Ich habe ein bisschen in der aktuellen Genforschung gestöbert. Die folgende Tabelle zeigt, dass sich das Y-DNA-Profil Menorcas doch relativ deutlich von dem der anderen Balearen und des spanischen Festlands unterscheidet:
PubMed Central, Figure*1: Am J Hum Genet. 2008 December 12; 83(6): 725?736. Published online 2008 December 5. doi: 10.1016/j.ajhg.2008.11.007.
Auch auf Menorca, wie generell in Westeuropa, dominiert die Haplogruppe R1b1a2 (bis 2005 genannt R1b3, bis 2010 genannt R1b1b2), die als Marker der indoeuropäischen Expansion, genauer gesagt ihrer italo-keltischen und und germanischen Unterzweige, angesehen wird. Insgesamt 73% der untersuchten Menorkiner gehörten zu dieser Haplogruppe (Höchstwerte Wales 92%, span. Baskenland 87 %). Innerhalb dieser Haplogruppe ist die Untergruppe
Haplogroup R1b1b2a1a2c (Y-DNA) - Wikipedia, the free encyclopedia (bis 2005 R1b3f) mit 11% relativ häufig vertreten. Diese Untergruppe kommt schwerpunktmässig im Pyrenäenraum (Katalonien, Aragon, Baskenland) vor, und ist ausserhalb der iberischen Halbinsel kaum zu finden
Genauso häufig (11%) kommt
Haplogroup E1b1b1a (Y-DNA) - Wikipedia, the free encyclopedia (bis 2005 E3b1) vor - ein für die iberische Halbinsel und auch im Vergleich zu den anderen Balearen sehr hoher Anteil. Diese Haplogruppe entstand in Ägypten und Lybien. Ihre Untergruppen deuten mindestens 3 potentielle Ausbreitungswege nach Menorca an:
- Direkte Besiedlung des westlichen Mittelmeers von Ägypten / Lybien aus vor ca. 12.000 Jahren (Untergruppe E1b1a1a, Schwerpunkt Südägypten, gefunden aber auch in Sardinien, Andalusien und dem frz. Baskenland);
- Besiedlung via Griechenland / Albanien irgendwann in den letzten 12.000 - 7.000 Jahren (Untergruppe E1b1a1b, ca. 40% aller Albaner, auch stark verbreitet in Apulien, Verbreitung nach Westen hin stark abnehmend);
- Besiedlung vom Maghreb aus (Untergruppe E1b1a1c, 30% aller Sudanesen, ca. 7% der marokkanischen Araber, um 4% in Sizilien und Cantabrien).
Leider liegen keine nach den vorgenannten Untergruppen aufgefächerte Y-DNA Daten für Menorca vor.
Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass die Häufigkeit der Haploguppe E1b1b1b1 (bis 2005 E3b2) mit nur 3% gerade mal im iberischen Durchschnitt liegt. Diese, etwa vor 6.000 Jahren entstandene Haplogruppe gilt als typischer Berber-Marker, erreicht im Maghreb Häufigkeiten bis zu über 60% (Marokko), und im Südwesten der iberischen Halbinsel um die 10%. Ihre verhältnismäßig starke Verbreitung auf der iberischen Halbinsel wird allgemein mit römerzeitlichen Bevölkerungsbewegungen und der islamischen Invasion in Verbindung gebracht. Der für ein mehrere Jahrhunderte lang arabisch kontrolliertes Gebiet verhältnismäßig niedrige Anteil der Haplogruppe E1b1b1b1 (bis 2005 E3b2) an der Balearenbevölkerung lässt extensive Kontakte mit / Besiedlung aus Nordwestafrika in vorrömischer/ vorpunischer Zeit eher unwahrscheinlich erscheinen.
Ebenfalls unterdurchschnittlich ist die Verbreitung von
Haplogroup J2 (Y-DNA) - Wikipedia, the free encyclopedia (3% auf Menorca, 8% iberischer Durchschnitt). Haplogruppe J2, vermutlich vor ca. 18.500 Jahren in Mesopotamien entstanden, ist im östlichen Mittelmeerraum weit verbreitet (um die 30% Anteil in Zypern und Kreta). Sie gilt als Indikator minoischer bzw. hellenistischer Expansion, wird teilweise aber auch schon mit der Ausbreitung der
Cardial- oder Impressokultur ? Wikipedia im 7. Jt. v. Chr. in Verbindung gebracht. Da Haplogruppe J2 typischerweise gemeinsam mit Haplogruppe E1b1a1b (Albanien / Westgriechenland) auftritt, dürfte auch diese Haplogruppe auf Menorca eher unterrepräsentiert sein. Die legt nahe, dass Besiedllung direkt aus Lybien / Ägypten, und nicht auf dem Umweg über Westgriechenland/ Albanien erfolgte.
Über dem iberischen Durchschnitt dagegen liegt Haplogruppe E1b1b1c (bis 2005 E3b3 - 5% auf Menorca, 1% im iberischen Durchschnitt). Diese, relativ seltene Haplogruppe konzentriert sich in der Levante (16% Zypern, 10% Palästinenser, 10% Türkei) findet sich daneben aber auch in höherer Konzentration auf dem Balkan, in Süditalien und Sizilien. Die Verbreitung geht typischerweise parallel zu Haplogruppe J2, und wird mit entsprechenden Expansionen (Cardialkultur, Verbreitung der Landwirtschaft, Minoer, hellenistische Expansion) in Verbindung gebracht. Für Menorca scheint dies allerdings wegen der dortigen unterdurchschnitllichen Verbreitung von Haplogruppe J2 nicht plausibel.
Alternativ dazu wird Haplogruppe E1b1b1c mit den Phöniziern in Verbindung gebracht, insbesondere für Tunesien und Algerien, die ein ähnliches Muster wie Menorca (J2 und E1b1b1c etwa gleichverteilt) zeigen.
Schliesslich findet man noch - in unterdurchschnittlichen Spuren (3%) -
http://en.wikipedia.org/wiki/Haplogroup_I_(Y-DNA). Haplogruppe I ist die vor-etwa 30.000 Jahren entstandene vor-indogermanische europäische Urgruppe (Cro-Magnon Mensch). Leider liegen auch hier keine Informationen zu Subgrupppen vor. Wahrscheinlich handelt es sich um Subgruppe I2a1, die sich vom Schwerpunkt Sardinien (40% Anteil) durch die Pyrenäeen bis ins Baskenlamd zieht. Angenommen wird eine vom Baskenland ausgehende nacheiszeitliche (Rück-)Besiedlung Sardiniens via die Balearen - der hohe Anteil von Hapolgruppe I auf Sardinien wird auf die Isolation des Landesinneren zurückgeführt.
Nicht gefunden wurde dagegen
http://en.wikipedia.org/wiki/Haplogroup_G_(Y-DNA) (bronzezeitliche EInwanderung von Bergleuten & Schmieden aus dem Kauakasus, Alanen, sephardische / ashkenasische Juden) - im Gegensatz etwa zu Ibiza, welches mit 17% die höchste europäische Konzentration von Haplogruppe G (zurückgeführt auf konvertierte sephardische Juden) aufweist.
Zusammengefasst deuten die genetischen Ergebnisse also auf zwei steinzeitliche Kultur-/ Besiedlungsbögen hin:
- Von Ägypten / Lybien über Sizilien, Sardinien, die Balearen nach Südspanien;
- Vom Baskenland über den Pyrenäenraum und die Balearen nach Sardinien.
Spätere Einflüsse beinhalten die indoeuropäische Expansion (vermutlich vom katalonischen Festland aus), vereinzelte minoische Kontakte, und intensivere Beziehungen mit den Phöniziern. Keine Berührung gab es anscheinend mit der Cardialkultur, auch vorpunische Bezeihungen mit Nordwestafrika scheinen, wenn überhaupt, nicht sehr intensiv gewesen zu sein.
Um zum Ausgangsthema, den Bauten, zurückzukommen, liegt eigentlich der Blick Richtung Sardinien nahe. Und was findet sich dort?
Nuragic civilization - Wikipedia, the free encyclopedia " The stepped pyramid of
Monte d'Accoddi, near
Sassari, (..) has some similarities with the monumental complex of
Los Millares (
Andalusia) and the later
Talaiots in the
Balearic Islands. According to some scholars, the similarity between this structure and
Mesopotamian ones is due to migrations, especially of
Sumerian people, to the Western Mediterranean."
[
Da hätte ich, nach einem Blick auf die Karte, eigentlich auch gleich nachlesen können, und mir das ganze Genetik-Gepuzzle sparen können ..] :autsch: