Farben
Mit Farben ist das sowieso eine Sache. Farben sind beinahe nicht subjektiv zu beschreiben. Wenn ich sage "blau", dann weiß niemand: Meint er jetzt Königsblau? Aquamarin? Himmelsbau? Schalkeblau? Ferrarirot? Bayrisch-Blau? (damit ist kein Trunkenheitszustand gemeint) Azur? ....
Ich gebe ja zu, im Allgemeinen gehe ich nicht davon aus, dass jemand
ferrarirot meinen könnte, wenn er
blau sagt. :rotwerd:
Anzahl der Farbwörter und das Farbspektrum, welches sie beschreiben, mag in unterschiedlichen Sprachen verschieden sein und manche Sprachen kennen nicht einmal explizite Farbwörter ‒ Pirahã ist ein berühmtes Beispiel dafür ‒, trotzdem können Farben in jeder Sprache fast beliebig genau beschrieben werden, sofern das erwünscht ist. Du machst das doch gerade vor: wenn Dir
blau zu ungenau ist, sagst Du eben
schalkeblau. Das Wort habe ich bisher nie bewusst gehört, dennoch kann ich mir darunter sehr konkret etwas vorstellen.
Übersetzungen aus schlecht überlieferten Sprachen mögen mitunter ein Problem sein ‒ und das trifft auch auf das Hebräische zu ‒, weil man sich über das Denotat nicht so sicher sein kann, das ist aber nichts nur für Farbbezeichnungen Eigentümliches.
Im Original wird das Wort "יָפֶה" verwendet (ויבט הפלשתי ויראה את־דוד ויבזהו כי־היה נער ואדמני עם־יפה מראה׃). Das kann sowohl blond, als auch schön bedeuten. Die Vulgata benutzt an dieser Stelle auch den Begriff rufus und pulcher ("erat enim adulescens rufus et pulcher aspectu"), was wohl der Abhängigkeit der Vulgata von der Septuaginta zuzuschreiben ist, die die Stelle so wiedergibt: "καὶ αὐτὸς πυρράκης μετὰ κάλλους ὀφθαλμῶν".
Das kann ich nun überhaupt nicht nachvollziehen. So bedeutet
yɔp̄ɛ zuallererst ›schön‹ und an keiner Stelle ›blond‹. Im hiesigen Kontext ist es der Kopf einer Constructus-Verbindung:
yəp̄e marʾɛ ›schön von Aussehen‹, eine idiomatische Wendung, die in der weiblichen Form
yəp̄aṯ marʾɛ häufiger in der Bibel anzutreffen ist.
Der hier fragliche Teil lautet weiter
ʿim-yəp̄e marʾɛ ›mit schönem Aussehen‹ und ist syntaktisch wie folgt gegliedert:
[PP [P ʿim-] [AP [A yəp̄e] [N marʾɛ]]]. Die griechische (
μετὰ κάλλους ὀφθαλμῶν) und lateinische (
pulcher aspectu) Übersetzung halte ich deswegen an der Stelle für stimmig.
Strittig ist ein anderes, vorhergehendes Wort:
ʾaḏmoni. Es kommt nur drei Mal im Bibeltext vor, nämlich in den beiden hier fraglichen Stellen 1 Sam 16,12 und 1 Sam 17,42, sowie in Gen 25,25. Wahrscheinlich leitet sich
ʾaḏmoni von
ʾɔḏom ›rot, rotbraun‹ her und bedeutet vielleicht soviel wie ›rötlich‹. Dass die biblische Figur Esau in Gen 25,25 als
ʾaḏmoni beschrieben wird, ist wahrscheinlich ein Wortspiel, weil er auch als Stammvater der Edomiter (sing.
ʾɛ̆ḏomi) dargestellt wird. Jedenfalls übersetzt auch die Einheitsübersetzung
ʾaḏmoni dort mit
rötlich, da ist es schon interessant, dass David dagegen einfach so
blond wird. Davon abgesehen ist nicht einmal klar, ob sich
ʾaḏmoni – welche Farbe genau damit auch immer gemeint sein mag ‒ auf die Farbe der Haare, der Haut, des Gesichts, der Wangen etc. bezieht.
In der griechischen und lateinischen Fassung ist also eher von rötlich oder rothaarig die Rede, was sich aus dem Hebräischen Originaltext so nicht zwingend ergibt. Die Übersetzungen spiegelen also die Unsicherheit des Übersetzers der Septuaginta wider.
Mir scheint eher, dass die Übersetzung
blond die Unsicherheit der Übersetzer der Einheitsübersetzung widerspiegelt. Es ist jedenfalls schwierig so eine Übersetzungsentscheidung guten Gewissens zu rechtfertigen. Die Septuaginta dagegen hält sich hier sklavisch an das hebräische Original.
Und da ich hier mit der Exegese der Einheitsübersetzung wirklich nicht weiter weiß, halte ich mich eben an die klassischen Koranexegeten, die da meinten, wenn sie mit ihrem Arabisch am Ende waren:
والله أعلم