Serbien musste jedenfalls ein Interesse daran gehabt haben, vorläufig in keinen weiteren Krieg verwickelt zu werden.
Serbiens Finanzen waren äußerst angespannt. 10 Monate lang hatte man bis zu 400.000 Soldaten unterhalten müssen. Das kostete jeden einzelnen Monat 25 Millionen Dinar und dann kamen noch 125 Millionen Dinar für die Ausrüstung. Der serbische Staatshaushalt hatte im Jahre 1912 Einnahmen von 125.211 Dinar. Die serbische Staatsverschuldung war auf 900 Millionen Dinar gesprungen. Das war beträchtlich.
Dann kamen noch der Unterhalt der ganzen Verwundeten hinzu. Es wurden dringend Gelder und auch Kleidung benötig. Die kriegsgefangenen Albaner konnten nicht einmal im Ansatz adäquat versorgt werden; man hatte ja selbst nichts.
Serbien und so sah es auch Pasic hatte dringend ein Bedürfnis nach Frieden. Allerdings war Pasic seine innenpoltische Situation auch nicht ganz einfach.
Ich würde sogar behaupten, Serbien konnte kein wirkliches Interesse daran haben (und das nicht nur in der spontanen Situation, sondern längerfristig) in keinem Fall einen Krieg mit der Donau-Monarchie zu riskieren, in einer Situation, in der man nicht klar die Unterstützung Russlands und auf der anderen Seite ein Fallenlassen Österreich-Ungarns durch Deutschland klar hätte antizipieren können.
Auch wenn sich das konkret innerhalb des Weltkriegs anders abzeichnete, als vielleicht vorhergesehen, war die Zerstörerische Wirkung der modernen Waffen auch vor dem Krieg hinreichend bekannt und Belgrad selbst lag ja nun dermaßen grenznah, dass selbst bei einer Unterstützung durch Russland von einer weitgehenden Verwüstung der Hauptstadt und entsprechendem Leiden der eigenen Zivilbevölkerung, sofern man Belgrad nicht von Anfang an räumen würde ausgegangen werden.
Das man das als militärische Notlösung in Kauf zu nehmen bereit war, für den Fall, dass der Krieg eine Tatsache wird und nicht mehr zu vermeiden ist, ist das eine, dies aber mit einiger Gewissheit, bei gleichzeitig ungewissem Kriegsausgang freiwillig zu akzeptieren, ginge schon etwas über die gewöhnlichen Spielarten des Wahnsinns hinaus und ist einer auch nur einigermaßen rational handelnden Regierung schwerlich ernsthaft zuzutrauen.
Davon abgesehen, wäre ein entsprechendes Engagement gegen Österrein und damit verbunden eine Bindung der serbischen Kräfte eine Einladung an die Bulgaren zur Revanche gewesen, Sofia schloss sich ja nicht völlig uneigennützig dann tatsächlich den Zentralmächten an.
Noch darüber hinaus, unterlag Serbien größeren Risiken im Hinblick auf die Bündnissmechanik als Österreich.
Den Österreicher musste nur Deutschland zur Seite stehen, ob sie damit den Krieg hätten gewinnen können ist nicht mal relevant, es hätte ihnen in jedem Fall die zeitliche Möglichkeit eingeräumt Serbien gründlichst zu verheeren. Heist Wien brauchte als Grundlage für ein solches Unternehmen nur ein Placet aus Berlin.
Serbien würde hingegen, gesetzt, die Österreicher erhielten dieses Placet, einzig auf Russland gestützt, mit sehr kurzem Hemd dargestanden haben. Damit also Serbien einen solchen Krieg einigermaßen überstehen konnte, musste nicht nur St. Petersburg mitspielen, auch Paris und London durften nicht aus der Reihe tanzen. Das die Bündnismechanik am Ende so funktionierte, wie sie dann funktionierte, stand ja auch nirgendwo in Stein gemeißelt.
Das erscheint ein bisschen irrational viel Risiko um in einer solchen Konstellation ernsthaft einen krieg heraufbeschwören zu wollen.