Oppenheimer

collo

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Nachdem ich mit meiner Frau letzte Woche "Barbie" gedehen habe (den ich als guten Unterhaltungsfilm mit einer "Moral von der Geschicht" nur empfehlen kann), war heute der zweite Teil des Doublefeatures "Barbenheimer" dran.

Die Rahmenhandlung besteht aus zwei Anhörungen, die von Oppenheimer über seine Sicherheitsfreigabe, und die Senatsanhörung von Lewis Strauss im Zuge seiner möglichen Ernennung zum US-Handelsminister, die ein paar Jahre später erfolgte.

In Rückblenden wird dann die Geschichte Oppenheimers erzählt, vom Studium in Europa, über seine Lehrtätigkeit in den USA, sein politisches Engagement und natürlich das Manhattan-Projekt.

Die Schauspieler, allen voran Cillian Murphy (Peaky Blinders) aber auch Robert Downey Jr. als Lewis Strauss sind exzellent besetzt.

Ich maße mir nicht an, die Fakten zu checken, es ist ja auch kein Dokumentarfilm. Die Atmosphäre in Los Alamos und bei der McCarthy-würdigen Anhörung transportiert der Film aber gut rüber.

Kritikpunkte? Ja, Göttingen wurde in die Alpen verlegt (warum die Amis Deutschland immer mit Bayern gleichsetzen müssen...)
 
Fun Fact (da ich den Film nocht nicht gesehen habe, weiß ich nicht, ob das dort sogar erwähnt wurde): Die Mutter von Katherine „Kitty“ Oppenheimer war eine Cousine des Generalfeldmarschalls Wilhelm Keitel.
 
Kritikpunkte? Ja, Göttingen wurde in die Alpen verlegt (warum die Amis Deutschland immer mit Bayern gleichsetzen müssen...)
Ein Gebirge, ein Kloster am See, danach Göttingen wurden aus der Ferne und aus Vogelperspektive gezeigt – alle diese Standbilder für vielleicht 2 Sekunden jeweils. Ich fand das okay, zumal gleich danach die Szene mit Max Born in Göttingen gezeigt wird, bei dem Oppenheimer später seinen Doktor machte.

Der Film ist keine Sekunde langweilig, obwohl er fast nur aus Dialogen besteht. Die Schauspieler sind durch die Bank gut, 1920er bis 1950er Jahre Settings glaubwürdig. Dabei fiel mir auf, dass die Frauen selbst in der „männlichen“ Kleidung der 1940er Jahre nicht weniger an erotischer Ausstrahlung hatten als heute, obwohl sie keine "Schönheiten" waren, wie man sie in einem Holywood-Film fast erwartet.

Lediglich die Rückblenden sich ein wenig verwirrend, weil sie nicht chronologisch, sondern wild durcheinander erfolgten. Für jemand, der von Oppenheimer vielleicht nur den Namen, aber sonst nichts wusste, war das verwirrend, wie mir meine Begleitung nach Kinobesuch offenbarte. Das Kino war trotzdem ausverkauft, und das um 17:10 Uhr. Und für nächste Vorstellung um 20:15 warteten im Foyer lauter junge Leute. Erfreulich.

Und ja: Hätte Deutschland nicht schon im Mai 1945 kapituliert, wäre die erste Atombombe wahrscheinlich auf irgendeine Stadt in Deutschland gefallen.
 
Ein Gebirge, ein Kloster am See, danach Göttingen wurden aus der Ferne und aus Vogelperspektive gezeigt – alle diese Standbilder für vielleicht 2 Sekunden jeweils.

Die gezeigten Berge hatten so gar keine Ähnlichkeit zum Harz.


Was ganz anderes, in Japan ist der Film noch gar nicht angelaufen und sorgt, verständlicherweise und gerade jetzt, für Aufregung.

Davon ist auch der "Barbie" Film betroffen, weil Warner Bros. den Hype um "Barbenheimer" mit Bildern von Barbie mit Atompilzfrisur etc. anheizte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hab mir den Film am letzten Montag in einer Spätnachmittagvorstellung, die überraschend zahlreich besetzt war, angeschaut. Für jemand der sich mit der Materie nicht wirklich gut auskennt (Begriffe wie Oppenheimer, Los Alamos, Manhatten-Projekt sind mir nur oberflächlich bekannt) war das Thema doch durchaus spannend und insgesammt nachvollziehbar inszeniert, obwohl der Film eigentlich nur aus Dialogen besteht. Die Hauptdarsteller (Murphy, Damon, Downey jr., Blunt) aber auch einige Nebendarsteller spielen gut bis stark auf. Josh Hartnett habe ich bis zum Filmende nicht erkennen können! Der hat ja seit über 10 Jahren auch kaum was gemacht.
Einzig die zahlreichen Namen die in diesem Film fallen habe ich nicht immer zuordnen können. Die Rückblenden sind am Anfang etwas wirr, fügen sich aber mit fortlaufender Handlung zusammen, wenn man dran bleibt.
Insgesamt Nolans bester Streifen seit Interstellar von 2014. Tenet fand ich etwas über und Dunkirk hab ich gar nicht mehr so in Erinnerung.
 
(Ich selber werde mir das wahrscheinlich nicht anschauen, weil mich dokumentarische Filme meistens nerven, vor allem dann wenn unsichere Sachverhalte einfach als gegeben dargestellt werden.)
Welche Sachverhalte sind schon sicher? Geschichte bzw. geschichtlichen Abläufe können nie als sicher gelten, weil man nicht ausschließen kann, dass irgendwann Neues zu einem Sachverhalt auftaucht. Ist schon x-mal passiert. Selbst eindeutige Dinge, wie z.B. der Fund einer Pfeilspitze aus Meteoriteneisen in der Bronzezeit, werfen mehr Fragen auf, als Archäologen und/oder Historiker beantworten können. Das ist verständlich, denn zwischen dem Fund der Pfeilspitze und dem Ursprungsort des Materials, aus dem sie hergestellt, liegen 2900 Jahre.

Und obwohl die Ereignisse mit und um Oppenheimer erst 80-90 Jahre alt sind, kann man bestimmte Dinge nicht (mehr) klären. Vor allem die Frage, warum die Protagonisten so handelten, wie sie (vermeintlich!) handelten, ist schwer zu beantworten.

Der Film war für mich sehr aufschlussreich in Bezug auf den gesellschaftlichen Wandel: Von der Politik erhielt Oppenheimer 1946 die höchste US zivile Auszeichnung (Medal for Merit), 8 Jahre später wird er für die Regierung quasi zu Persona non grata erklärt*, und wieder 9 Jahre später mit Enrico-Fermi-Preis ausgezeichnet.

* Weil er „falsche“ Freunde hatte bzw. sich nicht von ihnen abwandte und sich für die Entwicklung der H-Bombe nicht enthusiastisch genug zeigte. :rolleyes:

Hier Artikel aus Time Magazin aus dem Jahr 1948 und aus dem Jahr 1954.
 
Was ich im Zusammenhang mit Robert Oppenheimer und Roy Cohn bisher nicht wusste: Der Film der Stunde – Zitat:

Einer der übelsten Oppenheimer-Jäger etwa, ein Jurist namens Roy Cohn, war der Stabschef des berüchtigten US-Senators Joseph McCarthy, dessen antikommunistische Verschwörungstheorien und Denunziationen zu den dunklen Kapiteln der US-Geschichte gehören. Cohn machte Karriere, gehörte später zu den frühesten und engsten Ratgebern eines Geschäftsmanns namens Donald Trump. Ganz unbescheiden erklärte Cohn einmal: "Ich habe ihn erfolgreich gemacht." Die Washington Post beurteilte das so: "Cohn brachte Trump bei, wie man Macht einsetzt und Furcht erzeugt, mit der Formel: Angriff, Gegenangriff, niemals entschuldigen."
Dieser Kinosommer ist nicht nur eine große Geschichtsstunde. Er hält auch wichtige Lehren für Gegenwart und Zukunft bereit.
 
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