Ostlocarno

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Hallöchen.
Weiß jemand von euch warum Stresemann ein Ostlocarno ablehnte?
Liebe Grüße
 
Ost-Locarno

Hallo,

Stresemann lehnte den Versuch Grossbritaniens ab, ein Bündnissystem osteuropäischer Staaten (gegen die Sowjetunion) unter Einbeziehung von Deutschland zu schaffen, wegen politischer und wirtschaftlicher Gründe ( Berliner Vertrag 1926). Hauptsächlich aber, weil er befürchtete das Deutschland damit entgültig die Ostgrenzen anerkennt und weitere Mächte auch.

Reicht das oder brauchst du es spezifischer?
 
Hi Natascha,
wenn du es noch etwas spezifischer sagen könntest, wäre das auch nicht schlecht:) Aber so ist das auch schon super. Danke!!!!
Liebe Grüße
 
Es kam nie zu einem ostlocarno aus dem einfachen Grund, dass Strsemann auch zum Teil revisionistisch geprägt war.
Die Gebietsabtretungen an Polen wollte keiner der Politiker in der Weimarer Republik anerkennen bzw waren viele immer darauf bedacht sich diese Gebiete wiederzuholen.
Stresemanns Außenpolitk war vielleicht im Westen modern, aber im Osten war sie revisionistisch bzw restaurativ.
 
Lieber Benny,

Du hast recht. Die Ostgrenzen wurden nicht anerkannt, sondern nur die Westgrenzen. Das zeigt nur, dass Stresemann ein Revisionist war und nur das anerkannte, was er glaubte nicht mehr zu verändern können.:pfeif:
 
heinz schrieb:
Lieber Benny,

Du hast recht. Die Ostgrenzen wurden nicht anerkannt, sondern nur die Westgrenzen. Das zeigt nur, dass Stresemann ein Revisionist war und nur das anerkannte, was er glaubte nicht mehr zu verändern können.:pfeif:

Das ist doch ein bischen ungerecht vereinfachend ..:confused:

Stresemann entwickelte eine eigenständige Konzeption dt. Außenpolitik zwischen 1923 -29.
Um ein Mindestmaß an Bewegungsfreiheit i.d. Außenpolitik zu bewahren, legte er sich nicht für eine exclusive West-oder Ostbindung fest. Beide Optionen hätten aus seiner Sicht Deutschland zum „Juniorpatner „, vielleicht sogar zum „ Degen Großbritanniens bzw. Frankreichs „ degradieren lassen.
Auch für die Ost-Option („Ostlocarno“ find ich nicht glücklich ) dt. Außenpolitik gab es in hohen Rängen und Parteien Befürworter. So in Teilen d. Reichswehrführung, die davon träumte sich mit einem „weißen „ oder „roten „ Rußland -oder auch nur mit d. Bolschewisten zu verbünden, um auf solche Allianz gestüzt den Westen zu erpressen und eine entprechende Revisionspolitik zu betreiben, durch milit. Zusammenarbeit sogar die Entwaffnungsbestimmungen d. Versailler Friedens zu umgehen.(General v. Seekt )
In Stresemanns Politik spielen daher alle Faktoren der milit. Niederlage des 1. WK eine Rolle:
witschaftl. -finanzielle Bürden der Friedensordnung zu revidieren, ebenso wie territoriale -und
milit. Fragen im „Spiel „ zu lassen. Ihn einseitig aufgrund nicht anerkannter Ostgrenzen als eigentlichen Revisionisten zu bezeichnen wird seiner durch seine Persönlichkeit geprägten Politik in dieser Zeit daher nicht gerecht.
 
Lieber Arcimboldo,
wie würdest DU heute einen Meschen bezeichnen, der die Grenzen in Europa nicht anerkennt?:confused: Das ist für mich ein Revesionist, wenn auch in Deutschland nach dem Verseiller Vertrag viele Deutsche diese Grenzen ändern wollten. Verschlimmernd kommt hinzu, dass die Reichswehr tatsächlich mit der Roten Armee zusammenarbeitete. Trotz des WKI war anscheinend noch nicht in das Bewißtsein vieler Menschen gedrungen, dass ein Krieg in Europs verherende Folgen haben mußte.:grübel:
 
heinz schrieb:
WKI war anscheinend noch nicht in das Bewißtsein vieler Menschen gedrungen, dass ein Krieg in Europs verherende Folgen haben mußte.:grübel:

Ich wollte es nicht.
Aber jetzt muss ich es doch einmal sagen. Da ich gleich wieder zur Arbeit muss, lese ich die Antwort sowieso erst heute Abend.

Heinz, du bist mir durchaus sympatisch. Aber bitte liess deine Sätze erst mal durch, bevor du sie abschickst.
 
heinz schrieb:
Lieber Arcimboldo,
wie würdest DU heute einen Meschen bezeichnen, der die Grenzen in Europa nicht anerkennt?:confused: Das ist für mich ein Revesionist, wenn auch in Deutschland nach dem Verseiller Vertrag viele Deutsche diese Grenzen ändern wollten. Verschlimmernd kommt hinzu, dass die Reichswehr tatsächlich mit der Roten Armee zusammenarbeitete. Trotz des WKI war anscheinend noch nicht in das Bewißtsein vieler Menschen gedrungen, dass ein Krieg in Europs verherende Folgen haben mußte.:grübel:

lieber Heinz,

G. Stresemann war neben A. Briand Friedensnobelpreisträger des Jahres 1926 !
Die intern. Politik auf seiten d. Westmächte haben u.a. das pers. Engagements Stresemanns hinsichtlich seiner Bemühungen um d. Weltfrieden honoriert .
Stresemanns Bemühungen , die sich i.d. Locarno Verträgen niederschlagen verbinden sich vorallem mit seinem pers. Verdienst am Zustandekommen des
Grundsatzes, Politik in Zukunft nur noch mit"friedlichen Mitteln" durchzusetzen.
Dies wurde von den ehemaligen Kriegsgegnern anerkant und dies war auch Anlass um Deutschland in den Völkerbund aufzunehmen.
Von linker-und rechter Seite wurde er für seine Politik angefeindet, die Locarno Verträge hielten bis 1936 ,als Hitler Truppen ins entmilitarisierte Rheinland einrücken ließ.
Stresemann hatte natürlich wie alle dt. Politiker eine Revision großer Teile des Vers. Vertrages im Auge, ihn wegen der i.d. Schwebe gehaltenen Bündnisfrage und der damit zusammenhängenden Grenzfragen einseitig als Revisionisten zu bezeichnen entspricht einem Tunnelblick ; man sieht den Horizont, aber in kleinem Ausschnitt.:cool:
Den Träumereien i.d. Reichswehrleitung und d. Alldeutschen Partei hat er gerade durch seine ins westl. Wertesystem (Legitimität statt Revolution)verankerte Politik den Boden entzogen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Arcimboldo schrieb:
lieber Heinz,
Stresemann hatte natürlich wie alle dt. Politiker eine Revision großer Teile des Vers. Vertrages im Auge, ihn wegen der i.d. Schwebe gehaltenen Bündnisfrage und der damit zusammenhängenden Grenzfragen einseitig als Revisionisten zu bezeichnen entspricht einem Tunnelblick ; man sieht den Horizont, aber in kleinem Ausschnitt.:cool:
Den Träumereien i.d. Reichswehrleitung und d. Alldeutschen Partei hat er gerade durch seine ins westl. Wertesystem (Legitimität statt Revolution)verankerte Politik den Boden entzogen.

Lieber Arcimboldo,

ich würde es keinesfalls als Tunnelblick bezeichnen, ween man einfach die Ergebnisse des WKI anerkennt. Schließlich ist Deutschland heute noch viel kleiner und wir existieren trotzdem.Nach den Grenzen von Verseilles hätte man nach 1945 sich alle Finger abgeschleckt.:grübel:
 
Als der Vertrag von Locarno 1925 unterzeichnet wurde, lag der Versailler Vertrag erst 6 Jahre zurück, der Deutschland große Gebiete im Westen und besonders im Osten gekostet hatte. Mit dem von Wilson in seinen Vierzehn Punkten reklamierten "Selbstbestimmungsrecht der Völker" war jedoch nicht jede dieser Abtretungen zu vereinbaren. Man kann es einem Diplomaten wie Stresemann daher nicht verdenken, dass er die Unverletzlichkeit der Westgrenze in Locarno bestätigte, sich aber gegenüber Polen und der Tschechoslowakei nur zur friedlichen Regelung aller Grenzstreitigkeiten verpflichtete.

Damit hielt er sich wenigstens eine Option im Osten offen, verpflichtete sich aber gleichzeitig zu ausschließlich friedlichen Mitteln. Diese Politik wurde seinerzeit weltweit anerkannt und 1926 mit dem Friedensnobelpreis belohnt. Ich halte es daher für abwegig, Stresemann als einen "Revisionisten" zu bezeichnen, was Zwang, Druck und Krieg impliziert.

Eine ähnliche Position nahm übrigens die Bundesrublik Deutschland von 1949 bis 1990 im Hinblick auf die deutsche Ostgrenze ein. Selbst im Warschauer Vertrag mit Polen von 1970 verpflichtete sie sich zwar zur "Unverletzlichkeit" der Oder-Neiße-Linie, erkannte aber ihre Endgültigkeit als Grenze nicht an. Erst im "Zwei-plus-vier-Vertrag" mit den Westmächten und der UdSSR erkannte die Bundesrepublik Deutschland 1990 endgültig die Oder-Neiße-Linie als völkerrechtlich verbindliche Ostgrenze gegenüber Polen an.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich weiß lieber Dieter, dass die Bundesrepublik bis 1990 dieselbe Haltung einnahm. Es hat ihr aber nichts genutzt. Im 2+4-Vertrag mußte sie Polen eine Sicherung ihrer Westgrenzen geben, sonst wäre eine Vereinigung nie zustande gekommen.:grübel:
 
So ist es, Heinz ! Ich wollte mit diesem Beitrag nur darauf hinweisen, dass man eine solche Politik vertreten kann, ohne gleich "Revisionist" zu sein. Allerdings wurde dies dennoch der Bundesrepublik vom kommunistischen Ostblock – insbesondere aber von der DDR – vorgeworfen. Aber die alte Bundesrepublik war ebensowenig "revisionistisch" wie einst der deutsche Außenminister Gustav Stresemann.
 
Lieber Dieter,
wenn es nicht reviisionistisch war, dann war es eine große Lebenslüge oder zumindestens eine Illusion diesen Anspruch zu erheben. Es war unredlich gegnüber den Vertriebenen, nur um Wählerstimmen zu bekommen.
Das ist für die CDU/CSU zu sagen und für Stresemann ebenso. Ich vermute sogar, dass es gegen besseres Wissen gesagt wurde.:devil:
 
Es war keine Illusion, diesen Anspruch zu erheben, sondern schlichtweg Politik. Man hielt sich eine Option offen, um zu gegebener Zeit eine Gegenleistung für die Aufgabe des Anspruchs aushandeln zu können.

Ein gutes Beispiel sind z.B. die Ostverträge und der Grundlagenvertrag, mit dem die Bundesrepublik 1972 die DDR anerkannte. Die Bundesregierung unter Führung von Bundeskanzler Brandt handelte als Gegenleistung für die Aufgabe ihres Alleinvertretungsanspruchs Erleichterungen im Reiseverkehr ein. Die CDU-Opposition hielt dieses Ergebnis allerdings für gering. Nach ihrer Meinung waren Ansprüche ohne ausreichende Gegenleistung preisgegeben worden.

Diese Vorgänge zeigen, dass Politik ein Geschäft ist, und Diplomaten wie Stresemann – oder auch Brandt – Staatsinteressen wahrzunehmen haben – selbst wenn manches illusionär erscheint ... eine kleine Gegenleistung lässt sich vielleicht doch erzielen !
 
Lieber Dieter,

an diese Politik haben aber viele Milionen Vertriebene geglaubt. Sie sahen es nicht als Politik an. Ich erinnere mich noch an die Verzweifelung meines Freundes, der aus
Pommern stammt, dass seine Heimat nun für immer verloren war.:motz:
 
Ich will ja auch nicht behaupten, Heinz, dass die Hoffnung auf eine Rückkehr der verlorenen Ostgebiete gänzlich absurd war. Große Teile der deutschen Bevölkerung und viele Politiker in den Reihen der CDU und SPD haben diesen Anspruch aus voller Überzeugung unterstützt.

Im Lauf der Jahrzehnte wurde der Anspruch freilich immer illusionärer und angesichts der weltweiten politischen Entwicklung immer unhaltbarer. Deshalb war die Regierung Brandt im Rahmen ihrer neuen Ostpolitik schließlich der Meinung, dass eine Anerkennung bestehender Grenzen nur eine längst vorhandene Tatsache besiegeln würde. Die CDU wehrte sich lange gegen diese Erkenntnis – vielleicht auch nur formaljuristisch – musste aber schließlich selbst den endgültigen Verlust im "Vertrag über die deutsche Souveränität" am 12. September 1990 in Moskau anerkennen. – Ohne Verzicht keine Wiedervereinigung !!!
 
Du hast recht lieber Arcimboldo,
ich wollte damit auch nur deutlich machen, dass Gebietsforderungen, ob im Westen oder im Osem, ob nun von Stresemann oder von Bundespolitikern, von Anfang an unrealistisch waren. :grübel:
 
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