Mythos Gotenschlacht

Vielleicht besaß er neben wissenschaftlichen Interesse auch eine Vorliebe fürs fabulieren. Das macht ihn mir eigentlich sympatischer als einen staubtrocknen Wissenschaftler ,der nichts niederschreibt was nicht verbürgt ist.
Das mag auch familiär bedingt gewesen sein, da er aus einer Schauspielerfamilie stammte. Einen Teil seiner Erinnerungen habe ich gelesen, und bereits in seiner Kinderzeit war er von derlei Heldengeschichten hellauf begeistert, die er auch gerne mit Freunden nachspielte.
 
anzumerken wäre noch, dass unter allen völkerwanderungszeitlichen Gentes die Goten, speziell die Ostgoten, auf heroische Überlieferungen geradezu abonniert waren: Rabenschlacht, Dietrich von Bern, Hildebrand, Niebelungenlied, Thidrekssaga -- da kann kein Vandale wie der seinen Untergang besingende Gelimer und auch kein Merowinger, trotz Sigibert, Brunichild und Fredegunde mithalten
 
anzumerken wäre noch, dass unter allen völkerwanderungszeitlichen Gentes die Goten, speziell die Ostgoten, auf heroische Überlieferungen geradezu abonniert waren: Rabenschlacht, Dietrich von Bern, Hildebrand, Niebelungenlied, Thidrekssaga -- da kann kein Vandale wie der seinen Untergang besingende Gelimer und auch kein Merowinger, trotz Sigibert, Brunichild und Fredegunde mithalten

..was ja letztlich auch den besonderen Mythos erst ausmacht! Bekanntlich hat Cassiodor als Römer und Vielschreiber doch recht viele Werke hinterlassen, wovon sich (Überraschung?)ja letztlich doch extrem wenig erhalten hat… Zumindest von seinen „weltlichen“ Werken ist es doch besonders seine Variae - also eine Briefsammlung, die eher als Vorlagen gedacht waren, die erhalten sind. Dabei hat doch gerade er eine große Sammelleidenschaft für Bücher auch dem entstehenden, christlichen Mönchstum mit initiiert! Ich glaube nicht, dass er frei von literarischer Eitelkeit war (wenn man seinen schwülstigen Schreibstil betrachtet)… „Überlebt“ hat sein Auftragswerk der Gotengeschichte nur als „Quellenvorlage“ bei Jordanes. Für das Verschwinden von progotischen Texten (…) mag hier mehr als nur der Zahn der Zeit in Frage kommen.

Vor diesem Hintergrund ist das starke Nachleben von Stoffen aus der Gotenzeit im späteren, mittelalterlichen Sagengut umso bemerkenswerter! Wo lag nur die Basis für diese reichen Inspirationen? Griffen die mittelalterlichen Dichter etwa auf geschriebene, lateinische Werke zurück, oder ist hier nicht eher eine mündliche Tradierung anzunehmen, die zu den starken Verformungen der Stoffe auch besonders einlud und den Erfordernissen der Zeit jeweils angepasst werden konnten? Einige der Stoffe sind gerade aus ältester, „deutscher“ Überlieferung (Hildebrandslied) erhalten, wo auch im Nibelungenlied der Sagenkreis um die Goten (Amalungen) zeitlich noch später bearbeitet werden. Andere Werke dagegen wurden noch sehr viel später, erst im skandinavischen Kulturraum verschriftlicht überliefert…!


Mein erster Eindruck ist, dass gerade die „kurzlebigen“ Reiche einen kräftigeren, „sagenformenden“ Einfluss auf die mittelalterliche Dichtung hatten, als andere Ereignisse. Warum sonst mögen gerade die Burgunder einen vordergründig sehr viel stärkeren Eindruck auf heutige Leser machen? Aber die ganzen Sagen wurden vor einem jeweils zeitgenössischen Hintergrund geformt, wie ja gerade im Nibelungenlied der einstige, das Reich existenzbedrohenden Konflikt mit der magyarisch/ungarischen Bedrohung des entstehenden, ostfränkisch/deutschen Reiches nachhallt. Dazu kommt, dass sich die „lehrhaften Inhalte“ solcher Dichtungen besonders gut ferne Ereignisse projizieren ließen. Hier spielt die mittelalterliche, christlich-ritterliche Ethik hinein, die vom damaligen Adel erwartet wurde.
 
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