Nutzpflanzenkulturen und ihre Entwicklung im Laufe der Geschichte

Natürlich. Aber das ging ja im ausgehenden 18. und 19. Jahrhundert vor allem noch auf das Konto von Grundbedürfnissen, weil die vorhandene, noch relativ ineffektive, relativ spärliche Maschienerie ja anders als heute überhaupt noch nicht in der Lage war dauerhaft große Mengen an Überproduktion zu leisten und die vorhandenen Märkte tatsächlich zu übersättigen.

Natürlich wurde das profitorientiert betrieben und nicht auf ökologische Nachhaltigkeit ausgerichtet, die Frage wäre aber, hätte man unter den damaligen Bedingungen darauf verzichten können, ohne die Versorgung mit einigermaßen bezahlbaren Bedarfsgütern zu untergraben, die es ermöglichte die Mangelwirtschaft der agrarischen Gesellschaften Alteuropas hinter sich zu lassen?

Bei Tabak und Zucker als Luxusprodukten stellt sich die Frage nicht, da wäre es sicherlich auch ohne gegangen, aber bei Baumwoll stellt sie sich meines erachtens nach schon.
Und dann habe ich um ehrlich zu sein etwas Probleme mit dem Nachhaltigkeitsbegriff, weil ich es durchaus nicht für nachhaltiges Wirtschaften halten, Wirtschaft so zu betreiben, dass Teile der Bevölkerung ihre Grundbedürfnisse nicht oder nur zum Teil befriedigen können.
Soweit mir bekannt, ist der Nettohektarertrag bei der Baumwolle wesentlich höher als bei der Schafproduktion. Auch vom Endpreis her sollte dann
Cotton günstiger sein als Wolle. In der US-Baumwollanbauregionen stellt sich in der Masse die Frage des Winterfutters nicht.
Wenn Grundbedürfnisse von Teilen der Bevölkerung nicht erfüllt werden können, so liegt dies auch an der ungleichen Verteilung von Kapital und Macht, in der heutigen Zeit sieht man das in vielen Regionen der Erde deutlich. Es kann und darf ja nicht sein, das Nahrungsmittel als Spekulationsobjekte herhalten müßen, um möglichst hohe Gewinne zu erzielen. Natürlich verlieren in solch einem "Kapitalismus" die armen Bevölkerungsschichten.
Aber dies ist eine generelle Frage des gesellschaftlichen Systems, auch in der UdSSR gab es ja die riesigen Monokulturen. Wir haben bei der Produktion von Nahrungsmittel nun auch das Problem der "Überbevölkerung" der Erde, sprich Wasser und Nahrungsmittel werden knapper und sind zu dem schlecht verteilt.
 
Zudem treten weltweit in vielen Monokulturen zunehmend Probleme mit Pflanzenkrankheiten auf, um einige Beispiele zu nennen:
Kakao, Citrusfrüchte (hier zuerst einmal Orangen), Bananen, Oliven, mit Einschränkungen der Mais, Kaffee durch klimatische Veränderungen.

Bezüglich der Schafhaltung ist Australien ein gutes Beispiel, hier werden auf sonst nicht nutzbaren Flächen Schafe gehalten.

Außerdem ist ja Schaf nicht gleich Schaf, auch hier gibt es erhebliche Unterschiede bezüglich Wollqualität und Haltungsbedingungen. Im Laufe der Geschichte haben sich hier viele örtliche Rassen und Arten herausgebildet die für die dortige Bevölkerung sinnvoll erschien. Hier haben wir natürlich die gleiche Entwicklung wie in der pflanzlichen Produktion. Erst in "moderner" Zeit wurde hier "leider" in eine andere, meiner Meinung nach, ungute Richtung umgesteuert.

Es erscheint durchaus sinnvoll nicht ausschließlich auf Ertragszahlen zu schauen.
 
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Soweit mir bekannt, ist der Nettohektarertrag bei der Baumwolle wesentlich höher als bei der Schafproduktion. Auch vom Endpreis her sollte dann
Cotton günstiger sein als Wolle. In der US-Baumwollanbauregionen stellt sich in der Masse die Frage des Winterfutters nicht.
Naja, natürlich stellt sich die Frage des Winterfutters in den Baumwollrgionen nicht, in dem Maße wie in Regionen, in denen man auf Schafswolle setzt.

Das Winterfutter war mehr als Kontrapunkt dazu gedacht, dass für Schafszucht und Produktion von Schafswolle genutzte Gebiete in der Regel für den Anbau von wenig anderem taugen, respektive typischerweise den meisten Pflanzen die es anderswo gibt eher keinen besonders freundlichen Lebensraum bieten.

Das würde ja aus umwelttechnischen Gründen erstmal für Schafe alls Wollproduzenten statt für Baumwolle sprechen, weil dann in diesen Regionen wenig zerstörerische Eingriffe notwendig sind um auf Schafszucht umzustellen.
Wenn aber im Winter zusätzliches Futter herangschafft werden muss, für dass dann wieder andere Flächen bebaut werden müssen (zusätzlich zur sonstigen Nahrungsmittelproduktion für die menschliche Bevölkerkerung, relativiert sich das natürlich, es sei denn, man kann einen Großteil des Winterfutters aus irgendwie konservierbaren Abfallprodukten der Landwirtschaft heraus bestreiten.

Wenn Grundbedürfnisse von Teilen der Bevölkerung nicht erfüllt werden können, so liegt dies auch an der ungleichen Verteilung von Kapital und Macht, in der heutigen Zeit sieht man das in vielen Regionen der Erde deutlich. Es kann und darf ja nicht sein, das Nahrungsmittel als Spekulationsobjekte herhalten müßen, um möglichst hohe Gewinne zu erzielen. Natürlich verlieren in solch einem "Kapitalismus" die armen Bevölkerungsschichten.
Aber dies ist eine generelle Frage des gesellschaftlichen Systems, auch in der UdSSR gab es ja die riesigen Monokulturen. Wir haben bei der Produktion von Nahrungsmittel nun auch das Problem der "Überbevölkerung" der Erde, sprich Wasser und Nahrungsmittel werden knapper und sind zu dem schlecht verteilt.
Für die industrielle Moderne mit ihren Überkapazitäten hast du sicherlich recht, aber letztedlich hatte sich die Diskussion ja mal daraus entwickelt, ob man die Plantagenwirtschaft des 18. und 19. Jahrhunderts in den Südstaaten der USA als über die Maßen umweltschädlich und unnachhaltig betrachten kann.
Damals war aber keine Überproduktion in dem Sinne vorhanden, wie sie heute gegeben ist, sondern de facto war die industrielle Weltproduktion von Textilien erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts hinreichend, um in Nordamerika und Europa sukzessive die nicht voll durchmechanisierte Heimarbeit zu verdrängen und die nordamrikanischen und Europäischen Märkte tatsächlich mit einigermaßen günstigen Produkten wirklich zu sättigen.
Will heißen bis dahin gab es überhaupt noch nicht die maschinellen Kapazitäten um so viele Rohstoffe verarbeiten zu können, dass man sagen könnte, dass ein Großteil der Baumwollplantagenwirtschaft tatsächlich nur der Befriedigung von Luxusbedürfnissen (in Form der X. Garnitur Kleidung) gediehnt hätte und dass man davon sprechen könnte, dass Unterversorgung mit einigermaßen vorzeigbarer Kleidung ein reines Verteilungsproblem gewesen wäre.
Das war damals durchaus noch ein Problem dass einfach aus fehldendem Angebot oder daraus resultierend zu hohen Preisen basierte.
Deswegen finde ich die Kritik an der Plantagenwirtschaft im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert als Akt unnötiger Umweltzerstörung schwierig.



Was in der Moderne, im 20. Jahrhundert betriben wurde ist demgegenüber was ganz anderes.
Bei dem was in der Sowjetunion getan wurde was die Produktion von Baumwolle unter Inkaufnahme der Überbeanspruchung der natürlichen Wasserressourcen des Aralses etc. getan wurde ging es ja um ganz andere Dinge.
Da war ja das Ziel nicht die Versorgung der eigenen Bevölkerung mit Bedarfsgütern, das hätte man ja aus diversen Rohstoffxporten ohne weiteres finanzieren können, sondern darum aus politischen und strategischen Erwägungen heraus eine autarke Produktion an Baumwolle und Baumwollprodukten aufzubauen, nur eben ohne die Grundlagen dafür zu besitzen, respektive verkennend, welche Folgen es dann haben würde, diese Bedingungen künstlich zu erzeugen.

Nun kann man sicherlich festhalten, dass eine geplante Autarkiepolitik, die darauf hinausläuft das eigene Gebiet unter großem Aufwand umzugestalten, um sich vom Ausland unabhängig zu machen oder mit Gewalt Industrie in einer Region anzusiedeln, anstatt einfach in den Aufbau von Produktion in Gebieten zu investieren, die die richtigen Umweltbedingungen mitbringen in der Regel eben umweltzerstörerisch ist.
Und man wird sich auch daraurf einigen können, dass die künstliche Herbeiführung von Überproduktion, nur mit der Implikation dann selbst ein paar Produktionsstandort zu kontrollieren, ebenfalls auf unnötige Umweltbelastungen hinausläuft.

Aber das ist in meinen Augen eine völlig andere Diskussion als die Thematik der Plantagenwirtschaft in den Südstaaten anno 1800 +/- 50 Jahre.
 
Wenn wir die Plantagenwirtschaft in den Südstaaten vor der Einführung der Endkörnungsmaschine betrachten, müßen wir uns wahrscheinlich eher auf Tabak konzentrieren. Ich habe auch keine Zahlen/relative Flächenangaben was die Anbaugebiete betrifft.
Es stellt sich daher auch für mich die Frage, welche tatsächliche Ausdehnung (räumlich) diese Produkte tatsächlich hatten. Der Süden war ja schon vor 1800 landwirtschaftlich anders aufgestellt als die nördlicheren Gebiete, was sich schon aus den natürlichen Gegebenheiten ergibt.
 
Shi. Du hast doch nach der natürlichen Vegetation in den Anbauregionen der Südstaaten gefragt?
Hier waren in der Masse der Fläche sommergrüne Misch-und Laubwälder üblich, je nach Standort und Bodenverhältnissen. Das kann man auch auf entsprechenden Vegetations-und Klimakarten sehen. In einigen kleineren Bereichen können wir eventuell von eine Strauch- und Buschvegetation mit wenigen größeren Bäumen ausgehen. Kleiner Trockenzeit sind hier möglich, bilden aber kein besonderes Hindernis in der Agrarproduktion.
Von daher kann man zumindest sagen, das wohl ab etwa 1800 die Baumwolle aus rein wirtschaftlichen Gründen angebaut wurde "Cotton is King".
 
Aber das ging ja im ausgehenden 18. und 19. Jahrhundert vor allem noch auf das Konto von Grundbedürfnissen, weil die vorhandene, noch relativ ineffektive, relativ spärliche Maschienerie ja anders als heute überhaupt noch nicht in der Lage war dauerhaft große Mengen an Überproduktion zu leisten und die vorhandenen Märkte tatsächlich zu übersättigen.

Ja, aber war nicht genau in dieser Zeit nicht schon eine industrielle Produktion mit weltweitem Absatz?
Das war Überproduktion, und ganz sicher nicht "spärliche Maschinerie".

Ich denke an die Textilproduktion in der Schweiz im 18. und 19. Jahrhundert und die englischen Spinnereien und maschinellen Webstühle des frühen 19. Jahrhunderts.


 
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Ja, aber war nicht genau in dieser Zeit nicht schon eine industrielle Produktion mit weltweitem Absatz?
Weltweiter Absatz, nachdem für Europäer das innere Afrikas noch bis ins ausgehende des 19. Jahrhunderts terra incognita war und bedeutende Teile Ostasiens ihre Häfen für europäische Waren bis Mitte des 19. jahrhunderts de facto sperrten?
Würde ich infrage stellen.

Natürlich gab es Absatz, der auch über Europa und Nordamerika hinausging, was die Textilindustrie betrifft, aber dieser Umstand an und für sich spielt ja für die Frage ob es hier noch um Grundbedürfnisse oder um Luxus ging keine Rolle.
Dafür ist ja eher die Frage nach der Sättigung der Märkte mit industriellen Textilprodukten bedeutend und als Indikator dafür wird man sowohl den Punkt nehmen können, an dem die Preise für Industrieerzeugnisse durch Angebotsschwemmeso weit heruntergingen, dass es begann die Produzenten in Schwierigkeiten zu bringen, oder aber, wenn man nach einem anderen Indikator sucht, wird man sich auch an der Verdrängung der vormodernen Produktionstechniken von den Märkten orientieren können.

Die ist aber selbst in Europa in der Mitte des 19. Jahrhunderts noch nicht abgschlossen.
Wenn wir mal an den schlesischen Weberaufstand, de Hauptmann in literarisches Denkmal gesetzt hat denken, dass ist Anfang der 1840er Jahre. Bis zu dem Zeitpunkt war die Textilproduktion in Form von Heimarbeit durchaus noch konkurrenzfähig und das in einer Region, die verkehrstechnisch relativ günstig lag, insofern gößere Warenmengen problemlos über die Oder bewegt werden konnten (während die englischen Produkte andere Regionen weit schwieriger erreichen konnten, Eisenbahn steckte ja noch in den Kinderschuhen) und die relativ nah an Großbritannien als DEM industriellen Zentrum der Zeit drann lag, was für vergleichsweise niedrige Transportkosten sorgte, gemessen etwa an Russland, oder diversen afrikanischen oder asiatischen Regionen (den Suezkanal gab es ja bis 1869 auch noch nicht).
 
Insgesamt gesehen ist es ja so, das landwirtschaftliche Produktion auf großen Flächen ( Pflanzen), in großen Einheiten ( Vieh), ausschließlich der Wirtschaftlichkeit dient. Ökologische Gesichtspunkte werden hier wenig bis gar nicht berücksichtigt. Letztendlich führt das zur Zerstörung der Böden, der örtlichen und überörtlichen Ökosysteme. Auch die sozialen Systeme der Bewohner werden hiervon langfristig beeinflußt.
So einfach ist das ja wohl nicht. Wenn es Eigentumsrechte an Boden gibt, haben die Eigner ein Interesse daran, den Bodenertrag für die Zukunft zu erhalten. Ich vermute, dass es kein Zufall ist, wenn man vor allem von Gegenden in der ehemaligen Sowjetunion hört, dass Böden durch Monokultur zugrunde gerichtet wurden. In den USA ist die Landwirtschaft dagegen immer noch hoch produktiv.
Natürlich gibt es auch bei kapitalistischer Wirtschaftsweise ökologische Probleme. Die treten etwa auf, wenn eine bestimmte Art der Bodennutzung dem eigenen Boden kaum schadet, aber dem gesamten Ökosystem. Von dem einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb geht dann ein meist schwacher negativer Effekt aus (ökonomisch: ein externer Effekt, weil er nicht von Marktpreisen erfasst wird), der aber über alle Betriebe summiert große Schäden anrichtet. Da muss dann der Staat ins freie Spiel der Märkte eingreifen.
 
So einfach ist das ja wohl nicht. Wenn es Eigentumsrechte an Boden gibt, haben die Eigner ein Interesse daran, den Bodenertrag für die Zukunft zu erhalten. Ich vermute, dass es kein Zufall ist, wenn man vor allem von Gegenden in der ehemaligen Sowjetunion hört, dass Böden durch Monokultur zugrunde gerichtet wurden. In den USA ist die Landwirtschaft dagegen immer noch hoch produktiv.
Natürlich gibt es auch bei kapitalistischer Wirtschaftsweise ökologische Probleme. Die treten etwa auf, wenn eine bestimmte Art der Bodennutzung dem eigenen Boden kaum schadet, aber dem gesamten Ökosystem. Von dem einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb geht dann ein meist schwacher negativer Effekt aus (ökonomisch: ein externer Effekt, weil er nicht von Marktpreisen erfasst wird), der aber über alle Betriebe summiert große Schäden anrichtet. Da muss dann der Staat ins freie Spiel der Märkte eingreifen.
Doch, leider ist dies in vielen Regionen so, schau Dir die landwirtschaftlichen Betriebe im mittleren Westen der USA an, trotz Konturenpflügens bekommt man die Erosion nicht so einfach in den Griff. Zudem sind die ständigen hohen Düngergaben, auch in Form von Gülle, der Bodenfruchtbarkeit, insbesondere dem Bodenleben, äußerst abträglich. Langfristig ist dies sehr gefährlich. Ein anderer Punkt ist der dauernde Einsatz von teilweise gefährlichen Pflanzenschutzmitteln, die z.B. schwerste Auswirkungen auf Bienen haben. Teilweise greift in der Landwirtschaft ein Rädchen in das andere.

Die großen Flächen dienen defintiv der Wirtschaftlichkeit, sonst hätte man ja keine so großen Flächen geschaffen.
 
Große, zusammenhängende Flächen verändern über den geringeren Windschutz den Wasserhaushalt negativ ( höhere Verdunstung), verhindern/erschweren das überleben von Insekten und davon abhängigen Tieren ( durch zu große Abstände zum nächsten Lebensraum), gleichzeitig wird durch diese Flächeneinheiten die Ausbreitung von Schädlingen gefördert.
Gleichzeitig wird bei einer Kultur wie Mais übermäßig viel Gülle in die Böden getragen. Mais gehört hier zu den Kulturpflanzen, die im Gegensatz zu den meisten anderen, diese Mengen ertragen.
 
So einfach ist das ja wohl nicht. Wenn es Eigentumsrechte an Boden gibt, haben die Eigner ein Interesse daran, den Bodenertrag für die Zukunft zu erhalten.
Nur dann, wenn die Eigentumsrechte daran wirklich in einer Hand sind und davon ausgegangen werden kann, dass die absehbare Preis- und Konkurrenzentwicklung in der mittelfristigen Zukunft noch hinreichende Erträge bietet und Umwandlung des Bodens etwa in Bauland entweder aus den Gegebenheiten heraus nicht in Betracht kommt oder keine besonderen Profite verspricht, weil ungünstige Lage ohne viel Nachfrage.

Zeichnet sich hingegen ab, dass anderswo landwirtschaftliche Produktionskapazitäten aufgebaut werden, die unterm Strich kosteneffizienter arbeiten, sind Eigentumsrechte an Grund und Boden oder einem Agrarunternehmen in handelbaren Wertpapieren gebunden, so dass sie als Spekulationsobjekte taugen und in verschiedenen Händen oder verspricht mittelfristige Abstoßung und Umwidtmung von Flächen absehbar bessere Profite als nachhaltige Landwirtschaft, kann es mit dem Interesse der langfristigen Nutzung und dem Erhalt der Bedingungen ganz schnell vorbei sein.

Ebenso wenn der Eigner in einer finanziellen Misere steckt und aus ökonomischen Gründen jenseits der ökologischen Vernunft kurzfristig größere Erträge aus dem Boden pressen muss um aus zusätzlichen Gewinnen, die sich realisieren lassen Verbindlichkeiten oder Zinsen zu bedienen, oder wenn der Betrieb vererbt wird, der Nachfolger aber kein Interesse hat ihn längerfristig weiter zu führen, sondern nur daran, ein paar Jahre lang gute Erträge heraus zu ziehen um sich dann von dem Betrieb zu trennen und in etwas anderes zu investieren.

Privateigentum allein garantiert keine Nachhaltigkeit.
 
Mag ja alles hier und da mal vorkommen, aber der Blick sollte nicht nur von Bäumchen zu Bäumchen schweifen, sondern auch den ganzen Wald erfassen..
Vielleicht sollte man sich auch mit sich selbst einigen.

Privateigentum wird ja gerne als Schlüssel dafür angführt wirtschaftliche Prozesse durch Invstitionen in Innovationen effektiver zu gestalten und dadurch die Erträge zu erhöhen.
Wenn man jetzt von der eher moderneren Fragstellung, ob die Privatwirtschaft denn auch zwangsläufig kapitalstark und interessiert genug ist Grundlagenforschung für Innovationen zu finanzieren (in der Regel nämlich nicht) und bei der Umsetzung von Neurungen auf sich allein gestellt hinreichende Skaleneffekte zu erreichen um Innovation denn tatsächlich auch bezahlbar/rentabel zu machen, mal außen vor lässt, wird man sich doch grob darauf einigen können, dass viel Innovationstrieb und Investment, dass durchaus im Zusammenhang mit dem Privateigentum stehen kann in der Regel auch viel an Veränderungen nach sich zieht.

Nun können diese Veränderungen ökonomisch sehr nachhaltig sein, aber im Hinblick auf ökologische Grundlagen wird man wohl festhalten können, dass mehr und tiefgreifendere Veränderungen in der Wirtschaftsweise auch automatisch zu gründlicherer und immer schwerer reversieblen Eingriffen in die ökologischen Grundlagen führen.

Das fängt ja bereits bei prophanen Dingen an, wie dem Umstand, dass größere Produktionsmengen durch Einsatz moderner Technologien, oder möglicherweise bereits diese Technologien selbst irgendwann den Auf- und Ausbau von Infrastruktur benötigen, um diese Erträge oder Maschinen zu ihrer Erzeugung überhaupt bewegen zu können. Und das bleibt natürlich ökologisch nicht folgenlos.

Apropos Wald: Wer welchen hat, pflanzt neue Bäumchen, die kaum er selbst und höchstens seine Erben fällen werden.
Wie schon weiter oben angeführt, reden wir doch mal über "Bannwälder" und Waldflächen als Staatsdomänen in der FNZ.

Wenn man etwa Wolfgang Reinharts Vorstellung aus "Geschichte des modernen Staates" folgt, nach der was die Staatenwelt angeht die Moderne mehr oder weniger mit dem Übergang vom Domänenstaat zum Steuerstaat (um das 18. Jahrhundert herum) beginnt, sollte man vielleicht überdenken, ob Schlussfolgerungen die man aus der moderen Gestaltung der öffentlichen Finanzen und nicht privaten Wirtschaftens so ohne weiteres auf historische Zustände übertragen kann.

Ein modernes Staatswesen das wesentliche Teile seines Staatshaushaltes aus Steuereinnahmen in Geldform bezieht hat natürlich relativ wenig Anreize sich in die Art der Bewirtschaftung von Flächen einzumischen (auch wenn es sie selbst besitzt) und da besonders restriktive Grenzen zu setzen, weil die ökonomische Verantwortung Erträge an den Mann zu bringen bei denen liegt, die das am Ende bewirtschaften, gleich ob privat oder sonst wie und der Staat keine direkten wirtschaftlichen Probleme hat, wenn die Produktionsmengen zurück gehen, jedenfalls wenn er nach Fläche besteuert.
Bei einem vormodernen Staatswesen, nehmen wir etwa das Habsburgerreich oder Brandenburg-Preußen um 1700 herum, dass einen Großteil seiner Einnahmen noch nicht aus Steuern und Abgaben bezog, sondern aus der Vermarktung der produktiven Gewinne, die die Staatsdomänen und oder ihre Verpachtung abwarfen, konnte das aber völlig anders aussehen.
Einfach weil Produktionsausfälle sich dann direkt auf die staatlichen Finanzen auswirken konnten, während es nicht oder nur teilweise möglich war, diese Verluste in Form von Steuerschulden auf Teile der Bevölkerung abzuwälzen.

Es gab also in der vormodernen Staatenwelt durchaus Anreize für einen Herrscher oder seine Funktionsträger vor Ort dafür zu sorgen, dass mit den Ressourcen der Staatsdomänen einigermaßen vernünftig gewirtschaftet wurde, auch wenn sich diese nicht direkt im privaten Besitz der Fürsten oder der Funktionsträger befanden, sondern eben zur Staatsdomäne gehörten, über deren Erträge Herrschern und Funktionsträgern zwar ein Dispositionsrecht zustand, die aber nicht ohne weiteres direkt in ihre Privatschatullen flossen.
Aber wenn die Erträge nicht hereinkamen führte das eben zu Problemen und unnachhaltiges Abholzen etwa von Wäldern, die zur Domäne gehörten musste früher oder später zu Problemen führen, die sich nicht abwälzen ließen.

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Darüber hinaus sollte man sicherlich auch den Rekurs auf die vormodernen Verhältnisse im Auge behalten, wenn man mir bestellt, ich möge doch bitte vor lauter Bäumen den Wald nicht übersehen.


Das privatwirtschaftliche Akteure in der heutigen Zeit in eine finanzielle Miesere kommen, die sie dazu zwingt ökologisch unnachhaltig zu handeln, mag angesichts der stabilen modernen Verhältnisse die die Vorrausplanung von Profiten jedenfalls im groben Rahmen ermöglichen eine vergleichsweise seltene Angelegenheit sein, aber das sah ja nun in der Vormoderne mit ihren Extremereignissen in Form von Kriegen, periodisch auftretenden Missernten etc. vollkommen anders aus.

Wenn da große Teile der Ernte einfach mal weg waren, weil blöderweise gerade Napoléons Grande Armée durchgezogen war und reichlich geplündert hatte (oder es in den USA, wo es keinen Napoléon gab, möglicherweise Stress mit den Indigenen gegeben hatte, bei dem Teile des Betriebs verwüstet wurden), dann mussten aus überlebenstaktischen Gründen natürlich Register gezogen werden, die möglicherweise nicht nachhaltig waren, um den Schaden zu beheben und wirtschaftlich zu überleben.
Dann musste eben möglicherweise schon der Waldbesitz ad hoc dem Kahlschlag geopfert und als Weideflächen verpachtet werden um die Mittel zu besitzen trotzdem die Steuern bezahlen und die Schäden an den Ackerflächen wieder in Ordnung zu bringen, respektive die eigenen Kosten für Heizmittel für den Winter herunter zu schrauben und eventuell zusätzliche Nahrung und Viehfutter heran zu schaffen.

Solche Schocks für einzelne Betriebe oder bei Missernten in der von Witterungsverhältnissen abhängigen Landwirtschaft auch en gros, waren ja in der Vormoderne im Gegnsatz zu heute keine weit hergeholten Katastrophenszenarien sondern traten periodisch auf.


Und auch was Motivation den eigenen Kindern mal etwas zu hinterlassen angeht, kommt es natürlich zum Teil auch auf den historischen erbrechtlichen Rahmen an, inweifern ein intakter Betrieb überhaupt ohne weiteres als ganzes vererbt werden konnte oder inwiefern lokalrechtlich eine Erbteilung vorgesehen war, die dass alles durcheinanderbringen konnte.
In diesem Zusammenhang natürlich auch, ob es Sinn machen konnte (obwohl Landbesitz auf Grund des damit verbundenen sozialen Status noch andere Implikationen hatte als heute), im Hinblick auf Erbfälle einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb auch abzustoßen, weil sich Geldmittel möglicherweise sinnvoller unter Nachkommen aufteilen lassen als Grund und Boden.

Gerade dann, wenn abzusehen ist, dass das vererbbare Land nicht ausreichend sein würde um allen potentiellen Erben ein hinreichendes Auskommen zu garantieren, während aber alle am Erbe beteiligt werden müssen, weil die lokalen rechtlichen Gepflogenheiten das so vorsehen oder aber weil der Erblasser das eben so entschieden hat und deswegen zur Umgehenung rechtlicher Gepflogenheiten, was das Erbe an Grund und Boden betrifft, dieser zunächst abgestoßen und in Geldmittel umgewandelt werden muss, die möglicherweise, was das Vererben angeht, anderen rechtlichen Bestimmungen unterfallen, wenn die lokalen Rechtsbräuche dahingehend ausfielen die Übertragung von Grund und Boden an einen einzelenen Erben vorzusehen um die Zersplitterung der Bodenverhältnisse und die übermäßig kleine Parzellierung von Flurstücken zu vermeiden.
 
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Ja, in Deutschland gab es durchaus sichtbare Unterschiede zwischen Regionen mit Anerbenhöfen und Realteilungsgebieten.

Die erheblich größere Vielfalt der Nutzpflanzen, ( in der Breite), gibt es ja bei uns auch erst seit der Auflösung des Flurzwanges und den damit verbundenen Änderungen.
 
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Große, zusammenhängende Flächen verändern über den geringeren Windschutz den Wasserhaushalt negativ ( höhere Verdunstung), verhindern/erschweren das überleben von Insekten und davon abhängigen Tieren ( durch zu große Abstände zum nächsten Lebensraum), gleichzeitig wird durch diese Flächeneinheiten die Ausbreitung von Schädlingen gefördert.
Gleichzeitig wird bei einer Kultur wie Mais übermäßig viel Gülle in die Böden getragen. Mais gehört hier zu den Kulturpflanzen, die im Gegensatz zu den meisten anderen, diese Mengen ertragen.
Vielleicht noch mal (und dann nicht mehr) der Hinweis auf den Unterschied: Schadet Überdüngung langfristig der Bodenqualität, werden die Eigentümer des Bodens, sobald sie den Zusammenhang erkennen, in einem kapitalistischen System im eigenen Interesse vorsichtiger düngen. Gegen die Reduzierung des Insektenbestands durch Pestizide vorzugehen, lohnt sich dagegen privatwirtschaftlich kaum, weil vom Nutzen eines gesunden Bestandes die ganze Landschaft profitiert und der einzelne Betrieb nur zu einem kleinen Teil.
 
Vielleicht noch mal (und dann nicht mehr) der Hinweis auf den Unterschied: Schadet Überdüngung langfristig der Bodenqualität, werden die Eigentümer des Bodens, sobald sie den Zusammenhang erkennen, in einem kapitalistischen System im eigenen Interesse vorsichtiger düngen
Nicht zwansläufig. Das hängt wohl viel mehr von den Bodenpreisen ab und ob sich aus Gewinnmarge durch stärkere Düngung Zukauf von unverbrauchtem Grund und Boden bestreiten lässt, der es ermöglicht in unnachhaltiger Weise weiter zu wirtschaften und die ausgelaugten Teile des Bodens, über die der Betrieb verfügt wieder abzustoßen.

Ist dauerhaft genügend unverbrauchtes Land vorhanden, dass günstig erworben und unter den Pflug genommen werden kann, verursacht ökologisch unnahchaltige Landwirtschaft dem Eigentümer keinen besonderen Schaden, auch wenn es sich um Privatwirtschaft in einem kapitalistischen System handelt.

Solche Verhältnisse, die es Erlauben einfach Anbauflächen zu vergrößern und zu verschieben sind natürlich im relativ dicht besiedelten Westeuropa nicht vorhanden.
Aber in Teilen Russlands oder der USA wird man das mindestens historisch, wenn auch vielleicht nicht mehr heute, als gegeben annehmen können.
 
Wenn es so viel freien Boden gibt, dass sein Marktwert nahe 0 ist, ist es auch nicht gewinnbringend, in seine Qualität zu investieren, das ist schon wahr.
 
Vielleicht noch mal (und dann nicht mehr) der Hinweis auf den Unterschied: Schadet Überdüngung langfristig der Bodenqualität, werden die Eigentümer des Bodens, sobald sie den Zusammenhang erkennen, in einem kapitalistischen System im eigenen Interesse vorsichtiger düngen. Gegen die Reduzierung des Insektenbestands durch Pestizide vorzugehen, lohnt sich dagegen privatwirtschaftlich kaum, weil vom Nutzen eines gesunden Bestandes die ganze Landschaft profitiert und der einzelne Betrieb nur zu einem kleinen Teil.
Ja, so sollte es eigentlich sein. Jedoch ist die "Verschlechterung" der Bodenfruchtbarkeit keine kurz-oder mittelfristige Entwicklung, sondern, in der Annahme, das die Bodeneigentümer versuchen die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten, eine recht langfristige Entwicklung, unter Umständen über Generationen, bis hier ein Kipppunkt erreicht wird.
Der Verlust von Wallhecken, bzw. die Schaffung großer zusammenhängender Flächen hat natürlich über die negativen Veränderungen der Nahrungsketten erhebliche, schwerstwiegende Folgen. Dies läßt sich sogar in den Anfängen auch bei uns schon jetzt erkennen. Populationen einiger Insektenarten sind stark geschrumpft, mit der Folge, das von ihnen abhängige Arten ebenso in Schwierigkeiten kommen.

Hier müßen allerdings, um auch den Landwirtschaftsbetrieben mal gerecht zu werden, die wirtschaftlichen Zwänge erwähnt werden. Es werden, in der Masse, günstige Lebensmittel verlangt, die Produktion solcher ist nur bei rationellem Wirtschaften möglich, es werden hohe Kredite für Betriebe nötig, die Banken verlangen knallhart gute Zahlen und der Landwirt muß sehen wie er dann klar kommt. Für mich ist das in starkem Maße ein gesellschaftliches Problem. Eine einigermaßen intakte Natur gibt es nicht mehr zum Nulltarif.
Diese Probleme in der "modernen" Agrarwirtschaft sind sehr komplex und ein S/W gibt es auch hier nicht.
 
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