Optisches Wissen und seine Verwendung im Alltag

Dieses Thema im Forum "Das Römische Reich" wurde erstellt von Lukullus, 27. Januar 2016.

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  1. Lukullus

    Lukullus Aktives Mitglied

    Folgendes fällt mir spontan zu optischen Hilfsmitteln bei den Römern ein:

    Plinius der Ältere überliefert dass Nero geschliffene Smaragde in Form einer Art Monokel verwendet habe. Das kann möglicherweise als Sehhilfe gedient haben, vielleicht aber auch als eine Art Sonnenbrille mit schützender oder "verschönernder" Funktion.

    Seneca benennt den Vergrößerungs-Effekt wenn Schrift durch eine Wasserkugel betrachtet wird, also eine Art Mikroskop.

    Plutarch überliefert den Einsatz eines Brennspiegels zum Entfachen des heiligen Feuers der Göttin Vesta, quasi ein Feuerzeug.


    Meine Frage an Euch:
    Was wisst Ihr über Zeugnisse aus den Quellen und der Archäologie die eine Verwendung optischer Hilfsmittel durch die Römer belegen?

    Ganz gleich in welchem Kontext, sei es nun mit Sehkraft verstärkender Funktion, als praktischer oder kultischer Gegenstand wie etwa ein Brennspiegel, zur Signalübermittlung, oder eventuell ja auch zwecks dem Erzielen kunstvoller optischer Effekte beispielsweise bei Theateraufführungen oder auch im privaten Bereich.
     
  2. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Solche "Mikroskope" haben wir uns als Kinder selber gebaut:
    Ein umgedrehtes Küchenglas, daran einen um 90° verbogenen Metallschieber von einem Schnellhefter geklebt, der Glasboden als Aufliegefläche (etwa für Wasserflöhe) und einen Wassertropfen in das Loch des des Metallschiebers, der parallel zum Glasboden lag. Wirklich mikorskopisch wirkte das nicht, eher wie eine Lupe.

    Ist so etwas ähnliches nicht auch - gegen die Römer allerdings - von Archimedes in Syrakus gebaut worden. Hat man da nicht mit Brennspiegeln versucht Schiffe in Brand zu setzen?
    Edit: Wikipedia weist daraufhin, dass die Brennspiegel erst nach mehreren Jahrhunderten (und da nicht einmal gesichert, ob es sich tatsächlich um Brennspiegel handelte) in den Quellen auftauchen. Wenn denn wenigstens gesichert wäre, dass Brennspiegel gemeint sind, wüsste man aber wenigstens, dass im 2. Jhdt. das Prinzip bekannt war.
     
    Zuletzt bearbeitet: 27. Januar 2016
  3. Riothamus

    Riothamus Aktives Mitglied

    Sollte nicht das olympische Feuer auch nur von Helios entzündet werden?
     
  4. Lukullus

    Lukullus Aktives Mitglied

    Ja, das Inbrandsetzen römischer Schiffe mittels von Archimedes konstruierter Brennspiegel scheint sichtlich kontrovers diskutiert zu werden.
    Zumindest das theorethische Wissen scheint aber bekannt gewesen zu sein, wenn einem in arabischer Übersetzung vorliegenden Buch über Brennspiegel von Diokles (ca. 240-180 v. Chr.) keine späteren Erkenntnisse hinzugefügt worden sind.
    Ein weiterer Name der mir bei der Schnellsuche nach Diokles und Brennspiegeln gerade begegnet ist, ist der des Mathematikers Zenodoros (2. Jh. v. Chr.).
     
  5. Lukullus

    Lukullus Aktives Mitglied

    Wenn vielleicht nicht gerade Brennspiegel (da wurde mirs beim Suchen grad zu physikalisch), so scheinen zumindest nach Aristophanes Komödie "Die Wolken" im 5. Jh. v. Chr. bereits Brenngläser bekannt gewesen zu sein.
    Der in seiner Not sich an Sokrates wendende hochverschuldete Bauer Strepsiades erörtert u.a. die folgende Möglichkeit um dem gegen ihn angestrengten Prozess eine Wendung zum Guten zu geben:

    [...]
    Strepsiades:
    Ich weiß ein Mittel wider diese Klage,
    Ganz schlau, das wirst du selbst gestehen!
    Sokrates:
    Welches?
    Strepsiades:
    Hast du in Krämerbuden je ein Glas
    Gesehn – du weißt, durchsichtig, schön und hell,
    Womit man Feuer macht?
    Sokrates:
    Du meinst ein Brennglas?
    Strepsiades:
    Das mein' ich.
    Sokrates:
    Nun, was soll dir das?
    Strepsiades:
    Wie wär's,
    Wenn vor Gericht ich in die Sonne träte
    Und dann dem Schreiber unterm Griffel weg
    Das Wachs der Klagschrift gegen mich zerschmelzte?
    [...]
    (2. Szene)
     
  6. Agricola

    Agricola Aktives Mitglied

    Ob Archimedes das wirklich so gemacht hat, kann natürlich bezweifelt werden.
    Das es funktioniert aber nicht.
    Ein griechischer Historiker hat mit Unterstützung der Armee und jeder Menge Bronzeschilde nachgewiesen, daß man damit ein Schiff antiker Bauart in Brand setzen kann.
     
  7. Riothamus

    Riothamus Aktives Mitglied

    Während es die Mythbusters nicht geschafft haben. (Gut, die sind manchmal ja auch reichlich naiv.)
     
  8. Agricola

    Agricola Aktives Mitglied

    Hatten die hundert Marinesoldaten mit Bronzeschilden? Habs auch nur auf History-Channel gesehen, aber die historisch korrekte Holzwand (Holz, Bauart, im Hafen von Piräus, ...) brannte.
     
    Zuletzt bearbeitet: 28. Januar 2016
  9. Lukullus

    Lukullus Aktives Mitglied

    Eventuell war die Verwendung von optischen Hilfsmitteln wie Brennlinsen und Lupen als relativ "selbstverständlichen" Alltagsgegenständen nur in besonderen Zusammenhängen erwähnenswert.

    Plinius schreibt, dass Ärzten keine effektivere Methode für das Wegbrennen von Gewebe bekannt gewesen sei, als die Verwendung einer Kugel aus Bergkristall die den Strahlen der Sonne ausgesetzt wird.
    (Hist. Nat. 37,28)

    Ohne den Einsatz von Lupen scheint auch das Folgende kaum vorstellbar:
    Kallikrates und Myrmekides hätten Miniaturplastiken aus Elfenbein hergestellt, deren Details von anderen Menschen gar nicht wahrgenommen werden konnten: Ameisen und andere kleine Lebewesen, auch ein Viergespann und ein Schiff, die von einer Biene (Mücke) mit den Flügeln hätten bedeckt werden können. Auch habe Cicero von einem Pergament-Exemplar der Ilias von Homer berichtet, das in einer Nussschale enthalten gewesen sei.
    (Hist. Nat. 7,85)

    Das mit der Ilias-Ausgabe lässt mich allerdings spontan an eine Kokosnuss denken die irgendwie in den Mittelmeerraum gelangt sein muss. ;)
     
    Zuletzt bearbeitet: 28. Januar 2016
  10. hjwien

    hjwien Aktives Mitglied

    Bei vielen Feinarbeiten an Schmuck, bei Gemmen und Kameen beispielsweise, sind so feine Ausführungen zu beobachten, daß man auch dort eigentlich die Verwendung von Vergrößerungsgläsern erwarten möchte.
     
  11. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Oder bei Münzen. Außer den Sesterzen und Doppelsesterzen sind die Details ja z.T. so fein gearbeitet, dass man annehmen muss, dass die Münzmeister und Stempelschneider entweder von vornherein kurzsichtig waren oder sich relativ schnell bei ihrer Arbeit die Augen verdorben haben. Insbesondere ab der römischen Kaiserzeit ist das der Fall.
     
  12. Lukullus

    Lukullus Aktives Mitglied

    (Hervorhebung von mir)

    Vielleicht kommt im Zuge authentischen Darstellungsbestrebens ein künftiger Sandalenfilm ja mal mit so einer Circus-Szene daher:
    Vermehrt in den oberen Rängen halten sich nicht wenige im Publikum etwas Sehkraftverstärkendes vor die Augen, damit sie überhaupt mitbekommen was unten in der Arena geschieht.
    Neros Smaragde sind dann halt nur erwähnenswert weil sie eben nicht aus der Massenproduktion von Fielmann oder Apollo stammen sondern als Unikat in ner Edelschmiede wie Bulgari oder Barton Perreira gefertigt wurden. :cool:
     
  13. Opteryx

    Opteryx Aktives Mitglied

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass man in der Antike so etwas, wie die Schusterkugel nicht gekannt haben soll, das umgekehrte Prinzip.
     
  14. Matze007

    Matze007 Aktives Mitglied

    Ist denn der Gebrauch von Pinzetten, Scheren, Zangen, Nähnadeln u.ä. überliefert ?
    Die waren ja sicherlich alltäglich.
     
  15. Lukullus

    Lukullus Aktives Mitglied

    Pinzetten, Scheren usw. sind durch Ausgrabungen gut belegt. Sicher auch in den Quellen, meines Wissens empfiehlt Plinius zum Entfernen von Zähnen keine Zange zu benutzen. Das Zupfen von Körperbehaarung mittels Pinzetten taucht glaub ich auch bei ihm auf.
     
  16. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Einteilige Scheren findet man seit der Bronzezeit. Auch Rasiermesser.
     
  17. hjwien

    hjwien Aktives Mitglied

    Zum optischen Wissen zählen auch die architektonischen Tricks, welche die Griechen speziell für den Tempelbau entwickelt haben. Interessanterweise ist ihre Verwendung für die römische Architektur eigentlich nicht belegt.

    Leuchttürme sind übrigens auch praktizierte Optik.
     
  18. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Hier auf einer Münze des Kaisers Commodus:
     

    Anhänge:

  19. hjwien

    hjwien Aktives Mitglied

    Läßt sich da die Prägestätte feststellen?
     
  20. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Ich meine, es wäre Alexandria. Es gibt aber eine weitere Commodus-Münze mit Schiffen und Leuchturm, die laut Arachne in Korinth geprägt wurde.
     

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