Diesen freiwillig unternommenen Pilgerfahrten läßt sich
der Typus der zunächst von kirchlichen, dann auch von
weltlichen Instanzen verordneten Bußbzw.
Strafpilgerfahrt gegenüberstellen. Es handelte sich
dabei zuerst um eine Praxis des kanonischen Rechts, die
sich in der Karolingerzeit entwickelt hatte und über
Jahrhunderte lebendig blieb. Ab dem 13. Jahrhundert
werden auch von weltlichen Instanzen, besonders im
belgisch-niederländischen Raum, später auch in den
Hansestädten, Strafwallfahrten nach Santiago verhängt.
Zwischen 1415 und 1513 erfolgten allein in Antwerpen
etwa 2500 Verurteilungen zu verschiedenen Pilgerfahrten.
Nicht umsonst hat man hier von einer Art Sozialhygiene
gesprochen (Steven Runciman). Es blieb nicht aus, daß
dieser Typus von Pilgerfahrt auf das Pilgerbild im
allgemeinen negativ abfärbte. Im Extremfall wurden die
Begriffe "Pilger" und "Verbrecher" synonym. Von daher
wird es auch verständlich, warum die Katholischen Könige
Spaniens im 16. Jahrhundert den Pilgerweg nach Santiago
auf eine vier Meilen breite Zone entlang dem alten
camino frances begrenzten. Wer diese Zone verließ, hatte
keinen Anspruch auf die Vorrechte des Pilgerstatus. Die
Nationalstaaten nahmen das Pilgerwesen unter eine
strengere Kontrolle, von den Pilgern wurden vielfach
Geleitbriefe und Ausweisschreiben aus ihrer Heimat
verlangt.