Die wesentlichen Gründe sind die Ekstase in der Prophetie, vermutlich nicht einmal die Prophetie an sich,...
Ekstase war aber ein charakteristisches Merkmal alttestamentlicher Prophetie (Jakob im Traum, Deborah, Ezechiel, Daniel) und tritt auch im NT auf (Johannes d.T., Jesus - z.B. Mt 17,1-8) und sollte von daher den Katholiken per se nicht verdächtig gewesen sein. Wenn ´Unbiblischkeit´ als Argument benutzt wurde, dann sicher nur polemisch und wider besseres Wissen. Auch wird von Paulus ´berichtet´, dass er ekstase-artige Zustände kannte, z.B. Apg 22,17:
Als ich später nach Jerusalem zurückgekehrt war und im Tempel betete, da geriet ich in eine Verzückung.
der Selbstanspruch dieser neuen Propheten für größere Autorität, konträr zu den sich entwickelnden apostolischen Traditionen und dem Anstieg der Bedeutung der Schriftlichkeit als zentrale Quelle und Form der Verbreitung und Sicherung dogmatischer Grundlagen.
Der Montanismus wurde, meine ich, aus zwei Gründen zur Häresie erklärt:
+ weil die apokalyptische Grundhaltung den Interessen der Katholiken, die auf lange Sicht eine Organisation aufbauten, ein Dorn im Auge war.
+ weil die prophetischen Ansprüche von Montanus, Maximilla und Priscilla eine derartige Wirkung in christlichen Kreisen entfaltete, dass die orthodoxe römische Kirche drauf und dran war, den Führungsanspruch über die Christen an Montanus zu verlieren.
Ende des 2. Jh. gab es z.B. zwei Bischöfe von Rom, die sich für den Montanismus einsetzten. Christliche Gemeinden schlossen sich reihenweise dem Montanismus an. Der bedeutendste christliche Theologe dieser Zeit, Tertullian, trat 207 zum Montanismus über und verfasste mehrere Werke im montanistischen Geist; eines davon, über montanistische Prophetie, ging verloren.
Erst 237 wurde auf einer Bischofssynode der Montanismus und inbesondere die montanistische Prophetie zur Irrlehre erklärt, also über ein halbes Jahrhundert nach dem Tod der drei führenden Propheten des Montanismus. Es handelte sich dabei um die erste Bischofssynode überhaupt, eigens eingerichtet, um die Frage des Führungsanspruches innerhalb der christlichen Kirche, zu der bis 237 auch der Montanismus zählte, zu klären. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es kein Letztoffenbarungsdogma, das den prophetischen Anspruch der Montanisten hätte widerlegen können, vielmehr war dieses Dogma das Resultat des Kampfes zwischen Katholiken und Montanisten um die geistige Führung der Kirche. Übrigens waren in den gut 50 Jahren zwischem dem Tod der Propheten und der Synode keine neuen Propheten mehr aufgetreten.
Aus all dem folgt:
Prophetie war von den Katholiken keinesfalls
per se verurteilt worden, sondern weil sie den mit den Katholiken um den christlichen Führungsanspruch rivalisierenden Montanisten ein so hohes Ansehen verschafft hatte, dass die Führungsrolle der Katholiken gefährdet schien.
Schließlich wurde auch die Offenbarung des Johannes, eine Quelle chiliastischer Christen, ins Neue Testament übernommen.
Um das Jahr 200 - als der Montanismus noch nicht verketzert war, sondern auf seinem Höhepunkt stand - gab es schon einen rudimentären biblischen Kanon, zu dem bereits die Johannesoffenbarung zählte. Andere dazugehörende Texte waren 13 Paulinen, die Apg, die 4 Evangelien, der 1. Petrusbrief, der 1. Johannesbrief usw.
Erst ab 237 wurde Prophetie von der katholischen Kirche offiziell für obsolet erklärt. Das zielte speziell gegen den Montanismus.
Nun war die JohOffb aber schon Teil des Kanons und konnte aus diesem nicht mehr entfernt werden. Das ist der entscheidende Grund, warum die Offb, trotz ihres prophetischen Charakters, auch später noch im Kanon blieb. Der problematische Charakter des Prophetischen, der der JohOff dennoch anhängt, zeigt sich auch heute noch darin, dass dieser Text in katholischen Liturgien nie vorgelesen wird.