Musik in der Steinzeit?

Musik als Jagdsignal würde ich hingegen eher für relativ rezent halten (adelige Treibjagd, aus dem Kriegswesen übernommen; - was nicht im Widerspruch dazu steht, dass Treibjagden weder ein menschliches Alleinstellungsmerkmal sind, noch in der Geschichte erst relativ spät aufkamen, sondern auch im Paläolithikum bereits praktiziert wurden).
Das wage ich zu bezweifeln – auch bei Treibjagden in der Steinzeit mussten die Teilnehmer auf weite Entfernungen miteinander kommunizieren. Jäger benutzen heute Hornsignale* dazu, aber Hörner kannten sicher auch die Steinzeitmenschen. Ob sie sie auch als Musikinstrumente benutzten, weiß ich nicht. Bekannt sind aber Flöten aus Knochen, daher wäre es naheliegend, dass sie auch aus Hörnern Instrumente herstellten, schließlich eignen sie sich dafür gut.

* Diese Signale kommen aus einem Instrument aus Blech, das aber trotzdem Horn genannt wird, was darauf hindeutet, dass es anfangs tatsächlich Instrumente aus Horn gab, die die gleiche oder ähnliche Funktion hatten wie die heutigen aus Blech.
 
Jemand sagte einmal zu mir das die Musik die älteste Sprache der Menschheit sei.

Danke für diesen Ausspruch.

Was verschiedene Wissenschaftler derzeit offenbar zum Ausdruck bringen wollen ist die Annahme, dass der Mensch im Neolithikum, ja vielleicht sogar bereits der Neandertaler, wenn er komplexe Sachverhalte kommunizieren wollte, diese vermutlich nicht gesprochen, sondern gesungen haben wird. Die Welt wäre - so diese These - dereinst also viel musikalischer gewesen, die heutige Sprache dahingegen lediglich noch ein auf die Ansprüche und Anforderungen des Utilitarismus hin zugespitztes Werkzeug. Quasi Steno anstelle von Poesie.
In der Antike etwa wurden die Werke des Homer, oder die Verse der Dionysien des Nonnos von Panopolis vorgesungen, nicht gesprochen. Selbst der mittelalterliche Text der altdeutschen Kaiserchronik, oder auch das Annolied, diese mitunter in tausenden Versen oral tradierten Inhalte wurden vorgesungen, nicht gesprochen. Der ursprüngliche Mensch wäre demnach im Ausdruck dereinst weitaus vielschichtiger gewesen, als wir es heutzutage sind und die Welt des Gesanges vermutlich eine viel harmonischere. Erst nach zehntausenden von Jahren der Übung war der Mensch körperlich schließlich soweit in der Lage sich in der vergleichsweise harten, kehligen Sprache, also per sonorem, zu artikulieren.


"Wir sind der Erde Sammler" Sophokles
 
Zuletzt bearbeitet:
Rulaman als Rhapsode, natürlich im Einklang mit der Natur und vermutlich auch noch seinen Namen tanzend, im Rhythmus der Jahreszeiten... so ein hochmusikalischer Neandertal-Pavarotti kommt mir eher als idealisierte Wunschvorstellung vor.
 
Musik als Jagdsignal würde ich hingegen eher für relativ rezent halten (adelige Treibjagd, aus dem Kriegswesen übernommen; - was nicht im Widerspruch dazu steht, dass Treibjagden weder ein menschliches Alleinstellungsmerkmal sind, noch in der Geschichte erst relativ spät aufkamen, sondern auch im Paläolithikum bereits praktiziert wurden).
Auch Schimpansen verständigen sich auf der Jagd z. T. durch Lautäußerungen. Ist nun halt die Frage, ob man diese eher als eine Art Protosprache oder Protogesang (und damit eine Form der Musik) einstuft.

 
Das halte ich nur teilweise für überzeugend.
Die Mutter die durch Summen ihr Kind beruhigt wird sicher eine Konstante durch die gesamte Menschheitsgeschichte sein, sicherlich auch schon vor dem HSS. Für das Kind selbst ist das sicher eine vorsprachliche Erfahrung, für die Mutter hingegen sieht das anders aus.

Musik als Jagdsignal würde ich hingegen eher für relativ rezent halten (adelige Treibjagd, aus dem Kriegswesen übernommen; - was nicht im Widerspruch dazu steht, dass Treibjagden weder ein menschliches Alleinstellungsmerkmal sind, noch in der Geschichte erst relativ spät aufkamen, sondern auch im Paläolithikum bereits praktiziert wurden).

Hallo zusammen,

El Quijote, kannst du mir erklären, gern auch per PN wenn das hier nicht passt, was du mit "relativ rezent" und mit Abkürzung HSS meinst?

In dem Gespräch wurde als Beispiel für die Jagd weniger die Treibjagd genannt und auch keine Art von Instrument um ein Signal zu erzeugen, sondern es wurde einzig und allein von der Stimme des Menschen selbst ausgegangen.
Also wenn sich beispielsweise zwei oder mehrere Jäger an unterschiedlichen Stellen im Wald, aber noch in hörbarer Entfernung voneinander befinden, kann durch verschiedene Signale, bspw. eine bestimmte gepfiffene Tonfolge, trotzdem eine bestimmte Information weitergegeben werden.
Somit wäre das ja auch eine Form der Kommunikation / Sprache, nur auf einer anderen tonalen Ebene.
Das schließt natürlich nicht aus das auch Horninstrumente später für diese Art der Kommunikation genutzt und dann weiterentwickelt wurden.

Danke für diesen Ausspruch.

Was verschiedene Wissenschaftler derzeit offenbar zum Ausdruck bringen wollen ist die Annahme, dass der Mensch im Neolithikum, ja vielleicht sogar bereits der Neandertaler, wenn er komplexe Sachverhalte kommunizieren wollte, diese vermutlich nicht gesprochen, sondern gesungen haben wird. Die Welt wäre - so diese These - dereinst also viel musikalischer gewesen, die heutige Sprache dahingegen lediglich noch ein auf die Ansprüche und Anforderungen des Utilitarismus hin zugespitztes Werkzeug. Quasi Steno anstelle von Poesie.
In der Antike etwa wurden die Werke des Homer, oder die Verse der Dionysien des Nonnos von Panopolis vorgesungen, nicht gesprochen. Selbst der mittelalterliche Text der altdeutschen Kaiserchronik, oder auch das Annolied, diese mitunter in tausenden Versen oral tradierten Inhalte wurden vorgesungen, nicht gesprochen. Der ursprüngliche Mensch wäre demnach im Ausdruck dereinst weitaus vielschichtiger gewesen, als wir es heutzutage sind und die Welt des Gesanges vermutlich eine viel harmonischere. Erst nach zehntausenden von Jahren der Übung war der Mensch körperlich schließlich soweit in der Lage sich in der vergleichsweise harten, kehligen Sprache, also per sonorem, zu artikulieren.


"Wir sind der Erde Sammler" Sophokles

Das passt auch zu dem was ich in einem kurzen Abschnitt über die Weitergabe von Formen und Figuren bei melanesischen Sandzeichnungen las.
Da ging es auch darum, das über Gesänge auch das Wissen weitergegeben wurde, wie traditionelle melanesische Sandzeichnungen angefertigt werden.
und in einem Wikipedia-Beitrag zur Höhlenmalerei, meine ich auch einmal gelesen zu haben, das man vermutet das bestimmte Stellen für Höhlenmalereien auch auf Grund des Klanges in der Höhle ausgewählt worden sein könnten.
Das fand ich spannend.
 
El Quijote, kannst du mir erklären, gern auch per PN wenn das hier nicht passt, was du mit "relativ rezent" und mit Abkürzung HSS meinst?
Auch wenn ich nicht angesprochen bin, glaube ich das auflösen zu können:
HSS = Homo sapiens sapiens = der moderne Mensch
relativ rezent = erst in (vergleichsweise) jüngerer Vergangenheit aufgekommen
 
Woher weiß man das?

Es sind die einzelnen Bände in 22 Gesänge aufgeteilt, und Homer selbst- hat in seinen Werken einzelne Episoden überliefert, die Rückschlüsse zulassen wie man sich die Rezitation vorstellen muss: Eine Art chansonähnlicher Sprechgesang, der von der Lyra oder Kithara begleitet wurde.

In der Ilias wird es nach Achilleus Rücktritt sehr eng für die Griechen. Patroklos kann es nicht fassen, während die Griechen ums Überleben fechten, sitzt sein Freund Achilleus davon völlig unberührt in seiner Baracke, er schlägt die Leier und singt von den Taten der Heroen.

Auch in der Odyssee wird beschrieben wie Dichtung rezitiert wurde. In der Odyssee beschreibt Homer (oder besser seine Schüler) vielleicht sich selbst. Odysseus wird gastlich von den Phäaken aufgenommen und zeichnet sich bei Wettkämpfen aus. Am Abend spielt beim Mahl ein blinder Sänger, der von den Taten der Heroen singt, von einem Streit zwischen Achilleus und Odysseus.

Davon ist Odysseus so gerührt, dass er zu weinen anfängt und der König den Sänger bittet einzuhalten, doch Odysseus ehrt den Sänger Demodokos, lobt seine Kunst und gibt sich den Phäaken zu erkennen.
 
Ich erinnere sehr gerne den Spielfilm "Am Anfang war das Feuer" aus dem Jahr 1981, wenn ich es richtig erinnere wurde in einer Szene gesummt, oder auch gesungen? Es war wohl eine Szene mit der amerikanischen Schauspielerin Rae Dawn Chong in der Rolle der "Ika".

Link: Am Anfang war das Feuer – Wikipedia

Leider ist es lange her, daß ich diesen Film zuletzt gesehen habe, aber der Film von Annaud ist ein Meisterwerk, er hat mich ähnlich berührt, wie "2001" von Kubrick aus dem Jahr 1968.

Gesang und auch irgendeine Art Musik liegt wohl in der Natur des Menschen, eine natürliche Eigenschaft, die uns allen nicht fremd ist.
Gibt wohl Untersuchungen darüber, wie Gesang und Musik auf ungeborene Kinder im Mutterleib wirkt, und Einfluss hat, leider bin ich zu unwissend über all das. All das ist leider an mir vorbei gegangen, wie so sehr vieles andere.

Micha
 
Es würde mich mehr als wundern, wenn die Entstehung der Musikalität beim Menschen mit irgendwelchen Jagdsignalen zusammenhängt. ME ist recht offensichtlich, dass Musik va eine soziale Funktion hat (bzw viele verschiedene); dass sie sich am Lagerfeuer entwickelte, vielleicht tatsächlich zuerst in Verbindung mit Tänzen, und nicht im Wald auf der Jagd. Die wirklich interessante Frage ist "Wann?", aber die wird auf absehbare Zeit offenbleiben, befürchte ich.
 
Reinecke, ich denke nicht, gebrummt, gesummt, oder auch gesungen wurde vermutlich immer schon. Stell dir einmal vor, wie eine Mutter in den Urzeiten ihr Kind in den Schlaf brachte. Sie hat an es ihr Herz gehalten, beruhigende Laute. Ob das Summen oder eine Art Singen war, das werden wir niemals ergründen. Liebe und Zuneigung gab es immer schon, und wird es immer geben...

Micha
 
Unsere nächsten Verwandten im Tierreich tun das mWn nicht, und unsere gemeinsamen Vorfahren taten es vermutlich auch nicht. Also muss es sich irgendwann entwickelt haben.
 
Mir erscheint das Aufkommen hominider Musikalität über Kommunikation bei der Jagd gleichfalls eher unwahrscheinlich. Akustische Erfahrungen in der Natur gepaart mit Beobachtungen könnten hingegen eine initiale Rolle gespielt haben. Ein Nachahmen von Tierstimmen (bspw. Vogelgesang, Wolfsheulen, Schnurren, etc.) oder auch der Rhythmus auflaufender Wellen fiele mir spontan ein.
Meines Wissens bestehen verschiedene Theorien über die Ursprünge der Musikalität des Menschen, die wie @Reinecke schreibt eine soziale Funktion gehabt haben dürften. Neben mütterlichen Bindungssignalen zum Kleinstkind werden auch "Balzrituale" in Betracht gezogen, ebenso eine Gemeinschaft stärkende Rituale wie stampfen, trommeln, hüpfen, ... und schließlich tanzen und singen.
Vermutlich ist das ganze multikausal.
 
Schau dir den Film "2001" von Kubrick an, dieser Film beantwortet alle Fragen, restlos alle.
Von der Urzeit, bis in die allerfernste Zukunft, der Mann war ein Genie, ein Visionär.
(Auf Plattdeutsch gibt es den Begriff "Spökenkieker", eine Art "Seher")
Das kommt dem Stanley Kubrick schon sehr nahe, ist aber wieder ein ganz anderes Thema.

2001: 2001: Odyssee im Weltraum – Wikipedia

Micha
PS. Ein Spökenkieker ist ein Spukseher, einfach übersetzt, es gab und gibt solche Menschen, auch bezeichnet als mit dem "Dritten Auge."
Ich habe das Thema immer verweigert, ich wollte nicht wissen, was sein wird, was sein kann, das hat mir viel Kummer erspart.
 
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Wahrscheinlich ist die Veränderung/Variation von Tonhöhen (Richtung Melodik) jünger als die hier im Faden noch gar nicht erwähnte Rhythmik. Ich vermute, dass rhythmische Organisation bei Lautäusserungen ursprünglicher als "Melodik" ist: sie ist einfacher "herzustellen", auch ohne jegliche Lautgestaltung mach- und erkennbar (klopfen, pochen etc)

Interessant ist die Idee mit den Merksätzen, die aber nicht notwendig gesungen sein müssen: rhythmisch organisiertes sprechen genügt auch.

Nebenbei: Kleinkinder und Kindergartenkinder lernen/können rhythmisch richtig Kinderlieder - aber die Gestaltung der Tonhöhen (Melodik) gelingt ihnen lange Zeit nicht! Auch in Wahrnehmung und Wiedergabe von Tonhöhenunterschieden sind sie lange Zeit unsicher, kriegen das nicht hin. Die Sprachentwicklung der Kleinkinder ist anfangs von Rhythmik dominiert.
 
Die Phantasie von Drehbuchautoren, Regisseuren und Produzenten, sowie ihren Schauspielern - und sei sie noch so gut - kann eine historische Quelle sein. Für die Vorstellungen ihrer Zeit. Das liegt eigentlich auf der Hand.

Ein Bekannter von mir (der allerdings sein Geschichtsstudium abschloss, als ich vielleicht zehn war) hat seine Magister- oder Examensarbeit (er ist kein Lehrer, ich weiß nicht, ob er auf Lehramt studiert hat) über Hollywoodfilme als Spiegel der amerikanischen Geschichte geschrieben.
 
Nebenbei: Kleinkinder und Kindergartenkinder lernen/können rhythmisch richtig Kinderlieder - aber die Gestaltung der Tonhöhen (Melodik) gelingt ihnen lange Zeit nicht!
Halte ich für eine wichtige Bemerkung, auch bzgl. Entwicklung der Musik/Sprache (inkl. der frühesten ›Instrumente‹ bei der Treibjagd). Kinder klatschen erstmal. Wird mit der pränatalen Geborgenheit unter dem Herzschlag der Mutter zusammenhängen, vielleicht auch mit dem eigenen. Was ich mich aber frage, dekumatland, warum dem Menschen der 4/4-Takt so am Herzen liegt.(weil etwa durch 2, dem Doppelschlag des Herzens teilbar?)
 
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