI hatte jedoch bereits in Madrid die Auffassung vertreten, dass Luftkrieg erlaubt sei, "sofern er für die Zivilbevölkerung nicht höhere Gefahren" als der bisherige Land- und Seekrieg mit sich bringen würde, das V. Haager Abkommen von 1907 sei analog anwendbar.

Es folgte der Erste Weltkrieg. Man versuchte, auf den Luftkrieg die völkerrechtlichen Regelungen zum Land- und Seekrieg analog anzuwenden (ein Beispiel für viele Problemfälle: die prisenrechtliche Aufbringung von Handelsschiffen durch die Luftfahrzeuge L 23 und L40).

Die Washingtoner Konferenz 1922 enthielt dann die Erklärung zur Notwendigkeit eines Luftkriegsrechts. Die danach stattfindende Haager Konferenz sollte den Luftkrieg an sich beschränken, setzte also seine Zulässigkeit bereits implizit voraus. Da die Haager Vorschläge der Völkerrechtler im wesentlichen wiederum nur Ausprägungen der Land- und Seekriegsordnungen sowie diverse analoge Anwendungen enthielten, könnte man hier bereits eine feste völkerrechtliche Basis annehmen (obwohl es nicht zum Abschluss kam). 1929 folgte noch der deutsche Vorschlag, das Luftbombardement vollständig zu verbieten (er wurde 1932 wiederholt, Schwendemann, Abrüstung und Sicherheit, Bd. 2, S. 182ff.). Der Hoover-Plan aus 1932 folgte dem deutschen Vorschlag, im Exposee stimmte die britische Regierung dem amerikanischen Vorschlag zu. Alle Versuche waren aber letztlich zum Scheitern verurteilt: "Brauchbare Waffen werden gebraucht" (Martini, sowie Spaight, Aircraft in War, 1914).


Zum Angriff auf Zivilflugzeuge: einige Staaten regelten den Luftkrieg in eigenen Kriegsgesetzen, so dass man von einem herrschenden völkerrechtlichen Konsens ausgehen könnte; beispielhaft für viele ähnliche Regelungen hier die von Italien (ZVÖR 1939, S. 238ff.): gemäß Art. 234 waren Militärluftfahrzeuge befugt, die Streitkräfte des Gegners in der Luft, auf dem Lande und zu Wasser anzugreifen, somit quasi in alle Operationen des Land- und Seekrieges einzugreifen. Art. 234 Absatz 2 regelte die Fälle,
in denen "feindliche Privatluftfahrzeuge" angegriffen werden dürfen (etwa in Analogie zum Seekriegsrecht):
a) wenn sie das italienische Staatsgebiet überfliegen
b) der "Durchsuchung und Aufbringung" aktiven Widerstand entgegensetzen
c) trotz Verbots Signale geben
d) sich nicht an Kursanweisungen halten
e) gesetzmäßige Befehle nicht ausführen
http://www.zaoerv.de/09_1939_40/9_1939_1_a_605_619.pdf

Zusätzlich war allgemein (in allen Staaten mit kodifiziertem Kriegsrecht) wohl der Gebrauch falscher Abzeichen verboten: Giese-Menzel, Deutsches Kriegsführungsrecht, 1940, S. 100. Das wurde auch damit begründet, das ein "Flaggenwechsel" vor dem Angriff wie bei Schiffen nicht möglich sei, als völkerrechtswidrige Angriffe erfolgen würden.

Das Beispiel zeigt wiederum die Nähe der Vorstellungen zu denen des Seekrieges gegen Handelsschiffe. Bezüglich der Zivilflugzeuge ist weiterhin auf das Verbot der Angriffe gegen Nichtkombattanten verwiesen worden (der Angriff auf Zivilbevölkerung im allgemeinen ist ein spezielles rechtshistorisches Thema).

Einen guten Überblick zu den völkerrechtlichen Entwicklungen des Luftkriegs gibt schließlich Schlechte, Luftkrieg gegen den Seehandel, Forschungsstelle für Völkerrecht 1968 (aus dem hier zusammengefaßt wurde)

EDIT: die Lufthansa unterhielt mW mit kurzer Unterbrechung nach Kriegsausbruch 1939 Flugverbindungen nach Skandinavien (bis zum Kriegsende), zum Balkan, Italien, Spanien und Portugal.
 
Zuletzt bearbeitet:
Am 27. November 1940 geriet die viermotorige Farman F.2234 F-AROA "Le Verrier" der Air France südlich Sardinien in das Umfeld der Seeschlacht von Capo Teulada und wurde abgeschossen.
Es ist nicht klar, ob das Flugzeug von britischer oder italienischer Flak getroffen wurde oder von Flugzeugen des britischen Flugzeugträgers HMS Arc Royal abgeschossen wurde.
 
Es scheint wohl nach neueren Quellen so,dass die Farman F.2234 F-AROA "Le Verrier" der Air France entgegen #18 von italienischen Jägern abgeschossen wurde.
Als Passagier an Bord war der neue Hochkommissar der Vichy-Regierung für Syrien und Libanon, Jean Chiappe.
 
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