Hallo Cherusker,
Cherusker schrieb:
...ist die leitende Archäologin z.Zt. Frau Wilbers-Rost und sie läßt keine Zweifel an der Varusschlacht in ihren Berichten aufkommen (in Vorträgen ist sie zurückhaltender, läßt aber bei Fragen keine Zweifel zu)...
Ja, das ist durchaus o.k. Wenn Du als Wissenschaftler unter Laien oder unter Fachkollegen sprichts, so ist das immer ein himmelweiter Unterschied. Laien bzw. Medien mögen es überhaupt nicht wenn Du die wissenschaftstypische "sowohl als auch" Rede gibts, Wissenschaftler dagegen hassen es wenn Du dich rückhaltlos festlegst ohne das dies allgemein anerkannt wäre. Man hat immer ein Vermittlungsproblem.:rotwerd:
Cherusker schrieb:
...daß die numismatische Bewertung (von Frank Berger), die vor einigen Jahren stattgefunden hat, nicht entkräftet ist, aber doch in ihrer Eindeutigkeit in Frage gestellt wurde, da einige Kritiker die Einordnung der Funde auch zu den Germanicus-Feldzügen zuordnen. Somit ist der eindeutige Münzbeweis nicht mehr gegeben!...
Nunja, die Kritik an der Münzananlyse läuft darauf hinaus, dass behauptet wird die nach 9 geprägten Mäünzen wären bis 15/16 noch nicht bei den Germanicustruppen angekommen und daher nicht auffindbar. Ist aber eine extrem dünne Beweisführung.

feif:
Aber, ganz wichtig, was ist denn überhaupt ein eindeutiger Beweis ? Anders gefragt, was würdest Du denn dafür vorschlagen, was würdest Du denn als eindeutigen Beweis in dieser Sache anerkennen ?
Ja, da kommen wir in wissenschaftstheoretische Grundsatzfragen. Die sollte man vielleicht in einem anderen Thread einmal diskutieren, weil sie wirklich wichtig sind, allerdings führt dies weit hinein in Philosophie :devil: und Naturwissenschaft.
Ich will das hier nur kurz darstellen, indem ich zwei gegensätzliche Beweistheorien andeute:
(a) sogenannter Positivismus: Man hat eine Theorie und sucht dann einfach nach unterstützenden Beweisen, alles andere wird im Prinzip ausgeblendet. War lange Grundprinzip in der historischen Wissenschaft, gilt aber längst als überholt, da sich damit alles beweisen lässt, auch wieviel Engel auf eine Nadelspitze passen zum Beispiel.
(b) Im Gegensatz dazu der Falsifikationismus nach Popper: Eine brauchbare Theorie zeichnet sich dadurch aus, dass sie grundsätzlich falsifizierbar ist. D.h. wer eine Theorie anführt muss aufzeigen, wie man sie (i.a. durch Experiment) zu Fall bringen könnte. Widersteht sie allen Falsifikationsversuchen gilt sie als korrekt.
(c) als Nebenbedingung zu diesen beiden nimmt man oft "Occams razor": Von zwei in ihren Konsequenzen gleichwertigen Theorien ist diejenige attraktiver, die einfacher ist, d.h. diejenige die die wenigsten Hilfskonstruktionen benötigt.
(b) i.V.m. (c) wird heute vorallem in den Naturwissenschaften verwendet, (a) feiert aber fröhliche Urständ, insbesondere z.B. bei Theologie und Esoterik.
Was ich damit sagen will ist: In jeglicher wissenschaftlicher Diskussion sollte man sich klar werden, was denn nun ein Beweis sein sollte und was nicht. Und das ist garnicht so trivial. Wenn man es nämlich auf die philosophische Spitze treibt ist garnichts im postiven Sinne beweisbar !
Cherusker schrieb:
...Und der Endpunkt der clades variana? Hmm...das stimmt nicht. ..... daß ich nicht wüßte, daß Kalkriese wohl der Anfang der clades variana war......und zu den pontes longi tendiere ....
Also die Fundstatisik der inzwischen über 5000 Einzelfunde zeigt deutlich die Ost-West Bewegungsrichtung, auch die beiden Hauptfluchtrichtungen sind erkennbar, die eine davon in Richtung Haltern/Aliso. Dahinter ist im Prinzip offenes Gelände, da war wohl keine weitere Schlacht, aber davor in östlicher Richtung waren sicherlich mehrere Zermürbungsschlachten an noch unbekannter Stelle.
Cherusker schrieb:
...Selbst wenn es das Varusschlachtfeld war, warum wurde dann der Wall parallel zum Weg gebaut und nicht als Absperrung? Hier kommt immer der Einwand, daß die Germanen die Römer vorbeiziehen lassen wollten, um nur ab und zu aus der Deckung des Walles anzugreifen. Dem widerspreche ich auch immer ....
Nun eine Absperrung wäre dumm gewesen, die bereits dezimierten Römer wären frühzeitig gewarnt gewesen. Du musst bedenken welch höllischen Respekt die Barberenvölker vor der Kampfkraft der Römer hatten, da stellt man sich nicht so einfach in den Weg. Es war Guerillataktik, und da kommt man nun halt immer aus der sicheren Deckung seitlich oder von hinten. Als man den Wall baute, wusste man noch nicht ob man hier die Sache zu Ende bringen konnte, oder ob man die überlegenen Römer praktisch nur hätte durchziehen lassen müssen.:weinen:
Also ich glaube nicht an einen anderen Endpunkt, ich denke die von Tony Clunn in "Die verlorenen Legionen" geschilderte Wegstrecke ist ganz nahe an der Wahrheit. Clunn hat ja auch noch einige Einzelfunde entlang der vermuteten Wegstrecke gemacht. Er sucht ja noch fleissig nach weiteren Belegen, ich bin gespannt was er noch so entdeckt.:fs:
Bis denn beste Grüsse, Trajan.:winke: