Religiös motivierte Expansionskriege VOR der Islamischen Expansion?

EQ und Timo, meine Ausführungen möchte ich gerne so gelesen wissen, dass ich sie nicht konkretisieren wollte, und erst Recht nicht eine Wertung einbringen wollte, also z.B. das "blutrünstige Christentum" und der "milde Islam" oder andersrum oder so...
So habe ich deinen Text auch nicht gelesen.

Wie schaut es mit meiner These aus, dass vielleicht Kriege oder Polemiken dann besonders heftig waren, wenn es um verwandte Religionen und/oder "Abweichler" ging, es also ein "Familienstreit" war. (Beizeiten waren z.B. Sunniten und Schiiten in innerislamischen Kriegen unduldsamer, als gegen Christen, evtl.?)
Das ist doch systemimmanent logisch: Abweichler sind gefährlich, sie verwässern die eigene Religion. Christen und Juden als Ahl al-Kitāb stehen halt - nach islamischen Verständnis - auf einer unteren "Stufe der Erleuchtung", die jeweils fremde Konfession aber hat den "Pfad der Erleuchtung" verlassen. So sieht auch die bittere Logik der Inquisition aus.

Als aber die Mongolen unter Ölegü Khan Baġdād eroberten und alle muslimischen Einwohner ermordeten - im Übrigen ein Bruch der Ausgleichspolitik von Ölegüs Mutter Sorqoqtani Beki -, die Christen (hauptsächlich Nestorianer) aber schonten (und die Muslime, die sich in die Kirchen Baġdāds geflüchtet hatten), und die Christen auch hinterher z.B. als Funktionäre bevorzugten, kam es zu einem Vertrauensbruch der Muslime gegenüber den Christen. Und mit zunehmendem Machtverfall der Ilkhane (bzw. deren Konversion zum Islam) wurde es für die Christen immer ungemütlicher im 'Iraq, weil dir Christen nämlich fortan mit der mongolischen Schreckensherrschaft und ilkhaniden Misswirtschaft in Verbindung gebracht wurden, was schließlich dazu führte, dass die nestorianischen Christen sich vor Konfrontationen mit den Muslimen zurückzogen.

Alos wie heftig und blutig eine Auseinandersetzung ausfällt hängt immer von den Protagonisten und situativen Umständen ab.
 
Gab es vor den islamischen Eroberunszügen andere Kriege, die im Namen einer Religion geführt wurden ?

Der Konflikt auf Sri Lanka ist u.a. auf die Eroberung der Insel im Namen des Buddhismus zurückzuführen.

Ein bekanntes Beispiel für ein Außerkraftsetzen der Norm des Nichttötens ist der Krieg des singhalesischen Königs Dutthagamani gegen die Tamilen, genauer: der ideologisierte Bericht über diesen Krieg in der Chronik Mahavamsa, verfaßt zu Anfang des 6. Jh. n. Chr. In diesem Bericht wird ausdrücklich festgestellt, der König habe den Krieg im Interesse des Buddhismus geführt (obwohl der tamilische Herrscher sogar in dieser Chronik als gerecht und keineswegs buddhismusfeindlich geschildert wird). Der Buddhismus ist also hier wohl eher bewußt als ein Element der singhalesischen Kultur für den Kampf gegen die tamilischen Eroberer, die ja Hindus waren, instrumentalisiert worden. Diese Tendenz wurde offenbar von einem Teil des Ordens unterstützt. So heißt es, daß eine Gruppe von acht Arhats (also Heiligen) die Gewissensbisse, die der König nach dem gewonnenen Krieg immerhin hatte, mit dem Hinweis beruhigt habe, das Töten übler Irrgläubiger wiege nicht schwerer als das Töten von Tieren.
Diese Argumentation hat auffällige Ähnlichkeit mit der eines schon zu Anfang des 4. Jh. ins Chinesische übersetzten Mahayana-Textes, der "Großen Lehrrede vom Nirvana (des Buddha)" (Mahaparinirvana-Sutra, nicht zu verwechseln mit der oben erwähnten gleichnamigen Lehrrede des alten Kanons). Hier werden die Laien, insbesondere der König, aufgefordert, die buddhistische Lehre, vor allem das Mahayana, und die tugendhaften Mönche bei Bedarf auch mit Waffengewalt zu schützen. An einer Stelle heißt es zwar, daß sie dabei niemand töten sollen, an einer anderen Stelle hingegen werden solche Bedenken mit dem Hinweis abgewiesen, daß das Töten von icchantikas, d.h. von Personen, die das Mahayana verwerfen und unheilsame Lehren verbreiten, weniger schlimm sei als das Töten von Tieren, ja, überhaupt keinen Verstoß gegen die Norm des Nichttötens darstelle.

Buddhismus und Gewalt
Dutthagamani of Sri Lanka - Wikipedia, the free encyclopedia
 
@lynxx: Natürlich gab es "religiöse Anführer". Das stell ich nicht in Abrede, genauso wenig wie Timos Ansage, dass auf den Orientkreuzzügen religiöse Überzeugungen mitritten. Jedoch weiß ich aus keiner Religion (religiösen Schrift), dass sie die Gläubigen aufruft in den Eroberungskrieg zu ziehen, unerheblich, ob es um Seelen oder Land geht.

Missionare, welche von ihrem Glauben und ihrer Mission überzeugt sind, versuchen auch ohne Feldzüge ihrem Religion zu verbreiten.

Auch in heutigen Armeen, Kriegen gibt es religiöse Soldaten (z.B. US-Army). Aber aus dieser Tatsache will doch sicher niemand herleiten, dass beispielsweise der Irakkrieg ein religiös motivierter Feldzug ist.

Also: Ich bleibe dabei: Es gibt keine religiösen Kriege!
 
Ich bin mir nicht sicher, aber ich meine bei Tilman Nagel gelesen zu haben, dass an die jeweiligen Herrscher eine dreimalige schriftliche Aufforderung erging, den Islam anzunehmen. Wurde dreimal abgelehnt, war dies ein Grund dafür das jeweilige Land anzugreifen. Weiss jemand Näheres dazu ?
 
Ich bin mir nicht sicher, aber ich meine bei Tilman Nagel gelesen zu haben, dass an die jeweiligen Herrscher eine dreimalige schriftliche Aufforderung erging, den Islam anzunehmen. Wurde dreimal abgelehnt, war dies ein Grund dafür das jeweilige Land anzugreifen. Weiss jemand Näheres dazu ?

Wenn sich da nicht zufällig jemand erinnert, wäre die richtige Reihenfolge, Du könntest zunächst mal die Stelle bei Nagel eingrenzen.
 
Ehe die Araber das Perserreich angriffen, sollen sie an den Sassanidenkönig Boten geschickt haben, die ihn vor drei Alternativen stellten: Er könne entweder konvertieren und sein Reich behalten, oder er könne Tribut zahlen und sein Reich behalten - oder, wenn er beides ablehne, gäbe es Krieg (der mit dem Verlust seines Reiches enden werde). Inwieweit diese Geschichte verbürgt ist, weiß ich nicht, aber eine dreimalige schriftliche Aufforderung hat es in diesem Fall wohl nicht gegeben. Generalisieren wird man die allfällige dreimalige Aufforderung wohl ohnehin nicht können.
 
Weiß eigentlich jemand, inwiefern der Zoroastrimus eine Motivation für die "sassanidische Expansion" war?
Könnten die Inschriften Kartirs in diese Richtung interpretiert werden?

"And Jews, Sramans (Buddhists), Brahmins, Nasoreans (Orthodox Christians), (Gnostic) Christians, Maktak (Baptisers), and Zandiks (Manichaeans) in the empire were smitten, and destruction of idols and scattering of the stores of the devs and god-seats and nests was abandoned."
(...)

"And I also, by command of the King of Kings, put in order those magi and fires which were for the territory outside Iran, wherever the horses and men of the King of Kings arrived -- the city of Antioch and the country of Syria and what is beyond Syria, the city of Tarsus and the country of Cilicia and what is beyond Cilicia, the city of Caesarea and from the country of Cappadocia to Galatia, and the country of Armenian and Georgia, and Albania, and from Balaskan to the Alans' pass. And Shahpuhr, King of Kings, with his own horses and men visited with pillaging, firing, and havoc. But I did not allow damage and pillaging, and whatsoever pillaging had been made by any person, those things I had taken away and returned to their own country."

Inscription of Kartir the Moabad
 
Ich bin mir nicht sicher, aber ich meine bei Tilman Nagel gelesen zu haben, dass an die jeweiligen Herrscher eine dreimalige schriftliche Aufforderung erging, den Islam anzunehmen. Wurde dreimal abgelehnt, war dies ein Grund dafür das jeweilige Land anzugreifen. Weiss jemand Näheres dazu ?


Ich habe die Quelle gefunden; Adel Th. Khoury, Ludwig Hagemann, Peter Heine: Lexikon des Islam. Geschichte – Ideen – Gestalten. Directmedia, 2001. S. 669 f.

Das islamische Völkerrecht sah vor, dass dem Kampf gegen die nichtmuslimischen Feinde die Aufforderung an diese, den Islam anzunehmen oder – im Falle von Schriftbesitzern – im Gegenzug zur Zahlung der Dschizya in ihrer Religion zu verbleiben (siehe Dhimma), vorausging.<sup id="cite_ref-77" class="reference">[77]</sup> Eine Grundlage hierfür bildete Sure 17, Vers 15, wo es heißt:
„… Und wir hätten nie (über ein Volk) eine Strafe verhängt, ohne vorher einen Gesandten (zu ihm) geschickt zu haben.“
– Übersetzung nach Paret

Diese Aufforderung vor der Kampfhandlung war zudem Sunna des Propheten als auch seiner unmittelbaren Nachfolger.<sup id="cite_ref-78" class="reference">[78]</sup>
 
„… Und wir hätten nie (über ein Volk) eine Strafe verhängt, ohne vorher einen Gesandten (zu ihm) geschickt zu haben.“
– Übersetzung nach Paret

Diese Aufforderung vor der Kampfhandlung war zudem Sunna des Propheten als auch seiner unmittelbaren Nachfolger.<sup id="cite_ref-78" class="reference">[78]</sup>

"And I also, by command of the King of Kings, put in order those magi and fires which were for the territory outside Iran, wherever the horses and men of the King of Kings arrived -- the city of Antioch and the country of Syria and what is beyond Syria, the city of Tarsus and the country of Cilicia and what is beyond Cilicia, the city of Caesarea and from the country of Cappadocia to Galatia, and the country of Armenian and Georgia, and Albania, and from Balaskan to the Alans' pass. And Shahpuhr, King of Kings, with his own horses and men visited with pillaging, firing, and havoc. But I did not allow damage and pillaging, and whatsoever pillaging had been made by any person, those things I had taken away and returned to their own country."


Scheint als hätte der Schreiber dieser Zeilen Paulusbriefe gekannt oder vor sich gehabt.
 
Oder er hatte einfach Ahnung von der Geographie der Gebiete westlich des Perserreiches, auf die die Sassaniden, die sich als Erben der Achaimeniden sahen, Anspruch erhoben und die sie unter Schapur I. - allerdings ohne durchschlagenden Erfolg, weil sie an Odaenathus von Palmyra scheiterten - zu erobern versuchten.

Es ist schon seltsam, dass Du Dir aus diesem einen kurzen Ausschnitt des langen Gesamttextes ausgerechnet die Namen heraussuchst, die auch bei Paulus eine Rolle spielen, und den Rest ignorierst. Im Übrigen sind die Übereinstimmungen nicht verwunderlich, denn schließlich deckte sich das von den Sassaniden beanspruchte Gebiet zu weiten Teilen mit dem von Paulus missionierten.
 
Oder er hatte einfach Ahnung von der Geographie der Gebiete westlich des Perserreiches, auf die die Sassaniden, die sich als Erben der Achaimeniden sahen, Anspruch erhoben und die sie unter Schapur I. - allerdings ohne durchschlagenden Erfolg, weil sie an Odaenathus von Palmyra scheiterten - zu erobern versuchten.

Es ist schon seltsam, dass Du Dir aus diesem einen kurzen Ausschnitt des langen Gesamttextes ausgerechnet die Namen heraussuchst, die auch bei Paulus eine Rolle spielen, und den Rest ignorierst. Im Übrigen sind die Übereinstimmungen nicht verwunderlich, denn schließlich deckte sich das von den Sassaniden beanspruchte Gebiet zu weiten Teilen mit dem von Paulus missionierten.

Mir fiel einfach auf, daß dieser Katir gerade in diesem Gebiet Länder und Städte mit ihren Namen benennt. Das Sassanidenreich hatte eine riesige Ausdehnung und ich denke doch, daß diese "Mazdayasnian religion" überall gelten sollte:
And in kingdom after kingdom and place after place many divine services in magnificence and many Warharan fires were established,
And I (Katir) made prominent and reverend the Mazdayasnian religion and magi who were correct within the empire

Wenn schon hätte in der speziellen Aufzählung Phrygien dann sicher nicht fehlen dürfen:
Das im Süden Phrygiens gelegene Kelainai diente den persischen Großkönigen als Residenzstadt und war in römischer Zeit nach Ephesos der bedeutendste Marktort Kleinasiens.

Kommt übrigens auch bei Paulus vor.
 
In der von Dir zitierten Stelle beschreibt Kartir aber nicht die Ausdehnung des Sassanidenreiches, sondern geht auf die Gebiete ein, die Schapur I. zeitweise eroberte, also einen Teil des unter römischer Herrschaft stehenden Nahen Osten. Schapur I. eroberte u. a. Antiochia, Tarsos und Caesarea; bis nach Phrygien kam er aber nicht.
 
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