Päpstin Johanna

Nach Johannas pontifikat-also ab der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts- mußte jeder neu gewählte Papst auf dem sella stercoraria platz nehmen ( wörtlich übersetzt etwa : Dung - Sessel), der in der Mitte eine große Öffnung ähnlich einer Toilette aufwies. Auf diesem Stuhl wurden die Genitalien der Erwählten untersucht, um sich davon zu überzeugen, daß es sich tatsächlich um einen Mann handelte.

Anschließend verkündete der Untersuchende ( für gewöhnlich ein Diakon) den Versammelten : " Mas nobis nominus est " : Unser Erwählter ist ein Mann. Erst dann wurden dem Papst die Schlüssel zu St. Peter ausgehändigt. Diese Zeremonie wurde bis ins 16. Jahrhundert beibehalten.

Die katholische Kirche streitet die Existenz dieses Stuhles auch gar nicht ab, ebensowenig seine Verwendung bei Zeremonien. Doch wird die Behauptung erhoben das die Sitzfläche ein loch aufweist habe keinerlei Bedeutung.

Und falls die Geschlechtsuntersuchung der päpste tatsächlich ins Reich der Phantasie gehört, wie erklärt sich dann die Vielzahl der Zoten , Scherze und Lieder die sich auf diesen Stuhl beziehen und die beim Volk vom Rom jahrhundertelang weit verbreitet gewesen sind??


Es gibt sogar Augenzeugenberichte über eine solche Sesselüberprüfung : Im Jahre 1404 reiste der Waliser Adam von Usk nach Rom und blieb länger als 2 jahre in der Stadt, während dieser Zeit führte er sorgfältig Buch über seine Beobachtungen. In einer ausführlichen Beschreibung der Krönungs- und Weihefeierlichkeiten von Papst Innozenz VII. wird auch die Sesselprüfung beschrieben.

--- Auszug aus den Anmerkungen von Donna W. Cross ----

ich selbst glaube schon das es die Päpstin tatsächlich gab. Auch die Beschreibung mit der Nichtbeschreitung der Strasse (die die Kirche lange aufrecht erhielt )auf dem sie angeblich ihr Kind verlor finde ich einleuchtend.

genauso wie die weitere Aufführung von frauen die sich in der Weltgeschichte als Männer augaben um mehr zu erreichen.

Es ist für mich auch irgendwie logisch vorstellbar das frauen auf diese Art und Weise versucht haben sich zu behaupten.

Gruss meikela
 
...Donna W. Cross hat "Die Päpstin" geschrieben, oder?
ich hab das Buch gelesen es ist wirklich faszinierend, kann ich nur empfehlen!!:yes:
Natürlich ist es ein Roman über Johannas Leben, für geschichtliche Nachforschungen empfehle ich "Papstfabeln des Mittelalters" von J.J.Ignaz von Döllinger....
 
Rovere schrieb:
Lili hat nicht unrecht, die Legende um den Stuhl existiert, der Stuhl selber steht in den Vatikanischen Museen (im "Kabinett der Masken"). Die Sache mit der "Untersuchung" ist aber ein - wenn auch ausgezeichnetes - Gschichterl aus späterer Zeit.
Lucentini (hat den wahrscheinlich besten Führer über Rom verfasst) schreibt über den Stuhl folgendes:
"Im Mittelalter mußten sich die neugewählten Päpste vor ihrer possesio-Prozession auf einen Marmorstuhl mit einem Loch setzten; es handelte sich dabei um eine luxoriöse antike Toilette bzw. ein Bidet, das man in römischen Bädern gefunden und wohl für einen Thron gehalten hatte. Auf diesem Stuhl sitzend, verteilten die Päpste Geld an die Leute.....
....bis ins Jahr 1503 wurde der Stuhl verwendet; damals untersagte Papst Julius II diesen Brauch".

Hab mich selbst zitiert weil ich es nicht nochmals tippen wollte. Sedia stercoraria hats gegeben und steht heute in den Vatikanischen Museen, sie war das im Zitat angegebene Marmorbidet. Die Zeremonie der Geschlechtüberprüfung ist historisch nicht haltbar, der von Mercy angegebene Stich (bzw. der Link dahin) könnte eine antipäpstliche Karikatur sein, würde sowohl zeitlich als auch vom Ursprungsort Schweden her passen.
 
Meine Mutter hatte mal darüber ein Buch gelesen, und ich übrigens auch .
Das interessante ist das als ich im Urlaub in Siena (Toskana ) in der gr. Kirche
Sienas war in der alle Päpste abgebildet sind ist statt Johanna ein gewisser
Papst Zacharias abgebildet ,dessen Existenz aber bezweifelt werden darf. Auch als
ich in Rom war gab es da so Poster mit allen Päpsten da fehlten Johanna ,natürlich,
aber auf einmal auch Zacharias , ist schon in komischer Name für einen katholischen
Geistlichen oder . Wie kommt das ? Ganz einfach ich denke man ist und war sich
nicht sicher ob man nun lieber Johanna als Zacharias verkauft oder sie ganz und
gar weglässt !
 
benji5 schrieb:
Meine Mutter hatte mal darüber ein Buch gelesen, und ich übrigens auch .
Das interessante ist das als ich im Urlaub in Siena (Toskana ) in der gr. Kirche
Sienas war in der alle Päpste abgebildet sind ist statt Johanna ein gewisser
Papst Zacharias abgebildet ,dessen Existenz aber bezweifelt werden darf. Auch als
ich in Rom war gab es da so Poster mit allen Päpsten da fehlten Johanna ,natürlich,
aber auf einmal auch Zacharias , ist schon in komischer Name für einen katholischen
Geistlichen oder . Wie kommt das ? Ganz einfach ich denke man ist und war sich
nicht sicher ob man nun lieber Johanna als Zacharias verkauft oder sie ganz und
gar weglässt !

Da scheinst du dich zu irren; vielleicht täuscht dich aber auch deine Erinnerung.
Das Pontifikat des Zacharias dauerte von 741 bis 752. Dieser Papst ist mehr als ausreichend historisch belegt.
Mit der Sage um die Päpstin Johanna steht er jedenfalls in keinem Zusammenhang, da diese zeitlich entweder in das 9. Jahrhundert datiert oder gar um das Jahr 1100 angesiedelt wird.
Ganz generell halte ich diese Sage aber für das, was sie wohl ist: Eine Räuberpistole!
 
Legenden sind Legenden

Hier muß ich Kirlon beipflichten. Es scheint sich bei der "Päpstin" Johanna um eine Legende zu handeln, initiert durch Gegner der katholischen Kirche.
Die Abbildungen des angeblichen testes Prüfstuhls stammen ja alle nach der Legendenbildung
(im 13.Jahrhundert) und entbehren nicht einer gewissen Häme.
Sedia stercoraria bedeutet nichts anderes als Kotstuhl, vulgo Nachtstuhl wie er noch heute (auf Rollen) in Altersheimen und Krankenhäusern verwendet wird. Früher (auch zu früheren Papstzeiten) ging man ja mit den natürlichen Bedürfnissen auch ganz "natürlich" um,
deshalb wundert mich nicht, daß die Päpste bis ins 16.Jahrhundert auf einem Nachtstuhl saßen und ein Exemplar im Vatikan ausgestellt ist.
Vernüftig mit der "Legende" geht z.b. folgender link um. (Leider in Englisch)
http://www.wordiq.com/definition/Pope_Joan
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich kann meinen beiden Vorpostern nur beipflichten - die Päpstin Johanna ist zwar eine gut erfunden, aber eben nur erfunden.

Doch jede Legende hat einen wahren Kern, im Fall der Päpstin soll dies eine berühmt-berüchtigte Dame gewesen sein, Marozia aus dem Haus der Grafen von Tusculum die Anfang des 10. Jhdts die ewige Stadt dominierten. Marozia ernannte sich selbst zur Senatrix, der Herrscherin von Rom. Sie war die Geliebte von Papst Sergius III., das Kind aus dieser Beziehung hiefte sie selbst auf den Thron Petri. Auch ihre Töchter Marozia II und Theodora spannte sie in ihr Herrschaftsystem ein dass für Jahrzehnte das Papsttum dominierte - 4 Päpste waren völlig von ihr abhängig.
Und mit diesen drei berühmt-berüchtigten Damen (die eigentlich durchaus als Päpstinnen zu bezeichnen waren, den tatsächlich übten sie ja die Macht über Stadt und Bischofsamt von Rom aus) ist auch eine der schönsten Wortschöpfungen für eine Herrschaftsform verbunden:
PORNOKRATIE - ein Terminus technicus den man sich förmlich auf der Zunge zergehen lassen kann :king:
 
Gab es die Päpstin Johanna wirklich?

Hallo,

ich habe soeben den spannenden historischen Roman: "Die Päpstin" von Donna W. Cross durchgelesen.....ein äußerst spannendes Buch, aber beim Lesen kam mir oft Zweifel, ob Mrs. Cross denn so historisch gebildet ist.....ohne Sie jetzt beleidigen zu wollen! ;-)

Aber es kam mir vor als hätte ich tausende kleiner Fehler entdeckt....wie die bekannten "Film-fehler" in bekannten Filmen mit historischen Hintergrund....und davon gibt es ja nicht gerade wenig....Troja, Gladiator, Ben Hur, etc.

Kennt jemand eine Internetseite auf der sich jemand schon mit dem Inhalt des Romans auseinandergesetzt hat und vergleicht....was entspricht der Wahrheit und was hat die Autorin völlig neu dazugedichet?
 
Gab es die Päpstin Johanna wirklich?

Haltet ihr es für sinnvoll Schüler der Realschule, sagen wir mal 7. oder 8. Klasse den historischen Roman: "Die Päpstin" näher zubringen und evtl. in den folgenden Unterrichtseinheiten einzubauen: ?

"Die Normannen"
"Die Franken"
"Frauen im Mittelalter"
"Leben im Mittelalter"

Diejenigen, die den Roman ebenfalls gelesen haben...fallen euch noch weitere Themen ein?

Oder seit ihr der Meinung, dass die Autorin Donna W. Cross dem Leser absolut unhistorisches Zeug auftischt?

Sehr detailiert beschreibt sie ja, dass muss man ihr lassen....was haltet ihr von einer Gegenüberstellung? historischer Roman <-- --> historische Fakten?
 
Ich glaube nicht, dass Schüler der 7. Klasse - also mit 12 - 13 Jahren - historische Fiktion und historische Wirklichkeit unterscheiden können. Selbst Erwachsene haben damit Probleme. Und wirklich gute historische Romane - aus der Sicht des Historikers gesehen - gibt es nur sehr, sehr wenige.

Andreas
 
benji5 schrieb:
Meine Mutter hatte mal darüber ein Buch gelesen, und ich übrigens auch .
Das interessante ist das als ich im Urlaub in Siena (Toskana ) in der gr. Kirche
Sienas war in der alle Päpste abgebildet sind ist statt Johanna ein gewisser
Papst Zacharias abgebildet ,dessen Existenz aber bezweifelt werden darf. Auch als
ich in Rom war gab es da so Poster mit allen Päpsten da fehlten Johanna ,natürlich,
aber auf einmal auch Zacharias , ist schon in komischer Name für einen katholischen
Geistlichen oder . Wie kommt das ? Ganz einfach ich denke man ist und war sich
nicht sicher ob man nun lieber Johanna als Zacharias verkauft oder sie ganz und
gar weglässt !

Den Zacharias gabs schon , aber Du meinst wohl.....
Im Dom zu Siena,an der Wand des Hauptschiffes , gibt es eine eindrucksvolle Reihung von Terracottaköpfen , die 170 Päpste von Petrus bis Papst Lucius (1181-85 ) darstellen sollen,
die Ende des 15.Jahrh. für die Kathedrale von Siena geschaffen wurden. Unter den Köpfen befand sich bis 1600 auch die legendäre "Päpstin" Johanna. In diesem Jahr 1600 verwandelte man den Kopf auf Anordnung des amtierenden Papstes Clemens VIII. in den Papst Zacharias, dessen Amtszeit von 741 bis 752 dauerte und der möglicherweise in der unvollständigen Terracotta-Sammlung bisher ausgelassen wurde.

Quelle : Francis Haskell : "Die Geschichte und ihre Bilder" erschienen bei C.H. Beck 1995
 
Arcimboldo schrieb:
Den Zacharias gabs schon , aber Du meinst wohl.....
Im Dom zu Siena,an der Wand des Hauptschiffes , gibt es eine eindrucksvolle Reihung von Terracottaköpfen , die 170 Päpste von Petrus bis Papst Lucius (1181-85 ) darstellen sollen,
die Ende des 15.Jahrh. für die Kathedrale von Siena geschaffen wurden.
Das war doch die Zeit in der die Legenden publiziert wurden.
 
„Der Sitz liegt sehr hoch und hat eine Öffnung in Form eines Schlüssellochs. (...) Die Rückenlehne ist übermäßig weit nach hinten geneigt, viel zu weit, (...) um bequem darauf sitzen zu können. Auch die Stuhlbeine sind ungwöhnlich – zwei Marmorplatten, die an den Seiten nach unten führen und in Löwenklauen enden. Die Mitte, der Bereich unter dem Schlüsselloch, ist offen und unverdeckt.“ (Stanford, S.19, Z.26-36)
Dieser Stuhl heißt sedia stercoraria (Kot-Stuhl) und steht unbeleuchtet und unerklärt im Gabinetto delle Maschere (Maskenkabinett) der Vatikanisch Museen. (vergl. Stanford, S. 17).

Man sollte nicht vergessen, dass es sich um einen "zeugungsfähigen Mann" handeln muss. Da kommt nicht nur eine Frau in Betracht, sondern auch ein Kastrat, oder einer mit missgebildeten Geschlechtsteilen.

Zu Zeiten der Eleonore von Aquitanien musste sich eine Braut unmittelbar vor der Hochzeit mit dem König splitternackt ausziehen. Wir wissen heute, warum das geschah: Sie sollte nichts von ihrer Heimat am Leibe tragen.
Wenn dies für eine Äbtissin zur Zeit der "Päpstin Johanna" vorgeschrieben gewesen wäre und man diesen Sinn vergessen hätte, welche gerüchteweisen Erklärungen der schlüpfrichten Art wären später darum erfunden worden, von Männern die sich als Äbtissin wie ein Fuchs in den Hühnerstall geschlichen hätten und ene solche Zeremonie erforderlich gemacht hätten.

Um das Geschlecht eines Menschen festzustellen, braucht's doch den Stuhl nicht!

Aber wo die Fakten fehlen, hat die Phantasie ungestörten Auslauf.
 
Vor einiger Zeit wurde hier im Forum nach der "geheimnisvollen" Lücke in der Papstnummerrierung bei Johannes XX. gefragt (ich finde leider die Stelle nicht mehr). Als Antwort kam, daß die XX. einfach wegen einem Fehler vergessen wurde. Das erschien mir so unglaublich, daß ich eben mal etwas gegoogelt habe.
Da kommt auch diese, scheinbar recht genaue Seite, wo folgende, mögliche Erklärung kommt:

1276 - 1277 Johannes XXI.
Wegen Fehler in der Auflistung im Mittelalter gibt es keinen Johannes XX. Möglicherweise ist dieser Fehler in der Liste auf Gegenpapst Johannes (? - 844) zurückzuführen.
Es gibt aber auch Quellen die besagen, dass Johannes zunächst als Johannes XX. im Amt war, dann aber in Anerkennung der - legendären - Päpstin Johanna (853 - 855, sie wäre Johannes VIII. gewesen) seinen Namen in Johannes XXI. änderte.

Quelle: http://www.heiligenlexikon.de/Glossar/Paepste_zeitlich.htm?print

Spannend, oder? ;)
 
Werden nicht die Gegenpäpste aus der Zählung ausgeblendet? Spruch: Es gibt z.B. Johannes XXIII. 2x (einmal den Gegenpapst und einmal den weltberühmten)
 
Leopold Bloom schrieb:
Werden nicht die Gegenpäpste aus der Zählung ausgeblendet? Spruch: Es gibt z.B. Johannes XXIII. 2x (einmal den Gegenpapst und einmal den weltberühmten)

Nicht unbedingt. Gegenpapst Johannes XVI. wird als solcher gezählt.

Ich halte es für wahrscheinlicher, daß sich Johannes XXI. schlicht verzählt hat, als daß er mit seiner Nummer die legendäre Johanna nachträglich legitimieren wollte...
 
Leopold Bloom schrieb:
Werden nicht die Gegenpäpste aus der Zählung ausgeblendet? Spruch: Es gibt z.B. Johannes XXIII. 2x (einmal den Gegenpapst und einmal den weltberühmten)

Ja, eigentlich schon, bei den Johannes-Päpsten gibts allerdings einen Stolperer: Johannes XVI. war zwar ein Gegenpapst, hat aber kein Pendant wie bspw. Johannes XXIII. Bei den Stephan- und Hadrian-Päpsten ist man sich mit der Zählung auch nicht so sicher, weil ein Stephan und ein Hadrian vor der Weihe starben, die einen zählen sie mit, die anderen nicht.
Was Johannes XXI. betrifft, soll er der Ansicht gewesen sein, es hätte bereits einen Papst Johannes XX. gegeben, weshalb er den Namen Johannes XXI. annahm. Wäre schon verständlich so oft wie Päpste den Namen Johannes angenommen haben.
 
Also an einen simplen Fehler kann ich einfach nicht glauben. Wer Papst wird oder werden will wird sich doch eingehend mit seinem Wunschnamen und seinem Vorgänger beschäftigt haben. Und wenn er selbst so schusselig war, daß er seinen Namensvorgänger nicht richtig in Erinnerung hatte, dann würden doch eine ganze Reihe Kardinäle ihn auf den Patzer aufmerksam machen - bevor es so in Dokumenten auftaucht.
Ich kann mir keinen mittelalterlichen Papst vorstellen, der sich an die Stirn schlägt und sagt "Ups, ich Trottel, ich!"
;)
Plausibel erscheint mir am ehesten ein Widerspruch wegen der Gegenpäpste, die mal gezählt, mal nicht gezählt wurden - was sicher mit den näheren Umständen zusammenhing.
 
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