Ostpreussen



Ich habe den Artikel gestern auch in SpiegelOnline gelesen und bin für mich zu dem Ergebnis gekommen, dass der Artikel ein gutes Beispiel dafür ist, wie polemischer, qualitätsloser Journalismus aussieht und wie insbesondere die Qualität des Spiegel seit geraumer Zeit nachlässt (wobei ich keinen Unterschied zwischen Spiegel und SpiegelOnline mache, nicht zuletzt weil Artikel des einen Mediums regelmäßig auch in dem anderen Medium auftauchen).
Da ist der Titel: "Moskau bot Verhandlungen über Ostpreussen an". Dem Leser wird damit der Eindruck suggeriert, es habe seinerzeit Anfang der 90er Jahre womöglich eine Möglichkeit der Rückkehr von Teilen Ostpreussens zum deutschen Staatsgebiet gegeben - zumindestens Verhandlungsmöglichkeiten hierzu. Schaut man sich nun den Artikel einmal genauer an, so erfährt man, dass irgendein sowjetischer Generalmajor dort zweideutige Bemerkungen fallen gelassen hat. Für mich stellen sich da mehr Fragen als der Artikel Antworten gibt: ein Generalmajor bietet Verhandlungen zum Status sowjetischen Hoheitsgebietes an??? Nicht etwa der sowjetische Staats- und Parteichef bzw. Präsident, nicht etwa der sowjetische Außenminister, nicht etwa wenigstens der sowjetische Botschafter in Deutschland??? Und wenn es schon das Militär sein soll, dass dieses Thema anschneidet, warum dann lediglich ein Generalmajor?? Das ist kein besonders hoher Dienstgrad. Was für eine Dienststellung hatte der eigentlich? Oder anders ausgedrückt: woher nahm der eigentlich die Berechtigung in einer solchen Sache Verhandlungsbereitschaft auszudrücken? Und wie ernst ist wohl eine solche Äußerung aus unberufenem Munde zu nehmen? Was ist die tasächliche Absicht dabei gewesen? Hat da jemand womöglich nur einfach seine Kompetenzen überschritten oder sich ungeschickt ausgedrückt? Oder war das womöglich der Versuch, die deutsche Regierung aus der Reserve zu locken und hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit bezüglich des Bekenntnisses zur Oder-Neisse-Linie auszutesten? Damit das vermeindliche Verhandlungsangebot nicht glaubwürdig klingt, schickt man einen Vertreter der in solchen Sachen nicht befugten Streitkräfte vor....
Jedenfalls hatte ich nach dem Lesen des Artikels mehr Fragen als Erkenntnisse und ich hätte mir von seriösem Journalismus auch Ausführungen zu der Ernsthaftigkeit dieses Angebotes gewünscht. Entweder den Jounalisten des Spiegel sind beim Verfassen des Artikels die Fragen, die ich hier gestellt habe, nicht gekommen: dann sollte Spiegel vielleicht mal umfassend qualifizierteres Personal einstellen. Oder man hat ganz bewußt darauf verzichtet, tiefere Zusammenhänge darzustellen, weil man eine Art Boulevard-Journalismus betreiben wollte. So etwas ist aus meiner Sicht niveauloser Journalismus und hat in der Vergangenheit bereits dazu geführt, dass ich persönlich seit zwei Jahren kein Geld mehr für den Spiegel als Printmedium ausgebe. Warum soll ich für schlechte Artikel auch noch Geld zahlen??!
Ich gebe es ganz offen zu: mich hat die Art der Darstellung des Artikels geärgert... Aber viellecht mögen andere ja (immer noch) Gefallen an dem Spiegel finden, insofern will ich hier niemandem das Produkt madig machen. Allerdings bleibe ich dabei: ich habe persönlich den Eindruck, dass der Spiegel, den ich früher sehr gerne und regelmäßig bezogen habe, in den letzten Jahren deutlich an Qualität verloren hat.
 
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Ja...habe, an dieser Stelle die Gelegenheit genutzt, um meine Entäuschung über diese Entwicklung zum Ausdruck zu bringen. Leider befürchte ich, dass sich da nichts zum besseren wenden wird... Nun, ja....:(
 
Ich frage mich bei diesem Thema auch, welche Perspektiven Ostpreußen gehabt hätte, wenn es wirklich wieder Teil Deutschlands geworden wäre. Keine deutsche Bevölkerung mehr vorhanden, keine direkte Anbindung an das Bundesgebiet und eine wirtschaftlich desaströse Situation, die noch heute sogar in Osteuropa ohne Beispiel ist.
 
Ich frage mich bei diesem Thema auch, welche Perspektiven Ostpreußen gehabt hätte, wenn es wirklich wieder Teil Deutschlands geworden wäre.

Ich male mir mit Grausen aus, welche Folgen das für Deutschland gehabt hätte - bei aller verständlichen, emotionalen Verbundenheit großer Teile der Bevölkerung, hätte das den Staat bis heute so viel gekostet, daß wir finanziell heute wohl wie Griechenland dastehen würden.. :S
 
Ich frage mich bei diesem Thema auch, welche Perspektiven Ostpreußen gehabt hätte, wenn es wirklich wieder Teil Deutschlands geworden wäre. Keine deutsche Bevölkerung mehr vorhanden, keine direkte Anbindung an das Bundesgebiet und eine wirtschaftlich desaströse Situation, die noch heute sogar in Osteuropa ohne Beispiel ist.
Ich habe vor kurzem eine Reportage über Kaliningrad gesehen und da wurden auch Leute über ihr Leben dort befragt und ob die Jugend heute eigentlich noch weiß, wer Kalinin war, der der Stadt den heutigen Namen gab und da meinte doch ein Russe auf gebrochen Deutsch: "Was ist Kaliningrad? Meine Stadt heißt Königsberg." Der Kommentator wiegelte gleich ab und meinte, "Na ja, er übertreibt ein wenig, aber man ist hier schon sehr geschichtsbewußt."
In diesem Zusammenhang habe ich mich auch schon einmal gefragt, was wäre passiert, wenn dieses ehemalige Nordostpreußen tatsächlich eine Volksabstimmung über seine künftige Staatsangehörigkeit gemacht hätte? (Oder vielleicht in Zukunft noch machen, aber wir sind ja ein Geschichtsforum, also reden wir mal nur über 1990. ;) )
Für welches Land hätten sie sich entschieden? Vom Rest Russlands sind sie seit 1990 ja genauso abgeschnitten. Außerdem wurde in den Bericht festgestellt, daß sich schon viele Russlanddeutsche dort nieder gelassen haben, die eigentlich nach Deutschland wollten und dann dort geblieben sind, weil sie unterwegs gehört haben, daß sie es hier auch schwer haben würden.
Und dann noch eine Frage, die durchaus interessant ist:
Hätte Deutschland überhaupt eine Möglichkeit gehabt mitzuentscheiden, wenn die Provinz Kaliningrad per Volksentscheid beschlossen hätte auf dem gleichen Weg wie die DDR der Bundesrepublik einfach beizutreten?
Sicher das ist alles sehr spekulativ, aber trotzdem...
:grübel:
 
diese Reportage über Kaliningrad, war die so kurz vor Ostern? Wenn ja, habe ich sie auch gesehen.

Es wird wohl immer so sein, dass Menschen, die flüchten mussten/vertrieben wurden/selbst gingen, sich nach dem Status Quo der Heimat zurück sehnen. ("Früher war alles besser"); dabei aber oft übersehen, dass die Zeit nicht stehen bleibt.

OT: eine frühere Arbeitskollegin von mir ist Russland-Deutsche aus Kasachstan. Ihre Vorfahren stammten aus Hessen. Sie, Mitte 50, hat bis vor ca. 15 Jahren in Kasachstan gelebt, wurde dort geboren. Dennoch war sie dort "die Deutsche" (oder wurde sogar als Nazi bezeichnet). Hier ist sie - trotz ihres guten Deutsch - die Russin. So geht es auch den anderen, die ich kennen gelernt habe.

Manche bemühen sich um gutes Deutsch, andere werden trotzig. Untereinander wird von Haus aus russisch gesprochen.

Macht es für beide Seiten schwer, sich anzunähern. Finde ich schade.
 
Ich habe vor kurzem eine Reportage über Kaliningrad gesehen und da wurden auch Leute über ihr Leben dort befragt und ob die Jugend heute eigentlich noch weiß, wer Kalinin war, der der Stadt den heutigen Namen gab und da meinte doch ein Russe auf gebrochen Deutsch: "Was ist Kaliningrad? Meine Stadt heißt Königsberg." Der Kommentator wiegelte gleich ab und meinte, "Na ja, er übertreibt ein wenig, aber man ist hier schon sehr geschichtsbewußt."
In diesem Zusammenhang habe ich mich auch schon einmal gefragt, was wäre passiert, wenn dieses ehemalige Nordostpreußen tatsächlich eine Volksabstimmung über seine künftige Staatsangehörigkeit gemacht hätte? (Oder vielleicht in Zukunft noch machen, aber wir sind ja ein Geschichtsforum, also reden wir mal nur über 1990. ;) )
Für welches Land hätten sie sich entschieden? Vom Rest Russlands sind sie seit 1990 ja genauso abgeschnitten. Außerdem wurde in den Bericht festgestellt, daß sich schon viele Russlanddeutsche dort nieder gelassen haben, die eigentlich nach Deutschland wollten und dann dort geblieben sind, weil sie unterwegs gehört haben, daß sie es hier auch schwer haben würden.
Und dann noch eine Frage, die durchaus interessant ist:
Hätte Deutschland überhaupt eine Möglichkeit gehabt mitzuentscheiden, wenn die Provinz Kaliningrad per Volksentscheid beschlossen hätte auf dem gleichen Weg wie die DDR der Bundesrepublik einfach beizutreten?
Sicher das ist alles sehr spekulativ, aber trotzdem...
:grübel:

Natürlich hätte Deutschland eine Aufnahme verweigern können. Sonst würden ja heute unzählige Länder der dritten Welt einfach Deutschland beitreten.


Bei allem Respekt und Freude über das Geschichtsbewusstsein der dortigen Bevölkerung, die deutsche Bevölkerung wurde mehrheitlich vertrieben, also besteht keinerlei Anspruch auf Teilhabe am Wohlstand der BRD 1990. Die Hilfen für Ostdeutschland waren ja teilweise schon schwer vermittelbar gewesen, wie wäre das in Ostpreußen gewesen, bei einer mehrheitlich nicht-deutschen Bevölkerung und einer westdeutschen Bevölkerung, die schon in Bezug auf Preußen und Mitteldeutschland des Öfteren ein Verantwortungsgefühl hat vermissen lassen, was ja auch teilweise von Regierungsführern vorgelebt wurde.

Eine realistischere Option und vielleicht auch die bessere Variante für die DDR (-Erhalt der Ostmark) wäre die Führung dieser Gebiete als in den deutschen Staatsbereich integrierten Niedriglohnsektor. So hätten die Verlagerungen der 90er und 2000er Jahre nicht nach Osteuropa und Fernost, sondern nach Ostpreußen/DDR erfolgen können.

Doch das ist ja sehr hypothetisch und die DDR-Bevölkerung hat ihre Motivation für den Beitritt zur BRD sowieso zu großen Teilen vor allem aus ökonomischen/wohlfahrtsstaatlichen Gründen gezogen, die Bürgerrechtsbewegung mal ausgenommen, unterstelle ich jetzt mal.
 
Eine realistischere Option und vielleicht auch die bessere Variante für die DDR (-Erhalt der Ostmark) wäre die Führung dieser Gebiete als in den deutschen Staatsbereich integrierten Niedriglohnsektor. So hätten die Verlagerungen der 90er und 2000er Jahre nicht nach Osteuropa und Fernost, sondern nach Ostpreußen/DDR erfolgen können.
Nein, nicht realistisch. Rumänische Löhne bei Westpreisen? Von Ausnahmen (Mieten) abgesehen waren die Preise nämlich schon vor der Währungsunion schlagartig auf Westniveau, als man 1:4 umrechnete und für einen Joghurtbecher ca. 3,50 Ostmark haben wollte. Es gab Dummbeutel, die ihre Trabis für 300 Ostmark verschenkten oder sich schnell noch einen sauteuren Schrott-Ostfarbfernseher (rund 3000 Ostmark) holten.
Nee, wäre die D-Mark nicht nach Osten gekommen, wären fast alle arbeitsfähigen Leute zur D-Mark gegangen. Meist floss das Geld ja umgehend zurück in den Westen, wenn ich nur an den Gebrauchtwagenhandel denke. In Rotkäppchen-Sekt (oder meinetwegen in Radeberger Bier) hätte man baden können, keiner wollte zunächst das Zeug 1990 mehr haben.
 
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Eine realistischere Option und vielleicht auch die bessere Variante für die DDR (-Erhalt der Ostmark) wäre die Führung dieser Gebiete als in den deutschen Staatsbereich integrierten Niedriglohnsektor. So hätten die Verlagerungen der 90er und 2000er Jahre nicht nach Osteuropa und Fernost, sondern nach Ostpreußen/DDR erfolgen können.

Doch das ist ja sehr hypothetisch und die DDR-Bevölkerung hat ihre Motivation für den Beitritt zur BRD sowieso zu großen Teilen vor allem aus ökonomischen/wohlfahrtsstaatlichen Gründen gezogen, die Bürgerrechtsbewegung mal ausgenommen, unterstelle ich jetzt mal.
Niedriglohnsektor waren die "Neuen Bundesländer" sowieso. Ich hatte 1990/91 als Schichtarbeiter im Stahlwerk einen Stundenlohn von 6,66 DM + Schichtzuschläge. Also wenn das kein Niedriglohn war... Selbst heute wird ja im Westen noch mehr verdient als im Osten. Somit ist das kein Argument.
 
Niedriglohnsektor waren die "Neuen Bundesländer" sowieso. Ich hatte 1990/91 als Schichtarbeiter im Stahlwerk einen Stundenlohn von 6,66 DM + Schichtzuschläge. Also wenn das kein Niedriglohn war... Selbst heute wird ja im Westen noch mehr verdient als im Osten. Somit ist das kein Argument.

Natürlich ist das ein sehr niedriger Lohn, aber trotzdem wurde von dem Prä-Wirtschaftskrisenaufschwung das restliche Osteuropa, auch aufgrund von Produktionsverlagerungen im großen Stil, mehr erfasst als die Ex-DDR.

Woran liegt das außer niedrigen Löhnen. Die Infrastruktur und Rechtssicherheit waren in den neuen Ländern ja viel besser.:grübel:
 
Natürlich ist das ein sehr niedriger Lohn, aber trotzdem wurde von dem Prä-Wirtschaftskrisenaufschwung das restliche Osteuropa, auch aufgrund von Produktionsverlagerungen im großen Stil, mehr erfasst als die Ex-DDR.

Woran liegt das außer niedrigen Löhnen. Die Infrastruktur und Rechtssicherheit waren in den neuen Ländern ja viel besser.:grübel:

Möglicherweise weil in Osteuropa die Löhne noch niedriger waren. Ich hatte mit meinen 6,66 DM + Schichtzuschläge immerhin 1100 DM netto. Nicht zu vergessen sind auch die Sozialabgaben, die mit der Währiungs- Wirtschafts- und Sozialunion prozental sofort auf annähernd Westniveau waren (vielleicht 1% weniger oder so). Na gut, Lohnsteuern und damit auch der Soli fielen bei einem so geringen Lohn nicht an.
Aber in Osteuropa waren die Löhne noch niedriger und lagen umgerechnet bei vielleicht 200 der 300 DM.
Außerdem brach ja mit Einführung der DM für die DDR-Betriebe sofort der gesamte Ostmarkt zusammen, an den man natürlich durch den RGW bis 1990 angeschlossen war. Damit gab es erst einmal starke Absatzprobleme.
Das bedeutete oft den Tod ganzer Betriebe.
Die Infrastruktur war im Osten 1990 auch nicht gerade gut. Das gesamte Telefonnetz war z. B. völlig veraltet und mußte komplett erneuert werden. Nur mal als Beispiel.
 
Eine Sache habe ich doch glatt überlesen:
...Eine realistischere Option und vielleicht auch die bessere Variante für die DDR (-Erhalt der Ostmark)...

Gleichzeitig wäre aber auch die Planwirtschaft erhalten geblieben, denn die DDR-Mark war nicht konvertierbar.
Das ist eine Variante, die vor nun ganau 20 Jahren gar nicht erst in Betracht gezogen wurde, weil die Menschen im Osten auch sehr stark auf die D-Mark fixiert waren. Auch hätte bei Beibehaltung der Planwirtschaft der ohnehin schon niedrige Lebensstandard noch einmal um mindestens 30% gesenkt werden müssen. Das war auch das, was die SED hätte machen müssen, wenn sie an der Regierung gebrieben wäre. In diese Richtung ging auch die Einschätzung im "Schürer-Papier", das Krenz noch ausfertigen ließ. Ich schließe mich hier den Ausführungen von BB an - man hätte in den "Neuen Bundesländern" in kürzester Zeit ein fast menschenleeres Land vorgefunden, denn das war den Menschen nicht vermittelbar.
Die Friedliche Revolution begann nicht ausschließlich aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten, obgleich diese einen Aspekt darstellten. In meiner Publikation habe ich die Hintergründe so dargestellt:
Die „Friedliche Revolution“ in der DDR war eine Revolution der Bürger aller gesellschaftlicher Schichten für mehr Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und bessere Lebensbedingungen...
Diese Gründe standen zunächst gleichberechtigt nebeneinander, aber mit dem Erreichen der Demokratie (erste demokratische Vokskammerwahl) verschoben sich die Ziele:
Im Laufe des November 1989 begann eine sehr intensive innergesellschaftliche Diskussion über die weiteren Ziele der Friedlichen Revolution. Diese Diskussion wurde nicht nur innerhalb der Bevölkerung geführt, sondern auch in allen Bürgerrechtsgruppen, Parteien und sonstigen Organisationen in der DDR und wurde am Ende dieser Diskussion unterschiedlich beantwortet.
(...)
Tatsächlich war in den Monaten Oktober/November 89 viel erreicht worden:
Die Mauer war offen, überall im Land fanden politische Diskussionen statt – niemand hatte mehr Angst, seine Meinung zu sagen, auch die Medien hatten begonnen, freier zu berichten.
Jedoch trat durch diese Offenheit auch die wirtschaftliche Misere des Landes immer offener zu Tage. Und: Man konnte zwar in den Westen fahren, nur fehlte eine konvertierbare Währung, um auch an fernere Ziele zu reisen oder sich die begehrten westlichen Konsumgüter und Lebensmittel leisten zu können. Es mußte also eine konvertierbare Währung her. Die Bundesrepublik hatte seit ihrer Gründung eine solche Währung und sie wurde im Laufe der Jahrzehnte eine der stärksten Währungen der Welt, nur hieße das, daß sich auch die DDR-Wirtschaft auf einem freien Weltmarkt behaupten müsste. Und so stellten sich immer mehr Menschen insbesondere nach der Maueröffnung und ggf. nach Besuchen bei Verwandten in Westdeutschland oder West-Berlin die Frage, ob es nicht überhaupt besser wäre, sich mit einer so starken Wirtschaftsmacht wie der Bundesrepublik zusammen zu schließen. Und wie sollte ein solcher Zusammenschluß schließen aussehen? Konföderation? Oder staatliche Vereinigung?

Das Neue Forum hatte offenbar erkannt, daß sich viele Bürger neben den politischen Freiheiten auch nach dem Wohlstand sehnten, der ihnen Jahrzehntelang vom SED-Regime vorenthalten wurde. Die Unterschiede im Warenangebot zwischen der DDR und Westdeutschland lösten einen echten Kulturschock aus. Dies war psychologisch bedingt, denn das von allen Zeitzeugen übereinstimmend als „überwältigend“ beschriebene Warenangebot in den Supermärkten im westlichen Teil Deutschlands konnte Anfangs sogar leichte Schwindelanfälle auslösen.
So waren bereits Mitte November 89 die ersten Rufe aus der Bevölkerung nach einer staatlichen Einheit Deutschlands zu hören und wurden in der Folgezeit immer lauter:
Auf der Leipziger Montagsdemonstration des 13. 11. 1989 sah man zum ersten Mal die Losung "Deutschland einig Vaterland".

(...)
Am 19. 12. 1989 traf Bundeskanzler Helmut Kohl zu seinem ersten offiziellen Besuch in der DDR ein. Der Bundeskanzler konnte sich ungehindert von Staatssicherheit und Polizei von den Dresdnern feiern lassen. Bei dem anschließenden Vier-Augen-Gespräch der Regierungschefs legten beide ihre Vorschläge zur weiteren Zukunft Deutschlands vor:
Der Zehn-Punkte-Plan von Bundeskanzler Helmut Kohl und die Vorschläge für eine Vertragsgemeinschaft von Ministerpräsident Hans Modrow wurden dabei verhandelt.
Die anschießende Rede von Helmut Kohl feierten 20 000 Menschen begeistert. Die offiziellen Gastgeber nahmen an der Kundgebung nicht teil. Dagegen hat das Bundeskanzleramt einen Chor der evangelischen Kirche eingeladen.

Zeitgleich fand auf dem Berliner Alexanderplatz eine Demonstration gegen die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten statt.
Auch der SPD-Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine kritisierte in West-Berlin auf dem dort stattfindendenden Bundesparteitag in seiner Grundsatzrede die Vereinigungspolitik der Regierung Kohl.

Jedoch wurde die Öffnung des Brandenburger Tores in Berlin am 22. 12. 1989 mit einem großen Volksfest begangen.
Spätestens in diesen Tagen war die innergesellschaftliche Diskussion in der DDR zugunsten der deutschen Einheit entschieden...
aus meiner Publikation: http://geschichte-wissen.de/zeitgeschichte/58-die-ddr/236-die-friedliche-revolution-in-der-ddr.html

Ich weiß nicht ob es wirklich so war, aber ich vermute, daß es in Wirtschaftskreisen durchaus auch so gewollt war, daß die DDR-Bürger an der Schaufenstern "Bauklötze staunten".
:grübel:
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich weiß nicht ob es wirklich so war, aber ich vermute, daß es in Wirtschaftskreisen durchaus auch so gewollt war, daß die DDR-Bürger an der Schaufenstern "Bauklötze staunten".
:grübel:

Die ehemalige DDR war kurz nach der Wende auch ein riesiger neuer Absatzmarkt.
Waren es nicht die Bau- Super- und sonstigen Märkte, die gleich nach der Wende auf der grünen Wiese aus dem Boden gestampft wurden. Und die vielen Hoch- und Tiefbaumaßnahmen haben doch die Wirtschaft in ganz Deutschland zumindest kurzfristig belebt.
 
Ich male mir mit Grausen aus, welche Folgen das für Deutschland gehabt hätte - bei aller verständlichen, emotionalen Verbundenheit großer Teile der Bevölkerung, hätte das den Staat bis heute so viel gekostet, daß wir finanziell heute wohl wie Griechenland dastehen würden.. :S
Na und? Wir würden dann Finanzhilfsleistungen von Frankreich und Italien bekommen. Was für ein Impuls für den Europagedanken in Deutschland!:rofl:

Aber mal im Ernst. IronDuke trifft mit seiner Kritik am Spiegel-Bericht doch ins Schwarze, wenn er folgende Fragen aufwirft:
Für mich stellen sich da mehr Fragen als der Artikel Antworten gibt: ein Generalmajor bietet Verhandlungen zum Status sowjetischen Hoheitsgebietes an??? Nicht etwa der sowjetische Staats- und Parteichef bzw. Präsident, nicht etwa der sowjetische Außenminister, nicht etwa wenigstens der sowjetische Botschafter in Deutschland??? Und wenn es schon das Militär sein soll, dass dieses Thema anschneidet, warum dann lediglich ein Generalmajor?? Das ist kein besonders hoher Dienstgrad. Was für eine Dienststellung hatte der eigentlich? Oder anders ausgedrückt: woher nahm der eigentlich die Berechtigung in einer solchen Sache Verhandlungsbereitschaft auszudrücken? Und wie ernst ist wohl eine solche Äußerung aus unberufenem Munde zu nehmen? Was ist die tasächliche Absicht dabei gewesen? Hat da jemand womöglich nur einfach seine Kompetenzen überschritten oder sich ungeschickt ausgedrückt? Oder war das womöglich der Versuch, die deutsche Regierung aus der Reserve zu locken und hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit bezüglich des Bekenntnisses zur Oder-Neisse-Linie auszutesten?
Die Wiedervereinigung war u.a. nur deshalb möglich war, weil die westdeutschen Politiker gebetsmühlenhaft wiederholt haben, dass die Wiedervereinigung nur die BRD und DDR betreffen soll und niemand die Grenzen in Osteueropa grundsätzlich durcheinanderbringen will. Man denke in diesem Zusammenhang an die Sorgen, die es vor allem in Polen zur Oder-Neiße-Grenze gab. Da kann man sich leicht ausrechnen, wie ein "Ja klar, Ostpreussen nehmen wir auch noch" in Europa und den USA aufgenommen worden wäre.

So ein "unmoralisches Angebot" muss von untergeordneter Stelle (hier Generalmajor) kommen. Dann kann man sich einfacher von diesem distanzieren ("Kein authorisiertes Angebot! Aber interessant zu wissen, wie Sie dazu stehen!").
 
Die ehemalige DDR war kurz nach der Wende auch ein riesiger neuer Absatzmarkt.
Waren es nicht die Bau- Super- und sonstigen Märkte, die gleich nach der Wende auf der grünen Wiese aus dem Boden gestampft wurden. Und die vielen Hoch- und Tiefbaumaßnahmen haben doch die Wirtschaft in ganz Deutschland zumindest kurzfristig belebt.

Das ist war, allerdings vom Bauboom der 90er Jahre hatten wir in den östlichen Bundesländern leider nicht so viel. Dazu kamen wieder zu viele Arbeiter aus Osteuropa usw. auf die Baustellen zum arbeiten.
 
Nein, nicht realistisch. Rumänische Löhne bei Westpreisen? Von Ausnahmen (Mieten) abgesehen waren die Preise nämlich schon vor der Währungsunion schlagartig auf Westniveau, als man 1:4 umrechnete und für einen Joghurtbecher ca. 3,50 Ostmark haben wollte. Es gab Dummbeutel, die ihre Trabis für 300 Ostmark verschenkten oder sich schnell noch einen sauteuren Schrott-Ostfarbfernseher (rund 3000 Ostmark) holten.
Nee, wäre die D-Mark nicht nach Osten gekommen, wären fast alle arbeitsfähigen Leute zur D-Mark gegangen. Meist floss das Geld ja umgehend zurück in den Westen, wenn ich nur an den Gebrauchtwagenhandel denke. In Rotkäppchen-Sekt (oder meinetwegen in Radeberger Bier) hätte man baden können, keiner wollte zunächst das Zeug 1990 mehr haben.

Das ist der Punkt.
Währungsunion und Wiedervereinigung konnten unter diesen Vorzeichen dann gar nicht schnell genug kommen.
Um den SuperGau abzuwenden.
 
Hätte Deutschland überhaupt eine Möglichkeit gehabt mitzuentscheiden, wenn die Provinz Kaliningrad per Volksentscheid beschlossen hätte auf dem gleichen Weg wie die DDR der Bundesrepublik einfach beizutreten?
Eine Provinz Kaliningrad hätte wohl nicht beitreten können.
Aber umbenannt in "Land Ostpreußen" o. ä. hätte man den Beitrittswunsch nach §23 GG (alte Fassung) kaum verweigern können.

Es hat ja auch seinen Grund, daß dieser Paragraph nach der Wiedervereinigung komplett gestrichen (bzw. durch einen neuen Paragraphen ersetzt) wurde.
Seit dieser Neufassung 1992 ist klar, daß Deutschland komplett ist und keine weiteren Gebiete mehr beitreten können (das schließt seitdem also nicht nur Ostpreußen aus, sondern auch Österreich, Elsaß, Deutsch-Belgien oder was man sich sonst noch theoretisch vorstellen könnte).
 
Das ist der Punkt.
Währungsunion und Wiedervereinigung konnten unter diesen Vorzeichen dann gar nicht schnell genug kommen.
Um den SuperGau abzuwenden.

Ganz genau. Nun überlegt mal warum die Mauer gebaut wurde?
Wegen den faschistischen Westdeutschen? So anzunehmen der Bezeichnung der innerdeutschen Grenze durch das SED Regime.
Nein.
Die Bevölkerung ging damals schon dahin, wo man a.) das richtige Geld für seine Leistung bekam und b.) dorthin, wo die Bevölkerung auch das konsumieren konnte, was ein richtiger Lohn hergab.

Dieses Gemeinschaftsding in der DDR und stocksteife Planwirtschaft konnte doch nur aufrechterhalten werden, indem man die Bevölkerung "Einmauerte" und sie dazu zwang!

Dieser Prozeß kam nun wieder mit dem Mauerfall 1989 und die 40ig Jahre DDR waren nie dagewesen...

Und zum Thema, die Oder-Neiße-Grenze wurde doch von allen anerkannt...da zu spekulieren ist mit Verlaub, nicht viel Geistreicher wie der Glaube an Hitlertagebücher.
Ob nun Spiegel, Stern oder gar Focus...alles Theater, Jornalismus nach Verkaufsstrategie. Bäh...
 
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