Stimmt, ich habe mich hier
Wahlplakate-Archiv - Wahlplakate aus der Weimarer Republik - Funktion von Wahlplakaten
etwas umgeschaut, du hast recht, es war wohl ein allgemeiner Stil zu polarisieren, mit Ausrufezeichen politisch zu werben.
Ich bin die Ausschnitte mal chronologisch durchgegangen um einen kleinen Überblick zu bekommen.
Auf die NSDAP beschränkt, zeigen die wenigen Beispiele am Anfang (´24) ein strammes, aber ~rechtschaffenes (aus dem eigenen Selbstverständnis) Auftreten im Stil, der Bildgestaltung, daß ´27 durch die Schriftaussage "Den Galgen für Wucherer, Ausbeuter... egal welcher Konfession und Rasse!" schon derb ins Agressive geht.
Kann man fragen, wie es sich für damalige Ohren angehört hat, ob es nur als Rhetorik verstanden wurde.
Im Vergleich mit anderen Statements auf Wahlplakten anderer Parteien, sticht der Ton brutal hervor.
Zu derselben Zeit (´27) fand ich interessant, zu der Frage der allgemeinen Polarisierung ein Vergleich mit dem KPD-Plakat "Übt Solidarität!".
Man kann, denke ich, den Imperativ als Stil nennen, welcher mit verschiedenem Inhalt gefüllt werden kann. Insofern könnte doch eine direktere Betonung auf Agressivität, seitens der Nat.Soz. gewesen sein, nicht nur Polarisierung überall.
Dagegen kann man (´28) "Säubert das Reich!(von Nazis)", "Wir kämpfen... gegen Klassen und Rassenhaß!"(DDP) stellen, wo aber wieder, meinem Eindruck nach die Nat.Soz. dieselbe Polemik zusätzlich mit Blut benutzen.
DDP:
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Nsdap:
http://www.wahlplakate-archiv.de/images/stories/weimar/NSDAP/1928/nsdap-sa-rtw1928-01.jpg
Entgegen den anderen wirkt die SPD sehr ruhig, gemäßigt. Beabsichtigte Wahlkampftaktik?
Aufgefallen ist mir, daß ab ´30, besonders ´32 die Nat.Soz. sich staatstragender, gesetzter geben.
Wenn vorher der Aufruf( fast eine Not) zum Kampf die Stimmung prägt, erscheint es mir ab dann, als würde so kommuniziert, als Hätte man bereits gesiegt
z.B. hier
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(die jüdische Schlange, die Ursache allen Übels, ist erlegt, bedroht nicht)
´32 geht es in diesem Ton noch eindringlicher weiter. Zum erstenmal (aus den wenigen Beispielen bei der Internetseite) tritt eine ~ ,Heimat´- Ästehtik auf.
Sehr ansprechend in meinen Augen, Werte, Symbole wie Hilfe, Treue, Verläßlichkeit, Strenge, Stärke, auch zärtlich-schwache Frauen, neben beständigen werden würdevoll transportiert, keine schrillen Töne, kein Ruf nach Blut oder Tod.
Hitler ist einer bei vielen Staatsmänner und schwebt über ihnen, unterdrückt oder beherrscht sie nicht.
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Danach ist mein vorheriger Eindruck, daß damals direkt Agressivität, Zerstörung gewählt wurde , falsch.
Teilweise, bei zwei Plakaten, einem in Schatten Stilisiertem Soldatenkopf und nur der Kopf Hitlers auf schwarzem Grund, ist sie noch vorhanden, aber nicht fordernd, sondern (so anmutend) bereits erfüllt.
Liest sich möglicherweise etwas blöd, es wirkt auf mich, wie die (propagandistische) Fortschreibung von Würde auf das Grauen.
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Zum Thema insgesamt, steht bei Wiki im allgemeinen Artikel über die Nsdap :" Nach dem verheerend schlechten Ergebnis bei den Reichstagswahlen 1928, als sich die NSDAP mit 2,6 Prozent der Stimmen begnügen musste, erging die Weisung an alle Parteigliederungen, in ihrer
Propaganda den Antisemitismus zurückzuschrauben, der vor allem auf bürgerliche Kreise abschreckend wirkte." ohne genaue Quelle. Zum Zurückrudern.
In einer Rede ´32 benutzt H. den Zerstörungstopos gegen die anderen Parteien "[FONT=Arial,Helvetica,sans-serif]Der deutsche Bauer verelendet, der Mittelstand ruiniert, die sozialen Hoffnungen vieler Millionen Menschen vernichtet, ein Drittel aller im Erwerbsleben stehenden deutschen Männer und Frauen ohne Arbeit und damit ohne Verdienst, das Reich, die Kommunen und die Länder überschuldet, sämtliche Finanzen in Unordnung und alle Kassen leer. Was hätten sie überhaupt noch mehr zerstören können. Das schlimmste aber ist die Vernichtung des Vertrauens in unserem Volk, die Beseitigung aller Hoffnungen und aller Zuversicht. " (~um selber nicht dem Vorwurf zu begegnen?[/FONT])
Das einzig destruktive dort ist : "[FONT=Arial,Helvetica,sans-serif]Der Aktivismus unserer Rasse wurde nur im Inneren verbraucht, nach außen aber blieben Phantasien übrig, phantastische Hoffnungen auf Kulturgewissen, Völkerrecht, Weltgewissen, Botschafterkonferenzen, Völkerbund, Zweite Internationale, Dritte Internationale, proletarische Solidarität und so weiter, und die Welt hat uns dementsprechend behandelt.[/FONT]"
Ansonsten :"[FONT=Arial,Helvetica,sans-serif]Wenn die Nation ihre Pflicht erfüllt, muß dann einst ein Tag erstehen, der uns wiedergibt ein Reich der Ehre und Freiheit, Arbeit und Brot. "
Wie auch auf einem Wahlkampfplakat :"[/FONT]Kämpft für die Wahrheit, der Lüge den Tod."
Als Zwischenfazit, würde ich sagen, sie haben die Propaganda sehr verfeinert neue Themen aufgegriffen, den Stil ästhetisch anspruchsvoller gestaltet, das brutale weggelasen, höchstens angedeutet.
In diesem Sinne verwässert.