Dabei ist Serbien klein wie z.B. auch Ungarn und Österreich klein sind. Aber nur Serbien und Ungarn trauern ihren eingebildeten oder tatsächlichen Größen offiziell nach, während sich Österreich damit abgefunden hat und das Beste aus ihrer geografischen Lage macht: z.B. indem sie die Touristen schröpft und beim Transit ordentlich zulangt, als wäre die Zeit der Raubritter nie zu Ende gegangen.
Ich denke, da gibt es einige maßgebliche Unterschiede.
Was schon dabei anfängt, dass es zwar mal ein österreichisches Imperium gab, dass allerdings nicht im nationalen Sinne als österreichisch auffassen ließ.
Inwiefern es vor 1918 überhaupt ein stärkeres österreichisches Nationalbewusstsein gab, kann ich schwer einschätzen, zumal die Herausbildung eines Nationalbewusstseins in Österreich auf Grund der Sprache und historisch gewachsener Verbindungen zunächst auch in Konkurrenz zu einem dezidiert deutschen Nationalbewusstsein stehen konnte, dass sich überhaupt nicht am Habsburger Reich orientieerte, sondern an der deutschen Sprache und der jahrhundertelangen Zugehörigkeit zum deutschen Staatenzusammenhang.
Im Gegensatz zum Königreich Ungarn blieb in der Habsburgermonarchie die Österreichische Reichshälfte auch administrativ sehr viel kleinteiliger zersplittert, auf Ebene der Kronländer bildeten nicht einmal die habsburgischen Erblande eine administrative Einheit.
Und schaut man sich die Geschichte des Alten Österreichs an, war das eigentlich eher die Geschichte eines Nebeneinanders verschiedender unter Habsburger Herrschaft stehenden Regionen, als der eines im engen Zusammenhang mit den Erblanden stehenden Gesamtreichs.
Insofern das Königreich Ungarn tatsächlich einen administrativ relativ integrierten Zusammenhang darstellte, sofern wir die Autonomie Kroatien mal außen vor lassen und das im Zusammenhang mit einen wesentlich stärkeren Nationalbewusstsein, als in Österreich, lässt sich wahrscheinlich auch einfacher ein Narrativ à la "wir als Nation hatten mal....." stricken.
Unter Würdigung der Tatsache ließe sich das so aus österreichischer Sicht wahrscheinlich weniger gut sagen, weil es eine österreichische Nation, die ein Imperium besessen hätte nie gegeben hat.
Die Habsburger haben eins besessen und die Österreicher waren ein Teil davon.
Dann war Österreich natürlich demographisch und wirtschaftlich ganz anders aufgestellt als Ungarn. Österreich hatte eine wesentlich stärkere Industrie und damit auch eine wesentlich stärkere Sozialdemokratie, die immer gewisse Probleme damit haben musste die Zeit unter den Habsburgern allzu sehr zu verklären.
Kommen noch die Ergebnisse des 2. Weltkrigs dazu. Die deutschsprachigen Minderheiten aus der Tschechoslowakei, Jugoslawien und Ungarn flüchteten, wurden vertrieben oder verließen das Land später weitgehend freiwillig.
Ungarn wurde in die Grenzen des Vertrags von Trianon zurückversetzt, der etwa 1/3 aller Ungarn auf die Nachbarstaaten Ungarns aufgeteilt hatte, es folgten 40 Jahre von Moskau aufzwungene Fremdherrschaft, die die politische Linke in Ungarn die damit verbunden war in Teilen diskreditierte und rechtsgerichteten Bewegungen ermöglichte sich als Träger der Befreiung zu unszenieren.
Unter diesen Umständen vollkommen nachvollziehbar, dass man in Österreich und in Ungarn ein vollkommen verschidenes Verhältnis zu den ehemaligen Großreichen hat.
Auch im Fall von Serbien und Österreich halte ich das für ganz nachvollziehbar.
Aus dem simplen Grund, dass Österreichs Vergangenheit und seine Grenzen für ein neues erfolgreiches Wirtschaftsmodell, das ein neues Selbstverständnis als Nation flankieren konnte relativ günstig waren.
Die baulichen Relikte der Habsburger Dynastie, die Alpen als Urlaubsregion und der Umstand die Hälfte der Transitwege zwischen Deutschland und Italien in der Hand zu haben, machen da schon etwas her.
Was hat Serbien, worauf sich etwas aufbauen ließe? Die Serben haben beim Zerfall Jugoslawiens auf Raten nicht nur ein Imperium verloren, nach dem sie sich vielleicht zurücksehnen, mit Slowenien und Kroatien haben sich auch die wirtschaftlich stärksten Regionen des Territorialzusammnhangs von Serbien verabschiedet, inklusive der Urlaubsregionen an der Adria und eines Meereszugangs über serbisches Staatsgebiet überhaupt, was der serbischen Wirtschaft durch das Aufkommen von Zollfragen sicherlich nicht unbedingt hilft.
Wirtschaftlich dürfte es nicht wenigen Serben deutlich besser gegangen sein, als es Jugoslawien noch gab und dem nachzutrauern, ist an und für sich nichtmal irrational.
Das rechtfertigt sicherlich keinen Revisionismus oder radikalen Nationalismus, aber ich denke, wenn man das so betrachtet, wird schon deutlich, warum einige Entwicklungen so sind, wie sie sind und dass sich das nicht ausschließlich auf eine engstirnige Geisteshaltung zurückführen lässt, sondern tiefere Gründe hat.