Röhms Rächer

Repo

Aktives Mitglied
Bei Kogon "Der SS-Staat" bin ich heute zufällig darauf gestossen, dass von Sommer 1934 bis Frühjahr 1935 insgesamt 155 SS-Führer ermordet worden seien, alle mit einem Zettel gekennzeichnet mir den Buchstaben "RR" für Röhms Rächer.
Dies scheint mir bisher entgangen zu sein.
Bei Goggle habe ich nur ein paar italienische Seiten dazu gefunden, und Frau mit den ital. Kenntnissen ist in Reha....

Weiß Jemand näheres dazu?


Grüße Repo
 
Ich kann das kaum glauben.

In den Monaten nach der Röhm-Affäre fand doch eine durchgreifende Säuberung der gesamten SA statt. Schon in den ersten Monaten wurden mehrere hundertausend SA-Männer entlassen, alle bewaffneten Einheiten aufgelöst, die Motorstürme zum NSKK verlagert.
Auch das Führerkorps, das die Nacht der langen Messer überlebt hatte, wurde immer wieder gesäubert, bis mindestens 1938.
Und jedes Eigentums- und Gewaltdelikt, Schuldenmachen, Verstöße gegen bürgerliche Moralvorstellungen wie Ehebruch oder wilde Ehe führten doch zur sofortigen Entlassung, hinter bis zum einfachen SA-Mann.
Der neue Stabschef Lutze, der das alles umsetzte, war ja sicher ein treuer Gefolgsmann Hitlers, aber nach allem was man weiß, lehnte er den SS-Terror, der nun einsetzte ab.

Die Atmosphäre in der SA muss indessen damals durchaus mit der während der Moskauer Säuberungen vergleichbar gewesen sein.
Dass in diesem Umfeld sich in der SA solche "Rächer Röhm's" fanden, halte ich trotz der ablehnenden Haltung Lutzes zur SS für ausgeschlossen. Denkbar wäre es, dass sich Gruppierungen unter den Entlassenen fanden, die solche Racheakte angegangen sind. Aber dass bei 155 ermorderten SS-Führern nie ein Täter gefunden worden sein soll, halte ich für ganz unvorstellbar.
Man muss doch auch berücksichtigen, dass diese Umwandlung der SA zu einer Art Wehrsportverein unter den wachsamen Augen Heydrichs geschah, der sicher nach der Aufstellung der Todeslisten für die Nacht der langen Messer sich nicht völlig aus der Sache zurückgezogen hatte.

Gibt Kogon eine Quelle an?
 
kwschaefer schrieb:
Ich kann das kaum glauben.

In den Monaten nach der Röhm-Affäre fand doch eine durchgreifende Säuberung der gesamten SA statt. Schon in den ersten Monaten wurden mehrere hundertausend SA-Männer entlassen, alle bewaffneten Einheiten aufgelöst, die Motorstürme zum NSKK verlagert.
Auch das Führerkorps, das die Nacht der langen Messer überlebt hatte, wurde immer wieder gesäubert, bis mindestens 1938.
Und jedes Eigentums- und Gewaltdelikt, Schuldenmachen, Verstöße gegen bürgerliche Moralvorstellungen wie Ehebruch oder wilde Ehe führten doch zur sofortigen Entlassung, hinter bis zum einfachen SA-Mann.
Der neue Stabschef Lutze, der das alles umsetzte, war ja sicher ein treuer Gefolgsmann Hitlers, aber nach allem was man weiß, lehnte er den SS-Terror, der nun einsetzte ab.

Die Atmosphäre in der SA muss indessen damals durchaus mit der während der Moskauer Säuberungen vergleichbar gewesen sein.
Dass in diesem Umfeld sich in der SA solche "Rächer Röhm's" fanden, halte ich trotz der ablehnenden Haltung Lutzes zur SS für ausgeschlossen. Denkbar wäre es, dass sich Gruppierungen unter den Entlassenen fanden, die solche Racheakte angegangen sind. Aber dass bei 155 ermorderten SS-Führern nie ein Täter gefunden worden sein soll, halte ich für ganz unvorstellbar.
Man muss doch auch berücksichtigen, dass diese Umwandlung der SA zu einer Art Wehrsportverein unter den wachsamen Augen Heydrichs geschah, der sicher nach der Aufstellung der Todeslisten für die Nacht der langen Messer sich nicht völlig aus der Sache zurückgezogen hatte.

Gibt Kogon eine Quelle an?

Keine Quelle nichts, nur die Info als solche. Ich habe auch sonst noch nie von einem solchen Vorgang gelesen. Und unter google nur die ital. sprachigen Berichte.
Aber Kogon ist ja schließlich nicht irgendwer, seinen SS-Staat hat er allerdings seit 1945 zigmal überarbeitet, (mein Exemplar ist von 88)wer weiß was da rausflog und reinkam?

Wenn ich heute nachmittag bei meiner Frau in der Reha-Klink antanze mit den ital Ausdrucken unterm Arm und um Übersetzung bitte, schmeißt sie mich gleich raus.:pfeif:

Grüße Repo
 
ursi schrieb:
Kannst du bitte die Seitenzahl angeben?

Hocke im Büro, (war die Woche zuviel im Forum, sollte deshalb jetzt arbeiten......).
Wenn Du den SS-Staat vor Dir hast, er schreibt ziemlich am Anfang über die Zahl der KZ-Inhaftierten (ich wollte sehen ob er auch etwas zur Zahl der Bewacher schreibt, von wegen 60.000 und so) in der "Gegend" habe ich das gefunden.

So und jetzt gehts zur Frau in den Schwarzwald.

Grüße Repo
 
Ich glaube, mit dem italienischen Artikel meinst Du folgenden:

Sul finire del `34 e ai primi del `35 circa centocinquanta comandanti delle SS furono trovati uccisi; sui loro cadaveri un cartoncino con le lettere R.R. per Roehms Rächer (Vendicatori di Roehm) farebbe pensare ad un'estrema vendetta dei nazisti ormai nemici di Hitler; ma ormai per il Fronte Nero, per Opposizione e per gli altri gruppi della Rivoluzione Conservatrice, su posizioni diverse ma accomunati dalla visione secondo cui Germania e Unione Sovietica avrebbero dovuto dare vita ad un'alleanza anticapitalista in funzione anti-Occidente, non rimaneva che scomparire in attesa di momenti più propizi che si sarebbero presentati sul finire della Seconda Guerra Mondiale.


Steht auf http://www.intermarx.com/ossto/archivio.html
leider ohne Quellenangabe.

Es heißt dort - wie unter Beitrag 1 erwähnt - dass von Ende 34 bis Anfang 35 ca. 150 SS-Führer ermordet aufgefunden wurden mit einem Schild "R.R.", was "Rächer Röhms" heißen könnte, wobei über die Hintergründe nur spekuliert wird.
 
Repo schrieb:
Hocke im Büro, (war die Woche zuviel im Forum, sollte deshalb jetzt arbeiten......).
Wenn Du den SS-Staat vor Dir hast, er schreibt ziemlich am Anfang über die Zahl der KZ-Inhaftierten (ich wollte sehen ob er auch etwas zur Zahl der Bewacher schreibt, von wegen 60.000 und so) in der "Gegend" habe ich das gefunden.

So und jetzt gehts zur Frau in den Schwarzwald.

Grüße Repo

Hab das Buch vor mir. Es steht auf s. 50 ich zitiere:

"Der innere Ring dre Angehörigen des SD war nur der Führung bekannt; im grossen äusseren Ring wussten sie meist voneinander nichts. Als die "Rächer Röhms" in der zweiten Hälfte des jahres 1934 und Anfang 1935 an die 155 SS-Führer ermordeten - jede Leiche trug einen angehefteten Zettel mit dem Zeichen RR - wurde die Anonymität noch wesentlich verschärft."

Näher geht Kogon nicht darauf ein und er gibt auch keine Quellen an. Diese fehlen aber im ganzen Buch, zu mindestens in meiner Ausagabe.
 
Ich versuchs mal mit der Übersetzung:

"Bis Ende '34 und in den ersten Monaten '35 wurden etwa 150 SS-Führer ermordet aufgefunden; ein Kärtchen auf ihren Leichen mit den Buchstaben R.R. (für Röhms Rächer) könnte einen glauben machen an eine extreme Rache der Nazis, die nunmehr Hitler feindlich gegenüber standen; aber für die Schwarze Front, für "Opposizione" (? kenne keine Gruppe die sich Opposition genannt hätte) und für die anderen Gruppen der Konservativen Revolution, unterschiedlicher Ansicht, aber geeint in der Vision, nach der Deutschland und die Sowjet-Union eine antikapitalistische Allianz mit antiwestlicher Zielrichtung hätten ins Leben rufen können, für diese Gruppen also, blieb nichts als zu verschwinden in Erwartung geeigneterer Momente, welche sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zeigen sollten."

Hier wird also weder eine Quelle angegeben, noch wird eigentlich über die Urheber dieser Aktion spekuliert. Es werden nur die eher linken Gruppierungen der Partei und sonstige links-konservative als Urheber für unwahrscheinlich gehalten.

Man muss auch die Zielrichtung dieses links berücksichtigen.
Der Text stammt vom "Antifaschistischen Archiv Venetien" und hat den Titel "Als der Faschismus sich rot färbte" und die Passage steht unter dem Untertitel "Zur Linken Hitlers".
Wahrscheinlich hat der Verfasser Kogon gelesen.
 
Näher geht Kogon nicht darauf ein und er gibt auch keine Quellen an. Diese fehlen aber im ganzen Buch, zu mindestens in meiner Ausagabe.

Soweit ich weiß, basieren die Kenntnisse Kogons auf seinen eigenen Erfahrungen in Buchenwald und denen anderer Häftlinge. Daher mag vieles in das Buch eingeflossen sein, was den Häftlingen nur vom Hörensagen bekannt sein konnte. So würde ich vielleicht auch die Geschichte mit den "Rächern Röhms" einordnen, die mir auch nicht glaubhaft zu sein scheint.
Man muss bedenken, dass Kogons Buch, bereits 1946 geschrieben, sicher nicht den heutigen Forschungsstand abbildet und er wohl auch kaum auf behördliche Unterlagen zurückgreifen konnte. Vielmehr war es damals ein publizistischer (und dabei sehr eindrucksvoller) Vorstoss, die Schrecken in den Konzentrationslagern zu schildern.
 
Ashigaru schrieb:
Soweit ich weiß, basieren die Kenntnisse Kogons auf seinen eigenen Erfahrungen in Buchenwald und denen anderer Häftlinge. Daher mag vieles in das Buch eingeflossen sein, was den Häftlingen nur vom Hörensagen bekannt sein konnte. So würde ich vielleicht auch die Geschichte mit den "Rächern Röhms" einordnen, die mir auch nicht glaubhaft zu sein scheint.
Man muss bedenken, dass Kogons Buch, bereits 1946 geschrieben, sicher nicht den heutigen Forschungsstand abbildet und er wohl auch kaum auf behördliche Unterlagen zurückgreifen konnte. Vielmehr war es damals ein publizistischer (und dabei sehr eindrucksvoller) Vorstoss, die Schrecken in den Konzentrationslagern zu schildern.

Das denke ich auch.
 
Scheint mir etwas zu einfach.
Bei Karl Dietrich Bracher, Die deutsche Diktatur, Köln 1969, lese ich, im Anschluß an die zweistündige Rede Hitlers im Reichsstag vom 13. Juli 1934
“krönte Göring [diese Rede] als Reichstagspräsident mit dem Diktum: „Wir alle billigen immer das, was der Führer tut.“ Der Mechanismus der Legalisierung endete in dem Befehl zur Verbrennung ‚sämtlicher mit der Aktion der letzten Tage zusammenhängenden Akten’“. Der missglückte Schauprozeß um den Reichstagsbrand reizte offenbar nicht zur Wiederholung. Als nach dem Ende des Regimes einzelne Fälle verfolgt wurden, waren fast alle Spuren getilgt oder verwischt.
Als Beleg nennt Bracher: Otto Meißner, „Staatssekretär unter Ebert-Hindenburg-Hitler“, Hamburg 1950, S. 370
 
ursi schrieb:
Das denke ich auch.

Kogon hat allerdings, mindestens meinem Kenntnissstand nach, bei etlichen Neuauflagen das Werk "fortgeschrieben", wobei ich die Fortschreibungen natürlich nicht im einzelnen kenne.
Meine Ausgabe, 13. Auflage 1988, die aber anscheinend seit 1974 unverändert ist, enthält den genannten Passus auf Seite 28, nicht auf Seite 50 wie bei Deiner.

Interessant, dass auch bei der Nazizeit immer wieder ungeklärte Punkte auftauchen.

Grüße Repo
 
Ich habe die Frage nach "Röhms Rächern" mal in den NFH gestellt, vielleicht weiß einer der Profis dort etwas dazu.

Werde berichten.


Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Ich habe die Frage nach "Röhms Rächern" mal in den NFH gestellt, vielleicht weiß einer der Profis dort etwas dazu.

Werde berichten.


Grüße Repo

Gute Idee, bin auf die Antworten gespannt.

Noch was zu Kogon, er hat 1974 das Buch letztesmal überarbeitet, er starb dann 1987.

Und es werden sicher noch viele ungeklärte Punkte auftauchen.
 
Bei Martin Broszat u. Norbert Frei (Hrg) "Das Dritte Reich im Überblick" (7. Auflage 2001) heisst es, dass es insgesamt wohl 85 Tote gab, allerdings nicht nur SA-Führer, sondern unter den Ermordeten auch zahlreiche andere Personen, deren sich das NS-Regime entledigen wollte (konservative Oppositionelle und frühere Gegner, etc.).
 
Rodriguez schrieb:
Bei Martin Broszat u. Norbert Frei (Hrg) "Das Dritte Reich im Überblick" (7. Auflage 2001) heisst es, dass es insgesamt wohl 85 Tote gab, allerdings nicht nur SA-Führer, sondern unter den Ermordeten auch zahlreiche andere Personen, deren sich das NS-Regime entledigen wollte (konservative Oppositionelle und frühere Gegner, etc.).

Da sind aber die "von Staats wegen" Ermordeten. Wobei deren Zahl auch schon alles andere als gesichert ist. Ich habe auch schon von 115 gelesen. Was, wenn die Akten wie Mercy schreibt, vernichtet wurden, auch nicht weiter verwunderlich ist.

Bei dem von Kogon genannten würde es sich aber um einen Racheakt an SS-Führern handeln. Also eine Art Gegenbewegung.

Grüße Repo
 
Habe mal im NfH nachgesehen, bislang ist dort folgende Antwort eingegangen:

...in der einschlägigen Forschung (Longerich: Die braunen Bataillone; Höhne: Der Orden unter dem Totenkopf) wird diese Story nicht bestätigt. Höhne a.a.O. S. 12 ordnet die Ermordung von SS-Männern, "die auf keiner Todesliste figurierten", durch SS denn auch jenen nicht eben zahllosen Irrtümern Kogons zu, der ausschließlich auf die Erzählungen von SS-Angeörigen der Wachmannschaften im KZ Buchenwald angewiesen war; hier liegt der Verdacht von nachträglöichen Selbstrechtfertigungen auf der Hand.

Dass Kogon trotz seiner sehr frühen und großen Verdienste um die Aufhellung der Strukturen in den KZ auch Irrtümer und NS-Geschichtsbilder übernahm bzw. vermittelte, können Sie im übrigen einige Seiten zuvor ersehen, wo Kogon von einem SS-Führer und Ausbilder der Ordensburg Vogelsang berichtet; dort jedoch hatte die SS keinerlei Ausbildung betrieben, vielmehr unterstand die Ordensburg-Ausbildung dem Hauptschulungsamt in der Reichsorganisationsleitung der Partei. Weitere Irrtümer bei Höhne.

Nebenbei: Ich freue mich, durch Deinen Hinweis, lieber Repo, auf das interessante NfH-Forum gestoßen zu sein! Besonders originell: Die dort diskutierenden "Profis" sind noch politischer und schlagen noch heftiger aufeinander ein als die hiesigen "Amateure".=)
 
Zuletzt bearbeitet:
Und der 2. Rückfall:
Höhne verweist wie von Herrn Schröeders schon dargelegt, die von Kogon genannten "Röhms Rächer" ins Land der Fantasie. Als Beleg nennt er in einer Fussnote "Schreiben des Dr. Heinrich Malz vom September 1947". Bei den Quellen nennt Höhne aber weder Malz noch dieses Schreiben.
Dr. Heinrich Malz war ab 1935 Referent im Reichssicherheitshauptamt, seine direkten Vorgesetzten waren Ohlendorf und Kaltenbrunner. Später fungierte er als "Geschäftsführer" der "Stillen Hilfe" die sich um deutsche Kriegsverbrecher kümmerte.
Höhne schreibt mehrfach a.a.O, wie die Vorgänge des sog. Röhm-Putsches zu einer dauernden Feindschaft zw. SS und SA führte. Auch Lutze nennt er mehrfach in diesem Zusammenhang.
Ich denke ich bleibe bei meiner unqualifizierten Einschätzung, dass da evt. doch noch etwas "dahinter" stecken könnte.

Grüße Repo
 
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