Luftkrieg: Flugzeugproduktion Großbritannien/Deutschland

Vielen Dank für das erfreuliche feedback. Über den Inhalt kann man sich später noch austauschen. Jedenfalls freut es mich (wie vermutlich auch jeden hier), wenn eingestellte links auf Interesse stoßen.

Noch eine weitere (Master-)Arbeit, die das Thema am Rand streift, aber gut dazu passt (Achtung: der Titel ist etwas reißerisch!)
Courter, Robert W.: How the Mustang Trampled the Luftwaffe: The Role of the P-51 in the Defeat of the German Air Force in World War Two
2008 Louisiana State University History
Title page for ETD etd-07022008-013657


"This thesis discusses the technical reasons why the Mustang was a superior escort and air combat fighter. The energy maneuverability analysis is used to explain how the fighter gained an air combat advantage over the principal Luftwaffe fighter aircraft. The roles of bomber escort doctrine, pilot training and aircraft production in bringing the Mustang into its position of superiority are also indicated."

Die technisch-taktischen Darstellungen sind beeindruckend, auch wenn ich sie bislang nur überflogen habe.


Und als Zugabe, da @kwschaefer dieses oben aufgegriffen hat:
Jeremy Thin: The Pre-History of Royal Air Force Area Bombing, 1917-1942
2008 University of Canterbury. History
UC Research Repository: The Pre-History of Royal Air Force Area Bombing, 1917-1942

"This thesis charts the development of area bombing in British theory and practice before its formal adoption in the Second World War, and seeks to discover where its earliest origins can be located. Area bombing was the official policy of Royal Air Force Bomber Command between 1942 and 1945 in its strategic air offensive against Germany, and involved the bombing of industrial cities with the purpose of breaking down civilian morale and disrupting the German war economy. Most historical accounts present area bombing as a gradual development in bombing policy during 1940 and 1941, forced by a lack of success in destroying precise industrial targets from the air. This was the Air Force’s stated policy during the previous two decades, but it proved impossible to implement under wartime conditions. Area bombing was thus gradually adopted by progressively broadening the definition of targets from individual installations to entire towns and cities. This thesis rejects the traditional view, arguing instead that area bombing was at the heart of British bombing policy as early as the First World War. The legacy of this saw an ‘area bombing mentality’ cemented in the strategy of the Royal Air Force during the interwar period. As it was not possible to openly advocate the bombing of civilians during the 1920s and 1930s, this was shrouded in ambiguous language and kept hidden. However, the roots of area bombing come to the surface several times between the wars, and the speed with which area bombing was adopted in 1940 and 1941 shows that they were never deeply buried. While many historians have uncovered individual details that collectively support this contention, none have traced the development of this thought across the period 1917-42. Using a selection of contemporary documents and a thorough review of the secondary literature, this work shows that far from being an improvisation forced by necessity, the adoption of area bombing was unsurprising and can be traced back to 1917."
 
Beides prima Entdeckungen, silesia!

Ich werde erst mal die von Thin lesen, denn das ist ja das gleiche Thema wie das erste Kapitel von Fahey. Dessen Rechnungen, wie viel ein toter deutscher Zivilist den britischen Steuerzahler gekostet hat interessieren mich dagegen weniger.

Für die Arbeit über die P-51 muss ich erst einmal Flugmechanik rekapitulieren, mit der ich mich schon länger nicht mehr eingehender befasst habe. Die "Conclusion" allerdings, die ich quergelesen habe und die das Thema über die Unterschiede im Manöververhalten und der Agilität zwischen Me 109, FW 190, P-46 und P-51 hinaus auf allgemeinere historische Betrachtungen ausweitet, enthält diverse Ungenauigkeiten.
 
Aus diesen Zahlen leitete die britische Regierung ab, dass es in den ersten sechs Monaten eines Krieges gegen Deutschland 600.000 Tote und 1.200.000 Verletzte allein durch deutsche Bombenangriffe geben könne und plante die Breitstellung von 2.800.000 Krankenhausbetten.

Das Unwissen und die Fehlwahrnehmung hatte in den späten dreißiger Jahren jedoch System, sicherlich auch Unfähigkeit, die allerdings strukturell bedingt war. Eine korrekte Beurteilung war glückssache. Nicht so sehr weil die Fakten fehlten, sondern vielmehr an einer kompetenten Beurteilung der Fakten, so Andrew.

In diesem Zusammenhang zitiert C. Andrew (Her Majesty`s Secret Service. New York, 1985, S. 400) Harold Macmillan:

" We thought of air warfare in 1938 rather as people think of nuclear warfare today".

Und Chamberlain ist sehr ergriffen von der Vorstellung, dass London, bei seinem Abflug nach München sieht er es von oben, bei einem drohenden Krieg in Schutt und Asche untergehen könnte.

Nicht zuletzt auch diese apokalyptische Vorstellung, auch im Kontext zu Macmillan, einer Luftbedrohung machte ihn konzessionsbereit.

Vor diesem Hintergrund ist vermutlich auch die Richtung der Entwicklung der RAF zu interpretieren wie sie in "Scheme C" und "Scheme F" (B. Collier: The Defence of the United Kingdom, S. 42) sich darstellen.

Und in dem Ausbau der Bomberwaffe als Bedrohungsinstrument im Rahmen der strategischen Luftkriegsführung weiterentwickelt worden sind (Gibbs: Grand Strategy, Vol.I, S. 589).
 
Vor diesem Hintergrund ist vermutlich auch die Richtung der Entwicklung der RAF zu interpretieren wie sie in "Scheme C" und "Scheme F" (B. Collier: The Defence of the United Kingdom, S. 42) sich darstellen.

Danke für das Zitat, weil es auf eine interessante "Kurve" verweist.

1. zum einen der Schwenk auf die Jägerproduktion
2. zum anderen die Anhebung der mittleren und leichten Bomber gegenüber den strategischen Bombern aufgrund des Kurzfristprogramms.

Diese rüstungswirtschaftlichen Implikationen des "appeasement" im weitesten Sinne haben in GB zu der Debatte geführt, wer eigentlich die Luftschlacht um England 1940 gewonnen hat (womit natürlich nicht der Ausgang gemeint ist, sondern der Vater des Erfolges). Die gerade noch rechtzeitige Umsteuerung der Rüstungsindustrie 1938/39 legte investiv die Voraussetzung für die Produktion September 1939/1941.
 
Grundsätzlich sehe ich das genauso.

Die Offensiven 1944 bzgl. Infrastruktur iwS lagen allerdings bei der US-AAF. Da müßte man in der Wirkungen noch differenzieren.

Die aber erst möglich wurden, als die Luftwaffe im Frühjahr 1944 schwer geschlagen wurde.

mhorgran hat hier mal eine Dissertation verlinkt, die ich für sehr interessant halte.
pdf-Datei 2,5MB
Der Autor sieht als Grund für die Niederlage der Luftwaffe unter anderem die Führungsstruktur des 3. Reiches, das "Führerprinzip". Was meiner Ansicht nach durchaus diskussionswürdig ist.

Als Beispiel nennt er die Mustang. Projekt von Curtiss-Wrigth als solches verkauft an North American, dort fertig entwickelt und gebaut mit dem britischen Rolls Royce Merlin Motor.
Er stellt dann die rhetorische Frage, wie das zwischen Messerschmitt und Heinkel denkbar wäre? Natürlich gar nicht.
Dann nennt er als Negativ-Beispiel die Fiat G55 wo durchaus erkannt worden wäre, dass das mit deutschen Flugmotoren ein in allen Bereichen überlegenes Jagdflugzeug gewesen wäre, aber weder in DR noch Italien hätte es Interesse daran gegeben.
 
Danke für das Zitat, weil es auf eine interessante "Kurve" verweist.

1. zum einen der Schwenk auf die Jägerproduktion
2. zum anderen die Anhebung der mittleren und leichten Bomber gegenüber den strategischen Bombern aufgrund des Kurzfristprogramms.

Diese rüstungswirtschaftlichen Implikationen des "appeasement" im weitesten Sinne haben in GB zu der Debatte geführt, wer eigentlich die Luftschlacht um England 1940 gewonnen hat (womit natürlich nicht der Ausgang gemeint ist, sondern der Vater des Erfolges). Die gerade noch rechtzeitige Umsteuerung der Rüstungsindustrie 1938/39 legte investiv die Voraussetzung für die Produktion September 1939/1941.

Die britische Jägerproduktion 1939/40 wäre laut Stilla überaus "intuitiv" gesteuert worden, was verm. zur Katastrophe geführt hätte, wenn die dt. Luftoffensive fortgeführt worden wäre, die Verantwortlichen dann im Frühjahr 41 abberufen worden wären.
 
Die britische Jägerproduktion 1939/40 wäre laut Stilla überaus "intuitiv" gesteuert worden, ...

"Intuitiv" kommt von John Slessor und bezieht sich auf die angenommene Wirkung des Bombers.
Rhetoric and Reality in Air Warfare ... - Google Bücher
Airpower: theory and practice - Google Bücher



Was Stilla dazu meint, kann offen bleiben. Mehr als Ritchie etc. auswerten konnte er auch nicht. NmE bringt Stilla - wohl aus dramaturgischen Gründen, denn sein Beritt ist die deutsche Luftwaffe - einen rudimentärer Abriss zu anderen Ländern, müßte ich aber wieder nachschlagen. Ist ein paar Jahre her, siehe hier:
http://www.geschichtsforum.de/248463-post33.html
http://www.geschichtsforum.de/389997-post189.html

Den Stand der Forschung zu diesen Fragen der britischen Luftrüstung gibt es unverändert hier originär zu lesen:
Llyod-Jones/Lewis: Alfred Herbert Ltd. And the British Machine Tool Industry, 1887-1983 (speziell Basissaten Investitionen/Maschinenwerkzeugindustrie, Stückzahlen, Steuerung)
Ritchie, Sebastian: Industry and Air Power - The Expansion of British Aircraft Production 1935-41
Postan, M. M.: British War Production
und die diversen Angaben im Thema, siehe oben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann nennt er als Negativ-Beispiel die Fiat G55 wo durchaus erkannt worden wäre, dass das mit deutschen Flugmotoren ein in allen Bereichen überlegenes Jagdflugzeug gewesen wäre, aber weder in DR noch Italien hätte es Interesse daran gegeben.

Die Italiener haben im Zweiten Weltkrieg eine Reihe von erstklassigen Jagdflugzeugen entwickelt. Dabei wurden angesichts der zu schwachen italienischen Motoren zum Teil schon vom Entwurf her deutsche Triebwerke, der 35,5 l-V12-DB-605 (wurde bei Fiat unter der Bezeichnung RA 1050 Tifone in Lizenz produziert) oder der stärkere 44.5 l-V12-DB-603 vorgesehen.

Bekannt sind die drei „Serie 05“-Jagdflugzeuge Macchi C.205, Reggiane Re.2005 und Fiat G.55, die alle auf den DB-605 als Grundtriebwerk ausgelegt waren.

Die Macchi wurde auch von den Alliierten als der P-51 ebenbürtig gewertet und laut David Monday (Axis Aircraft of WWII S. 158) soll die Luftwaffe eine Gruppe mit diesem Flugzeug ausgerüstet haben. Das Flugzeug war aber nicht sehr fertigungsfreundlich konstruiert und erforderte sehr viele Fertigungsstunden.

Die Reggiane war ebenfalls ein erstklassiger Dogfighter, der von manchen britischen Piloten als der Me 109 und der Macchi hinsichtlich Agilität und Steigvermögen überlegen gewertet wurde.

Die Fiat G.55 war von Giuseppe Gabrielli entworfen, der an der RWTH Aachen unter Theodore von Karmán promoviert hatte und dessen Nachkriegsentwurf G.91 in einigen hundert Exemplaren bei der Bundeswehr im Einsatz war.

Die G.55 war ein sehr robustes Flugzeug und nicht schwierig zu fliegen. Kurt Tank, der Chefentwickler von Focke-Wulf, hat das Flugzeug erprobt und war von seiner Qualität überzeugt.

Es gab gemeinsame deutsch-italienische Arbeitsgruppen, die ein gemeinsames Jägermuster vorbereiten sollten, nachdem eine deutsche Erprobungsmannschaft unter Oberst Petersen die G.55 als „das beste Jagdflugzeug der Achsenmächte“ bewertet hatte.

Da sie schwerer und robuster als die ebenfalls gut bewertete Regianne war, wurde sie für den Einbau des DB-603 ausgewählt und die beiden gebauten Prototypen, die G.56, zeigten hervorragende Leistungen. Dass es nicht zum Bau kam, hing meiner Kenntnis nach an dem hohem Fertigungsaufwand; die Fertigungsstunden lagen knapp doppelt so hoch wie für eine Me 109.
 
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