Remake or not remake? - that’s the question!

Wir wissen nicht, was Mark Aurel gewusst hat. Was er aber auf jeden Fall wissen dürfte, waren die Ereignisse der Kaiser vor ihm, von denen manche, z.B. Caligula, Nero, alles andere als weise regierten.
Doch, das wissen wir. Die ollen Römer hatten einen ähnlich vollen Festkalender, wie die katholische Kirche. Die legendäre Geschichte Roms war da zentrales Motiv, insbesondere das alljährlich am 24. Februar gefeierte Refugium feierte das Ende der Königsherrschaft und namentlich die Flucht von Tarquinius Superbus.

Die Selbstbetrachtungen des Marc Aurel sind kein Geschichtsbuch, wir finden darin aber durchaus Reminiszenzen an die kaiserlichen Vorgänger des Marc Aurel (und an die Pompeianer), mal, dass ihr Ruhm vergangen, mal das die ganze Familie ausgestorben ist. Eine Bewertung seiner Vorgänger nimmt er, soweit ich das sehe, allerdings nicht vor.

Und da er wahrscheinlich von der Eitelkeit und Ruhmsucht seines Sohnes Commodus wusste (Commodus änderte z.B. später die Namen von Monaten, darunter den für den Monat August auf Commodus um), ...
Tat er das? Commodus führte zunächst die Politik seines Vaters fort und versuchte dem Staatsdefizit Herr zu werden und den Haushalt zu konsolidieren. Die seltsamen Auswüchse kamen zehn Jahre später. War das wirklich vorhersehbar oder ist das nicht bloß eine ex post-Betrachtung?
 
Ob ein Mensch zum Narzissmus neigt, zeigt sich schon in der Kindheit und Jugend – siehe z.B. Donald Trump. Dass Mark Aurel dennoch zu Commodus hielt, ist einfach zu erklären: Er war sein einziger Sohn.
ich behaupte demgegenüber mal eine in gewissen Maße nazistische Haltung dürfte bei Menschen, die von Kindebeinen an als Nachfolger eines Herrschers ausersehen sind und darauf vorbereitet werden eher die Regel, sein, schon deswegen weil so jemand es gewohnt ist dass sich seine umgebung ihm gegenüber servil verhält um den aktuellen Machthaber nicht zu verärgern.

Wem ständig nachgegeben wird und wer andauernd Extrawürste bekommt und nie oder selten in der Situation ist, sich mit irgendwelchen Regeln oder den Bedürfnissen anderer auseinandersetzen zu müssen, der dürfte von Grund her eine Tendenz dahin entwickeln sehr sehr selbstbezogen zu sein.
Allein aus Selbstbezogenheit oder ausgewachsenem Nazismus erwächst nicht automatisch eine zwanghaft destruktive Politik oder eine ein Zwang, dass diese Tendenzen im politischen oder öffentlichen Bereich ausgelebt werden müssten.

Warum hätte Marcus Aurelius Tendenzen zur Selbstbezogenheit bei einem deisgnierten Thronfolger für ein Defizit halten sollen? Er selbst war mal in der gleichen Position und ihm wird das durchaus nicht fremd gewesen sein.
 
Das sehe ich anders: Ob ein Mensch zum Narzissmus neigt, zeigt sich schon in der Kindheit und Jugend – siehe z.B. Donald Trump. Dass Mark Aurel dennoch zu Commodus hielt, ist einfach zu erklären: Er war sein einziger Sohn.
Commodus war zumindest der einzige Sohn, der das Erwachsenenalter erreichte. Faustina hatte eine wahre Kinderschar auf die Welt gebracht. Darunter nicht weniger als 8 Söhne. Commodus hatte 7 Brüder und 6 Schwestern, die Söhne wurden aber nicht älter als 10 Jahre.

Marc Aurel hatte die Erfahrung gemacht, dass eine ungeregelte Nachfolge zu einem Bürgerkrieg geführt hätte. Avidius Cassius war ein fähiger Mann, ihm vor allem war die relativ rasche Entscheidung im Partherkrieg zu verdanken.

Auf die falsche Nachricht vom Tod Marc Aurels war Avidius Cassius zum Kaiser ausgerufen worden. Selbst wenn Marc Aurel hätte voraussehen können, was einmal aus seinem Sohn wird, selbst wenn er sich für den fähigsten Kandidaten in seiner Umgebung entschieden hätte (wie Claudius Pompeianus oder Helvius Pertinax, die nach ihm Kaiser wurden oder als Kandidaten im Gespräch waren), hätte eine ungeregelte Nachfolge mit ziemlicher Sicherheit zu Bürgerkrieg geführt. Vor allem aber hätte er damit Commodus zum Abschuss freigegeben, der umgebracht worden wäre.

Die Kaiser vor Marc Aurel haben sich zur Adoption entschlossen, weil sie keine eigenen Nachkommen hatten, und Antoninus Pius und Mark Aurel haben im Grunde eine neue Dynastie gegründet: die Antonine. Noch Septimius Severus versuchte sich durch eine fiktive Adoption Marc Aurels zu legitimieren. Die Severer hatten einige ganz wüste und schwache Kandidaten, dennoch hat die Dynastie sogar mit Unterbrechung dem Imperium noch einmal Stabilität verliehen.

Aus der Perspektive Marc Aurels gab es daher gar keine vernünftige Alternative, Commodus von der Thronfolge auszuschließen. Die Zeit der Reichskrise hat deutlich gezeigt, wie sehr das Imperium durch ungeregelte Nachfolge destabilisiert werden konnte. So gesehen war selbst ein Commodus der vom Caesarenwahn befallen war noch das kleinere Übel, als 5 hochkompetente Soldatenkaiser, die dann erst ausfechten mussten, wer das Rennen macht. Ungeregelte Nachfolge war fast gleichbedeutend mit Bürgerkrieg. So war es nach dem Ende Neros, so war es nach dem Tod von Commodus, so war es nach dem Ende der Severer.

Marc Aurel war so sorgfältig wie kaum ein Kaiser auf sein Amt vorbereitet worden. Er hatte die besten Lehrer und war am aufgeklärten Hof von Hadrian und Antoninus aufgewachsen. Warum hätte er ahnen sollen, dass eine solche Ausbildung bei seinem eigenen Blut nicht anschlagen würde. Insgesamt hat Commodus mehr als 12 Jahre regiert. Die Grenzen waren gesichert, und das Imperium recht stabil.

Commodus war der erste im Purpur geborene Kaiser. Seine Ansprüche als Prätendent waren nicht ohne Weiteres zu übergehen. Selbst wenn Marc Aurel einen hervorragenden Kandidaten, einen großen General wie Maximus gehabt hätte, dann hätte dieser das erstmal ausfechten müssen.

Als Axiom ausgedrückt: Selbst wenn Marc Aurel gewusst hätte wie Commodus sich entwickelt, was er nicht wissen konnte. So war ein mittelmäßiger legitimer Kaiser, selbst eine kaiserliche Niete immer noch das kleinere Übel im Vergleich zu 5 kompetenten Soldatenkaisern die im Bürgerkrieg erst klären müssen, wer der Stärkste ist.
Commodus von der Thronfolge auszuschließen, hätte 1. Bürgerkrieg, 2. Ermordung Commodus, 3. Ende der Dynastie der Antonine oder alle drei bedeutet. Das aber konnte ein solcher Familienmensch wie Marc Aurel weder Rom, noch seinem Sohn, noch seiner Familie antun.
 
Ich habe Im Westen nichts Neues von 2022 jetzt noch einmal im Internet gesehen. Starke Bilder die zeigt der Film, und auch die Darsteller fand ich durchaus überzeugend.

Ich war auch viele Jahre nicht mehr im Kino, und diese "Schlachtplatte"- das ist ja doch sehr beeindruckend, und Manches wie diese schweren Tanks hat man noch nie zuvor gesehen.

Das hat mich schon beeindruckt- ich muss es zugeben, und der Streifen ist sicher einer der besseren deutschen Filme. Da ist man ja auch nicht verwöhnt, man erlebt soviel Schrott, Schrott der von Filmförderungen mit Geld zugeschissen wird- und dementsprechend sind denn auch die Filme.

Aber verdient der Film die teilweise überschwänglichen Kritiken?

Ich finde nein! Irgendwie leidet der Film daran, das er keinen roten Faden in der Handlung hat. Mit Remarques Roman hat der Film ohnehin nur den Titel und einige Hauptfiguren gemeinsam.

Der Handlungsstrang um Mathias Erzberger ist völlig unnötig, und dieser General das ist eine einzige Lachnummer, und man mag ja viel gegen Weltkriegsgenerale einwenden können, diese Darstellung Lions led by donkeys, von Generalen die in Chateaus logieren und ihre Truppen verheizen ist natürlich auch sehr klischeehaft. Es wurden immerhin allein mehr als 50 britische Generale im Einsatz getötet.

Zentrale Figuren wie der Unteroffizier und Schleifer Himmelstoß fehlen völlig, Tjaden und Westhus bleiben schemenhaft. Es fehlt der Handlungsstrang um den Bauer Detering, das Motiv der Stiefel von Kemmerich-

Gut, eigentlich ist es keine Literaturverfilmung, sondern ein Weltkriegsfilm.

Die Schulkameraden von Paul Bäumer kommen auf schreckliche Art ums Leben, aber so recht leidet man mit denen nicht mit, Paul und Kat sind zwar sympathische Charaktere, aber so recht kann man sich auch mit ihnen nicht identifizieren.
Auch die Begeisterung, die August-Euphorie dieser Kriegsfreiwilligen ist nicht recht nachvollziehbar. Die Rede des Gymnasiallehrers wirkt schablonenhaft und altbacken.

Diese Offensive und auch dieser General, der sinnlos die Truppe verheizt halte ich auch für unrealistisch und klischeehaft, denn es hat ja selbst die OHL, selbst Ludendorff erkannt, dass der Krieg verloren war und Waffenstillstandsverhandlungen gefordert.

Alles in allem würde ich Im Westen nichts Neues 2022 durchaus zu den gelungeneren Weltkriegs-Verfilmungen zählen. Es ist eine sehr freie Literaturverfilmung, ein sehenswertes Remake.

Unterm Strich aber doch ein Remake, bei dem der Zuschauer am Ende befindet: Das Original, (der Klassiker von Lewis Milestone von 1930, aber auch das achtbare Remake von 1979 sind einfach besser.
 
... sehr klischeehaft. Es wurden immerhin allein mehr als 50 britische Generale im Einsatz getötet.
Und wieviel deutsche Generale wurden damals im Einsatz getötet?

Dass Generale im Krieg getötet werden, ist außergewöhnlich und kann auf deren Unvorsichtigkeit oder des Draufgängertums oder deren zeitweiligen Anwesenheit bei der kämpfenden Truppe zur Steigerung der Moral zurückgeführt werden; oder auf Unterschätzung des Gegners. Ein General muss sich im Hintergrund halten - für die Front hat er seine Offiziere vom Rang eines Obersts abwärts.
Ich kann mich hierbei auch irren.

Außerdem: Wann wird etwas oder jemand zum Klischee? Nur wenn es dieses Etwas oder diesen Jemand oft gibt. Deswegen halte ich diesen Vorwurf an dieser Stelle für nicht gerechtfertigt.
 
Ich habe Im Westen nichts Neues von 2022 jetzt noch einmal im Internet gesehen. Starke Bilder die zeigt der Film, und auch die Darsteller fand ich durchaus überzeugend.
Aufgrund deines Kommentars habe ich mir gestern "Im Westen nichts Neues" von 2022 erstmals am Rechner angesehen. Ja, ziemlich eindrucksvolle Bilder, stimmt. Aber die gesamte Story hat ziemlich wenig mit Remarques Roman zu tun. Da war die Filmversion von 1979 näher dran. Neben den Namen hat mich einzig die Szene, in der Bäumer in einem Granattrichter einen französischen Poilu tötet, gezwungen ist im Trichter Zeit mit dem Toten zu verbringen und dann erst realisitert, was er eigentlich getan hat, an den Roman erinnert.
Außerdem ist mir aufgefallen, dass im Film sehr viele Lkws im Einsatz sind. Ich hätte vermutet, dass Truppentransporte 1917/18 eher per Bahn, Pferd oder zu Fuß erfolgten und "motorisierte Infanterie" eine absolute Ausnahme war. Es fahren auch Generale in Luxuskarossen herum, die ich eher in die 30er verorten würde und nicht in die Jahre 1917/18, aber da kann ich mich mit meiner Vermutung auch daneben liegen. Von der Geschichte des Automobilbaus habe ich so gut wie keine Ahnung.
 
Es fahren auch Generale in Luxuskarossen herum ...
Dazu könnte es informativ sein, zwei Briefe des Barons Kerckerinck aus dem Großen Hauptquartier in Spa an seine Frau zu lesen: Der Erste Weltkrieg gesehen vom Großen Hauptquartier – Baron Kerckerinck schreibt an seine Frau

Der erste Brief ist vom 3. März 1916. Darin wird u.a. ausführlich über einen Truppenbesuch berichtet.

Der zweite Brief ist vom 13. November 1918. Darin äußert er sich u.a. bewundernd über Erzberger – Zitat (Fettschreibung durch mich):

In Chantilly hat Erzberger — nebenbei bemerkt — glänzend funktioniert. Was er von der Entente herausgehandelt hat, bedeutet für uns mehrere Milliarden. Hätte er die plötzliche Veränderung der inneren Lage voll gekannt, würde er noch mehr haben tun können. Die Militärs wie das Ausw. Amt hier sind ganz erfüllt von Erzbergers Leistungen. Tatsächlich hat wohl niemals in der Weltgeschichte ein Unterhändler eine so schwere Position gehabt. Wenn es schon übel ist, einen völlig Besiegten vertreten zu müssen, so wird die Aufgabe geradezu grotesk, wenn dieses besiegte Volk ausgerechnet im Augenblick der Verhandlungen zusammenbricht, den Kaiser verjagt, die Regierung stürzt und die Herrschaft der Straße an die Stelle der Ordnung setzt.

Kerckerinck sagt klar: Das deutsche Volk war zu diesem Zeitpunkt besiegt. Und wenn das jemand sagt, der sich oft im “Großen Hauptquartier Seiner Majestät des Kaisers und Königs” in belgischen Spa aufhielt und so auch in der kritischen Phase im November 1918 hautnah miterlebte, wie dort die Lage an der Front beurteilt wurde, erscheint mir völlig unverständlich, wie die Mär von “unbesiegt im Felde” später von den Zeitgenossen geglaubt werden konnte.
 
Dass Generale im Krieg getötet werden, ist außergewöhnlich und kann auf deren Unvorsichtigkeit oder des Draufgängertums oder deren zeitweiligen Anwesenheit bei der kämpfenden Truppe zur Steigerung der Moral zurückgeführt werden; oder auf Unterschätzung des Gegners. Ein General muss sich im Hintergrund halten - für die Front hat er seine Offiziere vom Rang eines Obersts abwärts.
Ich kann mich hierbei auch irren.
Ein General ist im 20. Jahrhundert oftmals jemand, der einen größeren Truppenkörper kommandiert.
Nicht nur der Oberkommandierende der Gestamtstreitkräfte, eines Kriegstheaters oder einer Armee bekleideten Generalsränge, sondern auch Armeekorps und Divisionen wurden von Generalen kommandiert, zuweilen auch Brigaden (wobei dieser Formationstyp im Ersten Weltkrieg selten war) oder in Ausnahmefällen wohl auch Regimenter.

Ein General, der für das Große Ganze, für ein Kriegstheater oder eine ganze Armee zuständig war, der musste viel aus dem Hintergrund aggieren und ging tendenziell eher selten auf Frontbesuch, sofern die Situation nicht gerade besonders kritisch wurde.
Selbiges bei Generalen, die ein ganzes Korps kommandierten.

Ein General der eine Division oder einen kleineren Truppenkörper zu führen hatte, musste durchaus Fühlung zur Front halten und ein Bild davon haben, wie es da aussah, sich also ab und an mal blicken lassen.
Im Fall von mobilen Truppen, im 1. Weltkrieg vor allem Kavallerie im 2. dann mehr Mob-Infanterie und Panzertruppe dürft es durchaus nicht ganz ungewöhnlich gewesen sein, dass die Befehlshaber die ganze Zeit nah an der Front bliben, weil die Kommunikationstechnik und die Geschwindigkeit des Bewegungskrieges je nach Gegend ein Führen von Hinten technisch verkomplizieren bis verunmöglichen konnten.
Sofern Funkgeräte noch nicht flächendeckend vorhanden waren (1. Weltkrieg) oder mit feindlichen Störanlagen gerechnet werden musste, die die Kommunikation erschwerten.


Sich im Nahbereich der Front im Hintergrund zu halten, wäre bei Geschützen, die kliometerweit hinter die Feindlichen Linien feuern konnten und deren genaue Standorte auf der gegnerischen Seite man nicht immer unbedingt kannte, auch schwierig geworden, ditto bei Gasangriffen oder eben in den Abschnitten des Krieges in denen Bwegungskrieg durchaus geführt wurde.
 
Und wieviel deutsche Generale wurden damals im Einsatz getötet?

Dass Generale im Krieg getötet werden, ist außergewöhnlich und kann auf deren Unvorsichtigkeit oder des Draufgängertums oder deren zeitweiligen Anwesenheit bei der kämpfenden Truppe zur Steigerung der Moral zurückgeführt werden; oder auf Unterschätzung des Gegners. Ein General muss sich im Hintergrund halten - für die Front hat er seine Offiziere vom Rang eines Obersts abwärts.
Ich kann mich hierbei auch irren.

Außerdem: Wann wird etwas oder jemand zum Klischee? Nur wenn es dieses Etwas oder diesen Jemand oft gibt. Deswegen halte ich diesen Vorwurf an dieser Stelle für nicht gerechtfertigt.

Ludendorff hat einen Nervenzusammenbruch e4rlitten, gesagt wir sind verloren und hat Waffenstillstandsverhandlungen gefordert. Die OHL selbst hat auf einen Waffenstillstand gedrängt. Hindenburg und Groener haben auf einen Waffenstillstand gedrängt. Alle haben kapiert, dass Deutschland militärisch am Ende ist, dass es nicht mehr kann. Es gab laufend Berichte über "Verfall der Manneszucht und Disziplin".

Die deutsche Armee hatte beobachtet, dass bei den Österreichern ganze Regimenter überliefen, in den Wäldern verschwanden. Es kam 1917 in der französischen Armee zu Militärstreiks und Meutereien. Die Truppen erklärten, dass sie die Stellungen halten, keinesfalls aber sich weiter verheizen lassen. In Russland brach der Zarismus zusammen, bildeten sich Arbeiter- und Soldatenräte., Auch in Frankreich bildeten sich 1917 Soldatenräte.

Die Russische Revolution hatte gezeigt, dass so etwas erfolgreich verlaufen kann. Jeder, die OHL, der Generalstab und auch noch der reaktionärste Kommisskopp, hat spätestens im September 1918 kapiert was die Stunde geschlagen hatte. Ludendorff und Hindenburg haben im Grunde durchaus verantwortungsvoll gehandelt, indem sie auf Waffenstillstand hinarbeiteten.

Sie haben diese Handlung später diskreditiert, indem sie die Verantwortung Zivilisten zuschoben und wider besseres Wissen die Dolchstoßlegende webten.

Also alle in der Generalität haben es kapiert, nur dieser General nicht. Hat der nichts mitbekommen von der Brussilow-Offensive, als ganze österreichische Divisionen verschwanden? Die Meutereien hat die französische Armee gut geheim gehalten, aber das es bei den Franzosen gärte, das sickerte bis Ende 1917 durch, und die Märzrevolution in Russland, der Zusammenbruch der Verbündeten, der Zusammenbruch von Bulgarien, Österreich-Ungarn? Hat der nichts mitbekommen von all den unzähligen Beschwerden über "Verfall der Manneszucht und Disziplin? Es kam zu offenen Gehorsamsverweigerungen, und wenige Tage Später brach in Deutschland die Novemberrevolution aus. In Kiel, in Berlin, Hamburg und München bildeten sich Arbeiter und Soldatenräte, wurden Offizieren die Epauletten abgerissen.

Dieser General muss den Krieg im Dornröschenschlaf verbracht haben. Wenn er in seinem Chateau zum üppigen Frühstück keine Zeitungen bekommen hat, so wird er doch wenigstens den Heeresberiicht gelesen haben.

Wo ist überhaupt sein Stab? Da ist ja nur dieser kleine Hauptmann, der ihm beim Frühstück Gesellschaft leistet.

War das tatsächlich so, dass Generale im i. Weltkrieg im Goebbelschen Muster zur Truppe gesprochen haben? Also die ganze OHL die Generalität, die Offiziere selbst haben sich um Waffenstillstand bemüht. Wollten Schluss machen, aber dieser Typ hat das nicht mitbekommen?
Die Truppe, in der es gärt, in der es zu Auflösungserscheinungen kommt, in der sich die Revolution vorbereitet lässt das auch alles mit sich machen?

Ein Klischee kann durchaus amüsant sein, kann furch die Überzeichnung die Wahrheit sagen. Die Komik der Asterix Bände lebt von überzeichneten nationalen Klischees und die besten Komiker und Karikaturisten arbeiten mit Klischees.

Oberst Klink ist ein wandelndes Klischee, auch Gert Fröbe in die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten als Oberst Manfred von Holstein bedient sich der Klischees. Aber es ist gut gemacht, die Figuren sind authentisch, die Klischees sind gut gemacht, auch das Zerrbild kann die Wirklichkeit reflektieren.

Das aber sind, meiner Meinung nach, eben schlechte Klischees, an diesem General ist nichts echt. Die Stimmung entspricht nicht der durch Quellen belegten Stimmung in der deutschen Generalität. Wenn diese selbst auf Waffenstillstand drängt, dann konnte eben nicht ein einzelner General das alles konterkarieren und sozusagen Götterdämmerung und glorreichen Untergang Anno 1945 veranstalten. Die Figur ist nicht nur äußerst unrealistisch sondern schlicht auch im falschen Krieg unterwegs.

Anno 1918 Erster Weltkrieg ist nicht Kampf um die Reichskanzlei und erst 5 Minuten nach Zwölf Schluss machen.

Das eben nenne ich schlechte Klischees. @Schinigami hat ähnliche Kritik schon vor Monaten. geäußert, sprach sogar von Geschichtsklitterung. Nach dem ersten Ansehen dieses- das ist anzuerkennen- durchaus eindrucksvollen Films hielt ich das Urteil für etwas zu hart. Heute neige ich dazu, ihm in diesem Punkt beizustimmen.

Da ist doch auch einiges an Potenzial verschenkt worden. Ich habe bei Literaturverfilmungen ein Problem damit, wenn allzu frei mit der Vorlage umgegangen wird, obwohl es Verfilmungen gibt, die besser sind als die Vorlage. Mario Puzos Godfather ist ein spannender Mafiaroman mit unnötigen Handlungssträngen, Francis Ford Coppolllas Godfather Trilogie aber ein Meisterwerk.

Es ist eben von Remarques Roman eigentlich kaum noch etwas übrig geblieben, als die Hauptfiguren Kat und Paul Bäumer. Die befinden sich in einer Vorhölle, aber man erfährt nicht wie sie da hingeraten sind. Nichts von dem Kontrast zwischen Kasernonhof-Schleifstein und Kriegsrealität.
Man erfährt nicht so recht, wer Kat und Paul eigentlich sind. Ich fand bei der 2. Verfilmung ungemein eindrucksvoll wie Kat die Neulinge vorbereitet und wie in einer Szene ein unerfahrener Rekrut durch Senfgas vergiftet wird, das sich in einem Trichter noch gesammelt hatte.
Die Charaktere Hein Tjaden und Hajo Westhus werden zwar genannt, bleiben aber farblos, und der Bauer Detering, der auf seinem Hof nach dem rechten sehen will und von Feldgendarmerie vors Standgericht gebracht wird, all das verleiht den Figuren im Roman erst ihre Facetten. Da fällt es schwerer, sich mit den Figuren zu identifizieren, eine zentrale Figur des Schleifers Himmelstoß fehlt völlig.

Das war ja auch ein zentrales Thema des Romans und der Verfilmung die Beschreibung und die Authentizität dieser Lost Generation der Kriegsteilnehmer.
 
War das tatsächlich so, dass Generale im i. Weltkrieg im Goebbelschen Muster zur Truppe gesprochen haben?
Ich glaube die interessantere Frage wäre: Hätte man sie bei der Geräuschkulisse der Westfront überhaupt verstehen können?

Man stelle sich mal vor, der Goebbels hätte seine Reden ohne die technologischen Möglichkeiten der Tontechnik und des Rundfunks oder des Kinos aus den 1920er und 1930er Jahren unters Volk zu bringen versucht und wäre bei seinem Geschrei andauernd von der feindlichen oder der eigenen Artillerie, irgendwelchen Tieffliegern, motorisierten Nachschubkolonnen oder dem Geschrei der Verwundeten und Sterbenden aus den nahegelegenen Feldlazaretten übertönt worden.

Mit ein Punkt, der an diesem Film kritikwürdig ist und was ich schonmal angesprochen hatte, ist ja, dass das Umfeld der Front völlig unrealistisch dargestelt wird.

Angefangen, bei einem General, der keine 2 Marschstunden von der Front weg (sonst hätte er diesen Last-Minute-Angriff nicht mehr befehlen können) in einem Schloss vor sich hin residiert und da auf dem Hof sein ganzes Regiment oder seine Division versammelt um zu den Leuten zu sprechen.

Wenn die 2 Stunden vor Schluss noch zu ihren Gräben und Ausgangsstellungen zurücklaufen und dann nochmal angreifen sollten, mit voller Montur und allem, wie weit hinter der Front hätte der Kommandostand dann liegen können?

3-5 km oder was in dem Dreh? Viel mehr wäre ja nicht drinn gewesen.

Naja, in der Entfernung hinter der eigenen Front, hätten sich halt irgendwo die eigenen Artilleriestellungen befunden und wahrscheinlich Dauerfeuer geschossen, um potentielle Feindangriffe Niederzuhalte und die feindliche Artillerie auszuschalten.
Diese Wiederrum hätte mit dem gleichen Ziel auf alles hinter der deutschen Front geknallt, was sich irgendwie kriegstechnisch verwenden ließ und außerdem wären oben drüber vermutlich die feindlichen Flieger wegen der Artilleriebobachtung gekreist, eventuell zeitweise beharkt von den eigenen Jagtfliegern
Feldlazareette für provisorische Erstversorgung wird man wahrscheinlich auch tedenziell in relativ kurzer Entfernung zur Front unterhalten haben, weil die Leute sonst wahrscheinlich an ihren Verletzungen schlicht massenweisse verblutet wären, bevor man sie ins Lazarett hätte verbringen können.
Selbst kleine Verletzungen können, wenn sie blöderweise Schlagadern treffen schnell zu enormem Blutverlust führen, ganz zu schweigen von dem Blutverlust durch größere Kaliber.
Das musste sofort behandelt werden. Hätte man versucht die Leute irgendwie mitten durch das zerschossen Gelände irgendwo so 15-20 Km ins Hinterland zu bringen, wo es einigermaßen sicher gewesen wäre, hätte man es gleich bleiben lassen können, denn bis die angekommen wären, hätte man den Leuten längst nicht mehr helfen können.

Die Vorstellung in solch einer Entfernung zur Front ein komvortables einigermaßen unzerstörtes Chateau zur Verfügung zu haben, die ist offen gesagt ziemlich optimistisch.
Die Vorstellung mitten in Artilleriereichweite des Feindes die ganze Truppe in offenem Gelände zu versammeln (wer sorgt eigentlich in der Zeit dafür, dass die eigenen Gräben/Stellungen nicht vom Feind überrant werden, wenn alle abseits der Front versammelt sind?) wäre ein guter Plan für einen erweiterten Selbstmord gewsen, aber nicht realistisch.
Und die Vorstellung, es wäre bei dem Lärm und dem Chaos, dass im unmittelbaren Frontbereich herrschte auch nur ansatzweise daran zu denken gewesen, ohne moderne Tontechnik in schreiender Weise eine Motivationsrede à la Goebbels zu halten und dabei sogar noch verstanden zu werden (und da haben wir über Gehörschäden bei den Soldaten, resultierend aus andauerndem Artilleriefeuer noch gar nicht gesprochen), halte ich schlicht für grottesk.
 
Und wieviel deutsche Generale wurden damals im Einsatz getötet?

Dass Generale im Krieg getötet werden, ist außergewöhnlich und kann auf deren Unvorsichtigkeit oder des Draufgängertums oder deren zeitweiligen Anwesenheit bei der kämpfenden Truppe zur Steigerung der Moral zurückgeführt werden; oder auf Unterschätzung des Gegners. Ein General muss sich im Hintergrund halten - für die Front hat er seine Offiziere vom Rang eines Obersts abwärts.
Ich kann mich hierbei auch irren.

Außerdem: Wann wird etwas oder jemand zum Klischee? Nur wenn es dieses Etwas oder diesen Jemand oft gibt. Deswegen halte ich diesen Vorwurf an dieser Stelle für nicht gerechtfertigt.
Laut der britischen Kriegsgräberfürsorge fielen 78 Generäle des Commonwealth. (Quelle) Für die Deutschen und Franzosen konnte ich keine Zahlen finden, würde aber annehmen, dass zumindest im deutschen Falle die Zahl niedriger war, aus einem einfachen Grund: Auftragstaktik statt Befehlstaktik. Seit dem älteren Moltke hatten deutsche Stabs-, Feld- und sogar Unteroffiziere mehr Entscheidungsspielräume als ihre angloamerikanischen und russischen Pendants (bei den Franzosen bin ich mir nicht sicher). Die Befehlshaber teilten ihre Ziele mit, statt ihre Untergebenen befehlsmäßig mit Scheuklappen zu versehen, deswegen konnte ein General auch aus dem rückwärtigen Raum effektiv führen.

Die Briten führten mit Befehl statt mit Auftrag, und um in einem Umfeld der langsamen Kommunikationsmittel schnell entscheiden zu können, mussten auch Regiments- und sogar Divisionskommandeure die Tuchfühlung zu ihren Verbänden halten.

Im Falle der Briten dürfte überdies das ziemlich verquere Offiziersethos der britischen Armee eine Rolle für die hohen Verluste auch an Generälen, aber auch Stabs- und Feldoffizieren gespielt haben. Wenn ich mich richtig erinnere, erwähnt Churchill in 'The World Crisis' eher abfällig, dass noch an der Somme jüngere Offiziere von den dienstälteren getadelt worden seien, wenn sie in Deckung gingen, denn dies würde die Männer verunsichern. Die Briten hatten in ihrer jüngeren Militärgeschichte einige solche Spleens, siehe z.B. auch die hohen Verlustraten ihrer Fallschirmjäger, die noch bis Sues 1956 mit dem Barett statt einem Helm in den Einsatz gingen.
 
Im Falle der Briten dürfte überdies das ziemlich verquere Offiziersethos der britischen Armee eine Rolle für die hohen Verluste auch an Generälen, aber auch Stabs- und Feldoffizieren gespielt haben. Wenn ich mich richtig erinnere, erwähnt Churchill in 'The World Crisis' eher abfällig, dass noch an der Somme jüngere Offiziere von den dienstälteren getadelt worden seien, wenn sie in Deckung gingen, denn dies würde die Männer verunsichern. Die Briten hatten in ihrer jüngeren Militärgeschichte einige solche Spleens, siehe z.B. auch die hohen Verlustraten ihrer Fallschirmjäger, die noch bis Sues 1956 mit dem Barett statt einem Helm in den Einsatz gingen.
The thin red line....

In dem Buch des Reserveinfanterieregiments, in dem mein Großvater Unteroffizier war, gibt es eine Stelle, wo der Heldentod eines Offiziers (Rang: keine Ahnung) gefeiert wird. Ich würde diesen einfach als Dummheit und/oder Selbstmord bezeichnen. Die Szene hat sich vermutlich in den ersten Kriegstagen abgespielt. Eine Anzahl von Soldaten liegt auf dem Boden und schießt auf den Feind. Der Offizier läuft hinter ihnen, sie inspizierend, vorbei und wird - natürlich - tödlich von einer feindlichen Patrone getroffen.

Solche Spleens sind also nicht genuin oder exklusiv britisch.
 
Ich glaube die interessantere Frage wäre: Hätte man sie bei der Geräuschkulisse der Westfront überhaupt verstehen können?

Man stelle sich mal vor, der Goebbels hätte seine Reden ohne die technologischen Möglichkeiten der Tontechnik und des Rundfunks oder des Kinos aus den 1920er und 1930er Jahren unters Volk zu bringen versucht und wäre bei seinem Geschrei andauernd von der feindlichen oder der eigenen Artillerie, irgendwelchen Tieffliegern, motorisierten Nachschubkolonnen oder dem Geschrei der Verwundeten und Sterbenden aus den nahegelegenen Feldlazaretten übertönt worden.

Mit ein Punkt, der an diesem Film kritikwürdig ist und was ich schonmal angesprochen hatte, ist ja, dass das Umfeld der Front völlig unrealistisch dargestelt wird.

Angefangen, bei einem General, der keine 2 Marschstunden von der Front weg (sonst hätte er diesen Last-Minute-Angriff nicht mehr befehlen können) in einem Schloss vor sich hin residiert und da auf dem Hof sein ganzes Regiment oder seine Division versammelt um zu den Leuten zu sprechen.

Als recht unrealistisch würde ich auch einschätzen, dass der Leutnant Paul Bäumer dazu vergattert, den ganzen Tag die Gasmaske aufzubehalten.

Bei der Wehrmacht und mehr noch bei der Waffen-SS und in den Napolas und Junkerschulen war eine beliebte Schikane, "Maskenbälle" zu veranstalten. Da mussten die angehenden Soldaten binnen Minuten die Montur wechseln, und gerne wurden auch Soldaten in Gasmaske herumgehetzt.

In dem Stück Der Herr Karl von Helmut Qualtinger erinnert sich der Herr Karl wie er als Blockwart ein "scharfes Regiment geführt" hat. Karl hat gerne Soldaten herumgehetzt, die mit Gasmaske "O du schöner Westerwald" singen mussten.

Von Kriegs-Veteranen gibt es eindrucksvolle Schilderungen der Atemnot die die ersten Gasmasken verursachten.

Paul Ettighofer berichtet von einem russischen Gasangriff im Jahre 1916 an der Ostfront. Da wurde von den Russen wohl Chlor- oder Phosgen-Gas abgeblasen. "Maskenbrecher" wie Clark (Blaukreuz) war noch nicht erfunden. Dennoch erforderte es enorme Selbstdisziplin, die Maske aufzubehalten, weil das Atmen enorm erschwert war. Man versuchte jede unnötige Bewegung zu vermeiden.
Ettighofer berichtete, dass die Masken enorme Atemnot verursachten.

Da halte ich es für eher unwahrscheinlich, dass ein Soldat aus Schikane einen ganzen Tag die Gasmaske tragen muss.
Mit den oft noch recht primitiven Gasmasken des Ersten Weltkriegs wäre ein Soldat vermutlich aus den Latschen gekippt, wenn er mit Gasmaske hätte exerzieren und heftige Bewegungen hätte ausführen müssen.

Diesen Einwand würde ich allerdings selbst als Erbsenzählerei einschätzen, denn ein solches Detail würde wirklich nur jemandem auffallen, der sich intensiv mit dem 1. Weltkrieg und Ausrüstung und Equipment und Berichten von Kriegs-Veteranen beschäftigt hat.
 
The thin red line....

In dem Buch des Reserveinfanterieregiments, in dem mein Großvater Unteroffizier war, gibt es eine Stelle, wo der Heldentod eines Offiziers (Rang: keine Ahnung) gefeiert wird. Ich würde diesen einfach als Dummheit und/oder Selbstmord bezeichnen.

Solche Spleens sind also nicht genuin oder exklusiv britisch.

In "Das Boot" berichtet auch Lothar Günther Buchheim von zwei "Heldentoden" deutscher U-Boot-Kommandanten.

Der eine wollte im Südatlantik ein bisschen im Meer baden. Als er mit einem Kopfsprung von der Brücke hechten wollte, verschob ein Brecher das Boot, er schlug auf dem Bug auf und brach sich das Genick.


Ein anderer U-Bootfahrer wurde offiziell als "Heldentod" aufgelistet. In Wirklichkeit aber hatte er aus Scham Suizid begangen, weil er sich mit Syphilis infiziert hatte.
 
Danke, @muck, für die Erklärung der Unterschiede im Verhalten der Offiziere – die hohe Zahl der toten britischen Generale resultierte wohl daraus.

Und wenn man dem Film “Wege zum Ruhm” Glauben schenken darf, dann war es in der französischen Armee üblich, dass ein Offizier im Rang eines Obersts mit den einfachen Soldaten mitstürmte, während sein General im Schloss* saß - und ev. der Artillerie Befehl gab, auf eigene Truppen zu schießen, weil die sich weigerte in den sicheren Tod zu gehen.

Dass es das alles in der französischen Armee wirklich gab, zeigte die Reaktion auf den Film: Er konnte in Frankreich erst 1975 gezeigt werden – also 18 Jahre nach seiner Premiere in München im Jahr 1957. Auch im französischen Sektor Berlins war der Film zunächst verboten, sowie in der Schweiz – weil die französische Regierung Druck ausgeübt hatte.

Im Übrigen hielt sich Stanley Kubrick auch nicht sklavisch an die Romanvorlage – es hieß auch, der Film basiere auf einer Novelle von Humphrey Cobb, erschienen 1934 –, d.h. Kubrick baute u.a. Szenen ein, die es im Buch nicht oder anders gibt. Dennoch wird dieser Film hier als ein Meisterwerk gefeiert, das er zweifellos ist, obwohl er auch voller Klischees ist – siehe z.B. den gezeigten Zynismus der Generale und die Differenz zwischen der Welt der Offiziere und dem der Mannschaften.

Um das mal abzuschließen: Die für meine Begriffe übertriebene und oft kleinliche Kritik an dem Film “Im Westen nichts Neues” ist typisch deutsch: Hier, im eigenen Land gelten erfolgreiche Werke und Menschen weniger als im Ausland.

Ob das schon Masochismus ist, vermag ich nicht zu sagen. :D

* Wie die von mir oben verlinkten Briefe des Abgeordneten Kerckerinck zeigten, war bei uns die Situation ähnlich - dennoch wird das von manchen hier als Klischee kritisiert.
 
Es kommt halt darauf an, als was man den Film sieht. Als Kriegsfilm finde ich den Film großartig. Als Literaturverfilmung taugt er wenig.
 
Und wenn man dem Film “Wege zum Ruhm” Glauben schenken darf, dann war es in der französischen Armee üblich, dass ein Offizier im Rang eines Obersts mit den einfachen Soldaten mitstürmte, während sein General im Schloss* saß - und ev. der Artillerie Befehl gab, auf eigene Truppen zu schießen, weil die sich weigerte in den sicheren Tod zu gehen.
Und genau aus diesem Grund sollte man es tunlichst vermeiden sein "Wissen" um die Begebenheiten aus Filmen zu beziehen. Oder zu versuchen von Filmen, die einzelne Extremereignisse portraitieren auf die Normalistuation zu schließen.

So üppig, dass man es sich hätte leisten können, Oberste regelmäßig bei Selbstmordangriffen auf die feindlichen Stellungen lostürmen zu lassen, waren die Mittel der Streitkräfte sicherlich nicht. Das waren schließlich Leute, die eine entsprechend lange Ausbildung, auch im Bereich der Stabsarbeit durchlaufen hatten (was sowohl zeit-, als auch konstenintensiv war) und die man nicht in beliebig großer Zahl ersetzen konnte, mal davon abgesehen, dass das die Leute waren, aus denen sich die zukünftigen Generalsränge rekrutierten.

Die verheizte man sicherlich nicht als Kanonenfutter.

Vereinzelte Irre unter den Offizieren und Generalsrängen, die anordneten auf die eigenen Truppen zu schießen, wenn diese Befehle nicht befolgten oder um ein Zurückweichen zu verhindern, mag es gegeben haben, aber das war ganz sicher nicht die Regel.


Dass es das alles in der französischen Armee wirklich gab, zeigte die Reaktion auf den Film: Er konnte in Frankreich erst 1975 gezeigt werden – also 18 Jahre nach seiner Premiere in München im Jahr 1957. Auch im französischen Sektor Berlins war der Film zunächst verboten, sowie in der Schweiz – weil die französische Regierung Druck ausgeübt hatte.
Auch das ist Unfug.
Nur weil etwas nicht öffentlich aufgeführt werden darf, ist der Inhalt noch lange nicht authentisch (man denke an diverse Propaganda-Filme, die entsprechenden Vorbehalten unterliegen) und vor allem nicht zu verallgemeinern.

Um das mal abzuschließen: Die für meine Begriffe übertriebene und oft kleinliche Kritik an dem Film “Im Westen nichts Neues” ist typisch deutsch: Hier, im eigenen Land gelten erfolgreiche Werke und Menschen weniger als im Ausland.
Die in deinen Augen übertriebene Kritik ist einfach das Resulatat daraus, wie dieser Film in Teilen hochgejubelt und mit welchen Ettiketten er versehen wurde.
Wenn etwas mit positiven Superlativen und Auszeichnungen überhäuft wird, dann ist eben die Kritik daran naturgemäß auch schärfer, als wenn bei der Beurteilung der Ball flach gehalten wird.

* Wie die von mir oben verlinkten Briefe des Abgeordneten Kerckerinck zeigten, war bei uns die Situation ähnlich - dennoch wird das von manchen hier als Klischee kritisiert.
Du solltst wirklich an deinem Leseverständnis arbeiten.

Es macht schon einen Unterschied, ob das Große Hauptquartier, sprich das faktische Oberkommando der gesamten Landstreitkräfte irgendwo komfortabel residiert oder ein Regiments oder Divisionskommandeur im Generalsrang.

Und eine entsprechende Residenz für das Oberkommando in Form eines Schlosses, ggf. mehrere hundert Km hinter der Front, ist eine andere Situation, als ein nahezu unzerstörtes Schloss als Kommandostand eines Regiments- oder Divisionskommandeurs im unmittelbaren Frontbereich (das ist in dieser Form eine Grotteske).
Und grottesk nicht deswegen, weil es unwahrscheinlich gewesen wäre, dass ein Militärischer Führer eines Truppenkörpers im Generalsrang einen solchen Bau beschlagnahmt hätte um seinen Stab und seinen Kommandostand da unter zu bringen, sondern deswegen, weil man ein solches Gebäude beim Hin-und Her des Grabenkrieges und der großflächigen Zerstörung durch die Artillerie nicht in unmitteelbarer Frontnähe gefunden haben würde.
Da hätte man vielleicht die Ruinen eines solchen Gebäudes gefunden, aber ganz sicher nichts intaktes.
 
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