Meteorologie

Naresuan

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In einer Chronik steht, dass am 18. August 1515 bei Chivasso Hagel in beachtlicher Größe niederging, so dass die ungeschützten Eidgenossen, die sich auf offenem Feld gerade einer Gruppe Franzosen gegenüber sahen, übel zugerichtet wurden und diejenigen, die einen Harnisch hatten, sich damit zudecken mussten.

In dem kam bi heitrem Himmel blitzlingen ein so grusamer
Hagel als je gesehen, von grossen, wie Nuss und Eyer, Steinen,
darab Mängklich vil wirs, dann ab den Fienden erschrack, meyntent,
Gott wöllte si um den ruchen Grimmen, zu Tschawatz begangen,
strafen. Die Nackenden wurden übel geschlagen, die anderen dacheten
mit Harnesch, und zugend also den Tag bis gan Masin.

Valerius Anshelm's, genannt Rüd, Berner-Chronik von Anfang der Stadt Bern bis 1526

Die Stelle wirft bei mir einige Fragen auf:
Inwieweit bezog man Gewittergefahr bei militärischen Operationen mit ein, solange man mit viel Metall am Körper unterwegs war (Blitzschlag)?
Ab wann wurden wissenschaftliche Wettervorhersagen überhaupt und besonders in der Kriegsführung berücksichtigt?
Wie steht es eigentlich um das Verhältnis zwischen Meteorologie und Geschichtswissenschaft? Wenn man Wettervorhersagen aus der allgemeinen Wetterlage machen kann, müsste sich dann nicht auch die allgemeine Wetterlage einer Region zu einer bestimmten Zeit aus historisch überlieferten lokalen Wetterereignissen ableiten lassen und wer macht/kann das?
Abgesehen von extremen Temperaturen, gibt es weitere Beispiele, bei dem plötzlich aufkommendes Extremwetter (Hagel, Sturm) oder Naturkatastrophen (Flut, Lawinen) während eines historischen Ereignisses dessen Ausgang maßgeblich beeinflussten?
 
Ein Beweggrund für diese "Mannheimer"-Wetterbeobachtungen waren Hungersnöte bzw. Teuerungen, die ab und zu stattfanden, wenn die Ernte aufgrund der Wetterphänomene – man befindet sich ja mitten in der kleinen Eiszeit – geringer oder lokal auch mal ganz ausfielen.

Kurfürst Karl-Theodor hat sich davon vor allem bessere Wettervorhersage für die Landwirtschaft versprochen.
 
Abgesehen von extremen Temperaturen, gibt es weitere Beispiele, bei dem plötzlich aufkommendes Extremwetter (Hagel, Sturm) oder Naturkatastrophen (Flut, Lawinen) während eines historischen Ereignisses dessen Ausgang maßgeblich beeinflussten?

Die Spanische Armada wurde 1588 bei dem Versuch der Invasion Englands durch Stürme deutlich geschwächt, was zu Ihrer Niederlage beitrug, auch wenn es nicht der einzige Grund war.

Gerade bei Seekriegen spielten Stürme oder anderweitiges schlechtes Wetter wie Nebel sicher öfter eine wichtige Rolle.

Katastrophale Auswirkungen hatte ein einsetzender Sturm bei der Schlacht bei den Arginusen zwischen Athen und Sparta für die Athener. Athen gewann zwar die Schlacht, jedoch konnten aufgrund des Sturms viele Schiffbrüchige und Tote nicht mehr geborgen werden, was dann zum berühmten Arginusenprozess und der Hinrichtung der beteiligten Strategen, sofern sie sich dem Prozess nicht entziehen konnten, führte. Dieser Verlust der Strategen war dann mitentscheidend für die athenische Niederlage in der Schlacht bei Aigospotamoi, die zum Verlust der attischen Flotte und zur Niederlage Athens im Peloponnesischen Krieg führte.

Spanische Armada – Wikipedia

Schlacht bei den Arginusen – Wikipedia
 
Wie steht es eigentlich um das Verhältnis zwischen Meteorologie und Geschichtswissenschaft? Wenn man Wettervorhersagen aus der allgemeinen Wetterlage machen kann, müsste sich dann nicht auch die allgemeine Wetterlage einer Region zu einer bestimmten Zeit aus historisch überlieferten lokalen Wetterereignissen ableiten lassen und wer macht/kann das?

Vor siebzehn Jahren las ich mal:

[...] von Erik Durschmied, Als die Römer im Regen standen. Der Einfluss des Wetters auf den Lauf der Geschichte. (London 2000, Berlin 2002.).

Allerdings hatte ich an dem Buch auch einiges zu bemängeln:
[...] Und auch sonst scheint Quellenkritik für Durschmied ein Fremdwort zu sein, er übernimmt aus den Quellen, als hätten Kriegsberichterstatter (das war er selbst) und nicht spätere Generationen von Historiographen diese verfasst, nimmt also alles geschriebene punktgenau als wahr an, wobei er spätestens beim Schreiben seines Textes hätte bemerken müssen, dass in der Überlieferung logische Fehler vorliegen.

Wetter- bzw. Klimadaten lassen sich - wenn sie nicht explizit in Texten überliefert sind - fast nur naturwissenschaftlich bzw. geologisch/archäologisch ermitteln. Also Schwemmmaterial kann auf Tsunamis (kein Wetter) oder Sturmfluten (Wetter) hindeuten. Mit Hilfe von Pollenanalysen kann man Klimadaten ablesen. Oder auch Fossilien. Z.B. finden sich in Sedimenten der letzten Eiszeit Muscheln, die nur im arktischen Bereich leben. Sprich, wir können davon ausgehen, dass es in der Eiszeit kalt genug für diese Muscheln auch an der friesischen Küste war. Aber das ist, wie gesagt, Klima.

Vor einigen Jahren bewarb ich mich mal auf eine Stelle in Baden-Würtemberg - auch hier geht es wieder nicht um Wetter/Klima - wo das Landesamt für Geologie nach einem Historiker suchte, der vergangene Erdbebenereignisse erforschen sollte. Auch hier ging es natürlich nicht um geologische Untersuchungen - das können die Geologen besser - sondern um die Auswertung von Erdbebenberichten in edierten oder archivarischen Quellen. Bei Klima/Wetter ist das nicht viel anders: Je älter die Quelle, desto dürftiger in der Tendenz die Information. Regelmäßige Nachrichten über Klima und Wetter dürfte es nur sehr selten und nur in ausgewählten Settings geben. Wenn, dann über außergewöhnliche oder als außergewöhnlich wahrgenommene Wetterereignisse.
Auf Island erzählt man sich beispielsweise, dass der Ausbruch des Laki-Grimsvötn-Systems dort das weltweite Klima so veränderte, dass u.a. die Frz. Revolution dadurch ausgelöst wurde. (Sicherlich ist ein Körnchen daran.)
 
Gerade bei Seekriegen spielten Stürme oder anderweitiges schlechtes Wetter wie Nebel sicher öfter eine wichtige Rolle.
Danke für die Hinweise. Ich merke, die Seefahrt müssen wir hier wohl ausklammern, denn dort gelten bezüglich Wetter offensichtlich eigene Gesetze.

Auch hier ging es natürlich nicht um geologische Untersuchungen - das können die Geologen besser - sondern um die Auswertung von Erdbebenberichten in edierten oder archivarischen Quellen.

Genau so stelle ich mir das beim Wetter auch vor: Historiker suchen nach Textquellen über das Wetter außerhalb der üblichen Quellen zu historischen Ereignissen (z.B. Hagel-, Sturmschäden, Flutopfer etc.), Meteorologen werten das aus und die Historiker stellen die Resultate der vermuteten Wetterlage wieder in den Zusammenhang mit historischen Ereignissen zur selben Zeit und am selben Ort. Ich gehe davon aus, dass das punktuell gemacht wird, aber kaum flächendeckend.
 
Genau so stelle ich mir das beim Wetter auch vor: Historiker suchen nach Textquellen über das Wetter außerhalb der üblichen Quellen zu historischen Ereignissen (z.B. Hagel-, Sturmschäden, Flutopfer etc.), Meteorologen werten das aus und die Historiker stellen die Resultate der vermuteten Wetterlage wieder in den Zusammenhang mit historischen Ereignissen zur selben Zeit und am selben Ort. Ich gehe davon aus, dass das punktuell gemacht wird, aber kaum flächendeckend.
Es steht zu befürchten, dass die Quellen zu dispers sind und wo man ihrer habhaft wird - durch den Zufall oder eine ausführliche Beschreibung in der Archivtektonik - sind sie mutmaßlich so subjektiv gefärbt, dass die Aussagen wenig tragfähig. Nur dort, wo es objektive Daten gibt (z.B. Wasserstände) kann man valide Schlussfolgerungen ziehen.
 
Regelmäßige Nachrichten über Klima und Wetter dürfte es nur sehr selten und nur in ausgewählten Settings geben.
Seit wann wird zwischen Wetter und Klima unterschieden? Ich vermute, dass ältere Quellen/Aufzeichnungen, vor dem 19.Jh., nur regionale Wetterauskünfte enthalten. Ansonsten die verstreuten Nachrichten über Missernten, Dürre, Hochwasser als größere Ereignisse. Nachrichten/Aufzeichnungen zum Klima, ggf Klimaänderungen dürften eher jüngeren Datums sein.
 
Seit wann wird zwischen Wetter und Klima unterschieden? Ich vermute, dass ältere Quellen/Aufzeichnungen, vor dem 19.Jh., nur regionale Wetterauskünfte enthalten. Ansonsten die verstreuten Nachrichten über Missernten, Dürre, Hochwasser als größere Ereignisse. Nachrichten/Aufzeichnungen zum Klima, ggf Klimaänderungen dürften eher jüngeren Datums sein.
Klimadaten wirst du aus schriftlichen Quellen kaum entnehmen können. Aber aus geologischen (für die eigentliche Geschichte fast irrelevant) oder biogenen Strata: Fossilien, Pollen, Eisbohrkerne...
 
Wegen schriftlicher Quellen: gibt's da nicht was über quasi Klimazonen bei Humboldt? (ich weiß es nicht)
Nochmal die Frage: seit wann unterscheidet man zwischen Wetter und Klima?
 
Den Klimabegriff gibt es schon seit der Antike. Er meinte damals eher festgelegte Zonen, zum heutigen Klimabegriff hat also eine semantische Verschiebung stattgefunden, aber ob den antiken Geographen war klar, dass es nach Norden hin kühler, nach Süden heißer wurde? Ob sie begriffen hatten, dass sich das am Äquator umkehrte?
 
Wie ich gerade mit Freuden feststellen durfte, gibt es bereits eine frei zugängliche, wenn auch etwas langsame Datenbank zur Rekonstruktion des Klimas und Wetters vergangener Jahrhunderte aus historischen Quellen.
Auch die Quellensammlung zur Witterungsgeschichte von Curt Weikinn – Wikipedia scheint bereits dort erfasst zu sein.
tambora.org

Mein Beispiel aus dem Jahr 1515 finde ich dort noch nicht. Mal schauen, ob ich das ändern kann.

Ist sicherlich mit Vorsicht zu genießen, wie ein anderes kleines Beispiel zeigt:
Hätten wir vom Magdalenenhochwasser im Jahr 1342 nur die Inschrift auf dem Kirchturm von Göttingen
Deutsche Inschriften Online: Inschrift
an(no) m° ccc° xl ii do ver drank hermen goltsmet in der groten vlot to sentemargret(en) dage
dann tönt das zwar recht objektiv, aber man würde annehmen, dass die Flut am Margaretentag (20. Juli) statt Magdalenentag (22. Juli) stattfand.
 
ob den antiken Geographen war klar, dass es nach Norden hin kühler, nach Süden heißer wurde?
Aber sicher war ihnen das klar.

Ob sie begriffen hatten, dass sich das am Äquator umkehrte?
Es wurde zumindest vermutet:

Parmenides legte über diese gesamte Erdsphäre fünf Zonen, die durch den sich ändernden Winkel zwischen dem Einfall der Sonnenstrahlung und der gekrümmten Erdoberfläche gekennzeichnet waren. Er unterschied eine „verbrannte Zone“ in der Mitte, die der nubischen Wüste entsprach, eine gemäßigte Mediterranzone und eine kalte Zone im Norden, für die winterlicher Schneefall und Frost charakteristisch waren.[1][6] Symmetrisch zu der äquatorialen verbrannten Zone vermutete er auf der Südhemisphäre zwei weitere Zonen, eine gemäßigte und eine kalte.
Klima (Historische Geographie) – Wikipedia
 
Die Stelle wirft bei mir einige Fragen auf:
Inwieweit bezog man Gewittergefahr bei militärischen Operationen mit ein, solange man mit viel Metall am Körper unterwegs war (Blitzschlag)?
Gute Frage: War man sich vor dem 18. Jahrhundert (Benjamin Franklin) über den Zusammenhang Metall-Blitz im Klaren? (Ein Vollpanzer müsste allerdings eigentlich ein perfekter Faraday'scher Käfig sein, auch wenn's drin sicher mächtig laut wird.;))
Es gibt aus der Seefahrt regelmäßig Berichte von Schiffen (Takelage) und Seeleuten, die vom Blitz getroffen worden waren. Ich müsste jetzt nochmal wühlen, das wurde aber eher als Pech/Berufsrisiko hingenommen. Allerdings wurde spätestens im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts - meist auf Initative einzelner Kommandanten - mit Blitzableitern an Bord experimentiert. Damals schon mit den selben "Meinungverschiedenheiten" bezüglich Nutzen und Risiken solcher Höllenmaschinen wie heute noch: funktioniert gar nicht, zieht den Blitz überhaupt erst an und wird uns dann alle umbringen etc.etc.

Ab wann wurden wissenschaftliche Wettervorhersagen überhaupt und besonders in der Kriegsführung berücksichtigt?
Frühestens ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Robert FitzRoy, der Skipper von Charles Darwin und der Beagle hat eine Zeitlang ein kleines Büro in der Admiralität geleitet, aus dem heraus aus Stationsmeldungen (dieses Netzwerk aus Wetterstationen hat FitzRoy, zum Teil mit privaten Mitteln, erst aufgebaut) Muster und daraus Wettervorhersagen abgeleitet waren. (Die deutschsprachigen Links sind jetzt nicht sooo super, ich find aber auf die Schnelle keine besseren.)
https://de.wikibrief.org/wiki/Robert_FitzRoy
https://www.metoffice.gov.uk/research/library-and-archive/archive-hidden-treasures/robert-fitzroy
Das Projekt war umstritten: Im Prinzip ging es darum, Unwetterwarnungen für Fischer und Küstenschiffer zu verbreiten, um diese davor zu bewahren, bei Unwettergefahr auszulaufen, um im anschließenden Sturm verlorenzugehen. Angeblich (ich habe mein Wissen jetzt gerade nur aus einer populären Doppelbiographie zu FitzRoy und Darwin) sehr zum Unmut der Reeder, da diese die unproduktiven Hafentage als Verluste einstuften und jedesmal, wenn der vorhergesagte Sturm doch nicht kam, darbten, am Hungertuch nagten und Zeter und Mordio schrien. (Wenn es damals schon Twitter gegeben hatte...) Das Projekt wurde auf politischen Druck zwischenzeitlich wieder eingestampft, für die Fischer wurde FitzRoy quasi ihr Schutzpatron.

Auf der anderen Seite des Großen Teichs hatte die US Navy in etwa zeitgleich das United States Naval Observatory gegründet, in dem sich ab 1847 Matthew Fontaine Maury ebenfalls mit Sammlung und Auswertung von Wettermeldungen und daraus abgeleiteten Wettervorhersagen beschäftigte.
https://de.wikipedia.org/wiki/Matthew_Fontaine_Maury
https://en.wikipedia.org/wiki/Matthew_Fontaine_Maury#International_meteorological_conference

Wie steht es eigentlich um das Verhältnis zwischen Meteorologie und Geschichtswissenschaft? Wenn man Wettervorhersagen aus der allgemeinen Wetterlage machen kann, müsste sich dann nicht auch die allgemeine Wetterlage einer Region zu einer bestimmten Zeit aus historisch überlieferten lokalen Wetterereignissen ableiten lassen und wer macht/kann das?
Wird das nicht bereits fröhlich aus alten Chroniken etc. abgeleitet (war ein sehr trockener, regnerischer Sommer, Ernteausfälle, Korn fault auf dem Felde, Vieh verschmachtet auf den Weiden, Feuermann tanzt über die Felder...)?
Aber im Prinzip hat man - zumindest in der Seefahrt - aus den Wetterbeobachtungen vor Ort relativ schnell die für Reisen günstigsten Jahreszeiten ausgemacht. Es war schon zur Zeit der europäsichen Expansion zum Beispiel wesentlich, den Rhythmus des Monsuns zu kennen und zu beherzigen, weil das den Unterschied machte zwischen einer schnellen Reise und wurde nie mehr von ihnen gehört. Zu allen Zeiten hing die Feldzugssaison ja auch von den Aussaat und Erntezeiten ab, selbst z. T. noch in Zeiten von Berufsheeren, solange man mit einplanen musste, wann es Fourage für die mitgeführten Tiere bzw. erntereife Felder für die Verpflegung aus dem Lande gabe. Im Winter gingen bis in die frühe Neuzeit die Truppen ins Winterlager, weil Temperaturen etc. in der Regel keine weiträumigen Operationen erlaubten. Das selbe galt z. B. bis ins 17. Jahrhundert in der Seefahrt - die Schlachtflotten blieben im Hafen, weil es draußen einfach zu riskant war. Bis ins 19. Jahrhundert fanden maritime Operationen in der Karibik nur außerhalb der Hurricanesaison statt. So tickte der amerikanische Unabhängigkeitskrieg im Rhythmus der Hurricane zwischen nordamerikanischer Küste und Westindien hin und her.


Abgesehen von extremen Temperaturen, gibt es weitere Beispiele, bei dem plötzlich aufkommendes Extremwetter (Hagel, Sturm) oder Naturkatastrophen (Flut, Lawinen) während eines historischen Ereignisses dessen Ausgang maßgeblich beeinflussten?
Ich möchte jetzt lieber nicht die Wetterereignisse erwähnen, die das Varusschlachtergebnis herbeigeführt haben, ich glaube, El Q hat sich dazu so etwa 273 Mal geäußert.:p
Dann gibt's noch das Regenwunder von Marc Aurel, in der Regen/ein Unwetter ein römisches Heer aus einer üblen Situation per Umzingelung durch die Quaden befreit haben soll. Das soll allerdings Legende sein, daher kein Link.
Zur See: Jeder kennt den grandiosen Seesieg der britisken Flotte über die Vereinigte Flotte Frankreichs und Spaniens in der Schlacht von Trafalgar im Herbst 1805. Was die Heldengeschichtsschreibung oft unterschlägt: selbst der sterbende Nelson, laut seinen Kritikern gar nicht mal der große Seemann, sah den Wetterumschwung kommen. Sein letzter Befehl in Richtung seines Stellvertreters Collingwood lautete, die Flotte ankern zu lassen. Im nun folgenden schweren Sturm ging das Martyrium für Sieger wie Unterlegene erst so richtig los. Die Berichte der Überlebenden sind herzzerreissend: Völlig erschöpfte Mannschaften, stark dezimiert und auf zu Klump geschossenen Schiffen mussten sich eines schweren auflandigen Sturms erwehren, in dem ein Großteil der eroberten französischen und spanischen Schiffe sowie auch einige französische und spanische Schiffe, die die eigentliche Schlacht überstanden hatten, sanken - z. T. mit Mann und Maus. Es gab auf den zerschlagenen Schiffen alle möglichen Kombinationen: auf den einen ergaben sich die zum Teil winzigen britischen Prisenkommandos ihren Gefangenen, um deren Anzahl zur Rettung der Schiffe nutzen zu können, auf anderen setzte man den Kriegszustand zwischen den Nationen einvernehmlich zeitweise aus, um gemeinsam erstmal die eigenen Leben zu retten und auf wieder anderen versuchten die Prisenkommandos, sich sowohl des Wetters als auch ihrer weit in Überzahl befindlichen Gefangenen zu erwehren.
https://www.philipkallan.com/single-post/2018/10/15/the-aftermath-of-trafalgar
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber sicher war ihnen das klar.
Es wurde zumindest vermutet:

Klima (Historische Geographie) – Wikipedia
Ich weiß nicht, was ich da für einen Unsinn geschrieben habe. Korrekt sollte der Text so gelautet haben:

Den Klimabegriff gibt es schon seit der Antike. Er meinte damals eher festgelegte Zonen, aber den antiken Geographen war klar, dass es nach Norden hin kühler, nach Süden heißer wurde. Ob sie begriffen hatten, dass sich das am Äquator umkehrte?​
 
Die Witterung, der Wetter wurde seit der Antike bis deutlich in die sogenannte Neuzeit vielfach mit Sternen/Sternbildern und Teilen von Sternbildern, Tierkreiszeichen sowie Finsternissen, Jahres- und Vierteljahres-Mundanhoroskopen, Kometen und Planeten sowie dem Mond in Verbindung gebracht.

So lautet bei Plotemäus im Tetrabiblos, II. Buch, eine Überschrift

Über die einzelnen Kräfte und Naturen der Zeichen in Bezug auf die sich dadurch gestaltenden Änderungen des Wetters​

Ein Kapitel weiter:

Über die besondere Betrachtung der Witterung​

U. a. geht es dabei um ortsbezogene Mundanhoroskope mit Mondphase, Mondstellungen, Planetenstellungen & -aspekte usw usw.
 
Als 1818 in Preußen Ortschroniken eingeführt wurden, kam es dazu, dass die Beamten nur Zahlen notierten, da nur diese objektiv seien. Angaben zum Wetter waren vorgeschrieben. Im Folgenden mal die Chronik eines ostwestfälischen Ortes für 1820, damit die, die solche Chroniken jener Zeit nicht kennen, sich ein Bild machen können. Das vergessen wurde, Zahlen einzutragen, kommt öfter vor, insbesondere, wenn sie vom Kreis oder anderen Behörden kommen mussten. Es dürfte unmittelbar erkennbar sein, dass diese Art der Chronikführung nicht der eigentlichen Zielsetzung entsprach. Dies änderte sich nur nach und nach, was davon abhing, was der jeweils zuständige Amtmann und der jeweilige Gemeinderat akzeptierten. Es ist zu sehen, dass diese Erfassung des Wetters kaum hilfreich war. Später wurden bei den Schulen Wetterstationen eingerichtet. Ich habe aber keine Ahnung, ob und wie diese Daten gesammelt wurden. In der Chronik setzt sich die alte Art der Berichterstattung zum Wetter jedenfalls fort. In späteren Jahren werden ein- oder zweimal Angaben gemacht, aus denen hervorgeht, dass Zeitungen bei Westwind das Wetter von Paris für Vorhersagen nutzten. Das finde ich aber nicht so schnell. Es darf natürlich nicht vergessen werden, dass Wetter, Ernteergebnisse und Preise von existentieller Bedeutung waren. Da die Angabe fehlt, sei gesagt, dass der Ort 1820 ca. 600 Einwohner hatte und bis zu deren Wegzug 1895 eine jüdische Familie dort einen Gasthof mit Laden betrieb. Die Temperaturen sind in ° Reaumur angegeben. Ich habe 1820 ausgewählt, weil 1816, das Jahr ohne Sommer, da schon etwas zurücklag und mit dem Neubau des Pfarrhauses wenigstens ein Faktum jenseits der üblichen Angaben erwähnt wird. In dem Jahr fehlt die sonst übliche Nennung von Landrat, Amtmann und (manchmal) Ortsvorsteher. Hier der Text, dessen Formatierung das Forum leider nicht übernimmt:

§.8.

1820.

Vom 1ten bis 18ten Januar 1820 war die Witterung sich stets immer gleich, anhaltend kalt, und mit vielen Schnee ununterbrochen begleitet, nachdem am 18 ten Januar eingetretenen Thauwetter und äußerst warmer Luft ging der bis dahin gelegene Schnee auf einmal fort, und hielt das eingetretene Regenwetter bis zu Ende des Monats an, die Wärme betrug 10 und die Kälte 17 Grad.

Der Berl. Scheffel Waitzen kostete 1 rt 22 gg –
„ Roggen 1 „ 9 -
„ Gerste „ 22 -
„ Hafer „ 14
„ Raufutter 1 - 14 –

Das Pfund Rindfleisch „ 2 –
„ Kalbfleisch 2 „
„ Hammelfleisch 2 -
„ Speck 4 2/3
„ Butter 4 2/3

Geboren sind 4
Gestorben 1
Getrauet 1

Die Witterung des Monats Februar war sich immer ganz gleich, mehr trocken als feucht, und mit Ausnahme einiger wenigen Tage, wo es ein wenig schneete und trübe war, anhaltend gut und schön. Die Wärme betrug 10 und die Kälte 4 Grad. Die Preise des Getreides und des Fleisches war den vormonatlichen gleich.

Geboren sind 4
Gestorben 2
Getrauet 1.|19|

Der März war im Anfange der ersten Hälfte sehr ungestüm, rauh und es fiel Schnee, dieser ging zwar in der letzten Hälfte bald fort, die Luft blieb aber äußerst unfreundlich, rauh und kalt; jedoch mehr trocken als feucht. Der höchste Wärmegrad war 8. Der größte Kältegrad 5. Die Getreide- und Fleisch-Preise blieben sich bis auf eine unbedeutende Kleinigkeit gleich.

Geboren sind 3.
Gestorben 1
Getrauet Keine.

Die Witterung des April war ganz gleich, sehr trocken und mit Ausnahme einiger weniger Kälte und unfreundlichen Tagen sehr angenehm und warm, der höchste Wärmegrad war 21, der niedrigste 5 Grad.

Der Berl. Scheffel Waitzen kostete 1 rt 14 gg –
„ Roggen 1 „ 6 -
„ Gerste 1 -
„ Raufutter 1 „ 12 –

Die Preise der übrigen Getreidearten und des Fleisches waren den vormonatlichen gleich.

Geboren sind 2.
Gestorben 3.
Getrauet 3.

|21|

Der Monat Maij fing mit sehr rauher und kalter, unfreundlicher und 3 Grad Wärme haltenden Tagen an.Gegen d. 8ten trat wärmeres, schöneres und fruchtbares mit Gewittern begleitetes Wetter ein, welches bis zu Ende fortdauerte; der höchste Wärmegrad war 18. Die Preise des Getreides und des Fleisches blieben bis auf die Hafer und Gerste, welcher erstere 20 gr und letztere 1 rt p/ Schef kosteten auf den vormonatlichen Preisen stehen.

Geboren sind 2
Gestorben 1
Getrauet Keine.

Die Witterung des Junij war ganz veränderlich, indessen mehr regnerisch, unfreundlich und kalt; als warm und angenehm. Der höchste Wärmegrad war 16 und der niedrigste 7 Grad. Die Getreide- und Fleischpreise waren den vormonatlichen gleich.

Geboren sind 2.
Gestorben 1.
Getrauet Keine 1. |22|

Die Witterung des Julij war ganz veränderlich, unfreundlich, und regnerisch, mehr trocken als feucht. Die größte Wärme betrug 21 ½ Grad und die geringste 11 Grad.

Der Berliner Schef. Waitzen kostete 1 rt 16 gg –

„ Roggen 1 „ 4
„ Gerste 1„ 2 -
„ Hafer „ 18 -
„ Raufutter 1 „ 8 „
„ Rübsamen 3 „ 12

Die Fleischpreise blieben die nämlichen.

Geboren sind Keine
Gestorben 1
Getrauet Keine.

Der August war, obgleich der Nordwestwind vorherrschend war, mehr trocken als feucht, und mit Ausnahme einiger wenigen Tage sehr warm und schön. Der höchste Wärmegrad war 23 ½ der geringste 11. Die Preise des Getreides und des Fleisches blieben unverändert.

Geboren sind 4
Gestorben 1
Getrauet Keine.

Ganz unfreundlich und veränderlich fing der Septbr an, gegen d. 8ten aber trat schönes und trockenes Wetter ein, und blieb mit bedeutenden Winden begleitet, bis ans Ende. Die größte Wärme betrug 19 die geringste 4 Grad. |23|

Der Berliner Scheffel Waitzen galt 1 rt 18 gg –

„ Roggen 1 „ 1 -
„ Gerste „ 22 -
„ Hafer „ 12 -
„ Raufutter 1 „ 12 –
„ Rübsamen 3 „ 4 –
das Pfund Butter „ 4 „ –

Die Erndte war gut, von der Morgen Waitzen wurden 50. Bunde, wovon 8 Bunde ¾ Berliner Scheffel gaben, gearndtet.

Roggen 55 Bunde p/ 9 Bunde ¾ „
Gerste 35 „ p/ 9 „ 1 Berl. Schef.
Raufutter 40 „ 10 „ ¾ „ „
Hafer 30 „ 5 „ ¾ „ „

Geboren sind 1.
Gestorben - Keine
Getrauet Keine.

Die Witterung des October war in der ersten Hälfte sehr trocken, schön und angenehm, jedoch des Nachts schon mit Reife und Frost begleitet. Die letzte Hälfte hatte veränderliches, unbeständiges, feuchtes und mit unter sehr stürmisches Wetter. Die größte Wärme betrug 13 die geringste 1 Grad. Die Preise des Getreides und des Fleisches waren den vormonatlichen gleich.

Geboren sind 3 Gestorben 1 Getrauet 2. Keine.

Die ersten 12 Tage des Monats November waren zwar schon sehr rauh, trübe und äußerst unangenehm, indessen bemerkte man doch an mehreren Tagen noch 10 Grad Wärme. In der Nacht auf von dem 13ten auf den 14ten fiel so viel Schnee, daß die Erde bedeckt wurde, und blieb, weil darauf Frost eintrat, liegen, und betrug die Költe 7 Grad. |24|.

Der Berl. Scheffel Waitzen kostete 1 rt 10 gg –
„ Roggen 1 -
„ Gerste „ 20 -
„ Erbsen 1 „ 12 -
„ Linsen 1 „ 14 -
„ Raufutter 1 –
„ Rübsamen 3 „ 8 –

Die Fleisch- und andere Preise blieben unverändert.

Geboren sind 6. Gestorben 2. Getrauet 1.

Mit Thauwetter, wodurch der im vorigen Monate gefallene Schnee abging, fing der December an, und war die Witterung bis gegen die Mitte sehr regnerisch und stürmisch: in der letzten Hälfte trat wieder Frostwetter mit Schnee ein, und hielt bis zum Ende an. Der größte Wärmegrad war 11 der größte Kältegrad 6.

Der Berliner Scheffel Waitzen kostete 1rt 9gg
Roggen „ 22 „
Gerste „ 17 –
Hafer „ 11 –
Erbsen 1 „ 8 –
Linsen 1 „ 12 –

Die Fleisch- und anderen Preise blieben den vormonatlichen gleich.

Geboren sind 5. Gestorben 2 Getrauet 1.

Im Jahre 1820 ereigneten sich nachstehende Begebenheiten:

Im Monat wurde die alte Pastorat abgebrochen, und dafür eine neue vergrößerte aus einer Etage bestehend, am ten wieder aufgebaut; welches auf r veranschlagt worden.

An Grundsteuer wurde bezahlt r gg d

„ Exemtasteuer
„ Gewerbsteuer
„ Deficit-Steuer

Die Seelenzahl betrug worunter Evangelische und Juden waren. |25|

Gleich im Anfange des Jahres wurde der Salzpreis sehr erhöht, und im Laufe des Jahres statt der Personalsteuer, Mahl- und Schlachte-Steuer die Classensteuer eingeführt. für das Jahr 1821 zahlte die Gemeinde Thüle

an Gewerbsteuer r Sgr d
„ Classensteuer
Grundsteuer

1 Die Ziffer 20 wurde bei der Seitenzählung ausgelassen.
 
Das Sammeln von Wetterereignissen, Witterungsausprägungen und Temperaturangaben führte selbstverständlich auch nach langen Zeiträumen nicht zur Vorhersagefähigkeit, abgesehen von grundsätzlichen Witterungsneigungen der Jahreszeiten und Kalendermonate.

Ein echter Fortschritt boten erstmals schnelle Kommunikationsmittel und exakte Messinstrumente, ganz besonders die Telegraphie ab der zweiten Hälfte des 19. Jh.
Da war aber das aristotelisch geprägte Wetterverständnis Vergangenheit.

Einen guten Überblick zur Geschichte des Wetterwissens bietet dieser Artikel aus der Reihe Aus Politik und Zeitgeschichte (2019).
 
War man sich vor dem 18. Jahrhundert (Benjamin Franklin) über den Zusammenhang Metall-Blitz im Klaren?
Vielleicht gibt es auch keinen Zusammenhang. Angeblich soll ein Mensch ohne Metall für Blitze ähnlich attraktiv sein wie ein gleich hoher Metallstab. Metall am Menschen würde allenfalls stärkere Verbrennungen hervorrufen. Ich vermute auch, dass man sich früher dieses Effekts nicht bewusst war.

Die Wahrnehmung der Blitzschlaggefahr durch die Menschen vor der Entdeckung der Elektrizität ist mir trotzdem noch ein Rätsel.
Es soll eine mongolische Verhaltensregel aus der Zeit Dschingis Khans geben, welche den Leuten bei Gewitter untersagte sich in Gewässern aufzuhalten oder Wäsche zu waschen. Da fand also eine Erfahrung seine Gegenmaßnahme.
Dann lese ich aber wieder, dass die Menschen bis tief ins 18. Jh. bei Gewitter die Kirchenglocken erklingen ließen, obwohl schon dutzende Glöckner vom Blitz erschlagen wurden, nicht etwa wegen der Glocken, sondern wegen der Höhe des Kirchturms. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man diesen Zusammenhang nicht erkannte.
Waren religiöse Vorstellungen einfach stärker als die Erfahrungswerte oder war der Beobachtungszeitraum noch zu kurz?
Lucca Landucci beschreibt in seinem florentinischen Tagebuch (1450-1516) einige Blitzeinschläge in die erhöhten Gebäude von Florenz.
Diario fiorentino dal 1450 al 1516
Am 12.9.1488 z.B. hielten sich angeblich zwei Fremde oben im Turm des Palazzo Vecchio auf und wurden durch Blitzschlag verletzt.
Landucci gibt keine Anhaltspunkte, ob man sich der Gefahr bewusst war, er fand es nur bewundernswert, dass es Fremde getroffen hat.
 
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