Nachdem "Ströme von Blut geflossen waren, flossen Ströme von Tinte". Daher ist eine Bestandsaufnahme der Deutung der Marneschlacht interessant. Der Kulminationspunkt des Sommer-Feldzuges 1914 lag an der Marne, die Umsetzung der Schlieffen-Idee war umstritten als Flucht nach vor, als kalkuliertes Risiko, als Hazard-Feldzug, als Verhängnis, als Wirken "höherer Mächte im Schicksalskampf", als verschenkter Sieg, als Folge persönlicher Schwächen.
- der "Betriebsunfall" führte zunächst bei Moltke, dann bei Falkenhayn und anderen zur Erkenntnis, der Krieg sei nun nicht mehr zu gewinnen. Die Politik wurde dagegen verzögert informiert, eine Option zum "billigen Frieden" bzw. Verhandlungsfrieden 1914 wurde nicht ergriffen. Die mangelnde Information der Öffentlichkeit führte nicht rechtzeitig zur Eindämmung der Kriegsziele.
- bzgl. der Öffentlichkeit wurde gezielte Desinformation betrieben, die über den Schock der Niederlage und in den Nachkriegsjahren auf Grundlage Unmengen von Rechtfertigungsschriften zur Legendenbildung führte. Dem schloß sich selbst das Reichsarchiv (Der Weltkrieg 1914-1918) an, indem "höhere Mächte" zur Erklärung bemüht wurden und das Einheitsprinzip von politischer und militärischer Führung im Krieg postuliert wurde (Napoleon, Friedrich).
- anknüpfend auch an das Reichsarchiv ergaben sich eine Forderungen bzgl. des Führungsprinzips, als deren Kulmination der Führungsanspruch bzw. das Führungsgebaren Hitlers im Zweiten Weltkrieg gesehen werden kann: Realisierung der nationalen Wahrnehmung von Fehlern aus dem Weltkrieg. Die Marneschlacht legte den Grundstein der Akzeptanz, auch in der höchsten Krise.
- die Marneschlacht als früheste "Version" einer Dolchstoßlegende: die fehlenden Rüstungsanstrengungen und die Verletzung der Schlieffenschen Ressourcenplanungen führten zur Niederlage. Die Niederlage wurde konsequent in einen (verpaßten) Sieg umgedeutet. Gerade die Logistik und die hohe Abnutzung und Erschöpfung (wäre ein begrenzter Sieg am 9.9.1914 möglich gewesen), wurde ausgeblendet.
- die tiefe Prägung des deutschen Militärs, geradezu die Psychose für den Zweiten Weltkrieg, keinen zu frühen Abbruch der Schlacht vorzunehmen - als Gipfel die Aussage Rundstedts in Nürnberg, der Krieg sei nach der Landung in der Normandie verloren gegangen, und nach Stalingrad nicht mehr zu gewinnen gewesen. Die Flankenfurcht und die Angst vor der operativen Lücke sind ein weiterer Aspekt, bis hin zu Arras und Dünkirchen 1940.
- die Personalisierung der Niederlage im Zeitalter industriell geführter und letzlich entschiedener Kriege zur kollektiven Verarbeitung: "wäre der Hentsch nachts gegen den Baum gefahren, hätten wir die Schlacht am 9.9.1914 gewonnen. In allen vorgeführten Szenarien war allerdings immer nur ein "billiger"/ordinärer Sieg am 9.9.1914 möglich, das Cannae in Frankreich dagegen nie.
Gibt es weitere Aspekte der Schlacht? Wie umstritten sind diese Aussagen?
- der "Betriebsunfall" führte zunächst bei Moltke, dann bei Falkenhayn und anderen zur Erkenntnis, der Krieg sei nun nicht mehr zu gewinnen. Die Politik wurde dagegen verzögert informiert, eine Option zum "billigen Frieden" bzw. Verhandlungsfrieden 1914 wurde nicht ergriffen. Die mangelnde Information der Öffentlichkeit führte nicht rechtzeitig zur Eindämmung der Kriegsziele.
- bzgl. der Öffentlichkeit wurde gezielte Desinformation betrieben, die über den Schock der Niederlage und in den Nachkriegsjahren auf Grundlage Unmengen von Rechtfertigungsschriften zur Legendenbildung führte. Dem schloß sich selbst das Reichsarchiv (Der Weltkrieg 1914-1918) an, indem "höhere Mächte" zur Erklärung bemüht wurden und das Einheitsprinzip von politischer und militärischer Führung im Krieg postuliert wurde (Napoleon, Friedrich).
- anknüpfend auch an das Reichsarchiv ergaben sich eine Forderungen bzgl. des Führungsprinzips, als deren Kulmination der Führungsanspruch bzw. das Führungsgebaren Hitlers im Zweiten Weltkrieg gesehen werden kann: Realisierung der nationalen Wahrnehmung von Fehlern aus dem Weltkrieg. Die Marneschlacht legte den Grundstein der Akzeptanz, auch in der höchsten Krise.
- die Marneschlacht als früheste "Version" einer Dolchstoßlegende: die fehlenden Rüstungsanstrengungen und die Verletzung der Schlieffenschen Ressourcenplanungen führten zur Niederlage. Die Niederlage wurde konsequent in einen (verpaßten) Sieg umgedeutet. Gerade die Logistik und die hohe Abnutzung und Erschöpfung (wäre ein begrenzter Sieg am 9.9.1914 möglich gewesen), wurde ausgeblendet.
- die tiefe Prägung des deutschen Militärs, geradezu die Psychose für den Zweiten Weltkrieg, keinen zu frühen Abbruch der Schlacht vorzunehmen - als Gipfel die Aussage Rundstedts in Nürnberg, der Krieg sei nach der Landung in der Normandie verloren gegangen, und nach Stalingrad nicht mehr zu gewinnen gewesen. Die Flankenfurcht und die Angst vor der operativen Lücke sind ein weiterer Aspekt, bis hin zu Arras und Dünkirchen 1940.
- die Personalisierung der Niederlage im Zeitalter industriell geführter und letzlich entschiedener Kriege zur kollektiven Verarbeitung: "wäre der Hentsch nachts gegen den Baum gefahren, hätten wir die Schlacht am 9.9.1914 gewonnen. In allen vorgeführten Szenarien war allerdings immer nur ein "billiger"/ordinärer Sieg am 9.9.1914 möglich, das Cannae in Frankreich dagegen nie.
Gibt es weitere Aspekte der Schlacht? Wie umstritten sind diese Aussagen?