Männer (und Frauen) machen Geschichte

Clemens64

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Jüngst wurde in einem Artikel der Zeitschrift Econometrica statistisch nachgewiesen, dass begabte Monarchen auch erfolgreich regierten – was vielleicht nicht überrascht – und dass zu häufige Verwandtenheirat in Herrscherfamilien der Begabung der Sprösslinge und dem Regierungserfolg abträglich waren.

Ausgangspunkt der Econometrica-Studie von Sebastian Ottinger und Nico Voigtländer ist das Buch des MIT-Biologen Frederick Adam Woods aus dem Jahr 1913: The Influence of Monarchs. Es werden über 300 Herrscher der europäischen Geschichte zwischen 1200 und 1800 n.Chr. nach ihren kognitiven Fähigkeiten aufgrund zeitgenössischer Quellen in stark, mittel und schwach eingeteilt, und der Erfolg ihrer Regierung jeweils mit erfolgreich, erfolglos und mittel bewertet (unter anderem nach Kriterien wie Veränderung des Territoriums oder der städtischen Bevölkerung). Eine Regressionsanalyse ergibt dann den erwarteten Zusammenhang.



Allerdings ist zu vermuten, dass zeitgenössische Quellen dazu neigten, kognitive Fähigkeiten eher erfolgreichen Herrschern als erfolglosen zuzusprechen, unabhängig von den tatsächlichen Herrschereigenschaften. Deshalb greifen Ottinger und Voigtländer zu einem sogenannten Instrumentenansatz: Sie schätzen die Fähigkeiten der Herrscher mithilfe einer Größe, die vom Erfolg der Herrschaft unabhängig ist, und schauen, ob immer noch der Zusammenhang zwischen den geschätzten Fähigkeiten und den Herrschaftserfolgen bestehen.



Das dabei verwendete Instrument ist ein Inzucht-Parameter: Es wird auf Basis der Genealogien berechnet, wie eng die Vorfahren der Herrscher untereinander verwandt waren. Dahinter steht die Vorstellung, dass zu enge Verwandtschaft der Vorfahren den Fähigkeiten abträglich waren. Bekanntes Beispiel ist der letzte spanische Habsburgerkönig Karl II. Und tatsächlich wird ein signifikant negativer Zusammenhang zwischen dem Inzucht-Parameter und der überlieferten kognitiven Fähigkeit des Herrschers gefunden, und ebenso ein signifikant negativer Zusammenhang zwischen der mit dem Inzucht-Parameter geschätzten Herrscher-Fähigkeit und dem Herrscher-Erfolg. Der Zusammenhang ist weniger stark für spätere Jahrhunderte und für weniger autokratisch regierte Staaten.



Zuletzt eine quantitative Angabe: Ein Herrscher, dessen Inzucht-Parameter um eine Standardabweichung erhöht war, verlor im Schnitt 5% seines Territoriums und 5% von dessen städtischer Bevölkerung relativ zu einem Herrscher mit durchschnittlichem Inzucht-Parameter.
 
Demnach müssen Konstanze von Sizilien und Kaiser Heinrich IV enorm unverwandt gewesen sein, denn ihr Sprössling Friedrich II von Sizilien kann als ziemlich begabt gesehen werden.
 
Da denke ich jetzt mal an Alfons X. von Kastilien. Der hat gedichtet, der hat Bücher aus dem Arabischen übersetzen lassen (und vermutlich auch selber mitübersetzt), der hat Geschichtsquellen zu größeren Geschichtswerken kompilieren lassen (manche ältere Quellen der spanischen Geschichte sind nur dank der Kompilationen erhalten), aber politisch war er eher nicht erfolgreich. Irgendwann wurde er de facto vom Adel unter Fürhung seines Sohnes abgesetzt. Man beließ ihm zwar die Königskrone, aber de facto war er entmachtet. Im Spanischen heiß er Alfonso el Sabio, im Deutschen Alfons der Weise (er versuchte im Übrigen auch as staufischer Erbe (seine Mutter war die jüngere Beatrix von Schwaben) Kaiser dess HRR zu werden).
 
Es braucht halt statistische Methoden, um solche Zusammenhänge zu überprüfen, denn natürlich gibt es eine Vielzahl von Einflussfaktoren für den Erfolg einer Herrschaft (wobei Alfons Kastilien vielleicht trotz Entmachtung vergrößert hat?).
 
Er war an der Beteiligung Sevillas beteiligt (noch zu Lebzeiten seines Vaters, Fernando des Heiligen), und unter seiner Herrschaft würde die Region Jerez/Cádiz erobert. Im Bürgerkrieg gegen seinen Sohn traf er sich mit dem Sultan der Meriniden Abū Yūsuf Yaʿqūb b. ʿAbd al-Ḥaqq, seinem einstigen Gegner.... Ich weiß nicht mehr wo, aber irgendwo las ich mal (lass es 20 Jahre her sein) den Vorschlag, man solle Alfonso nicht den Weisen, sondern den Gelehrten nennen, da er zwar gelehrt war, aber eben politisch alles andere als weise gehandelt habe.

Mein Problem ist ein wenig, dass außer der individuellen Intelligenz, auf die hier abgehoben wird Pech und Glück genauso eine Rolle spielen, wie die Umgebung. Beneš, Składkowski oder Lebrun konnten ja nun auch nichts dafür, dass H. den Weltenbrand entfachte und dennoch gingen ihre Länder 1938 bis 40 unter. Und das gilt eben auch für mittellaterliche Herrscher.
 
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Demnach müssen Konstanze von Sizilien und Kaiser Heinrich IV enorm unverwandt gewesen sein, denn ihr Sprössling Friedrich II von Sizilien kann als ziemlich begabt gesehen werden.
Die waren bestimmt nicht nah verwandt, Konstanze stammt ja wohl aus dem Hochadel der Normandie.
Ansonsten wie gesagt: der Zusammenhang ist ein statistischer.
 
Inzestiöse Adelsheiraten lassen sich (oft, wenn auch gewiss nicht immer) als Antwort auf Krisen interpretieren. Mal war man zu isoliert, um außerhalb der weiteren Verwandtschaft zu heiraten; mal tat ein politisches Bündnis mit einem verwandten Herrscherhaus Not, ohne Rücksicht auf bestehende Blutsbande; mal herrschte Ebbe im Staatssäckel, und nur die Mitgift der Cousine konnte sie beheben. Bei den Habsburgern kommt noch der lange nicht totzukriegende Anspruch auf die Universalmonarchie hinzu, nach Karl V. eher Ballast als Wucherpfund. Insofern würde es mich überhaupt nicht wundern, wenn es eine starke Korrelation gäbe zwischen Krise und Inzucht.

Nebenbei, gibt es da nicht auch eine Studie, derzufolge es extrem unwahrscheinlich ist, dass einem erfolgreichen Monarchen ein erfolgreicher nachfolgt? War die nicht sogar auch von Ottinger?
 
Mein Problem ist ein wenig, dass außer der individuellen Intelligenz, auf die hier abgehoben wird Pech und Glück genauso eine Rolle spielen, wie die Umgebung. Beneš, Składkowski oder Lebrun konnten ja nun auch nichts dafür, dass H. den Weltenbrand entfachte und dennoch gingen ihre Länder 1938 bis 40 unter. Und das gilt eben auch für mittellaterliche Herrscher.
Bitte nichts für ungut El Quijote, aber:
Es braucht halt statistische Methoden, um solche Zusammenhänge zu überprüfen, denn natürlich gibt es eine Vielzahl von Einflussfaktoren für den Erfolg einer Herrschaft.
 
Ich geb ja zu, dass ich vom Thema rede, wie der Blinde von der Farbe.
Ich bin immer sehr für Objektivierung und da kann die Statistik wunderbare Dienste liefern ("hihi, Clemens und EQ haben Statistik gesagt, hihi! - ich warte auf's Bullshit Bingo - 3 - 2 -1 ...) - aber ich sehe hier doch (rein subjektiv) die Aussagekraft der Statistik begrenzt und sehe eben das Problem, dass Glück mit Klugheit bzw. Geschick, Pech mit Dummheit bzw. Ungeschick verwechselt wird bzw. werden könnte. Aber wie gesagt, ich rede wie ein Blinder von der Farbe.
 
Inzestiöse Adelsheiraten lassen sich (oft, wenn auch gewiss nicht immer) als Antwort auf Krisen interpretieren. Mal war man zu isoliert, um außerhalb der weiteren Verwandtschaft zu heiraten; mal tat ein politisches Bündnis mit einem verwandten Herrscherhaus Not, ohne Rücksicht auf bestehende Blutsbande; mal herrschte Ebbe im Staatssäckel, und nur die Mitgift der Cousine konnte sie beheben... Insofern würde es mich überhaupt nicht wundern, wenn es eine starke Korrelation gäbe zwischen Krise und Inzucht.
Für diese Möglichkeit kontrolliert der Artikel ebenfalls, indem er auch nur den Effekt von verdeckter Inzucht aus vergangenen Generationen ermittelt:

"..if monarchs made strategic decisions on kin marriage for reasons that were correlated with the subsequent state performance under their heir’s reign. We address this possibility by excluding the component of inbreeding that resulted from each ruler’s parents, exploiting only the hidden component of inbreeding that resulted from the complex networks of kin marriage over previous generations. This ‘hidden’ coefficient of inbreeding could only be assessed with methods in genetics that emerged in the early 20th century. We confirm our IV results based on this restrictive measure of inbreeding."
Sebastian OttingerNico Voigtländer: HISTORY’S MASTERS:THE EFFECT OF EUROPEAN MONARCHS ON STATE PERFORMANCE NBER WP 28297 und Economietricva forthcoming
 
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if monarchs made strategic decisions on kin marriage for reasons that were correlated with the subsequent state performance under their heir’s reign
Das überzeugt mich nicht, aber vielleicht unterliege ich auch einem Denkfehler. In dem betrachteten Zeitraum (1200 bis 1800) bekamen Kronen fast im Dekadentakt neue Träger. Von den 51 gekrönten englischen Königen etwa schafften nur zehn Regierungszeiten über 25 Jahre. Das sind also sehr kurze Zeiträume. Und Krisen entwickeln sich selten über kurze Zeiträume.
 
ich muss gestehen, dass mir statistische Argumente selten einleuchten und ich vermag keine Kausalitäten aus statistischen Erhebungen/Ermittlungen abzuleiten (eines meiner Defizite) - - - dennoch ein Gedankensplitter: sicherlich sind weit mehr als 80% der Noten/Töne von Chopins Etüde op.25 Nr.1 nebensächliches Füllmaterial, sicherlich machen Melodie und (!) Basslinie und notwendige Harmoniefüllung (ohne Verdopplungen) zusammen nicht einmal 10 % des Tonmaterials aus: was kann der Statistiker daraus schließen? Nichts, was Klang, Musik, Klangfarbe etc erklären würde... Und ableiten kann er aus den Zahlenverhältnissen in diesem Fall auch nichts (andere Musik hat andere Relationen)
 
Der Einwand lautet, vielleicht ist es typisch, dass ein König eine Verwandte zur Frau nimmt, weil er in einer Krise ist, und sein Sohn ist dann immer noch in der Krise und hat einen hohen Inzuchtfaktor. Deshalb betrachten die Autoren auch nur (als Robustheits-Test für ihre Ergebnisse) die Bedeutung eines Inzuchtfaktors, der sich aus Verwandtenheiraten der Vorfahren des Königs, nicht des Köngis selbst, ergibt.
Und dagegen lässt sich nach muck einwenden, dass diese Herrscherfamilie vielleicht schon lange in der Krise war und deshalb schon lange Verwandtenheiraten gesucht hat. Und bei erfolgreichen Herrscherfamilein war es dann eher umgekehrt.
Finde ich jetzt nicht so plausibel. Wurde nicht hier argumentiert, dass auf einen erfolgreichen Herrscher selten noch ein erfolgreicher folgt? Das würde doch eher für wechselne Schicksale sprechen..
Ich denke, es gibt da wahrscheinlich keine typischen Muster, was den Erfolg von Dynastien über die einzelnen Herrscher hinweg betrifft.
 
Wurde nicht hier argumentiert, dass auf einen erfolgreichen Herrscher selten noch ein erfolgreicher folgt? Das würde doch eher für wechselne Schicksale sprechen.
Das war weniger ein Argument als ein Erinnerungsfetzen, vielleicht ein bloßer Faktoid. Ich meine mich an eine Studie zu erinnern, in der vertreten wurde, dass erfolgreiche Monarchen selten erfolgreiche Nachfolger hatten. Erklärt wurde das auf zweierlei Weise, falls ich es richtig im Kopf habe.

Erstens, der Erfolg eines Monarchen erhöhte die Wahrscheinlichkeit, dass seine Nachbarn sich verbündeten, um ihn nicht zu stark werden zu lassen. Der Nachfolger hätte dann die Reaktion auf den Erfolg des Vorgängers auszubaden, regierte also unter erschwerten Bedingungen.

Das Zweite lässt sich unter dem Bonmot "good times make weak men" subsumieren. Der Erbe eines starken Monarchen bekam alles auf dem Silbertablett serviert, er hatte weniger Gelegenheiten, den Umgang mit Krisen zu erlernen.

Um damit freilich zu argumentieren, müsste ich erst mal herausfinden, ob ich das alles richtig erinnere.
Und ob eine kompatible Definition von "Erfolg" zugrunde lag.
Ich denke, es gibt da wahrscheinlich keine typischen Muster, was den Erfolg von Dynastien über die einzelnen Herrscher hinweg betrifft.
Vielleicht sollte man das Pferd ausnahmsweise von hinten aufzäumen? Was führt denn zu Inzuchtverbindungen im Adel? Die eigene Cousine oder Nichte zu heiraten, unterlag ja durchaus einem Tabu (3. Mose 18), das Klerus und öffentliche Meinung auch durchaus hochhielten.

(In diesem Zusammenhang wundere ich mich übrigens über den Betrachtungszeitraum von immerhin 600 Jahren, denn im Hochmittelalter – unter dem Supremat der Kirche und dem Eindruck der feudalen Konsensherrschaft – dürften solche Ehen wesentlich seltener gewesen sein als im Zeitalter des Absolutismus. Andere Voraussetzungen also.)

Zunächst, wie schon erwähnt:
  • Akute politische Interessen (Erreichung eines Bündnisses ohne Rücksicht auf Blutsverwandtschaft)
  • Akute wirtschaftliche Interessen (Mitgift)
  • Standesdünkel (Infragekommen nur weniger Ehepartner)
Weitere denkbare Gründe:
  • Konfessionelle Vorbehalte reduzieren den Heiratskreis
  • Bestreben, den Verlust von Territorien im Erbgang zu verhindern
Es ging mithin darum, Vorteile zu erlangen, die die Nachteile überwogen. Lässt sich nicht also behaupten, dass Inzuchtehen grundsätzlich eine Reaktion auf politische Krisen sind, oder zumindest auf problematische Umstände?

Selbst Standesdünkel sind ja ein Ausdruck von problematischen Umständen. Wenn z.B. mein Status von niemandem infrage gestellt wird, brauche ich auch keinen Wert auf Äußerlichkeiten zu legen. Dann kann ich auch eine Grafen- oder eine Bäckerstochter heiraten.
 
Eigentlich müsste sich mit dem Datenmaterial einfach überprüfen lassen, ob weniger erfolgreiche Herrscher für ihre Kinder eher Verwandtenheiraten arrangierten.
Meine Vermutung: Die Umstände waren immer und für fast jeden Herrscher problematisch, auch etwa für die super erfolgreichen Habsburger.
 
Es stellt sich mir auch die Frage, ob die Erfolgsparameter der Autoren wirklich gut gewählt sind. Hast Du die Studie zur Hand, @Clemens64, bzw. kennst Du Parameter insgesamt? Einzeln betrachtet erscheinen mir die bisher zitierten eher schwach.

Territoriale Veränderungen? Gerade in der ersten Hälfte des Betrachtungszeitraums dürften alle Angaben zu Veränderungen doch eher auf Mutmaßungen beruhen. Die Außengrenzen des Alten Reiches z.B. waren bis 1648 überwiegend nicht fixiert. Lassen sich territoriale Zuwächse und Verluste da hinreichend quantifizieren? Und lassen sie sich auch qualifizieren? Wenn bspw. ein Monarch ein großes ländliches Territorium gegen ein paar einträgliche Silberminen tauschte, wäre er dann nach den Maßstäben der Studie erfolgreich oder erfolglos gewesen?

Veränderung der Stadtbevölkerung? War Englands dritter Eduard ein erfolgloser König, weil die Pest während seiner Regierungszeit London entvölkerte?

Wie definiert man erfolgreiches Regieren in einer Epoche, in der Herrscher und Staat praktisch identisch sind?

Interessantes Thema.
 
Auch hier geht es nicht um den Einzelfall. Es wird natürlich Ausnahmen geben, aber in der Regel sind Zuwachs an Territorium oder Einwohnerzahl wohl schon plausible Erfolgsindikatoren. Ein Dritter Indikator ist eine Bewertung, die Woods 1913 selbst angefertigt hat. Die Berechnungen werden jeweils für jeden Indikator einzeln durchgeführt, was auch ein Robustheitstest ist.

Die Territoriumsgrößen wurden entnommen aus: Abramson 2017: The economic origins of the territoriale state. International Organization 71
(kenne ich nicht)
 
Frederick Adam Woods 1913: The Influence of monarchs
Woods hat wohl geschaut, ob die Quellen die Herrscher für schlau gehalten haben.
 
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Zuletzt eine quantitative Angabe: Ein Herrscher, dessen Inzucht-Parameter um eine Standardabweichung erhöht war, verlor im Schnitt 5% seines Territoriums und 5% von dessen städtischer Bevölkerung relativ zu einem Herrscher mit durchschnittlichem Inzucht-Parameter.
Um ehrlich zu sein, erscheint mir der Wert dieser Aussage auf mehren Ebenen eher dubios.

Zum einen, waren territoriale Zuwächse oder Verluste, ja historisch sehr oft Produkt biologischer Zufälle (Zuwächse durch Erbfall) oder dynastischer Händel (z.B. Abtretung von Territorien als Gegenleistung für Eheverbindungen etc.).
Auch kam es ja vor, dass Territorien auf Grund finanzieller Miseren der jeweiligen Herrscher verpfändet oder verkauft werden mussten, um Schulden zu bedienen oder zu konsolidieren nur mussten diese Kalamitäten ja nicht unbedingt durch den aktuellen Herrscher verursacht gewesen sein.

Wie wird z.B. mit Schenkungen von Ländereien an die Kirche umgegangen? Zählt das als Territorialverlust?

Was bedeutet "seines Territoriums"?

Des Territoriums, dass er beanspruchte, was aber als umstritten gilt, auf das er allgemein anerkannte Ansprüche hatte, oder Territorium, dass tatsächlich erschlossen und kartiert, und bewirtschaftet/genutzt wurde?

Da ist ja gerade in der kolonialen Sphäre, wo die Unterschiede zwischen dem, was beansprucht und dem, was zwar beansprucht, aber nicht effektiv kontrolliert, möglicherweise nich mal effektiv erkundet und kartiert ist, enor weit auseinander gehen.

Wie wird in diesem Sinne mit Territorien umgegangen, bei denen das Recht über sie zu herrschen, nicht unbedingt im erblichen Besitz der jeweiligen Herrscher waren, sondern wo das von Zeit zu Zeit neu ausgehandelt werden musste (ich denke gerade konkret etwa an Böhmen und Ungarn in Spätmittelalter und FNZ)?
Gilt es da als Verust durch einen Herrscher, wenn dessen Nachfolger (oder als dessen Verlust) in anderen Teilen des Reiches die Nachfolge dort nicht antreten konnte, weil die jeweilige Ständeversammlung sich für einen anderen Kandidaten entschieden hatte, was nicht unbedingt mit den potentiellen Fähigkeiten eines Kandidaten zu tun haben musste, sondern z.B. auch einfach damit zu tun haben konnte, dass das dynastische Netzwerk eines anderen Kandidaten für den Moment strategisch interessantere Alternativn bot?




Auf der anderen Seite:

Sind territoriale Zugewinne denn zwangsläufig als etwas vorteilhaftes zu betrachten? In den meisten Fällen wird es so sein, es gibt aber auch Fälle, in denen territoriale Zugewinne zur Destabilisierung des Gesamtkomplexes führten.

Z.B. als von britischer Seite nach dem 7-Jährigen Krieg die Kanadischen Gebiete und das Ohio-Territorium von Frankreich erobert wurden, und letzters administrativ dann an die kanadischen Gebiete angegliedert wurde (was den meisten der 13 Kolonien faktisch die Möglichkeit der Westexpansion nach jenseits der Appalachen verbaute), sorgte das für notorischen Ärger zwischen imperialem Zentrum und Kolonialer Perpiherie des britischen Machtbereichs und stellte eine der Hauptursachen für die spätere Rebellion der Amerikaner und den Unabhängigkeitskrieg dar.

War die Zugewinnung von Land in diesem Fall also etwas positives, oder wäre es vielleicht umsichtiger gewesen von diesem Territorium die Finger zu lassen?


Wie geht man eigentlich mit Herrschern um, die durch die Verfasstheit ihres Landes/Reiches im Treffen persönlicher Entscheidungen sehr eingeschränkt waren und bei denen zumindest der Adel ein erhebliches Wort mitzureden hatte, was elementare Entscheidungen betraf?
Ich denke bei diesem Punkt ganz konkret an das polnisch-litauische Reich und die Problematik des "Liberum Veto", so wie an Großbritannien und die Niederlande.
 
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