Germanicus
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Wer kennt ihn nicht, den berühmten Ausspruch "Varus, gib mir meine Legionen wieder", den laut Sueton Kaiser Augustus nach der verheerenden Niederlage des Varus in der clades variana tätigte. Schon in der Antike wurde Varus geradezu (vor allem von Velleius Paterculus geprägt) zum Sinnbild des Unfähigen und Verlieres abgestempelt. Auch in der heutigen Zeit gilt dies noch: Der militärisch Unfähige und Geldgierige Varus war Schuld an der Niederlage im saltus teutoburgiensis. Dass dies aber ein häufig geäußerter Vorwurf in der Antike gegenüber erfolglosen Feldherren war, bleibt meist unberücksichtigt. Das Varus keinesfalls so Geldgierig und militärisch Unfähig war, beweist am besten Varus' Statthalterschaft in Syrien 7/6-5/4 v. Chr. Syrien war nämlich eine der militärisch wichtigsten Provinzen des Imperiums (aufgrund der Nähe zum Partherreich). Außerdem gehörte zu Syrien das unruhig Palästina mit dem Klientelkönigreich des Herodes, als dessen Berater Varus übrigens fungierte. Es war eine sehr unruhige Gegend, besonders nach dem Tode des Herodes wurde die Lage brisant. Unter den Juden brachen Revolten aus gegen die Nachfolger aus. Varus musste die Ordnung im Sinne Roms wieder herstellen, was er durch einen Feldzug im Jahre 4 v. Chr. erreichte. Nachdem er eine Legion unter dem Kommando des Sabinius in Jerusalem zurückgelassen hatte, zog er sich zurück. Sabinius jedoch sah sich dem erneuten Aufstand der Juden ausgesetzt, er wurde von ihnen Jerusalem wurde belagert. Nachdem die Römer im folgenden Verlauf den Tempelbezirk brandschatzten und den Tempel plünderten, breitete sich der Aufstand auf ganz Iudäa aus. Varus zog von Antiochia (mit zwei Legionen) aus erneut den Aufständischen entgegen und schlug den Aufstand mit voller militärischer härte nieder, u. a. ließ er 2.000 Aufständische Kreuzigen. Dennoch waren diese Maßnahmen nicht willkürlich, da Varus die Unschuldigen frei ließ. Zudem war Varus wohl einer der wenigen, der - trotz aller üblichen Gewinne - die Provinz nicht ausbeutete. Dies beweisen wohl die vielfältigen Anliegen jüdischer Gruppen an ihn. Varus war also nicht, wie von oft behauptet wird, militärisch Unfähig und Geldgierig. Zudem glaube ich nicht, dass Kaiser Augustus einen wenig erfahren Militär angesichts der erheblichen Probleme in Illyrien (Illyrischer Aufstand) an die wichtige Rheingrenze geschickt hätte. Zweifellos hat Varus auch Fehler begannen, so z. B. seine in Syrien gewonnen Verwaltungserfahrungen auf Germanien zu übertragen und vielleicht etwas zu "energisch" mit den mit Rom Verbündeten Germanen umzugehen. Auch den Vorwurf, dass er das Heer nicht in Marschformation marschieren ließ und auch nicht (wenn es stimmt) auf Segestes hörte, wird man ihm machen können. Dennoch erscheint Varus' Maßnahme, nicht in militärischer Ordnung zu marschieren, verständlich, wenn man sich verdeutlicht, dass für Varus die Germanen gewonnen waren und er durch (vermeindlich) verbündetes Gebiet marschierte.
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