Jeder von uns liest ja gerne, und gerne auch Dinge die nahe am Alltag sind. Erst recht, wenn diese Dinge 1.700 Jahre alt und römisch sind:
Römische Schreibtäfelchen aus Holz, gefunden in Tongeren in Belgien.
Plus de 85 tablettes d’écriture romaines en bois, vieilles de 1.700 ans, viennent de livrer leurs secrets. Elles révèlent des actes juridiques, des traces de dettes, de pensions, de cérémonies religieuses et même des noms d’habitants, témoignant d’une société déjà très organisée et multiculturelle.
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"Nirgendwo sonst in Belgien wurde so viel gefunden und untersucht": In Tongeren entdeckte römische Tontafeln enthüllen das Alltagsleben vor 2.000 Jahren.
Mehr als 85 römische Schrifttafeln aus Holz, die 1.700 Jahre alt sind, haben ihre Geheimnisse preisgegeben. Sie offenbaren Rechtsurkunden, Spuren von Schulden, Renten, religiösen Zeremonien und sogar die Namen von Einwohnern und zeugen von einer bereits hoch organisierten und multikulturellen Gesellschaft.
Das Gallo-Römische Museum in Tongeren stellte am Montag die Ergebnisse einer mehrjährigen Untersuchung von über 85 römischen Holzschreibtafeln vor, die in Tongeren gefunden wurden und aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. stammen. Es handelt sich um die ältesten Schreibtafeln, die je in Belgien entdeckt wurden.
Die Römer benutzten diese mit Wachs überzogenen Holztafeln, um Verwaltungs- und Rechtsdokumente, Briefe und Schulaufgaben zu notieren. Einige Texte beziehen sich auf die Immobilienverwaltung oder auf rechtliche Fragen. Die Texte wurden mithilfe eines hölzernen Griffels mit Metallspitze in das Wachs und das darunter liegende Holz geritzt.
Die Tafeln wurden bei Ausgrabungen an zwei Orten in Tongeren entdeckt. Eine erste Serie von 73 Exemplaren war 1930 an einem römischen Wohnort in der Nähe des Broekbergs, in der Nähe des römischen Tempelkomplexes, gefunden worden. Die anderen zwölf Tafeln wurden 2013 auf dem Grund eines Brunnens am Beukenbergweg freigelegt. "Nirgendwo sonst in Belgien wurden so viele Schrifttafeln gefunden und untersucht", freut sich An Christiaens, die örtliche Schöffin [Dezernentin] für Tourismus. "Sie enthalten alle Spuren lateinischer Schrift und erzählen uns, wie die Dinge vor zweitausend Jahren gelaufen sind."
Der Fund in Tongeren ist in seiner Art einzigartig. Zusammen bilden die Tafeln ein einzigartiges Stadtarchiv, das einen direkten Zugang zum täglichen Leben bietet und belegt, dass die Bewohner schon früh mit Verwaltung und Schrift vertraut waren. Durch umfangreiche Recherchen und den Einsatz innovativer Fototechniken konnte ein internationales Expertenteam einen Teil der auf den Tafeln verzeichneten Kritzeleien entziffern.
Alle Tafeln wurden in zwei Teile zerbrochen und nur die Hälfte davon wurde gefunden, heißt es in den jahrelangen Untersuchungen. Es handelt sich wahrscheinlich um Urkunden, Verträge und andere Rechtsdokumente. Auf einer Tafel wird das Wort usura (Zins) erwähnt, was sich möglicherweise auf ein Darlehen oder eine Schuld bezieht. Eine andere enthält einen Text über eine Zulage oder Rente, die einem Kriegsveteranen gezahlt wurde. Eine Inschrift verweist auf öffentliche religiöse Zeremonien mit Priestern und der Göttin Ceres, möglicherweise auf die Opferung eines Schafes.
Die Forscher fanden auch Hinweise auf Beamte wie lictores (Begleiter hoher Magistrate), einen décemvir (lokaler Magistrat) und vigiles (Nachtwächter/Polizei). Dies sind Funktionen, deren Existenz in dieser Region zuvor noch nie nachgewiesen worden war.
Die Tafeln zeichnen auch das Bild einer komplexen und multikulturellen Gesellschaft. Sie enthalten Namen verschiedener Herkunft (lateinisch, keltisch, germanisch) und zeigen, dass die Menschen damals lateinisch, keltisch und germanisch sprachen, für die Verwaltung jedoch ausschließlich Latein verwendeten.
Die vollständige Studie und ihre Ergebnisse sind auch in dem von
Brepols herausgegebenen Buch
"The Writing Tablets of Roman Tongeren (Belgium) and Associated Wooden Finds" zu finden."