Reichskleinodien

collo

Aktives Mitglied
nachdem die reichskleinodien 1796 von den österreichern vor den franzosen aus aachen und nürnberg in "sicherheit" gebracht wurden, verblieben sie ja in wien (sieht man von einer 7-jährigen unterbrechung von 38-45 mal ab).

jetzt meine frage: hatte das deutsche kaiserreich von 1870-1918 keine greifbaren symbole (krone, zepter etc.)? wenn doch, waren das kopien oder eigene entwürfe?
 
Es gab den Entwurf einer deutschen Kaiserkrone der sich an der alten Reichskrone orientierte, Hauptunterschied war dass nicht ein Bügel, sondern zwei quergestellte Bügel die Krone überwölbten und das große Kreuz oberhalb der Stirnplatte weggelassen wurde.
Gefertigt wurde diese Krone aber nicht.
 
collo schrieb:
jetzt meine frage: hatte das deutsche kaiserreich von 1870-1918 keine greifbaren symbole (krone, zepter etc.)? wenn doch, waren das kopien oder eigene entwürfe?

Nein, so etwas gab es meines Wissens nach nicht. Als "etc." könnte ich höchstens die Kaiserstandarte nennen - aber das war kein Einzelstück.
http://www.hicleones.com/archive/kaiserstand.jpg

(Mieses Bild, bei Bedarf bekommst du einen besseren Scann)
 
Meines Wissens nach gab es in dem Kontext des Deutschen Kaiserreiches ein grundsätzliches Problem: das "alte" Kaisertum des HRR begründete sich darauf, daß der römisch-deutsche Kaiser (in Nachfolgeschaft zum fränkischen Kaiser seit Karl d. Gr.) vom Papst offiziell gesalbt, gekrönt oder aber mindestens bestätigt wurde.
Demgemäß mußte der entsprechende Herrscher vom Bekenntnis her ein römischer Katholik sein, was ja bis 1806 auch stets gegeben war. Vor 1517 gab es im HRR keine andere Konfession, danach war es fast immer ein - natürlich katholischer - Habsburger, und selbst beim kurzen Wittelsbacher Intermezzo im 18. Jh. war es ein Katholik (bayerische Linie des Hauses Wittelsbach).
Diametral dazu waren die nun zum Kaisertitel kommenden Hohenzollern Protestanten, was natürlich gegen die althergebrachte Tradition stammt. Soweit ich weiß, war aus diesem Grund auch die Rechtfertigung ihres Kaisertitels äußerst schwierig. Somit erklärt sich zumindest, daß die Insignien des HRR, welche mit der früheren Tradition eng verbunden waren, nicht mehr verwendet werden konnten/durften/sollten...

Ob bzw. inwiefern "greifbare" Symbole oder aber Insignien vorhanden waren oder nicht, kann ich auch nicht sagen :S

Anm.: Da ich all dies aus einer vor Jahren gesehenen Dokumentation im Fernsehen über die Hohenzollern aus der Erinnerung wiedergebe, mag dies unvollständig und evt. auch nicht in allen Punkten ganz korrekt sein. Ich bitte in dem Fall um Korrektur innerhalb dieses Themas...

Dank & Gruß

Timo
 
timotheus schrieb:
Meines Wissens nach gab es in dem Kontext des Deutschen Kaiserreiches ein grundsätzliches Problem: das "alte" Kaisertum des HRR begründete sich darauf, daß der römisch-deutsche Kaiser (in Nachfolgeschaft zum fränkischen Kaiser seit Karl d. Gr.) vom Papst offiziell gesalbt, gekrönt oder aber mindestens bestätigt wurde.
Demgemäß mußte der entsprechende Herrscher vom Bekenntnis her ein römischer Katholik sein, was ja bis 1806 auch stets gegeben war. Vor 1517 gab es im HRR keine andere Konfession, danach war es fast immer ein - natürlich katholischer - Habsburger, und selbst beim kurzen Wittelsbacher Intermezzo im 18. Jh. war es ein Katholik (bayerische Linie des Hauses Wittelsbach).
Diametral dazu waren die nun zum Kaisertitel kommenden Hohenzollern Protestanten, was natürlich gegen die althergebrachte Tradition stammt. Soweit ich weiß, war aus diesem Grund auch die Rechtfertigung ihres Kaisertitels äußerst schwierig. Somit erklärt sich zumindest, daß die Insignien des HRR, welche mit der früheren Tradition eng verbunden waren, nicht mehr verwendet werden konnten/durften/sollten...

Ob bzw. inwiefern "greifbare" Symbole oder aber Insignien vorhanden waren oder nicht, kann ich auch nicht sagen :S

Anm.: Da ich all dies aus einer vor Jahren gesehenen Dokumentation im Fernsehen über die Hohenzollern aus der Erinnerung wiedergebe, mag dies unvollständig und evt. auch nicht in allen Punkten ganz korrekt sein. Ich bitte in dem Fall um Korrektur innerhalb dieses Themas...

Dank & Gruß

Timo

Widerspruch: Seit der goldenen Bulle brauchte man im HRR keinen Papst mehr um einen Kaiser zu krönen. Mit dem kath. Glauben hat dies definitv nichts zu tun.

Ab 1871 führte der Deutsche Bund den Namen Deutsches Kaiserreich, das Präsidium stand dem preußischen König zu, und der Bundespräsident führte den Namen Deutscher Kaiser. (Steht ziemlich genau so in der Verfassung von 1871) Über den Titel des Kaisers gab es Krach zwischen Wilhelm und Bismarck. Wilhelm wollte gern Kaiser von Deutschland sein. Bismarck befürchtete Probleme deshalb mit Wien. Am Vorabend der Ausrufung wurde Bismarck gefragt wie dann nun der Titel sei, worauf Bismarck antwortete, "wenn er wüßte was Wurst auf Latein heißt, könne er jetzt gebildet auf Latein sagen: Ich wüßte nicht was mir Wurster wäre."

Da kein Kaiser gekrönt wurde, benötigte man weder Krone noch sonst etwas.

Auf Münzen und Briefmarken sind Kronen abgebildet, das sind aber Fantasieprodukte.

Grüße Repo
 
Da Wilhelm II. einen grossen Hang zur Selbstinszenierung hatte, wundert es mich, weshalb er die Kaiserkrone selber nie herstellen liess. Er nannte sich ja selber Kaiser, auch wenn er nie gekrönt wurde. Vielleicht hätte sie aber nicht zu seinen Uniformen gepasst?
 
Es gab schon eine Krone - wenn auch nur in gezeichneter Form. Der Graphiker und Heraldiker Emil Doepler entwarf auf Wunsch Kaiser Wilhelms II. eine von der ottonische Reichskrone inspirierte Kaiserkrone mit zwei gekreuzten Bügel und Weltkugel mit Kreuz an der Spitze (Bild siehe in meinem Beitrag oben) und dieser Entwurf war ab 1889 gültige Form der neuen deutschen Kaiserkrone. Die Zeichnung wurde aber nie umgesetzt, die Schaffung einer echten Kaiserkrone war auch nicht mehr geplant. Dennoch, der Entwurf hatte offiziellen Charakter und war Bestandteil der kaiserlichen Insignien - siehe Arnes Bild der Kaiserstandarte.
 
Obwalden schrieb:
Da Wilhelm II. einen grossen Hang zur Selbstinszenierung hatte, wundert es mich, weshalb er die Kaiserkrone selber nie herstellen liess.
Vielleicht war er moderner, als du und manch anderer ihn einschätzt? Er war ja auch einer der ersten "Autonarren" und ließ sich nicht in der Sänfte tragen...:grübel:

Obwalden schrieb:
Er nannte sich ja selber Kaiser, auch wenn er nie gekrönt wurde. Vielleicht hätte sie aber nicht zu seinen Uniformen gepasst?
Das war sicher nicht das Problem, da hätte er sich ein neues Outfit einfallen lassen...:cool:
 
Obwalden schrieb:
Da Wilhelm II. einen grossen Hang zur Selbstinszenierung hatte, wundert es mich, weshalb er die Kaiserkrone selber nie herstellen liess. Er nannte sich ja selber Kaiser, auch wenn er nie gekrönt wurde. Vielleicht hätte sie aber nicht zu seinen Uniformen gepasst?

Wilhem zwo nannte sich nich Kaiser, der wars, laut Bundesverfassung
sie documentarchiv.de
"Zuschrift des Bundes-Kanzlers v. Bismarck an den Präsidenten des Reichstags Simson
(Beschluß des Norddeutschen Bundesrats betreffend die Einführung der Bezeichnungen "Deutsches Reich" und "Deutscher Kaiser")

vom 9. Dezember 1870





Ew. beehre mich die ganz ergebenste Miitheilung zu mache, daß der Bundesrath des Norddeutschen Bundes im Einverständniß mit den Regierungen von Bayern, Württemberg, Baden und Hessen, beschlossen hat, dem Reichstage des Norddeutschen Bundes folgende Abänderung der Verfassung des Deutschen Bundes (Nr. 6 der Drucksachen) zur verfassungsmäßigen Zustimmung vorzulegen:[1]
  1. Im Eingang der Bundesverfassung ist an der Stelle der Worte:
    "Dieser Bund wird den Namen Deutscher Bund führen" zu setzen:
    "Dieser Bund wird den Namen Deutsches Reich führen".
  2. Der erste Absatz des Artikels 11 der Bundesverfassung erhält nachstehende Fassung:
    "Das Präsidium des Bundes steht dem Könige von Preußen zu, welcher den Namen Deutscher Kaiser führt. Der Kaiser hat das Reich völkerrechtlich zu vertreten, im Namen des Reiches Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, Bündnisse und andere Verträge mit fremden Staaten einzugehen, Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen."
Der Kanzler der Norddeutschen Bundes
In Vertretung
Delbrück
An den Präsidenten des Reichstages
des Norddeutschen Bundes
Herrn Dr. Simson, Hochwohlgeboren."

und noch

"
Anmerkung:
[1] Der Reichstag des Norddeutschen Bundes stimmten dem Beschluß des Bundesrates des Norddeutschen Bundes am 10.12.1870 zu. Der damit geänderte Wortlaut der "Verfassung des Deutschen Bundes" wurde am 31.12.1870 im Bundesgesetzblatt 1870, S. 627 veröffentlicht.


Quelle: Verhandlungen des Norddeutschen Reichstags 1870, II. außerordentliche Session, S. 151.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Zuschrift des Bundes-Kanzlers v. Bismarck an den Präsidenten des Reichstags Simson (09.12.1870), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/ksr/dtrdtk.html, Stand: aktuelles Datum.
Wirklich interessante Site, wird leider anscheinend nicht mehr weitergeführt.

Grüße Repo
 
Arne schrieb:
Vielleicht war er moderner, als du und manch anderer ihn einschätzt? Er war ja auch einer der ersten "Autonarren" und ließ sich nicht in der Sänfte tragen...:grübel:

Hallo Arne

Ich persöhnlich schätze ihn auch als moderner Kaiser ein. Er erkannte auch als erster Staatsmann die Bedeutung des Films ein, weshalb er 1900 verfügte, jeden seiner Auftritte zu "kinematographieren" (filmen).
Ein Hang zur Selbstinszenierung muss nicht unbedingt etwas Antimodernes sein. Durch diesen Hang, denke ich, wurde auch sein Ruhm gefestigt. Ich denke, dass er heute bei der Bevölkerung viel weniger bekannt wäre, hätte er sich nicht so oft repräsentieren lassen.

@Rovere: Ich meinte vor allem die Krone im physischen Sinne, also dass er sie an besonderen Anlässen auch hätte tragen und zeigen können, als Symbol des Titels als Kaiser.
Viele Grüsse
Mike
 
Rovere schrieb:
Es gab schon eine Krone - wenn auch nur in gezeichneter Form. Der Graphiker und Heraldiker Emil Doepler entwarf auf Wunsch Kaiser Wilhelms II. eine von der ottonische Reichskrone inspirierte Kaiserkrone mit zwei gekreuzten Bügel und Weltkugel mit Kreuz an der Spitze (Bild siehe in meinem Beitrag oben) und dieser Entwurf war ab 1889 gültige Form der neuen deutschen Kaiserkrone. Die Zeichnung wurde aber nie umgesetzt, die Schaffung einer echten Kaiserkrone war auch nicht mehr geplant. Dennoch, der Entwurf hatte offiziellen Charakter und war Bestandteil der kaiserlichen Insignien - siehe Arnes Bild der Kaiserstandarte.

Natürlich hatte er eine Krone! Eine ganz reale, die des Königs von Preußen! Heute noch verwahrt auf der Burg Hohenzollern! In den 50ern mal geklaut.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Natürlich hatte er eine Krone! Eine ganz reale, die des Königs von Preußen! Heute noch verwahrt auf der Burg Hohenzollern! In den 50ern mal geklaut.

Grüße Repo

Aber symbolisierte sie auch gleichzeitig die deutsche Krone?
 
Obwalden schrieb:
Aber symbolisierte sie auch gleichzeitig die deutsche Krone?

Natürlich nicht. Die anderen souveränen! deutschen Fürsten wurden doch nicht Preußen! Die gründeten einen Bund ernannten einen Bundespräsidenten und verliehen dem den Titel "Deutscher Kaiser".
Der württemberger Karl verkündete noch kurz zuvor, dass er keinem Hohenzollern Untertan würde! Als sich der franz. Botschafter bei Kriegsbeginn von ihm verabschiedete gab es Tränen.
Der franz. Bonny III hat sich selten blöde verhalten, keinem anderen wäre es gelungen die süddeutschen nach Berlin zu treiben!

Grüße Repo
 
Noch was, die württembergische Regierung hielt den Bund namens Deutsches Reich für wieder auflösbar, und hielt an dieser Meinung bis ca. 1890 fest.

Grüße Repo
 
Rovere schrieb:
Es gab schon eine Krone - wenn auch nur in gezeichneter Form. Der Graphiker und Heraldiker Emil Doepler entwarf auf Wunsch Kaiser Wilhelms II. eine von der ottonische Reichskrone inspirierte Kaiserkrone mit zwei gekreuzten Bügel und Weltkugel mit Kreuz an der Spitze (Bild siehe in meinem Beitrag oben) und dieser Entwurf war ab 1889 gültige Form der neuen deutschen Kaiserkrone. Die Zeichnung wurde aber nie umgesetzt, die Schaffung einer echten Kaiserkrone war auch nicht mehr geplant. Dennoch, der Entwurf hatte offiziellen Charakter und war Bestandteil der kaiserlichen Insignien - siehe Arnes Bild der Kaiserstandarte.

Hallo Rovere,
Du bist doch da der Platzhirsch, war für eine Krone haben denn die Kaiser von Österreich ab 1805 in Verwendung gehabt. Die deutsche konnte es ja nicht sein.
Ich bilde mir ein, ein Krönungsbild, natürlich mit Krone, des letzten Karl gesehen zu haben. Oder war das vielleicht mit der ungarischen Stefanskrone?

Grüße Repo
 
Karl der Letzte ist nur zum König von Ungarn gekrönt worden - also müßte es die Stephanskrone gewesen sein. Ist auch das einzige Foto, dass ich von ihm mit Krone kenne. Ansonsten verwendete man die Krone Kaiser Rudolphs II. - aber gekrönt wurde damit niemand.
 
Schini schrieb:
Karl der Letzte ist nur zum König von Ungarn gekrönt worden - also müßte es die Stephanskrone gewesen sein. Ist auch das einzige Foto, dass ich von ihm mit Krone kenne. Ansonsten verwendete man die Krone Kaiser Rudolphs II. - aber gekrönt wurde damit niemand.
Andererseits musste sich Karl zur Legitimation als österreichischer Kaiser auch nicht krönen lassen, da Österreich schließlich eine Erbmonarchie war ;)
 
Lili schrieb:
Andererseits musste sich Karl zur Legitimation als österreichischer Kaiser auch nicht krönen lassen, da Kakanien schließlich eine Erbmonarchie war ;)
Das ist zwar richtig, aber es gibt genügend Erbmonarchien wo dennoch die Krönung als Weiheakt auch heute noch dazugehört - England ist das beste Beispiel.

Beim Kaisertum Österreich darf man nicht vergessen dass zur Zeit der Proklamation 1804 Kaiser Franz auf das neue napoleonische Kaisertum reagieren musste, eine Kaiserkrönung aber nicht benötigte da er ja ohehin bereits gekrönter Kaiser des HRR war.
Sein Nachfolger Ferdinand hingegen nahm alle traditionellen Thronbesteigungs-Zeremonien der unzähligen Provinzen des Habsburgerreichs auf sich. Er wurde zum König von Ungarn, Böhmen und des Lombardo-Venetianischen Königreiches gekrönt und nahm die unzähligen Erbhuldigungen der Stände in seinen diversen Erzherzogtümern und Herzogtümern auf sich.

Kaiser Franz Josef verzichtete auf Grund der Revolutionsereignisse 48 auf solche Zeromien. Erst nach dem Ausgleich mit Ungarn kam es 1867 zu seiner Krönung zum König von Ungarn. Es war auch ein böhmische Krönung geplant, zu dieser kam es (leider) nicht mehr.

Schon zu Zeiten Franz Josef gab es aber den Plan einer österreichischen Kaiserkrönung im Stephansdom, wenn auch damals nur als Idee. Unter Kaiser Karl hingegen wurde diese Idee ernstlich erwogen und war erst für 1917, dann für die Zeit nach dem Krieg geplant. Die Geschichte hat bekanntlich einen anderen Weg genommen.
 
Rovere schrieb:
Das ist zwar richtig, aber es gibt genügend Erbmonarchien wo dennoch die Krönung als Weiheakt auch heute noch dazugehört - England ist das beste Beispiel.

Kaiser Franz Josef verzichtete auf Grund der Revolutionsereignisse 48 auf solche Zeromien. Erst nach dem Ausgleich mit Ungarn kam es 1867 zu seiner Krönung zum König von Ungarn. Es war auch ein böhmische Krönung geplant, zu dieser kam es (leider) nicht mehr.
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Ich war der Meinung Franz-Josef hätte sich "immer" geweigert, sich als böhmischer König krönen zu lassen.

Grüße Repo
 
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