Prähistorische Seefahrten?

Der Atlantik ist nicht Doggerland. Das Doggerland lag zwischen England und den Niederlanden/Norddeutschland, mit gemeinsamer Mündung von Rhein und Themse in die Nordsee. Das Doggerland hilft nicht, die solutreische Hypothese in irgendeiner Form voranzubringen.
Gegen die Solutreische Hypothese spricht mehr, als dafür (dafür sprach in erster Linie die oberflächliche Ähnlichkeit von solutreischen Steinklingen mit in Nordamerika gefundenen Steinklingen der Clovis-Kultur, die allerdings ist mehrere tausend Jahre nach dem Solutréen anzusetzen!!!*), vor allem, weil es so gut wie unmöglich war, den Atlantik zu überqueren. Die These lautet ja, dass die Solutreer entlang des Schelfeises, das damals weiter viel weiter südlich in den Atlantik reichte, nach Nordamerika gelangt seien. Das Schelfeis hätte für das notwenige Süßwasser gesorgt. Die These krankt daran, dass die nötige Energie nicht zur Verfügung stand, um das Süßwasser aufzuschmelzen. Klar kann man Eis lutschen, aber wenn man davon leben muss, kühlt man aus (und ich möchte mal den sehen, der Eis von -20° oder -40° lutscht...).


*Also um das noch mal klar herauszustellen: Das Hauptargument von einer kulturellen Verbindung zwischen Südfrankreich und den Great Plains war eine Gemeinsamkeit ungewöhnlicher Steinklingen. Zwischen diesen gab es aber neben dem Atlantischen Ozean eine mehrtausendjährige Lücke.
 
Die These krankt daran, dass die nötige Energie nicht zur Verfügung stand, um das Süßwasser aufzuschmelzen.

nun ja, ich gebe mal zu bedenken, dass die ganzen arktischen und subarktischen Jägerkulturen wie z.B die Inuit, Thule oder Dorset genau unter diesen Bedingungen nicht nur kurzzeitig überlebt sondern sich in diesem Habitat sogar langfristig eingerichtet haben. Energieträger wie Tran und Öl wurden dort aus Tieren gewonnen.Das wäre also für mich kein stichhaltiges Argument gegen die These europäisch-amerikanischer Kontakte.
Das Problem ,das ich eher sehe ist , dass die potentiellen Jägergruppen die sich da auf den Weg gemacht haben könnten relativ klein gewesen sein müssten ,- zu klein um signifikante Spuren am Ziel zu hinterlassen
Hinzu kommt wohl, dass die DNA-Analysen der Funde von Anzik/Montana keine Verbindungen zu Europa ergaben
Sieht also eher aus, als sei das gleiche Design unabhängig voneinander zwei Mal entwickelt worden um ähnlichen Jagdbedingungen gerecht zu werden
 
Der Atlantik ist nicht Doggerland. Das Doggerland lag zwischen England und den Niederlanden/Norddeutschland, mit gemeinsamer Mündung von Rhein und Themse in die Nordsee. Das Doggerland hilft nicht, die solutreische Hypothese in irgendeiner Form voranzubringen....

*Also um das noch mal klar herauszustellen: Das Hauptargument von einer kulturellen Verbindung zwischen Südfrankreich und den Great Plains war eine Gemeinsamkeit ungewöhnlicher Steinklingen. Zwischen diesen gab es aber neben dem Atlantischen Ozean eine mehrtausendjährige Lücke.
Du meinst also, im Bereich der Nordsee (Doggerland) ist das Meer nach der Eiszeit angestiegen, während der Atlantik schon immer so hoch war wie jetzt …. oder warum argumentierst Du so gegen meine Aussage, zeitgleiche eiszeitliche Küstensiedlungen am Atlantik (also ohne die zeitliche Lücke) seien inzwischen unter dem Meeresspiegel zu suchen?
 
Wir reden offenbar aneinander vorbei.

Ich versuche es noch mal unmissverständlich:

Für die solutréische Hypothese ist das Doggerland unerheblich. Das Doggerland vermindert nicht die zu überwindende Distanz zwischen Amerika und Europa. Da ändert auch eine höhere Bindung des Wassers durch Eis und daraus folgend ein niedrigerer Meersspiegel nichts dran.
 
dazu reicht ein Blick auf die Meerestiefen im Nordatlantik
Nord- und Ostsee, also die Doggerbank weist Meerestiefen von unter 50 Meter auf, das umgebende Doggerland maximal 200 Meter ,aber bereits die isländische Schwelle hat Tiefen bis 1000 Meter und und Europäisches Nordmeer und Nordatlantik sind bis 2000 Meter tief
Auch die höhere Bindung des Wassers durch Eis in Solutreen hat die Situation also höchstens marginal verändert.
Potentielle vorzeitliche Seefahrer konnten sich also höchstens in Kleinstgruppen am Rand des Schelfeises entlang tasten- mit allen Gefahren die dies beinhaltete.
 
Werfen wir doch mal einen Blick nach Australien, wo der Homo sapiens nur als Seefahrer hingekommen sein kann.

Die Besiedlung Australiens fand um 50.000 BP statt und der HSS ist die erste bekannte Menschenarten auf dem Kontinent, auch ist die restliche Flora und Fauna durch die Wallace-Linie vom Rest der Welt getrennt.

Damit fällt die Besiedlung in die Marine Isotopenstufe 3 (MIS 3) die „warm“ anfängt und dann abfällt und im MIS 2 mit dem Letzteiszeitlichen Maximum (LGM) in den Keller stürzt. Sundaland und Sahul waren nie verbunden und selbst im LGM betrug die Entfernung zwischen 70 – 100 Kilometer offene See ohne Inseln. Ich habe zwar keine genaue Daten zu Meeresspiegel in der Region zum Beginn des MIS 3 gefunden, aber da es wärmer war dürfte die Entfernung größer geworden sein um 50.000 BP.

Inselhopping war hier keine Option – egal zu welcher Zeit, Land am Horizont gab es nicht. Die offene See zwischen Sundaland und Sahul war einfach zu weit, um von einer Küste die nächste zu sehen. Vielleicht haben angespülte Pflanzen, Treibholz oder sogar Tierkadaver einen Hinweis auf Land in der Ferne gegeben. Möglich wäre es, aber die Wallace-Linie ist eine sehr mächtige Grenze, sogar für Vögel.

Die Überfahrt als Unfall? Um 54.000 BP zieht eine Homo s. Population über den Balkan, südlich der Alpen in die Grotte Mandrin (Frankreich) und bilden das Neronien und um 47.500–45.000 BP kommt einen Population über den Balkan oder Donauraum nach Nord- und Mitteleuropa. Der „Lincombien-Ranisien-Jerzmanowicien Komplex“ besiedelt einen Streifen vom südlichen England über Thüringen nach Südpolen. Neronien und LRJ hinterlassen keine Genspuren in den späteren WHG Populationen. Also man kann annehmen das sie ausgestorben sind. LRJ ist schon knapp am 50. nördlicher Breite angekommen und liegt sogar für das Aurignacien an der Nordgrenze und sie haben es trotzdem nicht geschafft sich fest zusetzten. Wie könnte also ein Überfahrt aus Versehen in Australien eine Population begründen die sich über 50.000 Jahre hält?
 
Wie könnte also ein Überfahrt aus Versehen in Australien eine Population begründen die sich über 50.000 Jahre hält?
Fragt sich ob die "Überfahrt" aus versehen war. 100km oder etwas mehr sind bei einigermaßen ruhiger See keine große Entfernung. Mit einer floßartigen Konstruktion und ohne heftige Gegenströmung bei etwa 2-3km/h in gut 1,5-2 Tagen zu bewältigen.
 
Der Ausguck auf Schiffen ist mir ein Begriff. ;) Auch könnte man bestimmt auf einem 800 – 1000 Meter hohen Berg in der Meeresenge Sahul sehen und bei Bergen in Sahul auch die um 50k BP breitere Meeresenge übersehen. Leider finde ich bei 70-100km nur die Angabe im Zusammenhang mit dem LGM.

Trotzdem bleibt für mich die Frage – warum ist die Wallace Linie für Millionen Jahren eine Barriere für die Flora und Fauna? Andere pazifische Inseln bekommen über tausende Kilometer durch die Natur eine eigene Flora und Fauna verpasst, hier hindert aber nur ein paar hundert Kilometer den Austausch. Also müsste es dort in der Strömung und Winde eine Grenze, ein wirkliches Hindernis geben und damit auch für die Seefahrer.

Vielleicht hätte ich stärker betonen sollen, dass ich eher in Richtung intentionale Seefahrt denke.

Gehen wir mal von irgendwas mit 100 – 200 Km aus und wo ist ein Wille ist, ist auch ein Weg. Das die Wallace-Linie ein Hindernis ist wissen sie nicht, ist aber egal, weil es überwunden wird. Bleibt trotzdem eine Mehrtagesfahrt, mit einem nötigen Wasservorrat, und eine rudimentären Navigation, man muss zumindest wissen das die Sonnen immer im Osten aufgeht. Was bedeutet das wenn man nur nach Sonnenaufgang steuert, automatisch einen Kurs nach Südosten bekommt. Dazu kommt das eine Population* übergesetzt hat die groß genug war um sich überhaupt festsetzten zu können. Klar ist auch das es keine Armada von Booten war, aber einzelne „Flotten“ so groß das sie überlebensfähig waren und sich mit anderen Gruppen treffen konnten.

Operation A-Day sieht für mich halt nicht einen Ausflug von Leuten aus die sonst nur Erfahrungen mit Flüssen und Booten in Küstennähe haben. Also müssten es Gruppen die seit Generationen an einer Meeresküste als Fischer gelebt hatten.

Auch wenn es aus der heutigen europäischen Sicht eine unglaubliche Leistung ist, die Besiedelung der pazifischen Inseln durch die Seefahrer setzt ja auch sehr spät ein. Kolumbus hatte seine Probleme mit Entfernungen zu See und Magellan hatte wahrscheinlich noch mehr Glück als Verstand. Also die Entfernungen dort sind wirklich gigantisch und jeder Grad Abweichung führt dich in ein nasses Grab. Amelia Earhart und die MH17 Suchmannschaften können auch ein Lied davon singen.

Also mit schon viel Erfahrung, Mut und eine Portion Glück war die Überfahrten nach Sahul möglich. Nur….. wirft man einen Blick auf die Beisiedlungsdaten von Südamerika, kann man ja eine Besiedlung über das südliche offene Meer ausschließen.

Bleibt eigentlich nur Beringia für die Fussgänger und da wir ja hier die Seefahrer betrachten die Aleuten. Da liegen wir bei aktuell max. 350 km mit (GoogleEarth) als größte Entfernung der zwischen den Inseln, meistens sogar deutlich unter 100km.



* Die Minimum Viable Populationie variiert je nach Art zwischen mehreren hundert bis ein paar tausend Individuen. Kurzfristig sollte eine MVP nie weniger als 50, langfristig nie weniger als 500 Individuen umfassen (50/500-Regel)
 
Hallo

Zur Errklärung der Wallace-Linie,bzw. der Verteilung der asiat. und aust. Arten siehe hier:

mfg
schwedenmann

P.S.
Das sich die Wallace-Linie auch unter Wasser nachweisen läßt,haben erst kürzlich Forscher aus Deutschland unf Australien nachgewiesen.
 
Die Besiedlung Australiens fand um 50.000 BP statt und der HSS ist die erste bekannte Menschenarten auf dem Kontinent, auch ist die restliche Flora und Fauna durch die Wallace-Linie vom Rest der Welt getrennt.
Die Wallace-Linie war kein Hindernis für Homo floresiensis, auch wenn der es nicht bis Australien geschafft hat.
 
In dem von Schwedenmann verlinkten Text steht, dass es nicht die Entfernung zwischen Küste und Küste war, die eine Ausbreitung der Flora und Fauna von Australien (oder Sahul) nach Nordwesten verhinderte, sondern die Tatsache, dass das Leben in Australien nicht gut an das tropische Klima angepasst war, denn Australien war aus einer südlicheren Klimazone gegen die tropische indonesische Inselwelt getrieben worden.
 
So eine Kontinentaldrift erfolgt aber nicht von heute auf morgen, sondern ist Sache vieler Millionen Jahre - genug um neue Arten hervorzubringen.
 
In dem von Schwedenmann verlinkten Text steht, dass es nicht die Entfernung zwischen Küste und Küste war, die eine Ausbreitung der Flora und Fauna von Australien (oder Sahul) nach Nordwesten verhinderte, sondern die Tatsache, dass das Leben in Australien nicht gut an das tropische Klima angepasst war, denn Australien war aus einer südlicheren Klimazone gegen die tropische indonesische Inselwelt getrieben worden.
So eine Kontinentaldrift erfolgt aber nicht von heute auf morgen, sondern ist Sache vieler Millionen Jahre - genug um neue Arten hervorzubringen.

Das habe ich "Piet" schon in einer PN geschildert, Australien hat nur eine sehr, sehr kleine tropische Zone in der die Bedingungen passen könnten.
Neue Arten müßten hier in Konkurrenz gegen schon etablierte antreten.
 
Auch die allgemein in Atlanten zu findenden Klimakarten decken sich mit der von mir geschilderten Situation. Zur Zeit der Eiszeiten gab es keine immerfeuchte tropische Zone in Australien. Dafür lag der Kontinent einfach zu weit südlich.
 
So eine Kontinentaldrift erfolgt aber nicht von heute auf morgen, sondern ist Sache vieler Millionen Jahre - genug um neue Arten hervorzubringen.
Vielleicht kann man argumentieren, dass Flora und Fauna des asiatischen Blocks viel mehr Zeit und Raum hatte, ich möglichst gut an ein tropisches Klima anzupassen, als die Flora und Fauna Australiens. Deshalb gab es eine Ausbreitung in Richtung Südost, als die Meeresstrecke zu überwinden war, und zwar in den australischen Raum hinein, soweit er tropisches Klima aufwies, aber nicht umgekehrt.
 
Danke @Mittelalterlager Das hatte gestern bei mir die Denkblockade gelöst.

Für die Strömung zwischen Sundaland und Sahul ist und war der Indonesian Throughflow (ITF) verantwortlich. Einfach gesagt – von der philippinischen See aus wird im Gegenuhrzeigersinn, aus dem Pazifik Wasser durch die indonesische Inselwelt Richtung Indischen Ozean gedrückt. Mit heutigen 15 Sverdrup (Furue, R. et al (2023)) ist er bei weiten nicht die stärkste Strömung, aber schon ordentlich.

Unabhängig von der Stärke dachte ich, dass, wenn es Sundaland nicht gäbe, sich die Strömung wegen der Meeresenge zwischen Sundaland und Sahul sogar erhöhte. Allerdings sagen Petrick, B. et al. (2019) für den Zeitraum ab 0,65 Ma eine deutliche Abschwächung voraus, ohne den Wert zu quantifizieren.

Eine abgeschwächte Strömung täte, auch bei einer zu diesem Zeitpunkt der Überfahrt, größere Entfernung, die Chancen erhöhen. Aber es bleibt, als Landratte gesprochen, wohl eine Fahrt gegen die Strömung.






Petrick, B. et al. (2019) „Glacial Indonesian Throughflow weakening across the Mid-Pleistocene Climatic Transition“. Scientific Reports. DOI: 10.1038/s41598-019-53382-0

Furue, R. et al. (2023). The intrinsic variability of the Indonesian Throughflow. Frontiers in Marine Science, 10, Article 1117304. DOI: 10.3389/fmars.2023.1117304.
 
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